Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Herr Minister, ich möchte Sie nur freundlich darauf hinweisen, dass die für die Fraktionen verabredete Redezeit abgelaufen ist.

Einverstanden, Frau Präsidentin. – Lassen Sie mich bitte wenigstens das noch sagen: 865 Schulen nehmen sehr unbürokratisch daran teil. 10.500 Schülerinnen und Schüler bekommen ohne irgendeinen bürokratischen Aufwand schnelle Hilfe für Mittagsversorgung in Schulen. Alles wird aus diesem Härtefonds bezahlt. Keiner wird abgelehnt. Wir werden in Zukunft diskutieren müssen, wie wir mit der Pflichtleistung, die der Bund inzwischen eingeführt hat, umgehen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Spies?

Nein, das würde von meiner Redezeit abgehen, die nicht vereinbart ist.

Wer den Härtefonds, die Mittagsversorgung, in dieser Form kritisiert, wie Sie das getan haben, und gegenrechnet, dass man dies jedem Bedürftigen entgegenbringen soll, hat keine Ahnung davon, wie Sozialpolitik in Hessen funktioniert.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD))

Er versucht ganz einfach, sich mit entsprechender Polemik auf den Weg zu machen.

Ich könnte Ihnen noch sagen, wie unsere Arbeitsmarktpolitik wirkt. Ich könnte Ihnen sagen, dass wir Arbeitsmarktbudgets haben, dass wir versuchen, eine größtmögliche Selbstständigkeit der Optionskommunen und der kommunalen Träger zu erreichen, das wir versuchen, in den Zielvereinbarungen aus der kommunalen Kenntnis heraus passgenau Maßnahmen zu entwickeln.

Das Budget ist auskömmlich. Ich finde, dass mit diesem Sozialhaushalt eine Chance gegeben ist, auch im nächsten Jahr zielgerichtet Sozialpolitik in Hessen zu betreiben.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Grüttner. – Mir liegen zum Einzelplan 08 keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher jetzt wie vereinbart zu dem

Einzelplan 06 – Hessisches Ministerium der Finanzen –

in Verbindung mit

Einzelplan 17 – Allgemeine Finanzverwaltung –

und

Einzelplan 18 – Staatliche Hochbaumaßnahmen –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 62 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Reform des KFA statt 360 Millionen € Kürzung bei den Kommunen – Drucks. 18/3129 –

Die erste Wortmeldung kommt vom Kollegen Schmitt für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde mich angesichts der knappen Redezeit auf zwei Punkte beschränken. Das sind zum einen unsere Vorschläge zur Einnahmesituation. Dazu hat der Ministerpräsident heute Morgen in der Debatte Stellung genommen, aus unserer Sicht völlig inkompetent. Das muss man richtigstellen und dem widersprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Zweiten möchte ich Ihren Umgang mit den kommunalen Finanzen ansprechen, der in der Tat einmalig ist und zeigt, wie Sie die Kommunen in Hessen ruinieren wollen.

Zum ersten Punkt. Es ist in der Tat abenteuerlich und inkompetent, was Ministerpräsident Bouffier zu unserem Antrag zur Einnahmeverbesserung in Hessen gesagt hat. Seine zentrale Einwendung gegen die Vermögensteuer war – das muss man sich einmal überlegen –, der Erhebungsaufwand würde den Ertrag übersteigen.

Meine Damen und Herren, das letzte Jahr, als die Vermögensteuer vollständig erhoben worden ist, war 1996. Das ergab damals Einnahmen von 9 Milliarden DM. Der Erhebungsaufwand betrug 300 Millionen DM – 3,3 %. Dann spricht der Ministerpräsident davon, dass der Erhebungsaufwand den Ertrag übersteigen würde. Das ist völlig inkompetent.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Gegen eine neue Vermögensteuerregelung wird immer angeführt, man müsste in einem neuen Bewertungsverfahren den Einheitswert feststellen. Im Erbschaftsteuergesetz gibt es mittlerweile Regelungen. Selbst wenn das einmalig vorgenommen werden müsste, wird das auf einen einmaligen Betrag von etwa 300 Millionen € beziffert. Dazu kommen die laufenden Verwaltungskosten von etwa 3,5 %. Baden-Württemberg hat es errechnet: 4,5 %.

