Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

Ich habe genau das Gleiche gesagt wie er. Ich will der Prüfung nicht vorgreifen; aber wir halten uns daran, dass im Land Hessen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gehandelt wird und dass die Kontrolle von den entsprechenden Instanzen auf diese Art und Weise optimal ausgeübt wird.

(Allgemeiner Beifall)

Hinsichtlich der Berufe, deren Ausübende Geheimnisträger sind, haben wir uns sehr lange herumgestritten. Ich bin immer noch der Meinung, dass ein Psychotherapeut genauso eine Vertrauensposition wie ein Theologe hat. Aber da kann man unterschiedlicher Ansicht sein. Es ist nicht meine Aufgabe, das politisch zu bewerten. Ich habe es jetzt trotzdem getan.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zur Kernbereichslehre findet sich in der Stellungnahme der Landesregierung der einzige kernige Spruch. Da steht nämlich: Der Hessische Datenschutzbeauftragte meint zu Unrecht, das Bundesverfassungsgericht verstanden zu haben. – Ich habe das Bundesverfassungsgericht nicht verstanden. Ich bin mir auch sicher, sie haben sich selbst nicht verstanden.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU))

Sie sind in der Entwicklung, den Kernbereich so zu definieren, dass man damit einigermaßen leben kann. – So viel wollte ich zu der Stellungnahme der Landesregierung sagen.

Was die Vereinigung des öffentlichen und des privaten Bereichs angeht, wird zusammenwachsen, was zusammengehört. Ich drücke das jetzt musikalisch aus. Das bin ich Ihnen schuldig. Ich tue das in Anlehnung an einen Rhythm-and-Blues-Song von Roy C. aus dem Jahr 1964. Ich wette, den kennt niemand von Ihnen. Den Jüngeren dürfte das nur in der von Rod Stewart gecoverten Fassung bekannt sein.

Dies ist keine Zwangsehe. – Der Titel lautet: „Shotgun Wedding“. Shotgun Weddings sind Zwangsehen. Sie werden also unfreiwillig eingegangen. Ich will nicht sagen, dass es eher eine Liebesheirat ist. Aber es ist keine Zwangsehe.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Daran ändert auch das bayerische Störfeuer nichts. Mit dem ministerialverantwortlichen und im österreichischen Verwaltungsrecht verfassungsrechtlich hochgezoomten Prinzip der Einheit der Verwaltung lässt sich kein Demokratieverständnis aufbauen, das vom Europäischen Gerichtshof nach der Teilkapitulation des Bundesverfassungsgerichts nicht überwindbar wäre.

Die Übertragung der Datenschutzkontrollen auch im privaten Bereich auf unabhängige Stellen ist nach Europarecht geboten und nach nationalem Verfassungsrecht zulässig. Sie haben die Entscheidung getroffen. Sie wird stichhaltig und wirkungsvoll sein.

Abschließend will ich in der Sache und musikalisch noch einen draufsetzen. Mit der Zusammenlegung allein ist es nicht getan. Der private Bereich droht völlig aus der Kontrolle zu geraten.

Ich habe früher schon auf einen Versandhandel für allerlei Luxusartikel hingewiesen, den ich hier nicht namentlich nennen will. Das liegt Ihnen aber in der Anlage vor. Sie haben diese Werbung. Man blättert locker darüber hinweg. Aber Sie können das schon lesen. Ich meine den Spyclock, den Wecker für Spione.

M heißt er bei James Bond.

(Zuruf)

Es war der Q. Es heißt natürlich MI5. – Q wäre stolz gewesen, wenn er James Bond mit solchen Instrumentarien hätte ausrüsten können.

Es ist einiges im Argen. Ich will nicht gleich nach Verboten schreien. Ich habe schon ein unangenehmes Gefühl, wenn jemand mit einem Kugelschreiber im Revers her

umläuft, um seine Mitmenschen abzufilmen und zu speichern.

Sie wissen, wo es langgeht. Wir haben im privaten Bereich entsprechenden Regelungsbedarf. Der große Bruder Staat wurde durch den kleinen privaten Bruder ersetzt.

