Protokoll der Sitzung vom 22.06.2010

(Zuruf von der CDU: Oh! – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das gehört zur Redlichkeit dazu. – Ob die von Ihnen erwarteten Einsparungen überhaupt eintreffen werden, ist auch sehr fragwürdig. Sie haben mit Ihren Darlegungen round about 9,8 Millionen c überhaupt substanziiert dargelegt.Ansonsten ist vieles heiße Luft.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Sie sagten in Ihrer Pressekonferenz, die Sie am vergangenen Dienstag abgehalten haben, man müsse auf der bundesgesetzlichen Ebene noch einmal schauen, ob man bei den PKH-Anträgen und den Beratungshilfeanträgen etwas machen könne, um die Kosten einzudampfen. Das ist doch wirklich heiße Luft. Insofern ist es sehr fragwürdig,ob Sie die selbst gesteckten Ziele überhaupt erreichen können.

Ich möchte auf einen anderen zentralen Punkt eingehen. Was wird denn eigentlich mit den leer stehenden Immobilien passieren, etwa in Marburg oder Wetzlar?

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Sie wissen doch selbst, wie der Immobilienmarkt im Moment aussieht. Es warten sozusagen alle nur darauf, in das ehemalige Arbeitsgericht Wetzlar einziehen zu dürfen. So ist es doch, oder?

(Petra Fuhrmann (SPD): Denkmalgeschützte Gebäude!)

Praktisch ist es so, dass das HI, das Finanzressort, wiederum die Kosten für diese leer stehenden Immobilien übernehmen wird. Das ist der Verschiebebahnhof, der eintreten wird. Es ist also eine Milchmädchenrechnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

An der Stelle möchte ich auch einmal anfügen, wie erfolgreich das HI überhaupt für das Justizressort wirkt. Es ist so, dass das HI für die einzelnen Gerichte und Behörden sehr hohe Mietkosten ansetzt, die sogar immer höher geworden sind, etwa von 2008 bis jetzt von 75 auf über 80 Millionen c. Das ist eine Steigerung von über 6 Millionen c in drei Jahren. So gut wirtschaftet das HI für unser Justizressort. Dazu kommt noch, dass das HI und dieses Justizministerium den einzelnen Gerichten und Behörden vorrechnen, wie teuer ihr Mietzins ist. Eine HI-Verwaltung wird sozusagen noch gegen das Justizressort an sich verwandt. Das ist nicht gut, das ist auch nicht redlich, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Florian Rentsch (FDP): Sie wollen nicht sparen, wissen aber auch nicht, wie es sonst geht!)

Lassen Sie mich für die SPD jedoch klarstellen: Wir sind natürlich nicht gegen jede Justizreform. Sie muss aber mit ruhiger Hand geplant und tragfähig sein. Ich finde auch, dass eine solche Justizreform 10 bis 20 Jahre lang tragen müsste und nicht ausschließlich einmalige vermeintliche Einspareffekte zum Ziel haben dürfte.

Meine Damen und Herren, die Justiz gehört als dritte Staatsgewalt zu den unverzichtbaren Grundelementen unseres Gewaltenteilungsprinzips. Sie gehört zu den Grundsäulen unseres Staatsaufbaus, unserer Demokratie. Dies erkennt man doch daran – dieses hohen Gutes sind sich viele in diesem Hause wohl nicht mehr bewusst –, dass die Justiz zum Glück ein sehr hohes Ansehen bei der Bevölkerung genießt. Dieses hohe Gut dürfen wir nicht aufs Spiel setzen. Das müssen wir bewahren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb appelliere ich an Sie, dass gerade in diesem hochsensiblen Bereich jede Veränderung genauestens abgewogen und abgemessen werden muss. Sie machen es sich ganz einfach, anstatt sich der schwierigen Frage zu stellen, wie wir mit der demografischen Entwicklung in unserem

Lande umgehen. Dazu sagen Sie nur: „Ja, wir ziehen uns aus der Fläche zurück.“

(Petra Fuhrmann (SPD): Genau das Falsche!)

Ist das denn intelligent? – Nein, wir müssen uns der Frage stellen, wie wir an vielen Standorten in Hessen die Infrastruktur für ein lebens- und liebenswertes Hessen erhalten können

(Beifall bei der SPD)

und wie wir sicherstellen, dass auch eine Justiz in der Fläche für den rechtsuchenden Bürger erhalten und ansprechbar bleibt. Das ist doch die zentrale Herausforderung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb macht es mich umso fassungsloser, wenn der rechtspolitische Sprecher der CDU, Herr Honka

(Hartmut Honka (CDU): Hier bin ich,Augen auf!)

da sitzt er –, bei den nun vorgelegten Sparplänen von „Alternativlosigkeit“ spricht.

