Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Bei der Schuldenbremse ist noch einmal deutlich gemacht worden, dass es einen Gesamtzusammenhang und eine Gesamtverantwortung gibt. Es kann dazu kommen, dass

am Ende nicht 46 oder 47 %, sondern 100 % angerechnet werden sollen. Das kann man nicht ausschließen. Deshalb sagen wir, Sie müssen die Klage in unserem gemeinsamen Interesse gut begründen, damit es am Ende nicht dazu kommt, dass wir zwar groß gestartet sind, aber empfindlich geschlagen werden und mit blutiger Nase landen.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, wir werden den ersten beiden Absätzen Ihres Antrags zustimmen. Wir halten es allerdings für falsch, das Verhalten anderer Ministerpräsidenten zu missbilligen.

Herr Kollege Schmitt, Sie müssen zum Schluss kommen.

Sie können doch nicht auf der einen Seite sagen, Sie wollen etwas auf dem Verhandlungsweg erreichen, und gleichzeitig fordern, der Hessische Landtag solle das Verhalten anderer Ministerpräsidenten missbilligen. Was ist das für ein Stil? Meinen Sie, so werden gute Verhandlungen eröffnet? Das sehen wir nicht so.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Hören Sie auf, zu reden, hören Sie auf, Anträge zu stellen. Handeln Sie endlich. Das gilt für den Länderfinanzausgleich wie für viele andere Bereiche der Landespolitik.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Das Wort hat der Abg. Willi van Ooyen, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rentsch, wenn man Sie so hört, hat man das Gefühl, dass Sie sich nach Kleinstaaten wie im Mittelalter sehnen. Dann müssen wir wieder Korps aufstellen, um die Grenzen und unser Geld zu bewachen.

Dieser Landtag beschäftigt sich ja andauernd mit dem Thema Länderfinanzausgleich. Immer wieder wird gesagt: Jetzt reicht es, Verfassungsklage Hessens gegen den ungerechten Länderfinanzausgleich.

(Zurufe von der CDU)

Was ist am Länderfinanzausgleich ungerecht? Sie von der FDP können sich höchstens bei der CDU beschweren – weil Sie damals nicht bei Hofe saßen –, dass eine solche Vereinbarung über den Länderfinanzausgleich getroffen worden ist. Die gilt bis 2019. Das ist im Bundesrat so beschlossen und mit Unterschriften besiegelt worden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie eine Idee hätten, wie der Länderfinanzausgleich inhaltlich anders gestaltet werden könnte, könnte man darüber diskutieren.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Anreizorientiert!)

Wir haben ja vorgeschlagen, dass man die Bundesfinanzbehörde zentralisiert und nicht in Hessen, in Rheinland-Pfalz oder sonst wo ansiedelt und damit die Steuer

eintreibung zentralisiert, dass alle daran partizipieren, wenn mehr Steuerfahnder eingesetzt werden, und die einzelnen Länder dadurch nicht belastet werden. Wir könnten nämlich im Grunde genommen noch viel mehr Steuern einnehmen, wenn wir auch in Hessen mehr Steuerfahnder einsetzen würden. Leider kommen diese Einnahmen nicht unbedingt den Hessen zugute, sondern sie werden über den Länderfinanzausgleich bundesweit verteilt. Das ist sicherlich die Konsequenz.

Das ständige Wehklagen, dass sich die armen Länder kostenlose Schulen und Kindergärten leisten können, ist im Grunde genommen Unsinn. Das mahnen wir hier noch einmal an. Es geht nämlich nicht darum, immer wieder zu fordern, das Geld müsse gerechter verteilt werden – wie Sie das gestern bei den Kommunen gemacht haben, denen Sie 340 Millionen € wegnehmen –, sondern es geht jetzt darum, dass Sie den armen Ländern 2 Milliarden € aus dem Länderfinanzausgleich abnehmen wollen, obwohl es die grundgesetzliche Festlegung gibt, dass in allen Ländern gleiche Lebensbedingungen herrschen müssen. Es geht also nicht nur um Hessen, sondern um die Bundesrepublik Deutschland. Das sagt das Grundgesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wird immer nur ein Geschrei angestimmt, wahrscheinlich auch morgen wieder bei der Pressekonferenz. Ich nehme an, Sie werden den Versuch unternehmen, alles in die Waagschale zu werfen, um zu retten, was in BadenWürttemberg für eine schwarz-gelbe Koalition ab dem 27. März 2011 noch zu retten ist. Ich fürchte aber, dass sich das nicht rentiert, dass nur zusätzliche Kosten für diese Wahlkampftat entstehen, was sich auch für Baden-Württemberg nicht rechnen wird.

Ich gehe davon aus – auch bei dem Antrag der GRÜNEN –, dass eine Klageandrohung im Grunde genommen nicht sinnvoll ist. Es geht darum, dass im Bundesrat Verhandlungen stattfinden, wie die Ländermittel nach 2019 gerechter verteilt werden. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Kassen leer geplündert worden sind, dass wir insgesamt gesehen eine andere Politik brauchen, die uns allen zu vernünftigen Investition und zu einer vernünftigen Bildungspolitik verhilft. Dazu brauchen wir mehr Geld in der Kasse. Dazu muss man eine andere Steuerpolitik machen. Dafür sollten Sie sich im Bundesrat einsetzen, statt für die Klamaukveranstaltungen, auf denen Sie immer wieder neu drohen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Erfurth, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! LFA, die Zweite. Meine Herren von der FDP, Sie kommen mir ein bisschen vor wie aus dem Kinderbuch „Die Conny aus der Krachmacherstraße“.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Im Septemberplenum haben Sie hier ganz kräftig getrommelt: „Hessen packts an – für einen leistungsgerechteren

