Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

Das will ich durchaus lobend erwähnen.Vielleicht sollten Sie im Innenministerium sich das einmal zum Vorbild nehmen. – Zu drei Punkten will ich etwas sagen, weil man über die nachdenken sollte.

Die Abschaffung der Widerspruchsverfahren. Ich glaube, es war seinerzeit das zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz, bei dessen Beratung wir das ausgiebig diskutiert haben.Sie führen an,das habe sich bewährt.Da sollte man aber genauer hinschauen. Es gab doch sehr unterschiedliche Stellungnahmen, etwa zu der Frage, ob die Befürchtung eingetreten ist, dass durch die Abschaffung der Widerspruchs- und der Vorverfahren die Klageflut vor den Gerichten zugenommen hat.

Von Ihrer Seite wird das verneint. Man muss dazu aber auch die umgekehrte Frage stellen: Hat derjenige, der keinen Widerspruch einlegen konnte, deswegen nicht geklagt, weil er mit dem Verfahren zufrieden war oder weil er resigniert und gesagt hat: „Den Prozess vor dem Gericht nehme ich nicht in Kauf“? Diese Frage muss man schon stellen.

Im Übrigen würde mir der Satz zu denken geben, den Sie zitieren, wonach „die Widerspruchsbescheide der Regierungspräsidien eine deutlich höhere Qualität aufgewiesen hätten als die von den unteren Bauaufsichtsbehörden erlassenen Widerspruchsbescheide“. Ich finde, dies sollte für Sie Anlass sein, darüber nachzudenken, ob wir nicht auch in diesem Bereich auf Qualität setzen sollten.

(Beifall der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, mein zweiter Punkt ist die Frage,die schon die Kollegin Faeser angesprochen hat.Ich bin sehr dafür, das offen zu diskutieren. Es geht um die Besetzung der Senate durch künftig nur noch drei statt bislang fünf Richter. In der Anhörung sollte man noch einmal genau prüfen, was dafür und was dagegen spricht. Hier bin ich sehr gespannt auf die Meinung der Experten.

Ein weiterer Punkt ist die Abschaffung der ehrenamtlichen Richter.Herr Rhein,hier würde ich doch schon einmal ein Hoch auf das Ehrenamt aussprechen. Auf der einen Seite loben Sie sich immer dafür und stellen das Ehrenamt heraus. Sie verleihen Ehrenamtspreise.

(Nancy Faeser (SPD): So ist es!)

Auf der anderen Seite schaffen Sie ehrenamtliche Richter mit dem Argument ab, das sei unnötig und nicht zielführend. Hier sollten Sie vielleicht einmal Ihre Argumentation ein bisschen überdenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herr Staatssekretär, selbst wenn man argumentiert, man sollte überlegen,ob der Einsatz ehrenamtlicher Richter in Normenkontrollverfahren und in großen Verfahren zielführend ist, so schreibt man dennoch eine solche Begründung nicht. Ich lese Ihnen das einmal vor:

Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter in Verfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof ist entbehrlich, weil die Verfahren nach § 48 VwGO in der Regel schwierige rechtliche Problemstellungen von hoher Komplexität aufweisen und eine Laienbeteiligung nicht zielführend ist.

Ich finde, damit stellen Sie denen, die in der Vergangenheit diese Verfahren als ehrenamtliche Richter durchgeführt haben, kein gutes Zeugnis aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatssekretär, ich finde, so kann man mit dem Ehrenamt nicht umgehen.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und auf die Anhörung. Wir als Fraktion werden diesen Prozess konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Nancy Faeser und Manfred Görig (SPD))

Das Wort hat der Abg. Beuth für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie auch die Kolleginnen und Kollegen freue ich mich sehr auf die engagierte Auseinandersetzung im Ausschuss und in der Anhörung.Dann werden wir sehen,in welchem Gewand am Ende dieser Gesetzentwurf das Plenum zur zweiten Lesung erreicht.

