Natürlich kann ich verstehen, dass Sie über eine schärfere Überwachung der Hedgefonds, über Finanzmarktregulierung, über eine europäische Ratingagentur, über bestimmte Maßnahmen nachdenken – ob das jetzt eine Bankenabgabe ist, eine Finanztransaktionssteuer oder möglicherweise auch eine Financial Activity Tax. Darüber kann man sicherlich diskutieren. Eines aber ist klar. Die Griechenlandhilfe war die entschlossene Antwort der europäischen Staaten auf den Versuch der Spekulanten, Euroland auszuhebeln. Meine Damen und Herren, das setzt sich fort im Rettungsschirm der 750 Milliarden c. Die sollen dafür sorgen, dass wir in Europa eine stabile Währung haben.
Genau das hat Ministerpräsident Koch hier vorne vorgetragen, und zwar mit einem klaren, überzeugenden Hinweis darauf, dass ein stabiler Euro in Deutschland und anderen europäischen Staaten die Voraussetzung dafür ist, dass es uns weiterhin wirtschaftlich gut geht. Denn wenn es dem Euro nicht gut geht, geht es Europa nicht gut. Das ist der entscheidende Punkt.
Ich will Ihnen ein Zweites sagen. Es ist immer gut, am Ende der Rednerliste zu stehen, denn dann kann man sich nochmals vor Augen führen, was die Vorredner gesagt haben.
Was ich bei Ihnen allen – SPD, GRÜNEN und den LINKEN – vermisst habe, ist der Blick auf unsere europäischen Nachbarn.
Die CDU-Landtagsfraktion und Mitglieder der Landesregierung waren in der vergangenen Woche in Polen. Wir haben dort eine Partnerschaft. Ich habe bewusst die Gelegenheit wahrgenommen, gerade mit jungen Leuten, aber auch mit älteren, über den Eurobeitritt zu reden. Sie wissen, die haben dort noch den Zloty, und der Beitritt zum Euro ist für das Jahr 2012 vorgesehen.
Eigentlich hätte ich die Antwort erwartet: Jetzt sind wir sehr vorsichtig. – Aber die Zugehörigkeit zu diesem Euroland wird dort gerade von den jungen Menschen als ein Ausdruck der Freiheit und der Einheit in Europa gesehen. Obwohl sie die derzeitigen Schwierigkeiten mit Griechenland sehen, sagen sie: Wir wollen baldmöglichst Euroland beitreten, weil wir uns davon Vorteile erwarten.
Das ist die eigentliche Botschaft dieser heutigen Regierungserklärung und auch der Maßnahmen, die die euro
päischen Staaten getroffen haben, nämlich: Wir wollen dieses vereinte Europa, weil es gut ist für die Menschen in Europa. – Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Punkt.
Gerne möchte ich das noch einmal aufgreifen,was Roland Koch gesagt hat.Vielleicht ist es ein bisschen untergegangen.
Josef Müller, Widerstandskämpfer, Mitbegründer der CSU, hat 1946, als er aus dem Konzentrationslager kam, gesagt:Wir brauchen eine gemeinsame europäische Währung, weil die Staaten, die eine gemeinsame Währung haben, nicht aufeinander schießen.
Meine Damen und Herren, auch das ist eine wichtige Botschaft für diese Europäische Union mit einer gemeinsamen Währung.
Ich glaube, wir sind gut beraten, den Menschen in unserem Land diese Dinge zu erklären. Denn in dem Europa der 16 Staaten, die die Eurozone bilden, leben rund 330 Millionen Menschen; in dem Europa der 27 sind es 500 Millionen. Viele dieser Staaten – ich rede nicht nur über Estland oder Polen, auch andere – schicken sich an, der Eurozone beizutreten. Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist ganz wichtig, vom Lissabon-Vertrag abzuweichen und diesen Rettungsschirm hier aufzuspannen, damit allen Spekulanten klar und deutlich gesagt wird:Bis hierhin und nicht weiter, stopp, keiner ist so stark, dass er in der Lage ist, etwas gegen diesen starken Euro zu tun. – Das ist ein wichtiges und ein richtiges Signal.