und anreizorientierten LFA“. Heute holen Sie die Posaune heraus: Jetzt reicht es, Verfassungsklage gegen den ungerechten LFA“. – Meine Herren von der FDP, hinter all dem Krach versuchen Sie, ein Problem zu verstecken. Es wird Ihnen offenbar immer klarer, dass Sie Ihre abstruse Position, der hessische Landeshaushalt lasse sich ins Gleichgewicht bringen, ohne dass man sich der Tatsache stellt, dass der Staat auch Einnahmen braucht, nicht durchhalten können. Das wird Ihnen immer bewusster.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Es wird wortreich begründet – der Kollege Milde hat es wieder getan –, dass der Landeshaushalt ausgeglichen sein könnte, wenn wir den LFA nicht hätten, und dass jetzt endlich eine Lösung her muss. Darüber haben wir diskutiert. Es gibt ja eine Einigkeit in diesem Hause, dass der Länderfinanzausgleich nicht leistungsorientiert, nicht anreizorientiert und nicht leistungsgerecht ist. Das steht doch alles nicht infrage. Da sind wir uns doch einig. Allerdings vermissen wir ein Umsetzungshandeln. Wir haben im März dieses Jahres gemeinsam mit den Fraktionen von CDU und FDP einen Antrag verabschiedet, der sehr klar und sehr sachorientiert die Probleme angeht und in dem wir sehr klar und sachorientiert eine Hierarchie aufgestellt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Wir haben gesagt: Wir verhandeln, und wenn sich kein Verhandlungsergebnis erzielen lässt, dann wird geklagt. – An dieser Hierarchie halte ich weiterhin fest.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Nein, wir haben das auch befristet, Herr Blum. Lesen Sie den Antrag noch einmal nach. Wir haben das befristet: Wenn sich im Jahr 2011 nichts erreichen lässt, dann wird geklagt.

(Leif Blum (FDP): Jetzt wollt ihr den Closingtermin verlängern!)

Jetzt haben wir Wahlkampf, Herr Blum. Genau das ist der Fall.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Jetzt machen Sie einen Wahlkampfantrag, und Sie erzählen hier, Sie machen den Ländern Angebote. Ich lese in der Zeitung: „Mappus stellt Ultimatum“. Sind das „Verhandlungsangebote“, wenn man den Nehmerländern ein Ultimatum stellt?

(Florian Rentsch (FDP): Wie bei dem Thema Beberbeck!)

Herr Kollege Rentsch, ich bin genau der Meinung von Staatssekretärin Prof. Dr. Hölscher, die am 30. September hier erklärt hat: Wenn ich erst einmal draufgehauen habe, verhandelt es sich schwer. – Deshalb muss man doch erst einmal schauen, die Möglichkeiten ausloten, und dann wird eventuell geklagt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Es ist doch völlig unsinnig, zunächst laut brüllend durch die Gegend zu laufen und zu sagen: Wir klagen, egal was andere sagen. – Schauen Sie doch erst einmal, was die

Nehmerländer sagen. Versuchen Sie, mit diesen in einen Diskurs zu kommen.

(Florian Rentsch (FDP): Nicht immer nur die grüne Parteikarte ziehen, sondern auch einmal hessische Interessen vertreten!)

Mich würde sehr interessieren, Herr Rentsch, was die Nehmerländer sagen. Es ist doch wohl Einigkeit darüber zu erzielen, dass es nicht sein kann, dass Leistungsstärkere am Ende der Ausgleichskette schwächer sind als die ursprünglich Schwachen. Das ist doch eine ganz normale Sache. Darüber wird sich doch wohl Einigkeit erzielen lassen. Wenn Sie da noch Verbündete brauchen, Herr Kollege Rentsch – ich habe es Ihnen beim letzten Mal schon empfohlen –, dann sollten Sie sich an den Innenminister des Bundeslandes Thüringen wenden, Herrn Dr. Peter Huber. Der war Gutachter in der Föderalismuskommission II. Er hat schon in der Föderalismuskommission II darauf hingewiesen, dass der Länderfinanzausgleich nicht leistungsgerecht ist und dass wir hier etwas ändern müssen.

Da hätten Sie doch schon einmal versuchen können, Verbündete zu finden und Dinge auszuloten. Ich habe nicht gehört, dass Sie das auf irgendeine Art und Weise ausloten können.

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Ich bin sehr gespannt, ob uns der Vertreter der Landesregierung jetzt erklären kann, wie denn die Gespräche mit den Nehmerländern verlaufen sind. Bisher hat es nach meiner Kenntnis keine gegeben.

Mich würde sehr interessieren: Wohin wollen Sie? Darüber sagen Sie gar nichts. Sie sagen nur, Sie wollen klagen. Aber Sie sagen nicht, auf welcher Basis Sie diese Ergebnisse verhandeln wollen. Das wäre doch die richtige Frage. Wohin wollen Sie? Was sind die Ergebnisse Ihres Verhandelns? An welcher Stelle wollen Sie den Länderfinanzausgleich ändern?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Damit bin ich bei dem Herrn Kollegen Schmitt, der darauf hingewiesen hat, dass man durchaus klarmachen muss, an welchen Zielen man festhalten will und wo man herumschrauben möchte. Das habe ich von Ihnen nicht gehört.