Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Frau Wissler, wenn Sie eben wieder sagen, die Schüler könnten sich die Vereinsbeiträge nicht leisten, und wieder mit dem berühmten Ballettmädchen anfangen, sage ich Ihnen klar und deutlich, dann hätten Sie vorhin in der Aktuellen Stunde zuhören sollen. Wir haben über das Bildungs- und Teilhabepaket gesprochen, wo ausdrücklich die Vereinsbeiträge einbezogen sind.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Für 10 € im Monat! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Lächerlich! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): 16 Cent am Tag!)

Meine Damen und Herren, ich kenne die Sportvereine sehr gut. Dort wird eine Mitgliedschaft nicht daran scheitern, dass die Eltern die Beiträge nicht zahlen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unser Ziel ist es, in gemeinsamer Verantwortung mit den Schulträgern möglichst allen Kindern ein erreichbares Ganztagsangebot zu machen. Das muss in diesem Zusammenhang mit besprochen werden. Deshalb arbeiten wir kontinuierlich daran, die Ganztagsstellen überall zu verteilen. Seit 1999 konnte die Zahl der Ganztagsschulen verfünffacht werden. Wir haben in Hessen jetzt 718 Ganztagsschulen mit 1.268 Stellen, und im kommenden Schuljahr kommen noch weitere 115 Stellen hinzu. Insgesamt werden 59 Millionen € für Ganztagsangebote im Lande Hessen zur Verfügung gestellt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber Sie kürzen doch!)

Ich will Ihnen noch eine Zahl nennen: Von diesem Betrag gehen 15 Millionen € an die Kooperationspartner für die Ganztagsangebote, an die Musikschulen, an die Feuerwehren und natürlich auch an die Sportvereine.

Deshalb möchte ich noch einmal betonen, dass es immer schon CDU-Politik gewesen ist, den Schulen die Möglichkeit zu geben, bis zu 50 % der Stellen, die ihnen zugewiesen werden, in Geld abzurufen. Das hat einen ganz wichtigen Grund. Damit haben die Schulen nämlich die Möglichkeit, außerschulische Angebote in die Schule hineinzuholen und enge Kooperationen, z. B. mit den Sportvereinen vor Ort, aufzubauen. So können auch die Übungsleiter, auch wenn Sie das eben verneint haben, aus diesen Mitteln finanziert werden. Es sollen auch Übungsleiter sein, nicht unqualifiziertes Personal, sondern ausgebildete Übungsleiter, die den Sportunterricht machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Demonstrativer Beifall bei der LINKEN)

Dazu gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit dem Landessportbund und dem Hessischen Kultusministerium, wo eine enge Zusammenarbeit für ein sportorientiertes Angebot vereinbart worden ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Jetzt nehmen Sie die Kürzung zurück!)

Das stellt aber auch neue Anforderungen an Übungsleiter und Lehrkräfte, die sich auf diese Schülergruppen einstellen müssen. Ziel ist es, den Schülern ein Bewegungsangebot zu machen, ihre Begeisterung für Sport zu wecken, soziale Kontakte zu fördern und auch Schüler zu erreichen, die von allein nicht den Zugang zu den Sportvereinen finden können.

Auch das ist mir sehr wichtig: Die Gesundheit der Kinder spielt bereits von Anfang an eine Rolle. Deshalb haben wir gerade den Bildungs- und Erziehungsplan, und deshalb beginnt auch das Bewegungsangebot nicht etwa erst in der Schule, sondern bereits in den Kindertagesstätten.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die haben doch auch zu wenig!)

So gibt es auch ein Programm „Mehr Bewegung im Kindergarten“. Genau an dieser Stelle wird angesetzt, damit auch den Kindergartenkindern ein Ausgleich für die drohende Bewegungsarmut gemacht werden kann.

Es gibt ein weiteres Programm „Schule & Gesundheit“ mit einem Qualitätssiegel für die Schulen, die damit einen Anreiz bekommen, Eltern und Schüler ins Boot zu holen, um zu zeigen, wie wichtig Sport und gesunde Ernährung für die Entwicklung unserer Kinder sind.

Das ist noch nicht alles. Wir haben ein ganz breites Sportförderungsangebot an den hessischen Schulen. Ich möchte an dieser Stelle die 27 Sportförderzentren in Hessen erwähnen, deren Schwerpunkt die Talentförderung ist. Wir haben auch zwei Aushängeschilder, auf die wir in Hessen sehr stolz sein können; das sind die beiden hessischen Eliteschulen des Sports in Frankfurt und in Willingen. Nur durch die große Unterstützung des Landes und das außerordentliche sportliche Engagement der Schulen und der Vereine vor Ort, wofür ich herzlich Danke sagen möchte, haben diese beiden hessischen Schulen das begehrte hessische Zertifikat „Eliteschule des Sports“ erreichen können. Ich meine die Uplandschule in Willingen und die Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr gut!)

Es gibt weitere Programme, die ich hier nicht im Einzelnen ausführen, aber erwähnen möchte. Es geht um das Programm „Sportland Hessen“, womit wir den Vereinen wichtige Unterstützung geben. Es geht um die Sporthallenbäder, wo wir den Schulsport in Hessen sicherstellen, wenn Kommunen die Finanzierung der Sanierung der Hallenbäder allein nicht tragen können. Es war uns ein ganz wichtiges Anliegen, dass es nicht um die Förderung von Spaßbädern geht, sondern um die Förderung des Schulsports und des Vereinssports ebenso wie um die Gesundheitsförderung unserer Mitbürger. Dafür helfen wir den Kommunen bei der Sanierung der Hallenbäder.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte Ihnen auch den Betrag nennen. 1,3 Millionen € werden im Kulturhaushalt für den Schulsport bereitgestellt. Darauf können wir stolz sein.

