Der Naturschutz steht Ihnen dabei substanziell im Wege. Das haben wir dem Interview leider entnehmen müssen. Das ist die falsche Vorgehensweise. Der Arten- und Naturschutz muss bei allen Bauvorhaben zu seinem Recht kommen, sonst ist alles eine Farce. Es nutzt nichts, von der EU-Ebene bis zur Länderebene eine Naturschutzgebung auf den Weg bringen, wenn wir nicht entsprechend handeln.
Daher ist es wichtig, bereits bei der Vorplanung von Projekten den Naturschutz in allen Varianten mit zu überprüfen. Das würde auch die Kosten späterer Nachbesserungen zu vermeiden helfen.
Die Natur ist kein Hindernis für uns Menschen, sondern sie bildet die Grundlage unserer Existenz. Auch das Argument der Schaffung von Arbeitsplätzen ist nicht überzeugend. Sie wissen doch selbst: Der Faktor Verkehrsinfrastruktur schafft langfristig keine Arbeitsplätze.
Vielleicht bei denen, die die Straßen bauen. Aber seit den Siebzigerjahren versuchen Verkehrs- und Wirtschaftsforscher, zwischen Straßenbau und Wirtschaftswachstum einen positiven Zusammenhang empirisch nachzuweisen. Sie alle wissen ganz genau: Dieser Nachweis ist bis heute nicht gelungen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)
Häufig wird versucht, Projekte durchzusetzen, deren Planung schon viele Jahre zurückliegt und die dem heutigen Klimaschutzgedanken diametral entgegenstehen. Für uns GRÜNE ist es daher eminent wichtig, bei jedem einzelnen Bauvorhaben prüfen zu lassen, welche Auswirkungen diese Infrastrukturprojekte auf Naturräume haben und inwieweit sie dort lebende bedrohte Arten gefährden.
Ersatzmaßnahmen, auch das ist Ihnen bekannt, können ein sensibles Ökosystem mit bedrohten Arten häufig eben nicht ersetzen. Das zeigt die Erfahrung. Der Naturschutz darf nicht wieder an den Rand gedrängt werden.Wir müssen endlich über die Diskussion hinauskommen,die wir in den letzten Jahren geführt haben, und zeigen, welch einen Wert die Natur für uns alle darstellt.
Kommen wir noch einmal zum Faktor Kosten.Alternative Straßenführungen zur Wahrung naturschutzrechtlicher Belange bedeuten bei Straßenverkehrsinfrastrukturprojekten nicht zwangsläufig eine Verteuerung. Diese Diskussion haben wir auch im Landtag schon etliche Male geführt. Ich erinnere an einen konkreten Fall: die A 49. Hier ersparte der Kammmolch dem Land umgerechnet 50 Millionen c – durch eine Alternativplanung. Das heißt in Kammmolchwährung: 5.000 Kammmolche ersparten dem Land 50 Millionen c; das sind umgerechnet 10.000 c pro Kammmolch.
Wir können diese Kostendiskussion weiter führen, aber wenn, dann bitte ehrlich. Wenn wir über Kosten reden, dann möchte ich Sie bitten, dass Sie auch einmal die umweltschädlichen Subventionen kritisieren;denn diese kosteten den Fiskus laut Subventionsbericht allein im Jahr 2008 48 Milliarden c. Im Vergleich dazu sind die Beträge, die eben genannt worden sind, wirklich gering.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Die Nutzung fossiler Energien wurde mit 24 Milliarden c subventioniert. Die Nutzung dieser Energien bedeutet wiederum eine Verschärfung des Klimawandels.Zusammen mit dem Verkehr schadet das der Biodiversität. Unsere Lebensgrundlage ist die Natur, nicht die Straße.
Daher werden wir diesem Antrag von CDU und FDP nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Nun hat sich Herr Kollege Sürmann zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich deswegen zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet, weil Sie, Frau Hammann, gesagt haben, die FDP habe sowieso nichts für Naturschutz übrig; dafür sei sie bekannt.
Angesichts der Freiburger Thesen, der Wiesbadener Grundsätze unseres Bundes- und Landtagswahlprogramms und unseres tatsächlichen Handelns im Landtag, seit wir in einem Ministerium die Mitverantwortung haben, ist das, was Sie sagen, eine bodenlose Unverschämtheit.
Der einzige Unterschied zwischen Ihrer Naturschutzpolitik und der unsrigen besteht nämlich darin, dass wir den Menschen als Teil der Natur betrachten, während Sie den Menschen in Ihren Überlegungen aus der Natur ausgrenzen.
Wir wollen im Einklang mit der Natur leben. Das ist der grundsätzliche intellektuelle Unterschied zwischen uns. Darauf bin ich auch recht stolz.
