Nächster Punkt. Meine Damen und Herren, um es klar und deutlich zu sagen: Das, was die GRÜNEN im Zusammenhang mit der Verkehrsader zwischen Kassel und Eisenach immer verlangt haben, war der Ausbau der B 7 in Form von Ortsumfahrungen, um die Menschen zu entlasten. Und wenn die von mir schon so allgemein titulierten Betonköpfe nicht so aus Beton gewesen wären, dann wären all diese Ortsumfahrungen nach dem Zeitablauf von über 20 Jahren längst realisiert, und die Menschen dort hätten ihre Ruhe.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE) – Ulrich Caspar (CDU): Wer ist denn gegen die Ortsumfahrung von Offenthal?)
Der falsche Weg, der eingeschlagen worden ist, hat dazu geführt, dass wir den Zustand haben, den Sie hier heute beklagen.
Meine Damen und Herren, schauen wir uns doch eine der weiteren Kernbehauptungen derjenigen an, die die Autobahn unbedingt bauen wollen: Wirtschaftsförderung. Es gibt – das sollte Ihnen ja auch bekannt sein – diverse Untersuchungen. Ich möchte nur eine zitieren, nämlich die von Prof. Gather von der Fachhochschule Erfurt. Er hat durch Untersuchungen eindeutig nachgewiesen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Gewerbeentwicklung und der Anbindung ans Autobahnnetz gibt.Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Autobahnen hätten Sogwirkungen und – Kollege Al-Wazir möge entschuldigen – förderten einen Braindrain, einen Abzug der Höherqualifizierten. Denn dann sei die Reisezeit in die Zentren kürzer, und deshalb seien Zentren attraktiver. All das ist bekannt.
Meine Damen und Herren, es führt also zu keinen positiven regionalen Entwicklungen, sondern stellt eine Rennbahn für den Fernverkehr dar.
Wenn Sie glauben, dass die Menschen in Waldkappel, Kaufungen und sonst wo da oben einen Vorteil davon hätten,wenn möglichst viele Lkw auf dem Weg von Warschau nach Paris bei ihnen in der Nähe vorbeikämen, dann mag
das Ihre Sicht der Dinge sein.Wir GRÜNE erachten dies nicht als eine Wirtschaftsförderung für Nordhessen.
Übrigens, der theoretisch errechnete Verkehrswert dieses Stücks der A 44 ist seit Dezember vergangenen Jahres noch einmal drastisch gesunken, nachdem die Autobahn A 38 vollständig in Betrieb gegangen ist
Und wenn Sie mich so fragen: Dort ist mir der Lkw-Verkehr zwischen Warschau und Paris in der Tat lieber. Da bin ich eher Vertreter hessischer Interessen,damit es nicht zu diesem Lkw-Verkehr mit all seinen Folgen in unserem Land kommt.
Meine Damen und Herren, was müssen wir weiter konstatieren? – Auch dank unseres Drucks – Herr Rentsch, wir greifen die Vorwürfe durchaus auf – hat es seinerzeit 1991/1992 den berühmten Eichel-Krause-Kompromiss gegeben. Sie werden sich erinnern: Herr Krause war der damalige Bundesverkehrsminister, und dabei ging es um zwei Dinge, nämlich einerseits um den Bau der A 44 als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit und andererseits – das war daran geknüpft – um die Aufrüstung der MitteDeutschland-Verbindung auf der Schiene. Diese MitteDeutschland-Verbindung sollte realisiert werden, damit – und das hat eigentlich jeder als vernünftig anerkannt – die Güter auf die Schiene verlagert werden. Wie der traurige Zustand der Mitte-Deutschland-Verbindung indes aussieht, kann uns der Verkehrsminister gleich erläutern.
Meine Damen, meine Herren, ein letzter Punkt:Auf einer gedachten Skala liegen die Kosten bei 20 Millionen c pro Kilometer für die Bauplanung der A 44. Das ist der reine Irrsinn.
Das liegt daran, dass Sie nicht in der Lage sind, Fakten anzuerkennen. Es gibt auf dieser Welt aus guten Gründen, Herr Kollege Lenders, auch Dinge, die man lieber bleiben lässt. Man lässt den Autobahnausbau z. B. dort lieber bleiben, wo der Naturschutzwert der Landschaft so hoch ist, dass man Werte – das mögen nicht Ihre Werte sein – zerstören würde, die viel größer sind als die gerade von mir genannten 20 Millionen c je Kilometer.
Weil das so ist und weil man unserer Meinung nach auch ein Stück Respekt vor der Schöpfung haben sollte – wenn Sie es großspurig ausdrücken wollen –, muss man zu dem einen oder anderen Projekt auch sagen können: Nein, wir lassen es lieber.
Schließlich konnte nur mit völlig übertriebenem Aufwand ein einigermaßen gangbarer Weg gefunden werden.
Die Ergebnisse und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April beweisen es doch gerade. Die Ent
scheidung wurde vor Ort bejubelt. Freibier und Bratwurst wurden vor lauter Glück verteilt. Der Hintergrund ist – und das hat insbesondere Kollege Rentsch wohlweislich verschwiegen –, dass in dem Verfahren mehrere planerische Nachbesserungen nötig waren, zu denen es selbstverständlich nicht gekommen wäre, wenn nicht z. B. der BUND das Verfahren angestrengt hätte. Hierdurch kam es zu einer Verbesserung und bedauerlicherweise – das räume ich ein – auch zu einer Verteuerung der Planung.