Eines aber ist wichtig, und das will ich hier für die CDUFraktion schon einmal deutlich machen: Wir haben uns hier im Hessischen Landtag – Kollege Frömmrich und Kollegin Faeser haben darauf hingewiesen – schon heftig über das Thema Widerspruchsverfahren auseinandergesetzt. Wenn wir heute die Begründung des Gesetzentwurfs lesen, so stellen wir fest – entgegen dem, was Sie hier vorgetragen haben –,bei der Evaluation des Gesetzes hat sich ergeben, dass die damalige Entscheidung richtig war.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Der Rechtsstaat ist nicht untergegangen, weil wir keine Widerspruchsverfahren mehr durchführen. Entgegen dem, was hier vor einigen Jahren in den Ursprungsdebatten erklärt wurde, ist genau das nicht eingetreten. Das will ich noch einmal deutlich hervorheben.

Darüber hinaus haben wir keinen höheren Eingang bei den Verwaltungsgerichten. Vor allen Dingen haben wir – zumindest haben das die Städte und Gemeinden hier dargestellt – dort auch keinen höheren Aufwand.

Eines ist richtig. Herr Kollege Frömmrich, Sie haben eben gerade gesagt, wir wollen auf Qualität setzen. Ja, die Ausgangsentscheidung ist der wesentliche Kern, den wir hier betrachten müssen. Der Ausgangsbescheid, der Verwaltungsakt bedarf einer hohen Qualität. Dessen sind sich alle bewusst. Insofern brauchen wir uns hier keine großen Sorgen zu machen, was das weitere Verfahren angeht.

Den Zynismusvorwurf will ich hier zurückweisen. Ich glaube, es ist schon deutlich geworden, insbesondere auch in dem, was Kollege Frömmrich gerade hier versucht hat, darzustellen: Es geht nicht um die generelle Abschaffung des ehrenamtlichen Richteramtes. Darüber sollte hier Klarheit herrschen,

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bei dem Verwaltungsgerichtshof!)

damit das richtig im Protokoll steht. Es ist aber natürlich so: Wenn ich eine Beteiligung von Laien bei einer sehr komplizierten Rechtsfrage, etwa einer Normenkontrolle, habe, bei der es auf den juristischen Sachverstand ankommt, dann hat das eine andere Qualität, als wenn ich auf einer anderen gerichtlichen Ebene eine Klärung über einen Tatbestand oder einen Sachverhalt unter Beteiligung von ehrenamtlichen Laien und den Berufsrichtern herbeiführe, zur Klärung der Basis der rechtlichen Beurteilung.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist kein gutes Zeugnis für die Vergangenheit!)

Über diese Frage werden wir uns sicherlich im Rahmen dieser Anhörung engagiert informieren und uns miteinander streiten. Ich kann die Gesetzesbegründung an dieser Stelle nachvollziehen, muss aber an dieser Stelle auch dazu sagen: Dafür haben Kolleginnen und Kollegen mit zwei juristischen Staatsexamen wirklich lange büffeln müssen, damit sie sich am Ende zutrauen, diese Sachverhalte – so komplex sie manchmal in der Normenkontrolle auch sind – richtig beurteilen können. Daher finde ich es richtig, dass wir diese Probleme den Profis zuweisen.

(Zurufe der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir werden hier eine engagierte Diskussion führen. Insofern freuen wir von der CDU uns ebenfalls auf die Auseinandersetzung im Ausschuss. – Vielen Dank.

Vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Abg. Hofmann, SPD-Fraktion, gemeldet.

(Peter Beuth (CDU): Bei einer Redezeit von fünf Minuten gibt es keine Kurzintervention!)

Sie haben recht, die Redezeit beträgt hier fünf Minuten. – Frau Kollegin, haben Sie noch Redezeit?

(Abg. Heike Hofmann (SPD) verneint.)

Dann stelle ich fest, dass keine Wortmeldung mehr vorliegt.