Jetzt kommt wieder ein musikalischer Titel aus Deutschland zur Zeit von Elvis Presley in den Fünfziger- und Sechszigerjahren. Der damals in Bad Homburg wohnhafte Ted Herold sah es voraus, als er 1959 sang: Muss er denn immer alles sehen? Oh, July, dein kleiner Bruder. – Die Älteren kennen das vielleicht noch.

Da besteht Regelungs- und Handlungsbedarf. Ich will vor lauter Spitzen der Lippen nicht das Pfeifen vergessen. Ich bitte Sie alle, mich beim Aufbau eines noch schlagkräftigeren privaten Bereichs zu unterstützen. Ich als Person mag Ihnen gelegentlich lästig fallen. Zwischen den Institutionen des Landtags und des Hessischen Datenschutzbeauftragten besteht hingegen ein enges Verhältnis. Ich hoffe, dass das nach der „Wiesbadener Erklärung“ noch gilt und wir nicht in Anlehnung an den Nummer-eins-Hit vom 4. Februar 1961 von den Shirelles fragen müssen: Du hast deinen Spaß gehabt. „Will you still love me tomorrow?“

(Beifall)

Ich hoffe, Sie hatten auch etwas Spaß. In der deutschen Hitparade war am 4. Februar 1961 „Ramona – zum Abschied sag ich dir goodbye.“ Hit Nr. 1. Es folgte Elvis Presley mit: „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Genau das mache ich jetzt.

(Anhaltender allgemeiner Beifall)

Herr Prof. Ronellenfitsch, herzlichen Dank für Ihren hier gehaltenen Vortrag zum Datenschutzbericht. Sie haben das mit der besonderen musikalischen Note getan, die Ihnen eigen ist und die wir schon bewundern konnten. Ganz herzlichen Dank Ihnen und Ihren Mitarbeitern beim Hessischen Datenschutzbeauftragten für die Arbeit. Herzlichen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich eröffne jetzt die Aussprache. In gleicher Musikalität hat das Wort nun Herr Kollege Reißer für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich könnte das eigentlich nur noch toppen, indem ich das jetzt als Lied singe. Aber das will ich hier niemandem antun.

(Zuruf von der SPD: Keine Drohung!)

Genau so ist es. Deswegen möchte ich das nicht machen.

Herr Ronellenfitsch, ich darf Ihnen und Ihren Mitarbeitern für den 38. Tätigkeitsbericht im Namen der Fraktionen und, so denke ich, im Namen des ganzen Hauses herzlich danken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP)

Sie haben es vorhin als „lästig“ bezeichnet. Ich glaube, es ist notwendig, auch einmal lästig zu sein. Wir empfinden das nicht als unangenehm, sondern einfach als hilfreich.

Das muss man an der Stelle einmal sagen. Ich denke, es ist gut so, dass man das so sieht.

Ich darf auf eines hinweisen. Wenn wir heute mit den Daten umgehen, können wir es mit dem vergleichen, wie es noch vor 40 Jahren war. Ich will das einmal aufgreifen, weil wir über 40 Jahre Datenschutz in Hessen sprechen.

Vor 40 Jahren hatten wir die Situation, dass wir noch Lochkarten hatten. Die Älteren unter uns werden sich möglicherweise daran erinnern. Damals hat man das unter dem Gesichtspunkt gesehen, wie man mit diesen Daten umgeht.

Heute nennen die jungen Leute das Cloud Computing. Herr Kollege Müller ist im Moment nicht anwesend. Man nennt das „Rechnerwolke“.

Früher dachten die Leute an die Lochkarte. Heute denken die jungen Leute an virtuelle Daten im Großspeicher, wie etwa Mobile Me und all diese Dinge, die wir heute kennen.

Der Datenschutz und die Daten haben sich in den letzten 40 Jahren erheblich verändert. Es hat sich viel getan.

In Hessen war der Datenschutz immer hervorragend ausgeprägt und hat immer einen hohen Stellenwert gehabt. Dass es heute noch wichtiger ist, sich um den Datenschutz zu kümmern, zeigt der Bericht des Datenschutzbeauftragten. Das, was Sie vorgelegt haben, zeigt aber auch die technischen Entwicklungen, die es in unserem Land gibt. Man kann überwachen, ohne dass es ein anderer mitbekommt. Deswegen ist es wichtig, dass wir den Datenschutz auch unter dem Gesichtspunkt weiterentwickeln, was sich bei der Technik entwickelt. Wir müssen das deshalb in hohem Maße beobachten.