Meine Damen und Herren, das sollten wir in diesem Hause gemeinsam und mit Überzeugung vertreten. Denn für Deutschland ist dieser Euro entscheidend. Wir brauchen ihn. Das weiß auch jeder in diesem Wirtschaftsraum.
Denn was ist das Geschäftsmodell von Deutschland? Das Geschäftsmodell ist, dass wir in unseren Wirtschaftsräumen stabile Währungen brauchen. Davon profitiert der Export-Vizeweltmeister Deutschland in besonderem Maße.
Roland Koch hat es gesagt: 40 % unserer Exporte gehen in den Euroraum, 70 % in das gesamte Europa. Meine Damen und Herren, das werden wir noch stärken, wenn noch mehr und andere Staaten Euroland beitreten. Ein starker Euro ist deswegen nicht nur ein Zeichen der Freiheit, sondern auch für den wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland und den europäischen Ländern.
Es muss auch einmal mit der Mär von der starken D-Mark aufgeräumt werden und mit der Frage:Warum kehren wir nicht zur D-Mark zurück?
In den letzten zehn Jahren hat sich der Euro neben dem Dollar sehr deutlich zu einer Weltleitwährung entwickelt. Der Anteil des Euro als Ankerwährung ist in diesen zehn Jahren von 17,9 % auf knapp 30 % gewachsen. Im Vergleich dazu: Im Jahr 1999 hatte die D-Mark einen Anteil von 13,8 %. Die Steigerung von 13,8 % auf fast 30 % zeigt, dass die Welt Vertrauen in diesen starken Euro hat. Als Deutschland, als das Land mit dem größten Bevölkerungsanteil in dieser Eurozone,sind wir gut beraten,dafür zu sorgen, dass alle Welt weiß, wir stehen hinter diesem starken Euro.
Man darf sicherlich nicht unterschlagen, dass der Hauptgrund für diese Schwierigkeiten, für den Ansatz der Spekulanten,den Euro zu bedrohen oder möglicherweise einzelne Länder herauszubrechen, die hohe Staatsverschuldung ist. Keine Frage. Da geht es nicht nur um das Defizit, nicht nur um den Anteil der Verschuldung am Bruttoinlandsprodukt, das ist auch eine Frage der Wirtschaftskraft der einzelnen europäischen Staaten.
Ich denke, für die nächsten Jahre ist es entscheidend, ob die einzelnen Staaten ihre Haushalte verändern und dafür sorgen, dass sich die Situation verbessert.
Im Grunde genommen gibt es dazu vier Punkte, und die möchte ich hier nennen.Zum einen müssen die Haushalte saniert werden. Zum Zweiten muss es eine hohe Budgetdisziplin geben. Drittens muss eine Schuldenbremse eingeführt werden.Und schließlich muss die Wirtschaftskraft gestärkt werden.
Meine Damen und Herren, dabei ist die Schuldenbremse tatsächlich von entscheidender Bedeutung – in Deutschland, aber durchaus auch in anderen europäischen Staaten. Wegen dieser stabilisierenden Wirkung ist die Schuldenbremse die beste Abwehr gegen die Angriffe von Spekulanten. Sie sorgt dafür – und deswegen brauchen wir diesen Paradigmenwechsel in unserer Haushaltspolitik –, dass die Haushalte ohne Neuverschuldung auskommen. Das ist wichtig, nicht nur wegen heute, sondern auch wegen der nachkommenden Generation.
Dazu möchte ich noch eines sagen. Ich habe den Eindruck, Sie sagen – Herr Al-Wazir hat das ausgeführt –, wir brauchen Kosteneinsparungen, wir brauchen aber auch mehr Einnahmen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sich die Situation gerade auch hier in Deutschland dadurch ändern muss, dass wir Kosten einsparen.Wir haben ein Ausgabenproblem, wir haben kein Einnahmenproblem.
Die Steuern und Abgaben in Deutschland sind so hoch, dass wir dann, wenn wir es können, darüber nachdenken müssen, dies zu verändern. Aber Steuererhöhungen sind die falsche Antwort, wenn es um die Stärkung der Wirtschaftskraft unseres Landes geht. Meine Damen und Herren, das ist nicht der richtige Weg.