(Zuruf von der CDU: Sparen!)

Herr Honka, ich unterstelle Ihnen jetzt wohlwollend, dass Sie es nicht besser wissen. Ansonsten macht mich diese Argumentation einfach sprachlos.

(Hartmut Honka (CDU): Sehr gut getroffen!)

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, dass die Justiz an ganz anderen Stellen intelligent und effizient einsparen kann. Ich möchte hier einige wenige Beispiele nennen: Fahren Sie gerade in der Justiz endlich die neue Verwaltungssteuerung und SAP R/3 auf ein erträgliches Mindestmaß zurück. Dort ist es, wie alle wissen, überdimensioniert und zwecklos.

(Beifall bei der SPD)

Es verschlingt gerade in der Justiz immense Steuergelder. Wenn Sie wirklich einmal die Gerichte vor Ort besuchen würden, würde Ihnen das in jedem Gericht und bei jedem Gespräch bestätigt. Hier könnte in der Tat viel Geld eingespart werden, und das wissen Sie auch.

(Timon Gremmels (SPD): Na, ob die das wissen?)

Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel habe ich schon angesprochen: die Konstruktion des HI. Dort könnte man auch über intelligentere Lösungen nachdenken.Ich kann nur sagen,das,was Sie hier vorgelegt haben, ist kein durchdachtes Sparen, kein intelligenter Umgang mit den Ressourcen. Nein, hier wird Justizpolitik à la Rechenschieber gemacht.

(Zuruf von der FDP: Hier klatscht noch nicht ein- mal die eigene Fraktion! – Zuruf von der CDU, an die FDP gewandt: Das wundert keinen!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Herr Justizminister Hahn, Sie sind vor etwa einem Jahr als Justizminister und stellvertretender Ministerpräsident in Ihrem Amt vereidigt worden.Auch von Ihrer Rolle als stellvertretender Ministerpräsident hatte sich die Justiz erhofft, dass sie nun ein Schwergewicht im Kabinett hätte, das sie vertreten würde. Diese Erwartungen sind durch die nun angekündigten und vorgelegten Sparpläne bitterlichst enttäuscht worden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, diese vorgelegten Sparpläne machen einmal mehr deutlich: Dieses Land hat eine bessere, eine neue Landesregierung verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Hartmut Honka (CDU): Das war doch gar nicht konkret!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Beuth zu einer Kurzintervention.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Hofmann, nein, der Rechtsstaat ist nicht in Gefahr, auch wenn Sie uns dies gerade auf bemerkenswerte Art und Weise weismachen wollten. Der Rechtsstaat in Hessen ist durch die Maßnahmen des Justizministers in der Tat nicht in Gefahr.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich sage das in aller Zurückhaltung: Dieser absurde Vortrag in gekünstelter Erregung hat im Grunde deutlich gemacht,

(Zuruf von der SPD: Oh!)

dass das hessische Justizministerium die richtigen Maßnahmen getroffen hat.

Meine Damen und Herren, viel bemerkenswerter ist aber – deswegen habe ich mich zu Wort gemeldet –, dass wir von Frau Kollegin Hofmann in den vergangenen 20 Minuten vorgetragen bekommen haben, was in diesem Lande alles nicht geht. – Frau Kollegin Hofmann, das wissen wir jetzt. Sie sind aber den entscheidenden Punkt schuldig geblieben:Was ist denn der konstruktive Beitrag der SPD-Fraktion in Hessen zum Sparen? Wo ist dieser Beitrag?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Das stimmt gar nicht!)

Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das folgt dem Schema der SPD-Fraktion in diesem Landtag, dass vor allen Dingen immer erklärt wird, was in diesem Lande alles nicht geht, was diese Landesregierung vermeintlich alles nicht richtig macht. Der eigene konstruktive Beitrag bleibt aber, wie immer, aus. Das ist das Fazit Ihres Beitrages, den Sie hier geleistet haben.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich finde es bedauerlich und ein Stückchen beschämend, dass Sie in diesen Zeiten nicht einmal in der Lage sind, im Justizbereich einen konstruktiven Beitrag zu leisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Petra Fuhr- mann (SPD): Gar nicht wahr!)

Vielen Dank, Herr Kollege Beuth. – Frau Kollegin Hofmann antwortet.