Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

Der andere Teil der Verantwortung liegt bei uns, beim Land. Daher sollten wir aus den erfreulich sprudelnden Steuereinnahmen des Jahres 2010 den Restbetrag aufstocken, damit den Kommunen hier geholfen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Vorschlag, der aus unserer Sicht trägt und für den wir Sie um Ihre Zustimmung bitten, weil wir glauben, dass das eine sachgerechte Lösung des Problems ist. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Herr Kollege Noll hat sich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.

Frau Kollegin Erfurth, damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe Sie gut verstanden. Ich habe mir auch die Mühe gemacht, Ihr Konzept durchzulesen.

Wir sind gar nicht so weit auseinander: Einsparungen – richtig, Effizienzsteigerungen – richtig. Aber beim Thema Einnahmeerhöhungen gehen unsere Meinungen deutlich auseinander. Es ist doch unredlich, die Diskussion, die Sie als Entgegnung auf unsere Argumentation führen, am laufenden Band mit der Frage zu beenden: Wie viel Wachstum brauchen Sie denn? – Frau Erfurth, die Summe aller Einzelmaßnahmen ist die richtige Lösung. Die FDP hat nie erklärt, dass wir nur einen einzigen Gaul im Stall haben, sondern wir haben eine ganze Rennbahn voll. Lassen Sie sich das doch endlich gesagt sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Jetzt hat Frau Kollegin Erfurth die Gelegenheit zur Antwort.

Herr Kollege Noll, es würde mich wirklich interessieren, wie der Rest Ihrer Gäule aussieht.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bis jetzt haben wir nichts außer Ankündigungen und Versprechungen gehört. Wir haben geliefert, wir haben gesagt, wo wir die Mittel für Einsparungen und Effizienzsteigerungen herholen wollen. Ich kann Ihnen versichern, es war verdammt schwer, diesen Weg überhaupt zu gehen. Von Ihnen haben wir bisher noch nicht gehört, an welchem Punkt Sie Einsparungen oder Effizienzsteigerungen vornehmen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Kollege Rentsch, Sie haben doch selbst gemerkt, dass die Erarbeitung des Haushaltsaufstellungserlass, der noch vom vorherigen Finanzminister stammt, schon schwierig war. Das nehme ich Ihnen ab. Das reicht aber doch nicht im Entferntesten, dass Sie in die Nähe eines ausgeglichenen Haushalts kommen. Deshalb müssen Sie sich doch die Frage stellen, wie Sie die Lücke schließen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist doch der Verweis auf das Wachstum ein Wunschtraum. Ich wünsche mir, Sie wachten endlich auf und träumten nicht von irgendwelchen schönen Pferden, die Sie im Galopp über Rennbahnen treiben.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Nun hat Herr Kollege Willi van Ooyen das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren! Ich will kurz einige Stichworte nennen. Herr Noll, Ihr Beispiel mit den Pferden erinnert mich daran, dass wir im Bankensystem durchaus eine Zockermentalität vorfinden. Vielleicht haben Sie an den Pferdesport gedacht und sind deshalb auf diesen Vergleich gekommen.

(Vizepräsident Heinrich Heidel übernimmt den Vorsitz.)

Mir geht es darum, noch einmal festzuhalten, dass es in diesem Haushalt ein sehr engagiertes Bemühen gibt, sich zu sanieren, und zwar auf Kosten der Kommunen. Wir alle haben von den 360 Millionen € gehört, die im KFA abgezogen werden sollen. Herr Milde, dieser Betrag wird auch nicht durch die 300 Millionen € ausgeglichen, die jetzt als vorgeschalteter Geldregen in die Kommunen gespült werden, sondern das müssen die Kommunen in den Jahren 2012/2013 wieder zurückzahlen. Von daher gesehen ist das also kein Geld, das den Kommunen neu zusteht.

(Zurufe von der CDU)

Würden Sie die 360 Millionen € den Kommunen lassen, hätten diese wirklich die Möglichkeit, die kommunalen Haushalte ein wenig auszugleichen. Sie können das ja den kommunalen Vertretern am 22. November draußen vor der Tür erklären, denn sie haben sich zu einer Demonstration angesagt. Dann werden Sie sehen, dass sich eine Zufriedenheit, wie Sie glauben, in den Kommunen ausmachen zu können, sicherlich nicht darstellen lässt.