Für das Land Hessen bedeuteten dies dann immer noch 800 Millionen € Steuermehreinnahmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweiter Punkt. Zum Klientelsteuergesetz hat er erklärt, wir hätten gesagt, dass wir auch die Kindergelderhöhung kassieren wollten. Das ist völlig falsch. Wer sich ein bisschen mit Zahlen auskennt – aber der Ministerpräsident kennt sich wirklich nicht mit Zahlen aus –, der müsste wissen, dass der Steuerausfall durch das Klientelgesetz, der auch den Aspekt Kindergeld umfasst, jeweils 160 Millionen € für die Kommunen und das Land Hessen bedeutet. Wir haben es in unserem Antrag bei der Klientelpolitik, der Hotelsteuer und der Zinsschranke belassen, die für die 400 größten Unternehmen in Deutschland eingeführt worden ist. Da reden wir von einer Summe von 100 Millionen €. Meine Damen und Herren, auch was der Ministerpräsident dazu gesagt hat, war völlig falsch.

Dasselbe gilt übrigens für die Abgeltungsteuer. Er hat sich auf Herrn Steinbrück berufen. Herr Steinbrück hat mittlerweile gesagt: Es war ein Fehler, diese einzuführen. Man sollte zum alten Verfahren zurückkommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es bleibt dabei, Herr Ministerpräsident Bouffier ist an dieser Stelle wirklich inkompetent. Ich muss sagen: Ich weine Ministerpräsident Koch keine Träne nach. Aber ihm wäre das nicht passiert.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Zweiter Punkt. Umgang mit den Kommunen. Ministerpräsident Bouffier sagte, es sei einmalig, dass die Spitz abrechnung vorgezogen wird. Meine Damen und Herren, auch das ist völlig falsch. Das ist schon mehrmals passiert. Noch bis zu Ihrer Regierungszeit sind die Steuermehreinnahmen der November-Steuerschätzung sofort an die Kommunen weitergegeben worden. Das war sozusagen Bestandteil des Finanzausgleichsgesetzes. Auch da hat er Falsches behauptet. Auch da hat er keine Ahnung und war in der Sache unkundig.

(Beifall bei der SPD)

Aber eines ist im Verhältnis zu den Kommunen einmalig, nämlich den Kommunen 360 Millionen € wegzunehmen. Es ist in der Geschichte des Landes in der Tat einmalig, wie Sie versuchen, die Kommunen zu ruinieren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Die Spitzenverbände haben es wirklich auf den Punkt gebracht. Das, was Sie vornehmen, ist sehr willkürlich, und Ihre Eingriffe sind inakzeptabel. Das sagen sie Ihnen auch. Deswegen kann ich Ihnen nur eines sagen:

Herr Kollege Schmitt, Sie wollten von mir einen deutlichen Hinweis bekommen. Hier ist er.

Genau. – Deswegen sage ich: Steuern Sie endlich um. Kommen Sie zu einer soliden Finanzpolitik zurück, und hören Sie auf, die Kommunen für Ihre falsche Politik zu belasten. – Danke sehr.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Milde für die CDUFraktion.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Er entschuldigt sich jetzt für die Fehlinformationen des Ministerpräsidenten!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über die Einzelpläne 06 und 17 reden, reden wir politisch im Moment am stärksten über die Frage der Kommunalfinanzen, und wir reden über die von der SPD beabsichtigten Steuererhöhungen.

Ich will gleich zu Beginn sagen: Ich bin sehr davon überzeugt, dass die Vermögensteuer nicht die richtige Steuer ist, um Deutschland voranzubringen. Die Vermögensteuer – das hat der Ministerpräsident heute Morgen hier zu Recht gesagt – wird nur noch in drei europäischen Ländern erhoben.

Eigentlich sollte man auch etwas lernen, wenn man Auslandsreisen macht. Kollege Schmitt, wir waren mit dem Haushaltsausschuss in Skandinavien. Dort wurde die Vermögensteuer abgeschafft. Ich weiß, dass sich die Sozialdemokraten dort darum bemühen, die Vermögensteuer wieder einzuführen. Aber das ist ein Grundprinzip: Während die Sozialdemokraten regieren, werden die Steuern gesenkt oder abgeschafft. Wenn sie dann wieder in der Opposition sind, tun sie so, als könne man diese Steuer wieder einführen oder erhöhen, um dann in der Bevölkerung zu dokumentieren, dass sie Geldeinnahmen hätten. – Meine Damen und Herren, das geht so nicht.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Die Vermögensteuer hat ein Problem in sich. Es geht nicht nur um die Verwaltungskosten. Das Problem bei der Vermögensteuer ist, dass sie eine Substanzsteuer ist. Das heißt, jemand, der ein Haus besitzt, müsste praktisch jedes Jahr, je nachdem, wie viel Sie nehmen wollen, 1, 2, 3 % des Hauses verkaufen, um die Vermögensteuer zu bezahlen.

(Gernot Grumbach (SPD): Quatsch!)

Ich habe das zugegebenermaßen vereinfacht. Aber genau das ist das Prinzip der Vermögensteuer.