Die Facebook-Generation hat bei der Möglichkeit, miteinander zu kommunizieren, eine gewisse Freiheit erfahren. Man sieht in diesen Tagen, dass es aber auch immer wieder Opfer gibt. Die Massenspeicherung und der Datenabgleich werden illegal genutzt. Das muss dringend bekämpft werden. Da muss sensibilisiert werden. Das muss man weiterhin beachten.

Ohne Schutz des Rechts auf informelle Selbstbestimmung könnten alle diese Medien nicht genutzt werden und dürften nicht verarbeitet werden. Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir einen Datenschutzbeauftragten haben, der als unverzichtbarer Wächter hierbei aktiv ist und dafür alle unsere Unterstützung finden muss. Auch unter dem Gesichtspunkt muss man sehen, wie der Staat mit Daten umgeht. Unrechtmäßig mit den Daten umzugehen, d. h. wenn sie falsch genutzt werden – der Innenminister hat vorhin darauf hingewiesen, wie das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit ist, dass das immer ein Ringen ist, wie man mit diesem Bereich umgeht. Ich denke, das ist auch eine gewisse Herausforderung.

Aber auch der private Bereich ist unverzichtbar. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren viele Beispiele erlebt, wie Mitarbeiter ausgespitzelt wurden und Videoüberwachung nicht präzise genug definiert war. Deswegen ist es wichtig, dass auch hierauf ein großer Schwerpunkt gelegt wird. Hessen hat immer eine Vorbildfunktion und Vorreiterrolle gehabt.

Lassen Sie mich einen kurzen Blick auf den 23. Bericht der Landesregierung werfen, den nicht öffentlichen Teil, den das RP Darmstadt macht. Dort ist die Zahl der Überprüfungen in den letzten Jahren immer wieder angestiegen. Es gibt einen Anstieg von 850 auf 926. Die größte An

zahl der Anfragen betraf Auskunftsdateien – 165, gefolgt von 146 Eingaben über den Adresshandel oder Direktmarketing. Dort waren die Hauptanliegen.

Deswegen sind alle diese Eingaben in den letzten Jahren sehr konstant geblieben, aber auch in ihrer Anfrage viel komplexer geworden. Deshalb stieg auch das Arbeitsaufkommen beim RP Darmstadt, um all den Dingen nachzugehen. Ich möchte an dieser Stelle, ich denke, auch im Namen von allen hier, den Mitarbeitern im RP Darmstadt für ihre wertvolle Arbeit recht herzlich danken.

(Allgemeiner Beifall)

Dass der hessische Datenschutz weiterentwickelt werden muss und dass wir diese Tradition fortsetzen, ist unabdingbar. Deswegen werden wir – was Sie auch erwähnt haben – in Zukunft den öffentlichen und den privaten Datenschutz zusammenlegen. Das heißt, das, was wir vorhaben, ist im Moment in der Diskussion, auch zu den Vorgaben des EU-Rechts. Deswegen ist das wichtig, was wir jetzt gemacht haben und was zur Folge hat, dass der öffentliche und der private Datenschutz nun in absehbarer Zeit in Wiesbaden zusammengeführt sind. Sie haben das eben schön genannt: Was zusammengehört, muss zusammenwachsen. – So oder so ähnlich war die Formulierung. Ich denke, das ist richtig, weil die Herausforderungen derart groß sind, dass wir das machen müssen, um auch in der Richtung unterwegs zu sein und den gesetzlichen Bedingungen aus dem EU-Recht gerecht zu werden.

Ich will an der Stelle besonders erwähnen, dass wir in der Zusammenarbeit mit den Fraktionen hier in einer guten Abstimmung unterwegs waren, dass wir ein hervorragendes Arbeitsklima auf allen Ebenen hatten – von Ihnen, in den Fraktionen, fraktionsübergreifend. Das war eine Wohltat. Das war zielorientiert. Ich glaube, dass wir zu einem guten Erfolg kommen, was die Sicherheit bzw. das hohe Niveau angeht, und dass das Erfolgsprojekt Datenschutz in Hessen weiter gerecht und hervorragend weiterentwickelt wird. Darauf können wir ein Stück weit stolz sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)