Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN bei Stimmenthaltung der SPD, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 18/3449 mit Ausnahme von dessen Nr. V – und damit in der Fassung der Anlage zur Drucks. 18/3467 – in zweiter Lesung anzunehmen.
Zuvor war der Änderungsantrag Drucks. 18/3180 mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN abgelehnt und der Änderungsantrag Drucks. 18/3449 – nachdem dessen Nr. V auf Antrag der SPDFraktion von den antragstellenden Fraktionen zurückgezogen worden war – mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der SPD und der LINKEN angenommen worden.
Herr Dr. Spies, vielen Dank. Wir haben die Beschlussempfehlung auch in der beschleunigt vorgelesenen Fassung verstanden. – Sie haben sich als Erster zu Wort ge
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf gleich zu Beginn meiner Rede sagen, dass die SPD-Fraktion bei diesem Gesetzentwurf die dritte Lesung und erneute Beratung im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst beantragt. Denn in dieser beschlossenen Fassung ist der Gesetzentwurf verfassungswidrig. Das ist er ohne jeden Zweifel. Das ist er, weil der Mehrheit am Schluss ein Fehler unterlaufen ist, der nicht hätte passieren dürfen.
Ich darf auf diesen speziellen Punkt eingehen. Ich will mich gar nicht in epischer Breite mit dem gesamten Gesetzentwurf befassen. Das hessische Universitätsklinikumsgesetz sieht in § 10 – „Aufgaben des Aufsichtsrats“ – Abs. 2 bislang Folgendes vor:
Entscheidungen des Aufsichtsrats, die Belange der Forschung und Lehre betreffen, bedürfen des Einvernehmens des Dekanats. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag das Ministerium für Wissenschaft und Kunst.
Dieses „Einvernehmen des Dekanats“ wollte die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf durch „des Präsidiums“ ersetzen. Das war nicht unumstritten. Von dem De ka nat in Frankfurt wurde das heftig angegriffen. Vom Präsidium wurde das positiv gesehen. Der Vorstand des Klinikums hat das wohl eher positiv begleitet.
Die SPD-Fraktion hielt dies für unsachgemäß, aber keineswegs für bedenklich. Sie hat deswegen beantragt, diese Änderung wieder zu streichen und dem Dekanat diese Zuständig zu belassen. Denn ohne Zweifel ist die Sachkunde des Dekanats in Fragen der Ausbildung der Mediziner und der Forschung und Lehre in der Medizin höher als die des Präsidiums. Dies gilt auch, obwohl zurzeit der Präsident in Frankfurt aus der Medizin kommt.
Im Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP wurde nun eine andere Formulierung gefunden. Nicht mehr mit dem Dekan oder dem Präsidium muss irgendein Einvernehmen hergestellt werden. Vielmehr heißt es da:
An den Sitzungen des Aufsichtsrats nimmt die Dekanin oder der Dekan teil und berät den Aufsichtsrat in Belangen von Forschung und Lehre.
Aus dem Erfordernis des Einvernehmens machen Sie so einmal gerade nebenbei im Schnellschuss das Erfordernis der Anwesenheit und Beratung. Das geschah im Schnellschuss. Denn dieser Änderungsantrag wurde passend zur Ausschusssitzung vorgelegt und konnte nur kurzzeitig beraten werden.
Die sichernde Funktion des Einvernehmenserfordernisses gebietet eine grundsätzlich weite Auslegung des für die Erforderlichkeit eines Einvernehmens maßgeblichen Merkmals eines Betroffenseins von Forschung und Lehre, durch die ein substanzieller Einfluss des Fachbereichs Medizin und der dort tätigen medizinischen Hochschullehrer auf
Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar dieses Jahres also klargestellt, dass zwischen Klinikum und Fachbereich Einvernehmen hergestellt werden muss. Sie versuchen, aus dem Erfordernis des Einvernehmens, das unzweifelhaft Gegenstand der Diktion des Bundesverfassungsgerichts ist, einen Anhörungsanspruch des Dekans zu machen. Das wird in Karlsruhe keine fünf Minuten halten. Deshalb sollte man das lassen.
