Wenn der „Spiegel“ beispielsweise titelt: „Die Deutschen sterben aus“, dann bedeutet das nichts anderes, als dass die Deutschen damit als eine Rasse gleichgesetzt werden und dass Eingebürgerte nicht als Deutsche verstanden werden. Das ist unglaublich gefährlich. Genauso vergessen wir die Unterschriftenkampagne von Roland Koch eben nicht.Wir vergessen nicht, dass dieses rechte Gedankengut, wozu wir eine lange Debatte über Herrn Irmer hatten, leider teilweise auch von der Spitze geteilt wird und dass auch dort große Gefährdungen liegen.
Ich habe explizit „teilweise“ gesagt.Ich finde es sehr gut, dass Sie sich gestern von diesen Äußerungen distanziert haben. Ich beziehe mich aber explizit auf die Unterschriftenkampagne und darauf, dass das durchaus Vorteile genährt hat. Es sind zu uns Leute gekommen und haben gefragt: Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben? – Das ist eindeutig eine Provozierung von Vorurteilen und Stereotypen.
Ich möchte das Lager der LINKEN aber nicht außer Acht lassen. Links außen gibt es einen teilweise großen Antise
mitismus und eine undifferenzierte Kritik gegen Israel. Auch das muss gesagt werden. Leider gibt es auch das Zitat von Lafontaine, der die Fremdarbeiter genannt hat. Auch das ist ein großes Problem. Da muss man genau hinschauen.
Was aber auch wichtig ist: Wir müssen alle auf uns selbst schauen. Vorurteile und Stereotype sind eben nicht ein Problem des rechten Randes, nicht ein Problem der besonderen Kreise, nein, es passiert uns tagtäglich, und es passiert wahrscheinlich jedem.Auch ich muss mich immer wieder kritisch hinterfragen, wo einzelne Vorurteile sind, wo Stereotype sind. Dafür ist der 8. Mai ein guter Tag, um sich dessen zu vergewissern.
Deswegen fände ich es sehr schön, wenn viele Menschen am 8. Mai auf die Straße gingen und insgesamt diesen 8. Mai nicht für die Demonstration der Nazis verwendeten,
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 8. Mai darf nicht von rechtsextremistischen Parteien wie der NPD vereinnahmt werden.
Auch unsere Fraktion wendet sich ganz klar gegen rechtsextremistische Handlungen und Tendenzen, die diesen Tag für ihre Zwecke benutzen.
Ich denke, die Behandlung der Demonstration in Wiesbaden wird durch die verantwortlichen Behörden in sachgerechter und gebotener Weise erfolgen. Der Kampf gegen jede Art von Radikalismus,ob von rechts oder links,ist für Deutschland, ist für Hessen eine ständige Aufgabe und fordert von uns andauernde Wachsamkeit in jeder politisch-ideologischen Richtung.
Die Verankerung des 8. Mai 1945 in der Erinnerungskultur unseres Landes erfolgte erst nach einem spannungsreichen und schmerzlichen Prozess über viele Jahre, der vor dem Hintergrund der Frage geführt wurde, ob Deutschland eine Niederlage oder eine Befreiung erlebt hat. Niemand hat es besser ausgedrückt – Frau Dorn hat den Bundespräsidenten schon zitiert – als Bundespräsident Richard von Weizsäcker in seiner höchst bemerkenswerten Rede zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft:
Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Unmissverständlich macht dieser Kontext klar, dass der 8. Mai viele Facetten hat: die Befreiung von Nazidiktatur, von Unterdrückung, von Vernichtung von Menschen aus rassistischen Gründen,von Terror,Krieg,Besetzung.Aber leider war er auch der Ausgangspunkt für den Weg in die sozialistische Diktatur des DDR-Unrechtsregimes, die diesen Tag auch für ihre politischen Zwecke – ich will es sagen – missbraucht hat.
Meine Damen und Herren, wir verwahren uns dagegen, dieses Datum wieder für irgendwelche parteipolitischen Zwecke zu instrumentalisieren, wie es auch die LINKEN mit ihrer Aktuellen Stunde heute tun.
Am Montag dieser Woche wurde vom hessischen Innenministerium der Verfassungsschutzbericht 2009 vorgelegt. Ich begrüße es, dass in Deutschland insgesamt die rechtsradikalen Straftaten im Jahr 2009 zurückgegangen sind und es in Hessen keine flächendeckende Neonaziszene gibt.Die Zahl der dem rechten Lager zuzuordnenden Personen ist zurückgegangen von 2.800 auf 2.100. Gleichzeitig ist allerdings die Zahl der linksextremistischen Personen um 170 gestiegen.