Ich möchte einem Gedanken, den ich bei der SPD und auch bei den GRÜNEN verspüre, deutlich eine Absage erteilen. Es ist nicht richtig, zu glauben, erfolgreiche Politik kann man nur mit mehr Geld machen. Das ist falsch.
Ich glaube, wir müssen darüber reden, dass wir ein Übermaß an Subventionen und Vergünstigungen ersetzen durch mehr Eigenverantwortung und die Stärkung der Innovation bei den Bürgern und den Unternehmen.
Es ist unsere Aufgabe als Politik, kreative Lösungen zu überlegen und die Bürger zu überzeugen, dass wir dort ei
nen Paradigmenwechsel in der Politik herbeiführen müssen. Das bedeutet z. B., dass es sicherlich eine Menge von Bürgern gibt,die bereit sind,staatliches Handeln durch eigenes, ehrenamtliches Tun zu ergänzen oder, wo es möglich ist, sogar zu ersetzen. Ich glaube, dass wir in unserer Volkswirtschaft sehr viel mehr dafür tun können, Kosten einzusparen, indem wir das Ehrenamt stärken und Dinge, die so ersetzt werden können, nach vorne bringen.
Völlig falsch und wachstumsfeindlich ist das, was die LINKEN immer wieder in dem Moment hervorzaubern: das Füllhorn von irgendwelchen neidorientierten Steuererhöhungen. Das ist falsch, das ist wirtschaftsfeindlich, und dem erteilen wir eine klare Absage. Ich glaube, das ist der falsche Weg.
Wenn wir also gemeinsam den Bürgerinnen und Bürgern im Lande klarmachen, dass die Vorgehensweise der Regierungschefs,der Finanzminister der Staaten in Euroland unabwendbar und alternativlos war, um Griechenland nicht herausbrechen zu lassen durch die Spekulanten, sondern dafür zu sorgen, dass die Stabilität des Euro erhalten bleibt, dass wir dazu kommen, dass die Staatsverschuldung in den Haushalten in ganz Europa eingedämmt wird, dass die Staatshaushalte wieder saniert werden, dann ist es richtig, jetzt nicht nur diese Aktivitäten zu unterstützen, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Schuldenbremse sehr schnell auch bei uns umgesetzt wird. Denn es ist das Beste, hier sehr deutlich voranzugehen und darüber zu reden, was man tun muss.
Ich möchte ausdrücklich eines sagen, lieber Kollege Görig. Ich stimme unserem Ministerpräsidenten ausdrücklich zu, wenn er sagt:Wenn wir darüber reden, wo wir Einsparungen vornehmen können, dann darf es keine Tabus, keine Ausnahmen geben.Dann reden wir über alles.Dann reden wir durchaus auch über Bildung und beispielsweise auch über Kindererziehung. – Ob wir dann dort Einsparungen vornehmen, ist die andere Frage.Aber von Ihnen, Herr Schäfer-Gümbel, aber auch von Ihnen, Herr Al-Wazir, habe ich nur gehört, wo es nicht geht. Ich habe aber nicht gehört, wo es geht.Wo bleiben Ihre Vorschläge?
(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wo es geht, habe ich von Ihnen, ehrlich gesagt, auch nicht gehört!)
Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen Punkt. Wenn Sie sagen, wir müssen uns ernsthaft fragen, was wir uns noch erlauben können, dann sind wir einer Meinung. Ich glaube,dass wir auch einen zweiten Schritt gemeinsam gehen können:Wie wollen wir das bezahlen?
Aber Sie wollen – und Sie als SPD sprechen nicht dagegen – durch Steuererhöhungen diese Dinge verändern. Ich glaube, das ist falsch.
Ich glaube, dass wir in unserem Wirtschaftsraum der Euroländer unsere Wirtschaftskraft nur behaupten können, wenn wir keine Steuererhöhungen, keine Erhöhungen der Abgaben machen, sondern wenn wir dafür sorgen, dass wir die Kosten auf den Prüfstand stellen, dass wir uns darüber unterhalten, wie wir gegebenenfalls Kosten an
ders gewichten können, uns auch entlasten durch die Verstärkung der ehrenamtlichen Tätigkeit.Wir müssen dafür sorgen, dass wir unsere Wirtschaftskraft nicht einbüßen.