Wir haben natürlich auch Ausgabenposten kritisiert. Ich hatte das vorhin schon einmal bezüglich der PPP-Förderung angedeutet. Es geht uns um den Grundsatz, dass öffentliche Einrichtungen in die öffentliche Hand gehören, erst recht, wenn die Alternative „verkaufen und dann teuer zurückmieten“ heißt.

Ich will auf einen Ihrer Vorschläge eingehen, der bei uns auf großes Unverständnis gestoßen ist. Sie schlagen vor, Geld für die Ansiedlung einer internationalen Organisation, nämlich der Weltbank, in Frankfurt auszugeben. Dies halten wir für einen irrwitzigen Vorschlag. Gerade die Weltbank ist eine Institution, die sich vor allem dadurch auszeichnet, die Entwicklungschancen ganzer Staaten durch Liberalisierung und Deregulierung der Märkte zu verhindern. Diese Manifestierung des wirtschaftlichen Einflusses der kapitalistischen Staaten auf die Welt mit einer Ansiedlung in Frankfurt zu belohnen, halten wir für einen Irrwitz.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Frankfurter sehen das auch so, wenigstens der Teil, für den ich stehe. – Das einzige Konzept, das Sie bei diesem Haushalt vorgelegt haben, bezieht sich auf das Kürzen, und zwar im Grunde mit langfristiger Wirkung. Sie planen nämlich den Erlass einer Schuldenbremse. Das heißt, dass Sie mit der Schuldenbremse im Wesentlichen eine neue Dimension des Sozialabbaus vorbereiten – was Sie aber nicht deutlich sagen.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben gemerkt – lassen Sie mich das durchaus positiv bewerten –, dass Sie unsere Dauerkritik aufgegriffen haben. Sie haben bei der Steuerprüfung, im Steuervollzug tatsächlich einiges getan. Wenn Sie aber mehr Steuerfahnder eingesetzt hätten, hätten wir im Landeshaushalt 160 Millionen € mehr haben können. Das ist ein Batzen Geld, der durch eine gute Steuerpolitik und durch eine bessere Situation bei der Steuerfahndung hätte eingenommen werden können.

Ich will auf einen weiteren Punkt eingehen, den die GRÜNEN inzwischen aufgegriffen haben, nämlich die Grundsteuer um 1 % zu erhöhen. Das ist in einigen anderen Ländern, die politisch sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind, z. B. in Hamburg oder in Berlin, so beschlossen worden. Ich gehe davon aus, dass wir über diese Diskussion ein Stück weiterkommen.

Herr Kollege van Ooyen, einen Moment, bitte. – Die Unruhe im Saal nimmt stetig zu. Ich darf doch bitten, Gespräche nach draußen zu verlegen und dem Redner zu folgen.

Herr Milde, ich will einen Punkt aufgreifen, den Sie genannt haben. Dabei ging es um die Vermögensteuer. Sie haben gesagt, es sei ein irrationales Verfahren, Menschen zu besteuern, die Vermögen besitzen. Ich will Ihnen sagen, dass ich für mein Haus in Frankreich nach wie vor Grundsteuern zahle. Das ist im Grunde eine ähnliche Steuer wie die Vermögensteuer. Von daher gesehen kann man Vermögen durchaus substanziell besteuern.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Schönen Dank, Herr van Ooyen. – Das Wort hat jetzt Herr Staatsminister Dr. Schäfer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich mich nahtlos bei denen einreihen kann, deren Stimme die Haushaltsdebatte nicht unversehrt erreicht hat, will ich mich, auch im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit, kurz fassen und der Versuchung trotzen, sowohl in den pferdewirtschaftlichen Teil der Diskussion einzusteigen als auch mit der einen oder anderen Legendenbildung rund um die Vermögensteuer ein Stück weit aufzuräumen. Möglicherweise haben wir in der dritten Lesung ein bisschen mehr Zeit, diese Fragestellungen zu diskutieren.

Ich will mich deshalb darauf beschränken, Ihnen einige Aktualisierungen vorzutragen, die sich aus der jüngsten Entwicklung ergeben haben.

Sie hatten im Entwurf des Haushaltsplan noch mit einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 2,8 Milliarden € zu rechnen. Wir gehen mittlerweile, nach der präzisen Regionalisierung der Steuerschätzung davon aus, dass wir trotz der Weitergabe der Mittel an die kommunale Seite im kommenden Jahr – darauf werde ich noch zu sprechen kommen – bei einer Nettoneuverschuldung von 2,2 bis

2,3 Milliarden €, also 500.000 Millionen € unter dem Planansatz, landen werden.