Man kann es nicht oft genug wiederholen. – Mein ausdrücklicher Dank gilt der hessischen Polizei und den verantwortlichen Behörden, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass sich Hessen bei allen extremistischen Straftaten bundesweit auf niedrigem Niveau bewegt.
Ich will aber auch klarstellen: Jede Straftat, ob von links oder von rechts oder von Islamisten, ist für uns eine Straftat zu viel und ist immer besorgniserregend.
Meine Damen und Herren, wir werden des 8. Mai als Tag der Befreiung gedenken.Wir leben heute in einem Zeitalter des Friedens, in einem Zeitalter des vereinten Europas. Unsere Kinder und Enkelkinder haben das unsagbare Glück, in einer Zeit geboren zu sein, in der sich unsere Gesellschaft in Freiheit, Frieden und Wohlstand entwickeln konnte.Wir müssen uns jeden Tag vor Augen führen, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine Verpflichtung für uns,der wir jeden Tag aufs Neue gerecht werden müssen.
Jede Form von Extremismus ist verabscheuungswürdig und hat keinen Platz in unserer Gesellschaft. Als Demokraten werden wir das immer wieder betonen.Wir werden immer wieder gegen jeden vorgehen, der den Versuch unternimmt, unsere freiheitliche demokratische Grund
ordnung anzugreifen. Das wird in Hessen von allen demokratischen Parteien in erfolgreicher Weise praktiziert.
Meine Damen und Herren, keiner von uns möchte Krieg, keiner von uns möchte,dass junge Leute,egal welcher Nationalität sie angehören, in jungen Jahren aus dem Leben gerissen werden.Aber wir müssen erkennen, dass es nicht hilft, wenn wir uns einfach hinstellen und sagen, wir sind gegen Krieg – und schon herrscht auf der Welt nur noch Frieden. So einfach ist es leider nicht.
Die Erinnerung an den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung und des Gedenkens an 6 Millionen in deutschen Konzentrationslagern ermordete europäische Juden darf in keiner Weise für parteipolitische Botschaften missbraucht werden.
Danke, ich komme zum Schluss. – Wir werden unserer geschichtlichen, politischen und gesellschaftlichen Verantwortung auch ohne die Ratschläge von der linken Seite gerecht. – Danke.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 8. Mai dieses Jahres wollen Neonazis in Wiesbaden demonstrieren, an einem Tag – auf die historische Bedeutung wurde hingewiesen –, der in der Tat ein Tag der Befreiung war. Das, was Richard von Weizsäcker 1985 gesagt hat, ist auch heute uneingeschränkt richtig. Deshalb ist es ein besonders perfider Anlass von Neonazis und Unverbesserlichen, diesen Tag zu diskreditieren und auch die deutsche Geschichte und die deutsche Verantwortung in einen anderen geschichtlichen Zusammenhang zu stellen.
Deswegen ist es gut, wenn es in Wiesbaden ein Bündnis unter dem Motto gibt: „Wir stellen uns quer – kein Fußbreit den Faschisten“, Wiesbaden ist und bleibt bunt, es darf nicht braun werden. – Ich finde, das ist die richtige Antwort auf eine unerhörte Provokation.
An diesem Aktionsbündnis beteiligen sich sehr viele.Man könnte jetzt sagen: Es sind die üblichen Verdächtigen, politische Parteien und Organisationen. – Ja, das ist gut und notwendig. Die Kirchen, die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas und viele andere gesellschaftliche Multiplikatoren beteiligen sich. Herr Kollege Beuth, kein Mensch hat die Stadt Wiesbaden und die Ordnungsdezernentin angegriffen, dass sie irgendetwas falsch gemacht habe.Wenn Neo
nazis eine Demonstration anmelden, dann gib es auch kein formaljuristisches Problem, denn auch für solche Organisationen gilt der Rechtsstaat. Das ist der Unterschied zu Diktaturen. Wir müssen und werden uns mit solchen Organisationen auseinandersetzen – auf dem Boden des Rechtsstaats, aber auch mit Zivilcourage und mit Initiativen vieler Menschen. Das ist der Unterschied.
Sie haben gesagt, der Rechtsstaat müsse solche Spinnereien ertragen.An einem Punkt erhebe ich Ihnen gegenüber sehr entschieden Widerspruch. Ich habe etwas gegen den pawlowschen Reflex der Gleichsetzung von Linken und Rechten.