Hartz-IV-Empfänger, die einen sogenannten EinEuro-Job annehmen, erreichen nach einem Jahr seltener eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als vergleichbare Langzeitarbeitslose ohne Ein-Euro-Job.
Das Ergebnis kam auf Basis einer Untersuchung zustande, bei der Ein-Euro-Jobber verglichen wurden mit anderen Hartz-IV-Beziehern, die „bei allen anderen wesentlichen Eigenschaften weitestgehend ähnlich sind“.
Frau Kollegin Schott, entschuldigen Sie bitte ganz kurz. – Es ist eine erhebliche Unruhe hier im Saal. Ich möchte Sie bitten, der Rednerin entweder zu folgen oder, wenn es dringend notwendig ist, die Gespräche außerhalb des Saales fortzusetzen. Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank an Sie. – Die sich daraus ergebende Forderung liegt auf der Hand: Folgen Sie unserem Antrag, nehmen Sie die Kürzungen der „Operation unsichere Zukunft“ zurück.
Sie tun damit nicht nur sozial dringend notwendige und nützliche Dinge, sondern Sie schaffen gleichzeitig Arbeitsplätze.
Im sozialen Bereich gibt es mehr als genug Möglichkeiten, mit denen Sie ungeförderten Unternehmen keine Konkurrenz machen.
Herr Schäfer-Gümbel ist jetzt leider nicht mehr da. Ich habe mich heute Morgen schon gefreut, dass er mein Beispiel mit den Windeln wieder aufgenommen hat. Er hätte die Redezeit auch nützen können, um andere Beispiele zu finden. Aber ich verstehe natürlich, dass es ein bisschen schwieriger ist, hier eine Waschmaschine hineinzutragen als ein Päckchen Windeln.
Aber auch technische Großgeräte sind nicht berücksichtigt, und Langzeitarbeitslosigkeit heißt eben Langzeitarbeitslosigkeit, und da geht hin und wieder auch ein großes, teures Gerät kaputt.
Meine Damen und Herren, natürlich erfordern unsere Vorschläge mehr finanzielle Mittel. Dass die Mehrausgaben all unserer Haushaltsanträge mit Finanzierungsvorschlägen versehen sind, haben wir heute schon mehrfach ausgeführt. Ich will das nicht wiederholen. Es kann jeder wissen, der es wissen will.
Ich möchte in den verbleibenden Minuten auf einen vor allem positiven sozialen, aber nicht allein sozialpolitischen Effekt unserer Finanzierungsvorschläge hinweisen. Bekanntermaßen halten wir es mit Heiner Geißler: Wenn kein Geld da ist, muss man es sich holen, wo es ist.
Mit dieser Maßnahme würde die Umverteilung von unten nach oben gestoppt, im günstigen Fall sogar umgekehrt in Richtung Umverteilung von oben nach unten – und damit in Richtung mehr Gleichverteilung, wohlgemerkt nur m e h r Gleichverteilung.
Damit müsste den oberen Einkommensschichten, also etwa oberhalb eines monatlichen Nettoeinkommens von ca. 4.000 € pro Person, etwas weggenommen werden. Das wirft zumindest die Frage auf, ob das nicht eindeutig gegen die Interessen dieser Menschen verstößt. Die Antwort darauf lautet: nein.
Man darf unterstellen, dass Geld allein nicht glücklich macht. Aber was macht dann glücklich? Kann man Glück messen? Kann man diese Messungen bzw. die Ergebnisse vergleichen? Und zu welchem Resultat kommt man dabei?
Diesen Fragen gehen seit mehr als zehn Jahren die beiden englischen Forscher Richard Wilkinson und Kate Pickett nach. Sie haben zunächst ein Bündel von messbaren Indikatoren weltweit gebündelt: das Ausmaß des Vertrauens in die Mitmenschen, der Anteil der psychischen Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenprobleme, Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit, Anteil der Menschen mit Fettleibigkeit, schulische Leistungen der Kinder, Anteil der Teenagerschwangerschaften, Selbstmorde, Zahl der Gefängnisstrafen, soziale Mobilität.
Bei ihren vergleichenden Untersuchungen kommen sie für die Industrieländer zu folgenden Ergebnissen. Erstens und wenig überraschend: Die armen Bevölkerungsteile schneiden bei diesen Indikatoren durchweg schlechter ab. Zweitens und ebenfalls nicht allzu sehr überraschend: Länder mit hoher Ungleichverteilung schneiden eindeutig schlechter ab als Länder mit nur geringer Ungleichverteilung. Drittens und entscheidend: Vergleicht man innerhalb der Gruppe der Industrieländer jeweils die 20 % der oberen Einkommensschichten in Ländern mit
hoher Ungleichverteilung mit den 20 % der oberen Einkommensschichten in Länder mit geringer Ungleichverteilung, dann bestätigt sich dieses Ergebnis auch dort. Oder, anders gesagt: Eine Politik für mehr Gleichverteilung sorgt für mehr Glück und mehr Lebensqualität – und zwar bei allen Bevölkerungsschichten.
Frau Kollegin Schott, der freundliche Hinweis, dass die von Ihrer Fraktion angegebene Redezeit abgelaufen ist.