Der Fehler liegt aber doch darin, das man das Falsche plant und mit Gewalt durchsetzen will. Denjenigen, die sagen: „Das ist falsch“, sollte man nicht immer wieder Vorwürfe machen.
Meine Damen und Herren, es gibt ein Schreiben des Bundesumweltministers aus dem November 2008 – das ist noch nicht so lange her – an den Ministerpräsidenten, der sich damals über die Verzögerung beim Bau der A 44 beschwert hat.
Die teuren Verzögerungen mit einem Schaden von rund 660 Millionen c gingen auf die jahrelange Nichtbeachtung der Naturschutzrichtlinien und damit auf schwerwiegende politische und administrative Mängel in Hessen zurück. Die Rahmenbedingungen für die Planung der A 44 wurden von Ihnen
nicht zügig und klar genug geschaffen. Die Auswahl und Abgrenzung der Schutzgebiete ist erst mit rund zehnjähriger Verzögerung erfolgt. Selbst dann wurden gerichtliche Entscheidungen nur stückchenweise und unzulänglich befolgt.Die mehrfachen gerichtlichen Aufhebungen der Planfeststellungsbeschlüsse sprechen hier eine deutliche Sprache.
So weit das Zitat. Bei der Frage, wo die Verantwortung liegt, sollte man nicht vergessen: Seit 1999 regieren bedauerlicherweise Sie. Herr Koch ist seitdem Ministerpräsident, und Herr Posch war schon mehrfach der zuständige Verkehrsminister. Wir sind zumindest seitdem unschuldig, um das ganz klar und deutlich zu sagen.
Wenn Sie es von 1999 bis 2010 nicht schaffen, angebliche Fehler der GRÜNEN zu korrigieren, dann taugen Sie nichts. Aber wir sind stark. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Schönen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Franz gemeldet. Bitte schön.
Herr Kollege Kaufmann, ich möchte eines vorwegschicken: Ich bin klar für die A 44. Ich freue mich darauf, dass es hoffentlich bald weitergeht. Ich kann nur formulieren: Es ist – ich sage: Gott sei Dank – so, dass nicht die Mehrheit der Bevölkerung des Werra-Meißner-Kreises heute
dieser Debatte folgen muss. Die Debatte ist rückwärtsgewandt. Es reicht.Wir müssen nach vorne schauen.
Zu der Behauptung, dass man wirtschaftlich nichts davon hätte: Ich und andere haben nie behauptet, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Werra-Meißner-Kreises und der Region, die an der A 44 liegt, nur von der A 44 abhängt. Aber sie hilft uns ein großes Stück, diese strukturellen Defizite aufzuarbeiten.
Wir haben ein anderes Thema im Werra-Meißner-Kreis. Wir haben das Thema des demografischen Wandels. Die Menschen wollen im Werra-Meißner-Kreis bleiben. Sie wollen aber auch schnell in die Ballungsräume – das ist für uns der Bereich Kassel – kommen. Deswegen kann ich Ihnen sagen: Ich kann Ihre rückwärtsgewandte Argumentation nicht teilen. Es ist doch beschlossen. Wir wollen es jetzt nur umsetzen. Deswegen kann ich alle nur dazu aufrufen, dass wir gemeinsam daran arbeiten. Ich wünsche, dass es bis 2016 klappt. Aber dazu müsste man durchaus das Instrument des Sofortvollzugs anwenden. Dazu werden wir vielleicht noch etwas durch den Verkehrsminister Posch hören. Im Interesse der Menschen an der B 7, an der B 27 und an der B 400 wünsche ich, dass endlich die Belastungen aufhören und wir sichtbare Fortschritte beim Bau der A 44 machen. – Danke schön.
Schönen Dank, Herr Kollege Franz. – Dann hat sich Herr Landau für die CDU-Fraktion gemeldet. Bitte schön, Herr Landau. Es sind noch fünf Minuten 44 Sekunden Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mit einem Blick zurück in die Geschichte beginnen und eigentlich einen kurzen Exkurs machen, welche Bedeutung der Straßenbau bereits bei den Inkas hatte. Die Inkas sind immerhin auf ein Straßennetz von 40.000 km gekommen. Oder bei den Römern: Da waren es 290.000 km. Die haben die Bedeutung von Straßen erkannt. Aber dann kamen die SPD mit ihrem Antrag und Herr Frankenberger mit seiner rückwärtsgewandten Äußerung. Die möchte ich ein wenig kommentieren und dafür ein wenig in die Geschichte zurückgehen.
Der Sprecher Ihrer Landesregierung hat am 18. Juni 1992 in der „HNA“ erklärt – ich zitiere –: „Oberstes Ziel der Landesregierung ist die Verhinderung der A 44.“ Das ist in Wiesbaden gesagt worden. Im Werra-Meißner-Kreis hat man sich auch geäußert. Dort war es der SPD-Landrat, inzwischen verstorben. Der hat im Mai 1992 einen Brief, damals nach Bonn, geschrieben und hat appelliert, auf den Bau der A 44 zu verzichten.Was kam? Herr Wissmann, Bundesverkehrsminister, hat die Hessische Landesregierung angewiesen,endlich in die Planung einzutreten. – Das zu dem Blick zurück.
Sie alle kennen die negativen, weil verzögernden Auswirkungen der sozialdemokratischen Verweigerungshaltung der Neunzigerjahre – mit Auswirkungen auf das Verfahren bis heute.