Herr Milde, deswegen sage ich Ihnen: Die Verantwortung für die Aufgaben, die dieses Land beispielsweise in der Bildungspolitik zu leisten hat – in der Hochschule wie bei der Kinderbetreuung –, erfordert eine ernst zu nehmende Debatte auch über die Steigerung von Einnahmen. Das scheuen Sie nach wie vor wie der Teufel das Weihwasser – Sie, Herr Milde, vielleicht nicht, aber Ihr Koalitionspartner sehr.
Über das gestenreiche Spiel von Herrn Weimar in der haushaltspolitischen Debatte anlässlich der Steuerpläne der FDP habe ich mich sehr gefreut. Ich habe den Eindruck gehabt, vor dem Hintergrund der Herausforderungen, vor denen wir stehen, gibt es da deutlich größere staatspolitische Verantwortung als bei manch anderen in diesem Hause. Deswegen hoffe ich, dass Sie auf den Pfad der Tugend und Einsicht zurückkehren und die notwendigen Konsequenzen ziehen.
Herr Milde und Herr Koch, wenn Sie dazu bereit sind, dann sind wir, glaube ich, in der Tat in der Situation, dass wir bestimmte Rituale beenden können.Vorangehen aber müssen Sie, denn Auslöser dieser Rituale sind in der Regel Sie. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Als Nächster spricht Herr Kollege Rentsch, Vorsitzender der FDPFraktion.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich glaube, dass die Menschen draußen und hier im Raum auf ihre Fragen an die Sozialdemokraten – was Sie eigentlich tun wollen, um unsere Währung stabil zu halten, um die Sparaufkommen, die die Menschen auf Konten oder in anderen Anlagen haben,zu sichern – heute von Ihnen überhaupt keine Antwort bekommen haben, überhaupt keine.
Ich sage das deshalb, weil sich Sigmar Gabriel in populistischer Art laut und nicht zielführend in den letzten Monaten zu der Finanztransaktionssteuer positioniert hat. Ich werde auf dieses Thema noch kommen. Ich hätte eigentlich gedacht, dies gibt uns gemeinsam die Möglichkeit, über die Fragen zu reden, die uns auch verbinden. Aber Sie haben aus dieser Debatte eine landespolitische Schauschlacht gemacht. Meine Damen und Herren, das hilft den Menschen weiß Gott nicht weiter.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Realität ist, dass viele Menschen, die in den letzten Wochen das mitbekommen haben, was in Europa, was in Deutschland passiert,Angst haben,dass ihre Währung,der Euro,in Gefahr ist, dass das, was sie gespart haben – was sie für Kinder, für die andere Generation, für das, was sie in den nächsten Jahren selbst brauchen, für die Rente zurückgelegt haben –, in Gefahr ist. Sie haben Angst, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, dass das passiert, was viele ältere Menschen in diesem Land noch vor Augen haben, nämlich eine Inflation – dass das Geld morgen nichts mehr wert ist. Und Sie machen hier eine Schauschlacht über Landespolitik.Von Ihnen hätte ich mir wirklich bessere Antworten auf diese schwierigen Fragen erhofft. Aber sie sind nicht gekommen.
Meine Damen und Herren, deshalb ist es richtig und immer wieder eine Herausforderung, wenn der Hessische Landtag als Landesparlament über ein solch komplexes Thema wie die Frage der Währungsstabilität und das, was ein Nationalstaat in einer Europäischen Union in einer solchen Lage überhaupt tun kann, debattiert. Dann muss man auch versuchen, zu diesem Thema zu reden.
Das, was wir hier diskutieren, hat viele verschiedene Ebenen. Die eine ist die Angst der Menschen, dass ihr Geld nichts mehr wert ist. Die andere Ebene ist, dass diese Debatte damit verbunden ist,dass die Idee der Europäischen
Union in Gefahr gekommen ist. Sie ist deshalb in Gefahr, weil eines ihrer Projekte, das große Projekt der einheitlichen Währung, nicht mehr stabil ist. Denn einer dieser Mitgliedstaaten – und es ist ja nicht der Einzige, das wissen wir, der Ministerpräsident hat das ausgeführt –, ein zentrales Mitgliedsland,nämlich die Griechen,haben eine Haushaltspolitik gemacht, die in den Ruin geführt hat. Im Unterschied zu D-Mark-Zeiten aber haften wir nun alle dafür und müssen dafür einstehen.
Deshalb war es in den letzten Wochen die Grundfrage: Gibt es kluge Lösungen? Gibt es überhaupt Lösungen,die dafür Sorge tragen, dass diese Währung gerettet wird? Müssen die Griechen möglicherweise sogar aus der Europäischen Union ausgeschlossen werden, wenn sie ein Kriterium – nämlich ihre Währungsvoraussetzungen stabil zu halten – nicht erfüllen können? Oder haben wir andere Varianten?