Deshalb möchte ich zu dem Antrag der LINKEN nur sagen: Sie haben sich hier einen möglichst publikumswirksamen Punkt herausgepickt,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es ist doch ein Problem!)

um uns eine unsolide Sparpolitik vorzuwerfen. Ich glaube, dass das, was Sie machen, unsolider ist. Sie agieren in der größten Finanzkrise, die wir je erlebt haben, mit Änderungsanträgen zum Haushalt über 13.000 zusätzliche Lehrerstellen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Sie sind die einzige Partei, die die Schuldenbremse in Hessen gänzlich ablehnt, und das bei einem Defizit des Landeshaushalts von immer noch 2,2 Milliarden €.

Frau Kollegin Ravensburg, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ja, das tue ich sehr gern. – Das ist unsolide Politik. Wir lassen uns das von Ihnen nicht vorwerfen. Wir sind und bleiben der Partner des Schulsports und der Vereine in Hessen. Auch in den schwierigen Zeiten sind wir diejenigen, die den Schulsport voranbringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Ravensburg. – Nächste Rednerin ist nun Frau Kollegin Hofmeyer für die SPD-Fraktion.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Brigitte, erklär es ihnen mal! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Nachdem so viele Nebelkerzen geworfen wurden!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ravensburg, wir hätten uns gewünscht, an dieser Stelle auch eine Rede von Dr. Rolf Müller zu hören. Ich glaube, die wäre ein wenig anders ausgefallen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch nach diesen Ausführungen sind die Mittelkürzungen im Projekt „Kooperation zwischen Schulen und Sportvereinen“ schlichtweg eine Katastrophe: geringste Einsparungen mit schlimmen Folgen. Mit der Kürzung von ca. 200.000 € entziehen Sie einem wirklich sehr sinnvollen Projekt – das haben Sie auch bestätigt, Frau Ravensburg –, nämlich Schulen und Sportvereinen, Gelder. Sie nehmen damit in Kauf, dass hessenweit Tausende von Schulsportstunden ausfallen. Frau Ministerin, Haushaltssanierung auf dem Rücken unserer Kinder – das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Allein in Kassel sind 55 Projekte betroffen. Das alles passt weder zu Ihren Aussagen, Ganztagsangebote auszuweiten, noch zu dem Vorhaben, Vereine stärker in Schulen einzubinden. Was Sie in Sonntagsreden propagieren, wird hier mit einem Federstrich zunichtegemacht – für uns ein unglaublicher Vorgang.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, das brauchen Sie nicht schönzureden. Auch Ihr Antrag geht völlig an diesem Thema vorbei. Die Kürzung bedroht das Nachmittagsangebot an Schulen in ganz Hessen. Damit haben Sie den Schulen in der Tat einen Bärendienst erwiesen. Ich werde gleich noch im Einzelnen darauf kommen.

Die Schulen versuchen, gerade am Nachmittag Unterricht und Aktivitäten anzubieten, und hier insbesondere im Sport und mit Vereinen, ob Fußball, Tennis, Judo, Leichtathletik, viele AGs, die sehr wertvoll für die Gesundheit der Kinder sind, aber zugleich durch diese Kooperation auch Vereinen Zukunft bieten.

Frau Ministerin, wir fragen an dieser Stelle: Was wollen Sie? Auf der einen Seite wollen Sie, dass sich die Schule öffnet. Auf der anderen Seite schmeißen Sie die Vereine wieder aus der Schule heraus. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie gefährden damit das Bestreben, Ganztagsschulen auszubauen, und man muss davon ausgehen, dass dies politisch so gewollt ist. Das ist für uns eine fatale Entwicklung; denn Sie gefährden damit den Fortbestand und den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen.

Meine Damen und Herren, gerade in Zeiten, in denen es immer mehr übergewichtige Kinder gibt, bedarf es doch unserer Lenkung, Kinder an Bewegung heranzuführen.

Das Projekt der Zusammenarbeit zwischen Schule und Vereinen war sehr gut dazu geeignet, und wir haben hier auch große Erfolge zu verzeichnen.

Ich will Ihnen einmal sagen, was an der Basis gesprochen wird. Ich habe hier ein paar Zitate aus Schulen und Vereinen:

„Wir holen die Kinder von der Straße und verschaffen ihnen Bewegung und Körperschulung“, sagt ein Vereinsvorsitzender.

„Das ist Nachmittagsbetreuung für Centbeträge, aber mit einem großen Nutzen“, sagt ein anderer.

„Wir reden ständig von Ganztagsschule und Nachmittagsangeboten von Vereinen. Es ist mir unverständlich, wie man vor diesem Hintergrund Geld gerade in diesem Bereich kürzen kann“, so eine weitere Stimme aus Vereinen.

(Beifall bei der SPD)

Last, but not least: „Das ist für das Ehrenamt ein mächtiger Tritt gegen das Schienbein.“

Meine Damen und Herren, ich denke, damit ist vieles gesagt. Viele Kinder bzw. Eltern finden allein nicht den Zugang zu Vereinen, und wir ebnen ihnen mit diesem Projekt sozusagen den Weg zu den Vereinen. Auf der einen Seite gelingt es dann Vereinen, Kinder für ihre Arbeit zu begeistern und gegebenenfalls als künftiges Vereinsmitglied zu gewinnen. Auf der anderen Seite gilt es, was uns sehr wichtig ist, Jugendlichen die Hemmschwelle zu nehmen und sie an Sport und Vereine heranzuführen.