Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Verantwortung für die Hochschulen annehmen – Drucks. 1/3680 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir konnten heute Morgen in der Zeitung lesen, dass die EBS vom Land Hessen zwar mit Millionen Euro unterstützt wird, aber noch gar nicht als Universität anerkannt ist. Das ist zunächst nicht so dramatisch. Das Dramatische ist, dass
die Höhe der öffentlichen Finanzierung der EBS seit Jahren in der Kritik ist und dass seit Kurzem Schlagzeilen in den Zeitungen zu finden sind, wo zumindest der Vorwurf erhoben wird, dass der Leiter der EBS nicht ganz korrekt mit Zahlungen an Unternehmen, an denen er beteiligt ist, und öffentlichen Finanzmitteln umgeht. Dass seit dem 22. Dezember bekannt ist, dass die EBS nicht Universität wird – zumindest jetzt noch nicht –, die Ministerin es in diesem Zusammenhang aber nicht für nötig hält, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ist schon ein ziemlich starkes Stück, Frau Kühne-Hörmann.
Ich spreche das in dieser Aktuellen Stunde, in der es ja um die Finanzierung der öffentlichen Hochschulen geht, deswegen an, weil sich schon ein problematischer Zusammenhang ergibt, wenn eine private Hochschule mit weit über 25 Millionen € aus dem Landeshaushalt unterstützt wird, die Mittel für die öffentlichen Hochschulen gleichzeitig aber um 30 Millionen € gekürzt werden. Frau Kühne-Hörmann, Sie müssen sich wirklich fragen lassen: Für wen machen Sie hier Wissenschaftspolitik, und was soll das?
Der Präsident der Frankfurter Universität, der zurzeit auch Vorsitzender der Konferenz der hessischen Universitätspräsidenten ist, hat die Wissenschaftsministerin aufgefordert, den Hochschulpakt neu zu verhandeln, den Hochschulpakt aufzuschnüren. Das ist ein Hilferuf. Der kommt nicht von ungefähr. Wir können uns ja noch an Ihre an die Präsidenten gerichtete Drohung erinnern, wenn diese nicht parieren, wenn sie den Hochschulpakt nicht unterzeichnen, dann haben sie mit weiteren Kürzungen für ihre Hochschulen zu rechnen. Insofern kann man nur sagen: Der Appell der Herren Präsidenten ist ein Hilferuf, weil den Hochschulen die Finanzmittel fehlen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Studierenden ausbilden sollen, wie sie des Ansturms der vielen neuen Studierenden Herr werden sollen. Dass Sie auf diesen Hilferuf nur mit einem Schulterzucken reagieren, Frau Ministerin, bedeutet, Sie werden Ihrer Aufgabe wirklich nicht gerecht.
Die Hochschulen sind seit Jahren unterfinanziert, und sie haben zurzeit mit enormen Problemen zu kämpfen, weil es einen Ansturm von Studierenden gibt – zum einen „hausgemacht“ durch G 8, die Verkürzung der gymnasialen Oberstufe, aufgrund derer jetzt zwei Jahrgänge an die Universitäten kommen, zum anderen infolge der Aussetzung der Wehrpflicht. Man muss aber immer dazusagen: Es ist gesellschaftlich gewollt, dass wir mehr Leute an die Hochschulen bringen. Dieser gesellschaftliche Wunsch wird auch dadurch Realität, dass einfach mehr junge Menschen studieren wollen. Wenn man aber die Mittel für die Hochschulen kürzt und gleichzeitig mehr Menschen an die Hochschulen holt, dann bedeutet das, dass sich die Studienbedingungen verschlechtern. Das ist der falsche Weg.
Bundesbildungsministerin Schavan hat das erkannt. Es gibt ja Verhandlungen zwischen den Ländern und dem Bund, was die Zunahme der Zahl der Studierenden be
trifft. Es gibt den Hochschulpakt 2020, den der Bund mit den Ländern geschlossen hat, der aber nicht auskömmlich ist. Das heißt, obwohl es diesen Hochschulpakt gibt, werden die Hochschulen bei jedem Studenten, den sie zusätzlich aufnehmen, ein Minusgeschäft machen. Die Bundesbildungsministerin hat aber in Richtung der Länder sehr deutlich gesagt: Wenn wir hier gemeinsame Sache machen, das gemeinsam finanzieren und dieses Problem gemeinsam lösen wollen, dann vertragen sich Kürzungen in den Landeshaushalten bei den Hochschulen nicht mit der Forderung nach Programmen auf Bundesebene. – Diese Aussage von Frau Schavan kann ich nur unterstützen.