Ich sage:Ja,wir Liberale haben uns bei diesem Thema deshalb nicht einfach getan, weil – die GRÜNEN werden ja noch reden; die sind ja in solchen Fällen die Meistererfinder von Patentlösungen – es für diese Fragen eben keine Patentlösungen gibt.
Meine Damen und Herren, dieses Problem war so noch nie da.Ich will hier das anführen,was Prof.Tietmeyer 1999 als Präsident der Deutschen Bundesbank ausgeführt hat. Er hat nämlich genau das beschrieben, was kommen kann, wenn Länder in der Europäischen Union nicht ihren Teil dazu beitragen, dass die Währung stabil bleibt. Er sagte damals in einem Artikel für die Zeitung „Die Welt“:
Währungsstabilität ist niemals gesichert. Die Stabilitätskultur muss immer neu erarbeitet werden. Es wäre überraschend, wenn nicht wieder eines Tages Spannungen aufträten zwischen den Ländern,wenn es um unsere Währung geht. Dann wird sich zeigen, welche Unterstützung beispielsweise auch die Politik einer stabilitätsorientierten Geldpolitik bietet und leistet.
Darum geht es. Wir haben diesen Krisenfall gerade. Er war nicht planbar. Vielleicht hätte er vorausgesehen werden müssen; das ist unbestritten, und darum wird es aus meiner Sicht in der Debatte auch hauptsächlich gehen müssen. Es ist aber doch unstrittig, dass dieser Krisenfall zu irgendeiner Reaktion führen muss.
Kollege Schäfer-Gümbel, uns dann vorzuwerfen, den Kollegen in Berlin, der Bundeskanzlerin, sie habe für dieses Problem keine Lösung parat, sie habe das Problem negiert, sie habe keinen klaren Kurs gezeigt – ich glaube, das Gegenteil ist der Fall.
Sie hat – anders als Herr Gabriel – sehr ruhig überlegt,bevor sie die Antwort auf diese Krise mit dem Namen Finanztransaktionssteuer bezeichnet. Herr Kollege SchäferGümbel, das ist der Unterschied.
Ich sage ganz offen: Heute hätte ich gerne einmal von den Sozialdemokraten in diesem Hause gehört, wie sie es denn gemacht hätten. Die Kollegen der GRÜNEN werden gleich ihr komplettes Konzept hier vortragen.
Sie werden dann auch einmal sagen,wie ihr Staat aussieht. Kollege Al-Wazir hat gestern bei einer Veranstaltung wieder darüber philosophiert, wie denn sein Staat so aussehen soll usw.
Darüber müsste man einmal diskutieren. Kollege Al-Wazir,ich freue mich einfach darauf,dass Sie heute einmal sagen, wie Ihr Staat aussieht und was er kostet. Dann reden wir einmal weiter. Aber lassen Sie doch einfach diese philosophischen Diskussionen, denn die helfen uns an dieser Stelle keinen Schritt weiter, keinen einzigen Schritt.
Deshalb wäre es aus meiner Sicht richtig gewesen, dass auch Herr Gabriel das Wort, das er jetzt seit Monaten im Mund führt – „Finanztransaktionssteuer“ –, möglicherweise wieder ein Stück zurücknimmt.
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, das ist nicht die Antwort auf diese Krise. Der Versuch, die Finanztransaktionssteuer mit dem Hilfspaket für den Euro und für Griechenland zu verknüpfen – zunächst für Griechenland, dann für den Euro –, ist absurd und zeigt, dass Sie keine staatspolitische Verantwortung übernehmen.
Herr Schmitt, zu Ihnen komme ich noch. Wir kommen noch zu der Frage, woher die Krise des Euro kommt. Daran haben Sozialdemokraten große Verantwortung, dass wir in dieser Krise stecken. Dazu kommen wir noch.
Weil Sie den ganzen Tag Ihre gute Laune daraus ableiten, dass über das Thema Finanztransaktionssteuer gesprochen wird, will ich Ihnen gerne etwas dazu sagen.
und dann gibt es die Möglichkeit, öffentlich den Eindruck zu erwecken, man könne das Problem lösen, indem man beispielsweise für die Bösen in der Gesellschaft eine Steuer auflegt.
Sie haben das einmal bei der Tabaksteuer versucht, bei der Ökosteuer. Es ist immer das gleiche Prinzip: Man hat das Gefühl, man tut etwas Gutes – moderner Ablasshandel –, und dann kann jeder machen, was er will.
Kollege Schmitt, eine Steuer muss irgendeinen Sinn verfolgen. Ich will Ihnen einmal sagen, was alles unter Finanztransaktion
ich lasse keine Fragen zu – subsumiert wird. Herr Kollege,eine Finanztransaktion ist es z.B.,wenn jemand seine Wohnungsmiete überweist. Der transferiert seine Finanzen.
Jetzt kommen wir zu den Bereichen, die Sie wahrscheinlich meinen.Verehrte Kollegen,eine Finanztransaktion ist z. B. auch