Dass Sie hier behaupten, wir hätten einen Minister, der Recht und Gesetz suspendiert – das ist die zweite Behauptung, wegen der ich mich gemeldet habe –, ist ebenfalls eine bodenlose Unverschämtheit angesichts der Tatsache, dass der BUND im Zusammenhang mit einem geplanten Abschnitt an der A 44 eine Klage eingereicht hat und bis vor das Bundesverwaltungsgericht gegangen ist, das das Ministerium in seiner Rechtsauffassung bestätigte und erklärte, es habe alles richtig gemacht.
Deswegen ist es eine bodenlose Unverschämtheit, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, in Hessen werde nicht integriert geplant.Genau an dieser Stelle hat der Herr Minister nämlich einen Container aufstellen lassen, in dem die Vertreter aller Behörden – z. B. die für den Arten
schutz Zuständigen – zusammensitzen, um eine integrierte Planung zu machen. Das ist der richtige Weg im Interesse der Menschen und der Natur. So wird in Hessen geplant.
Das können Sie nicht negieren. Sie sind nur eifersüchtig, weil Sie dieses Ministerium nicht genauso gut führen können und dürfen.
Vielen Dank, Herr Kollege Sürmann. – Frau Kollegin Hammann hat nun die Gelegenheit zu einer Antwort.
Herr Sürmann, ich verstehe Ihre Aufregung gut. Sie ist aber nicht angebracht.Man könnte auch sagen,getroffene Hunde bellen. Gerade das Beispiel mit dem Gerichtsurteil, das Sie eben gebracht haben, zeigt, dass Sie nicht informiert sind. Es ist doch so, dass der BUND tatsächlich gewonnen hätte, wenn dieser Beschluss nicht noch im Gerichtssaal vom Ministerium selbst nachgebessert worden wäre. Das ist die Sachlage.
Herr Sürmann,wo hat denn die FDP in den letzten Jahren Aktivitäten im Naturschutz entwickelt? Ich sage Ihnen: Das, was zusammen mit der CDU unternommen wurde, war eine Rückentwicklung des Naturschutzes. Ich habe das über all die Jahre leider miterleben müssen.Das ist ein Problem. Sie können noch so viel in Ihre Koalitionsvereinbarungen und in Ihre Parteipapiere hineinschreiben – wichtig ist, was am Ende dabei herauskommt. An dieser Stelle behindern Sie den Naturschutz.
antworte ich Ihnen:Wir sehen uns als einen Teil der Natur, und deshalb wollen wir die Natur erhalten.
Herr Sürmann,tun Sie etwas dafür.Werfen Sie sich für die richtigen Entscheidungen in die Bresche, nicht für das, worum es eben ging. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unschwer ist dem Antrag von CDU und FDP zu entnehmen, dass es ihnen um die beschleunigte Durchführung von Infrastrukturprojekten wie Autobahnen und Flughäfen geht.Die Regierungskoalition beklagt die stän
dig wachsenden Anforderungen aus Umwelt- und Naturschutzrecht als Planungen und Baukosten verteuerndes Übel.
Aus einer fortschreitenden Zerstörung von Natur und Landschaft erwachsen notwendigerweise immer größere Einschränkungen bei der Durchführung von Bauvorhaben. Für uns lebensnotwendige ökologische Leistungen müssen besser denn je geschützt werden.
Um es auch in einer für die FDP verständlichen Sprache zu formulieren: Die Verknappung von Umweltgütern durch Zerstörung lässt ihre Preise steigen. Das ist aber die Folge eines zerstörerischen Umgangs mit Natur und Landschaft und nicht die einer Einschränkung durch ein überbordendes Naturschutzrecht, wie uns die Landesregierung glauben machen will.
Unter der Regierungsverantwortung von CDU und FDP ist das Hessische Naturschutzgesetz in unvergleichlicher Weise ausgehöhlt und demontiert worden.CDU und FDP haben nichts anderes getan, als Naturschutzstandards abzubauen. Deshalb kann die Erklärung, überzogene Standards abbauen zu wollen – so steht es im Antrag –, nur als zynisch bezeichnet werden.
Wir gehen davon aus, dass dieser erneute Vorstoß der Regierungskoalition alle durch die bundesgesetzlichen Regelungen gegebenen Freiräume nutzen wird, um das Naturschutzrecht weiter auszuhöhlen.
Die Ausführungen zur Verbesserung des Artenschutzes und zur Wahrung des Naturerbes im Antrag werden vor dem Hintergrund der letzten zehn Jahre konservativer Naturschutz- und Umweltpolitik – ich erinnere an das Kohlekraftwerk Staudinger, an die unsäglichen Vereinbarungen mit Kali + Salz und an die Ausweitung des Frankfurter Flughafens – zu bedeutungslosem rhetorischem Beiwerk.