Der Verwaltungsrat des ZDF ist nicht der Ort für Ihre parteipolitischen Machtspiele, die Ihrer Karriereplanung dienen.
Sie wollen sicherlich hier und heute nicht leugnen, dass das alles eine Auftragsarbeit von Angela Merkel ist.
Diese überbordende politische Einflussnahme zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Medienpolitik. Herr Koch, als Demokrat wäre es Ihre vornehmste Aufgabe, für mehr redaktionelle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einzutreten. Das ist keine Frage der politischen Kür, sondern Ihre Pflicht nach dem Amtseid.
Es ist nicht akzeptabel, wenn Herr Koch meint, er könne das ZDF führen wie seine Staatskanzlei, wo er keinen Widerspruch zulässt.
Demokratie lebt vom Widerspruch. Ich begrüße es ausdrücklich, dass leitende Redakteure des ZDF die Hinterzimmer-Mauscheleien von Herrn Koch ins Licht der Öffentlichkeit gezogen haben.
Was meinen Sie eigentlich, wenn Sie in der „FAZ“ wörtlich sagen: „Ich glaube, keiner der Beteiligten hat sich durch diesen Brief einen Gefallen getan“?
Die unverhohlene Drohung, die Mitunterzeichner hätten sich damit keinen Gefallen getan, zeugt vom obrigkeitsstaatlichen Denken des Ministerpräsidenten, von seiner Respektlosigkeit gegenüber dem unabhängigen Journalismus.
Ich stimme dem FDP-Medienexperten Otto ausdrücklich zu, wenn er sagt, dass die politischen Spiele beim ZDF über den Sachfragen stehen. Seine Aufforderung an CDU/CSU ist unmissverständlich. Wenn das so ist, dann sind Sie fehl am Platze in einem unabhängigen Aufsichtsgremium. Sie sollten Ihre Mitgliedschaft überdenken.
Letzter Satz. – Nicht Herr Brender sollte gehen, sondern Sie. Die Satzung des ZDF sieht vor, dass man das Amt als Verwaltungsratsmitglied niederlegen kann. Ich empfehle Ihnen dringend, von dieser Möglichkeit umgehend Gebrauch zu machen.
Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. – Das Wort hat Herr Abg.Wilken für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bedrückend an der Notwendigkeit dieser Diskussion, die wir heute Morgen führen müssen, ist diese Mischung aus der paternalistischen und absolutistischen Haltung der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Auch wir erleben das als einen Rückfall in feudalistische Zeiten. Wir brauchen hier keinen Berlusconi-Staat.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Da sind Sie mit Schäfer-Gümbel einig! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): HoneckerStaat!)
Selbst die für linke Umtriebe wohl eher unverdächtige „FAZ“ kommentiert das aktuelle Ansinnen als den Versuch – ich zitiere –, „jemanden zu installieren, der dem Machtanspruch der Parteien und ihrem schlichten Proporzdenken aufgeschlossener“ sei.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wir hören gerade Schäfer-Gümbel 2! – Heinrich Heidel (FDP):Was sagt Gregor Gysi dazu?)
Es geht darum,sich den Sender gefügig zu machen.Gegen diesen Eingriff in die Rundfunkfreiheit müssen wir uns als Politiker wehren, aber viel mehr noch zusammen mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus Kultur und Wissenschaft, Kirchen und Gewerkschaften. Wir müssen uns gemeinsam dagegen wehren.
Herr Koch, frappierend ist, dass dieses durchsichtige Vorgehen, den Sender gefügig zu machen, auch noch mit Einschaltquoten begründet wird. Sie führen in einem „FAZ“Interview aus, dass die Resonanz des Publikums auf „heute“, das „heute-journal“ und das „auslandsjournal“ zurückgegangen sei. Sie sagen, deshalb muss über das Ende der Ära Brender nachgedacht werden.
Sie streiten also um Quoten und nicht um Qualität. Das offenbart Ihr fundamentales Verständnisproblem. Denn, Herr Koch, Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nicht das Erzielen von Quoten und Marktanteilen, sondern die Verbreitung von Nachrichten und Darbietungen bildender, unterrichtender und unterhaltender Art, ausdrücklich auch von Inhalten, die vielleicht nur bei einer Minderheit der Bürgerinnen und Bürger auf Interesse stoßen.
Dabei sieht die Bilanz des ZDF durchaus gut aus. Politische Berichterstattung ist im ZDF zur Hauptsendezeit präsent. Herr Brender hat Programmplätze gut verteidigt und Magazine clever modernisiert.Bedenklich ist allemal, dass Sie, Herr Koch, in Kauf nehmen, das Image nicht nur des Senders, sondern auch noch des Intendanten zu beschädigen. Für die Mitarbeiter im ZDF bedeutet dieses Gezerre im Jahr von entscheidenden Urnengängen schon deshalb nichts Gutes, weil unabhängiger Journalismus hier im Land schlechte Karten hat. Doch das gebührenfinanzierte Fernsehen braucht unabhängigen Journalismus mehr denn je. Auf keinen Fall braucht es Mittelmaß auf Parteibuchbasis.
Herr Koch, Ihre Einmischung hat mit Blick auf den Hessischen Rundfunk durchaus Geschichte. Darauf bezieht sich mein Vorwurf des Rückfalls in feudalistische Zeiten. Sie zeigen sich als eine Art Provinzfürst, der seine Leibeigenen, als die Sie die Redakteure des öffentlich-rechtlichen Systems offensichtlich empfinden, auf Trab halten will.
Ich fasse zusammen. Es ist sachlich falsch, weil die Klage über die Quotenverluste der Nachrichtensendungen so nicht statthaft ist.Es ist logisch falsch,weil die Quoten einzelner Sendungen keine Gesamtaussage zulassen, weil sie stets auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der Konkurrenzangebote zur selben Zeit gesehen werden müssen. Herr Koch, es ist außerdem strategisch falsch, weil eine Orientierung der „heute“-Sendung an der bei jüngeren Zuschauern erfolgreicheren Ausgabe von RTLaktuell einen Offenbarungseid des öffentlich-rechtlichen Senders darstellen würde.
Es ist eine Kriegserklärung an die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Herr Koch, sollten Sie sich durchsetzen, wird es spannend sein, zu erfahren, wie Gerichte diesen Eingriff in die Meinungsfreiheit beurteilen. – Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bettina Gaus hat dieser Tage gefragt: „Bei allem Respekt, geht es nicht eine Nummer kleiner?“ – Die Kritik, die heute Morgen in der Aktuellen Stunde von der SPD vorgebracht wird, verschleiert, dass die bis vor Kurzem noch amtierende Vorsitzende der SPD vor anderthalb Jahren die Journalisten als verrottet bezeichnet hat, dass sie unter Standing Ovations am letzten Samstag eine Presseschelte ohnegleichen vorgebracht hat. Jetzt stellen Sie sich hierhin und reden über die Unabhängigkeit des Journalismus.
Meine Damen und Herren, wir wollen jetzt nicht über die Finanzierung der Geburtstagsfeier des ZDF-Verwaltungsratsvorsitzenden und Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz reden.
(Lebhafte Zurufe von der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU) – Glockenzeichen des Präsidenten)
Worum es wirklich und im Kern geht, ist nicht die Meinung eines Journalisten. Da kann man die Frage stellen: Ist es mutig, Herrn Schröder in dieser Weise behandelt zu haben, oder nicht? Das ist heute aber nicht das Thema.