Ich glaube, das zeigt, dass der Konsolidierungskurs der richtige Weg ist. Ich bin den Koalitionsfraktionen außerordentlich dankbar, dass sie entschieden haben, alle zusätzlichen Steuereinnahmen ausschließlich zur Senkung des Haushaltsdefizits zu verwenden – mit Ausnahme der Mittel, die wir unmittelbar an die Kommunen weiterreichen.

Das führt mich zu meinem zweiten Stichwort: die kommunale Seite. Ich bin sehr dankbar, dass auch die GRÜNEN in ihrem Antrag den strukturellen Korrekturbedarf im Verhältnis zwischen Landes- und Kommunaleinnahmen dokumentiert und nicht infrage gestellt haben. Ich glaube, es ist klug, zu sehen, dass es an der Stelle in der Tat eine relativ große parlamentarische Übereinstimmung gibt.

Ich habe während der Anhörung in die Gesichter der kommunalen Vertreter geblickt. Sie waren ein Stück weit überrascht, dass im oppositionellen Lager nicht mehr uneingeschränkt die Bereitschaft vorhanden ist, ihre Stehsätze dauerhaft zu teilen. Daher sind ihre Hoffnungen, dass all ihre Rufe interessengeleitet gehört werden, auch nicht mehr allzu groß. Deshalb finde ich es vernünftig, dass wir über diesen Korrekturbetrag zwar weiterhin diskutieren, ihn aber auch nicht infrage stellen; denn er ist notwendig.

Der Korrekturbedarf reduziert sich allerdings infolge der Steuerschätzung. Das Aufkommen fast aller Steuerarten wird im nächsten Jahr wachsen. Das Grunderwerbsteueraufkommen wird aber im Verhältnis zu unseren Schätzungen signifikant geringer ausfallen. Wir kalkulieren im kommenden Jahr nicht mehr mit einem Grunderwerbsteueraufkommen von 480 Millionen €, sondern nur noch mit einem Betrag von 415 Millionen €. Wenn man aber die etwas erhöhte Gewerbesteuerumlage gegenrechnet, reduziert sich der Korrekturbetrag – bei theoretischer Berechnung – auf etwa 340 Millionen €.

Dagegen steht die Zuführung von über 300 Millionen € in die allgemeinen Finanzzuweisungen. Ich betone ausdrücklich, wir haben gemeinsam entschieden, die höheren Steuereinnahmen unmittelbar den allgemeinen Finanzzuweisungen zuzuführen, um über diese Mittel eine größtmögliche Dispositionsfreiheit der kommunalen Familie zu erreichen.

Das führt dazu, dass beispielsweise alle kreisfreien Städte im Jahr 2011 mehr aus dem Kommunalen Finanzausgleich erhalten als im Jahr 2010: 82 Millionen € sind eine klare Sprache. Die Landkreise erhalten 98 Millionen € mehr an allgemeinen Finanzzuweisungen als im Vorjahr. Alle Landkreise erhalten mehr als im Vorjahr. Bei den kreis angehörigen Gemeinden sind es mehr als zwei Drittel, die aus dem Kommunalen Finanzausgleich mehr erhalten werden als im Vorjahr: in Summe fast 100 Millionen € mehr.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich jetzt den Korrekturbetrag von 340 Millionen € und auch unsere Maßnahme der vorgezogenen Spitzabrechnung wegdenken,

(Günter Rudolph (SPD): Das fällt aber schwer bei der Summe!)

stellen Sie fest, dass die Kommunen jetzt weitaus besser dastehen, als wenn wir das alte System einfach fortgesetzt hätten. Der Korrekturbetrag wird nämlich, da der größte Teil über die Grunderwerbsteuerzuweisungen geregelt

wird, im Wesentlichen von den besonders steuerstarken Kommunen erbracht. Es handelt sich um eine gerechte Neujustierung der strukturellen Einnahmesituation von Land und Kommunen; denn es trifft die steuerstarken, wohlhabenden Kommunen signifikant stärker als alle anderen. Alle anderen profitieren in besonderer Weise von den Mehreinnahmen im Kommunalen Finanzausgleich.

Ich glaube, wir haben dort eine sehr leistungsgerechte Lösung für die Kommunen gefunden. Ich glaube auch, dass wir damit eine Grundlage geschaffen haben, um zum richtigen Zeitpunkt gemeinsam vom anziehenden Wachstum der Steuereinnahmen profitieren zu können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Schönen Dank, Herr Finanzminister. – Damit sind die Einzelpläne 06, 17 und 18 in zweiter Lesung beraten.