Gleichermaßen hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom Juli dieses Jahres in Bezug auf das Hamburgische Hochschulgesetz Folgendes festgestellt – ich zitiere –:
Der Gesetzgeber muss ein hinreichendes Niveau der Partizipation der Grundrechtsträger gewährleisten. Zur Klärung der Frage, ob eine Regelung Strukturen schafft, die sich gefährdend auswirken können, sind nicht die zugewiesenen Kompetenzen im Einzelnen maßgebend, sondern das Gesamtgefüge der Hochschulverfassung. Dieses kann insbesondere dann verfassungswidrig sein, wenn dem Leitungsorgan substanziell personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse im wissenschaftsrelevanten Bereich zugewiesen werden,...
In diesem Fall ist das der Aufsichtsrat. Dabei geht es nämlich um Vorgänge in der Klinik, die Forschung und Lehre betreffen können.
... wenn dem Leitungsorgan substanzielle personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse im wissenschaftsrelevanten Bereich zugewiesen werden, dem mit Hochschullehrern besetzten Gremium
im Verhältnis hierzu jedoch kaum Kompetenzen und auch keine maßgeblichen Mitwirkungs- und Kontrollrechte verbleiben.
Mit Verlaub: Angehört zu werden ist kein Kontrollrecht. Es ist jedenfalls sicherlich kein ausreichendes.
Ich gebe gerne zu: Uns ist das während der Beratung im Ausschuss auch durchgerutscht. Wir haben es aber noch bemerkt. Der Gesetzentwurf muss an dieser Stelle korrigiert werden, damit er uns als Gesetz nicht allen auf die Füße fällt und das Land Hessen bei dieser Frage eine Lachnummer wird. Deshalb hoffe ich, dass wir nachher in der Beratung im Ausschuss substanziell vorankommen werden. – Vielen Dank.
Herr Dr. Spies, vielen Dank. – Frau Wolff, ich darf Sie jetzt für die CDU-Fraktion ans Rednerpult bitten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst hat in einer breit angelegten Beratung zunächst die Ergebnisse des Wissenschaftsrates begutachtet. Er hat angehört und
das im Dialog mit den beiden Hochschulen in Gießen und Marburg erörtert. Er hat dann den vorliegenden Gesetzentwurf in einer Anhörung erneut erörtert. Das war eine lange, ausführliche Anhörung. Er hat dann zur Vorbereitung der zweiten Lesung in diesem Hause diesen Beschluss gefasst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn jetzt Herr Dr. Spies in einem unnachahmlichen Tempo mit meinem Zweifel, ob man so schnell denken wie er reden kann,
zu dem Ergebnis kommt, dass das, was vorliegt, verfassungswidrig sei, dann werden wir nachher in der Ausschussberatung in der Lage sein, dieses gründlich zu überprüfen. Aber der Sinn einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss auch im Zusammenhang des Verfahrens erörtert werden. Dann wird sich zeigen, ob dieselben Gremien in diesem Beschlussverfahren gemeint gewesen sind und ob wir etwa den Vorstand, wie er hier gemeint ist, mit einem Hochschulrat vergleichen können; denn darum geht es bei dem angesprochenen Verfahren. Das werden wir nachher begutachten.
Meine Damen und Herren, aber das Interesse des Gesetzentwurfs war an dieser Stelle – unser Änderungsantrag ist das Ergebnis der Auseinandersetzung mit den Beratungen in der Anhörung –, dass wir eine Beschleunigung des Verfahrens innerhalb der Hochschulen ermöglichen wollen, dass wir jederzeit dem Dekan im Vorstand, dem er stimmberechtigt angehört, sein Stimmrecht geben, dass es sich aber ausschließt, dass ein Dekan oder wer auch immer sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat ein Abstimmungsrecht hat.
Wir haben sichergestellt, dass er dort jederzeit Positionen vertreten kann und dass in Kenntnis der Positionen des Dekans – ich ergänze: des gesamten Vorstandes, der ein Zugangsrecht hat – dann der Aufsichtsrat beschließt. Wenn Zweifel bestehen, dass bislang Forschung und Lehre ausreichend zur Geltung gekommen sind, kann immer noch das Ministerium angerufen werden – aber in dieser Reihenfolge.