Die erste Lesung ist damit durchgeführt. Wir überweisen den Gesetzentwurf nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Innenausschuss. – Dem widerspricht keiner. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und des Hessischen Hochschulgesetzes – Drucks. 18/2527 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Frau Ministerin Kühne-Hörmann zur Einbringung des Gesetzentwurfs.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen in erster Lesung den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und des Hessischen Hochschulgesetzes vor. Das derzeit geltende Gesetz für die hessischen Universitätskliniken ist bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Anlässlich der anstehenden Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes sollen bei grundsätzlicher Kontinuität der für die Universitätskliniken geltenden Regelungen einzelne Optimierungen erfolgen.

In der Kontinuität der in den vergangenen Jahren getroffenen strategischen Strukturentscheidungen sieht der Gesetzentwurf eine Optimierung der Regelungen zur Zusammenarbeit von Universität und Universitätsklinikum am Standort Frankfurt vor.

Kurz möchte ich erläutern: Durch eine Änderung in § 10 Abs.2 Uniklinikgesetz sollen Entscheidungsstrukturen im Falle eines Konfliktes zwischen dem öffentlich-rechtlichen Universitätsklinikum und dem Fachbereich Medizin verbessert werden.

Weitere Verbesserungen der Konfliktlösung beinhaltet die Regelung des § 15 Abs. 1 Uniklinikgesetz. Die Zusammenarbeit von Universität, ihrem Fachbereich Medizin und Universitätsklinikum wird in einer Kooperationsvereinbarung geregelt. In den Fällen, in denen eine Einigung über diese Kooperationsvereinbarung nicht zustande kommt, soll nunmehr binnen vier Wochen eine Schlichtungskommission entscheiden.

Die Regelungen des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken haben sich bewährt. Mit dem Änderungsgesetz soll die Gültigkeit des Gesetzes verlängert werden. Neben den erläuterten Verbesserungen sieht der Gesetzentwurf redaktionelle Anpassungen im Uniklinikgesetz und im Hessischen Hochschulgesetz vor. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Kühne-Hörmann. – Das Wort hat Herr Abg. Dr. Spies, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die medizinischen Fachbereiche der hessischen Hochschulen und die ihnen zugeordneten Universitätsklinika als sozusagen der Praxisteil gehören ohne Zweifel zu den wichtigsten und teuersten Einrichtungen, die das Land betreibt. Es ist eine teure Ausbildung, es ist eine hoch begehrte Ausbildung, und es ist eine notwendige Ausbildung,wie wir in den letzten Monaten auf allen Ebenen in der Debatte über die ärztliche Versorgung hören konnten.

Insofern hätte man sich wünschen können, dass mit der ohnehin anstehenden Novelle zum Universitätsklinikagesetz die Landesregierung etwas vorlegt, was genau diesen Herausforderungen, die auf die Hochschulmedizin zulaufen, ein bisschen mehr gerecht wird als dieser Entwurf. Tatsächlich sehen wir eine allenfalls redaktionelle Änderung,die ein paar Kleinigkeiten an äußere Veränderungen anpasst, die Geltungsdauer des Gesetzes verlängert und damit alle Herausforderungen völlig ignoriert, die wir seit Monaten in Bezug auf die Hochschulmedizin diskutieren.

Da ist eine Frage, die beispielsweise in diesem Zusammenhang nicht nur hätte diskutiert, sondern vielleicht auch mit Lösungsvorschlägen hätte angegangen werden können, die Frage der Ausbildungsqualität und der Auswahl der Studierenden.

Angesichts der Diskussion, gerade von der FDP, angesichts des Vorpreschens des Bundesgesundheitsministers über zu wenige Hausärzte und über die Auswirkungen auf das Studium hätte ich mir da Engagement erwartet, dass an dieser Stelle auch in Bezug auf die Universitätsklinika, die den wesentlichen, den praktischen Teil dieser Ausbildung darstellen, ein bisschen mehr passiert als nur redaktionelle Anpassungen.An dieser Stelle ist überhaupt kein Fortschritt, obwohl wir alle wissen, wie nötig er wäre.