Danke, ich komme gleich zum Ende. – Wie ist dieses Ergebnis zu erklären? Wilkinson und Pickett erklären es mit dem Stress, den Ängsten, Rivalitäten, Statuskämpfen in Gesellschaften mit höherer Ungleichheit. Kurz gesagt: Der Reichtum der Reichen geht nicht nur für die ärmeren Bevölkerungsschichten mit ernormen Belastungen einher. Er hat auch für die Bevölkerungsteile mit viel Geld und Vermögen einen hohen Preis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb, sehr geehrte Damen und Herren von der Regierung, machen Sie doch einfach einmal Politik für alle, anstatt für niemanden.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir uns zum Schluss noch die Umverteilungsdebatte der LINKEN anhören mussten, verbunden mit der plakativen Forderung an die Landesregierung, die EinEuro-Jobs abzuschaffen, um zu wissen, wo Kompetenzen sind, und das von einer Landtagsabgeordneten, die zumindest eine Zeit lang gewusst hat, wie man Beschäftigungsverhältnisse im eigenen Bereich angeht, nämlich mehrere Mitarbeiter so zu beschäftigen, dass sie auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind, spricht für die Glaubwürdigkeit eines solchen Beitrags.
Deswegen lohnt es sich an dieser Stelle gar nicht mehr, darauf einzugehen. Auch die Aufmerksamkeit des Landtags hielt sich an dieser Stelle in Grenzen. Spannend ist allerdings, wenn sowohl Frau Kollegin Schulz-Asche als auch Herr Spies von einem Steinbruch im Sozialhaushalt sprechen. Ich glaube, dann haben Sie die Zahlen nicht richtig verfolgt.
Die Zahlen zeigen in einer Eindeutigkeit, dass in den Jahren von 2003 bis 2011 beispielsweise die freiwilligen Leistungen von knapp 83 Millionen € auf 140 Millionen € gestiegen sind. Wer hier von einem Steinbruch oder von einer Rücknahme von Sozialleistungen spricht, hat die Zahlen nicht verstanden.
Es ist immer so, wenn Redemanuskripte und Fragmente, die sich auch in immer wiederkehrenden Anträgen zum Sozialhaushalt widerspiegeln, Gegenstand von Debattenbeiträgen sind und man sich nicht auf die Fragestellungen, die virulent sind, konzentriert. Natürlich ist die Frage berechtigt, ob die Mittel, die im Haushalt dafür veranschlagt sind, auskömmlich sind. Das ist doch die spannende Frage. Da würde ich auch gerne in die inhaltliche Diskussion, die Frau Schulz-Asche eben angestoßen hat, eintreten. Die Fragestellung ist, wie Sozialpolitik zu definieren ist, was Sozialpolitik leisten muss.
Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was meine Leitlinie in der Sozialpolitik ist, so umschreibe ich sie erst einmal mit den Worten „aktivierende Sozialpolitik“, und das in allen Bereichen, sei es in der Gesundheitspolitik, in der Arbeitsmarktpolitik, in der Familienpolitik. Man muss von Folgendem ausgehen: Man darf nicht nur auf Problemstellungen reagieren, sondern man muss versuchen, auch aktiv zu handeln, und dafür sorgen, dass Risiken für die gesellschaftliche Teilhabe von bestimmten Personengruppen möglichst erst gar nicht auftreten. Wir dürfen nicht abwarten, bis Menschen dauerhaft in Not geraten und sich der Hilfebedarf verfestigt. Statt alimentierende Sozialleistungen auszubauen, müssen wir eher aktivierende Hilfestrukturen stärken. Deshalb ist es mir wichtig, um dies auch als Ansatz einer sozialpolitischen Diskussion zu nehmen, dass sich Sozialpolitik nicht auf Hilfen in der Not beschränkt, sondern vor allen Dingen Hilfen aus der Not anbietet. Es gilt, den Hilfebedürftigen in erster Linie Chancen und Perspektiven zu eröffnen, ihr Leben selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten. Wir dürfen an dieser Stelle auf gar keinen Fall irgendeinen Menschen aufgeben.
Die ausschließlich alimentierende Sozialpolitik, die insbesondere von der Sozialdemokratie immer wieder in den Vordergrund gestellt wird,
steht für mich für ein Menschenbild – ich sage das mit aller Deutlichkeit –, das mich erschreckt. Es ist nämlich nicht mit dem Begriff der Menschenwürde, auch aus dem Grundgesetz abgeleitet, vereinbar, dass ich ausschließlich versuche, Menschen, die in Not geraten sind, zu alimentieren und dafür Mittel einzustellen, anstatt wirksame Politik zu betreiben, um Menschen genau aus dieser Not herauszuhelfen.
Das ist meine Leitlinie. Das spiegelt sich auch in diesem Haushalt wider, den die Landesregierung für das Sozialressort vorgelegt hat.
Herr Kollege Spies, es ist doch geradezu aberwitzig, dass Sie die Mindestverordnung ansprechen. Es geht auch um die Frage der Glaubwürdigkeit.
Ja, es geht um Glaubwürdigkeit, auch um Ihre Glaubwürdigkeit. – Ich bin gespannt, was in den Anträgen der GRÜNEN, die noch nicht vorliegen – dafür habe ich Verständnis, die sind für die dritte Lesung angekündigt –, möglicherweise zu diesem Themenkomplex steht. Ihre Anträge liegen vor. Ich habe mit großem Interesse danach geschaut, wo Sie im Haushalt die Mittel zur Umsetzung der Mindestverordnung nach Ihren Vorstellungen beantragen.
Dazu gibt es keinen Antrag. Warum haben Sie die Mittel nicht beantragt, damit Ihrer Forderung auch Glaubwürdigkeit unterstellt werden kann?
Nichts ist vorhanden. Stattdessen wird nur kritisiert. Sie kommen mit etwas altbackenen Vorschlägen daher, die sich in Ihren Anträgen wiederfinden.
Das Allergrößte war die Rechnung, die Sie mit der Mittagsversorgung vorgenommen haben. Der hessische Härtefonds ist eine Erfolgsgeschichte.
Herr Minister, ich möchte Sie nur freundlich darauf hinweisen, dass die für die Fraktionen verabredete Redezeit abgelaufen ist.