Damit ist meines Erachtens der Verfassung voll Genüge getan. Wir haben auch aus der Anhörung entnommen, dass dies durchaus einem beachtlichen Teil der Betroffenen entgegenkommt. Dass es dort unterschiedliche Interessen gibt, ist zweifelsohne so. Aber unser Verständnis des Lernens aus der Anhörung ist, das so aufzunehmen. Deswegen ist auch der Antrag gestellt worden. Sonst beschweren Sie sich meistens, wenn wir keine Änderungsanträge als Ergebnis einer Anhörung stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Anhörung und das Verfahrens insgesamt haben gezeigt, dass der Wissenschaftsrat diese Entwicklung in Gießen und Marburg – nun auch in Frankfurt übernommen – positiv begleitet, und zwar von Anfang an, vom ersten Gesetzgebungsverfahren an, und dass er dies auch jetzt tut. Die Bedenken, die er noch hat, werden wir sorgfältig einschätzen und in die weiteren Beobachtungen übernehmen.
Wir haben vor allem zur Kenntnis genommen, dass der Wissenschaftsrat gesagt hat – das ist die Erfahrung, die jeder gemacht hat, der sich mit Gießen und Marburg beschäftigt –, dass es auf der Grundlage des ersten Gesetzes, das nun novelliert wird, in Gießen und Marburg zu ganz erheblichen Investitionen in die Infrastruktur gekommen
ist. Wir haben die baulichen Rahmenbedingungen für die Krankenversorgung und für die Klinikforschung deutlich ausgeweitet. Mittlerweile ist dieses Klinikum auf ein Wettbewerbniveau angehoben worden.
Meine Damen und Herren, wir haben deswegen alle Chancen zu einer Optimierung auch für den Standort Frankfurt genutzt. Das ist die Folge dessen, was wir im Ausschuss mitberaten haben.
Wir nutzen die Möglichkeit, nun auch im Gesetz einen Sachverhalt mitzuregeln, der uns in der Zwischenzeit durch das Land Rheinland-Pfalz aufgegeben worden ist, das sich schlicht und einfach aus der gemeinsamen Trägerschaft der Forschungsanstalt Geisenheim davongeschlichen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat die Notwendigkeit geboten, in einem sehr, sehr schnellen Verfahren dort die rechtlichen Grundlagen zur weiteren Existenz zu schaffen und dies nicht zuletzt auch finanziell zu hinterlegen; dazu kommen wir morgen noch. Ich finde es außerordentlich beachtlich und will dieses namens der CDU-Fraktion sagen, dass nach den langen Hängepartien der letzten Monate, in denen uns Rheinland-Pfalz mit der Fragestellung hingehalten hat, Einfluss behalten, aber weniger finanzieren zu wollen, nun eine klare rechtliche Voraussetzung durch das Ministerium geschaffen worden ist, dass die national und international hoch anerkannte Leistung dieser Fachhochschule in Trägerschaft des Landes Hessen eindeutig geregelt
und morgen auch die finanziellen Grundlagen bekommen wird. Meine Damen und Herren, ich darf mich dafür ausdrücklich beim Ministerium bedanken.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Hinter diesem Gesetzentwurf verbirgt sich – wie schon oft betont – bundesweit die erste Privatisierung eines Universitätsklinikums. Wir finden darin leider Abschwächungen, wo eigentlich eine Stärkung wichtig gewesen wäre, nämlich bei den Vorkehrungen für die Freiheit von Forschung und Lehre.
Der Dekan des Fachbereichs Medizin wird in seinen Mitspracherechten deutlich eingeschränkt. Ich möchte das vor dem Formalen und Rechtlichen erst einmal inhaltlich begründen. Der Dekan des Fachbereichs Medizin soll kein Widerspruchsrecht mehr wie bisher besitzen, sondern ausschließlich der Universitätspräsident. Ihr Änderungsantrag ist in diesem Sinn nur Makulatur; denn eine Beratung ist eben nicht ein Widerspruchsrecht und kommt den Bedenken aller Dekane, die in der Anhörung
vorgetragen haben, auf jeden Fall nicht entgegen. Das haben eindeutig die Briefe gezeigt, die uns allen geschrieben worden sind.
Zum Zweiten wird er in der Schlichtungskommission nicht mehr vertreten sein. Die Schlichtungskommission ist aber sehr nötig, um Konflikte zwischen dem Universitätsklinikum und der Universität zu lösen. Genau dort ist er auch wichtig. Der Dekan des Fachbereichs Medizin ist eigentlich einer der wenigen Garanten, die wir im Moment haben, um die Freiheit von Forschung und Lehre auch zu garantieren; denn er hat ein ureigenes Interesse daran, dass dort genügend Kapazität vorhanden ist.