Frau Ministerin, wir haben es hier meiner Ansicht nach mit dem Problem zu tun, dass Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Natürlich haben wir das Problem – darüber haben wir hier schon öfter diskutiert, beispielsweise im Zusammenhang mit der Schuldenbremse –, dass das Geld nicht an den Bäumen hängt, sodass wir es einfach herunterholen können, sondern dass wir schauen müssen, woher wir es bekommen und wie wir es am besten verteilen.
Aber, Frau Ministerin, Ihre Aufgabe ist es doch, zum einen dafür zu sorgen, dass die Hochschulen so finanziert werden, dass sie ihre Arbeit machen können, und zum anderen die Prioritäten in diesem Land so zu setzen, dass die staatlichen Hochschulen ihren Aufgaben gerecht werden. Erst dann können die privaten Hochschulen kommen; zunächst einmal haben sie sich hinten anzustellen.
Frau Ministerin, daher fordere ich Sie auf: Machen Sie den Hochschulpakt auf. Nennen Sie es von mir aus „Nachverhandlungen“, oder Gott weiß wie. Der Erfinder der Namen für neue Programme ist zwar inzwischen nicht mehr da; aber vielleicht kann er Ihnen trotzdem noch behilflich sein.
Legen Sie ein Programm auf, das dafür sorgt, dass die Hochschulen nicht unter dem Anstieg der Zahl der Studierenden leiden und dass die Studienqualität erhalten bleibt, sodass wir die Türen der Hochschulen nicht verschließen müssen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am schönsten sind die Märchen, die man selbst glauben kann. Am heutigen Tag geht eines der Märchen zu Ende, die hier seit elf Jahren erzählt werden.
Jeder hat sich doch gefragt, was hier eigentlich passiert. Wir haben die Situation, dass die Hochschulen klagen, sie seien unterfinanziert. Wir haben die Situation, dass die Landesregierung im Laufe der letzten zehn Jahre für die Hochschulen real eine halbe Milliarde Euro mehr organisiert hat. Trotzdem haben wir die Situation, dass das Land Hessen, was die Finanzierung der Hochschulen betrifft, im Vergleich der Bundesländer auf Platz 13 liegt.
Die spannende Frage ist: Warum ist das so? In dem Zusammenhang darf ich meiner Kollegin Sorge für ihre fleißige Vorarbeit danken. Sie hat im Rahmen ihrer Kleinen Anfrage eine ganz simple Sache gemacht: Sie hat nämlich Nachfragen zur Relation zwischen Inflationsrate und Studierendenzahlen gestellt. Dann stellt man plötzlich fest – Antwort auf die Kleine Anfrage, Drucks. 18/2972 –, dass die Mittel pro Studierendem zwischen 1995 und 2009 inflations- und studierendenzahlbereinigt von 6.600 auf 6.800 € gestiegen sind. Dabei ist noch nicht eingerechnet, dass die Hochschulen mit der Vorsorge für die Pensionen und einem Teil der Baulasten heutzutage zusätzliche Kosten haben, die sie früher nicht hatten.
Das heißt, diese Landesregierung verdankt die ganze Begeisterung für ihren Hochschulausbau schlicht der Tatsache, dass sie das gemacht hat, was sie machen musste, nämlich die Leistungen für die Hochschulen wenigstens einmal an die Studierendenzahlen und die Inflationsrate anzupassen. Sich dann, wenn es mehr Studierende gibt, zu wundern, dass das nicht aufgeht, zeugt von einer Art von Blindheit, die einmal beendet werden muss.
Der spannende Punkt bei dieser Frage ist in der Tat: Hat sich diese Landesregierung eigentlich jemals darum gekümmert, was das für die Studierenden heißt? Wir können über abstrakte Zahlen reden. Hier wird z. B. begeis tert über Clusterpreise gesprochen. Aber es wird nicht darüber geredet, dass Vorlesungen wie in den schlimms ten Zeiten von 400 bis 500 Studenten besucht werden, dass Seminare zum Teil 120 bis 200 Teilnehmer haben und dass das Lernbedingungen sind, unter denen ein neu eingeführtes Hochschulsystem mit Master- und Bachelorabschlüssen nicht funktionieren kann, weil es, wie jeder weiß, auf andere Relationen ausgelegt ist.
Trotzdem wird hier so getan, als ginge es nur um ein Zahlenspiel. Hier geht es nicht allein um Geld. Hier geht es darum, dass Studierende in Hessen andere Voraussetzungen haben als die, die sie haben müssten, um mit dem neuen Hochschulsystem zurechtzukommen. Deswegen protestieren sie zu Recht, und deswegen protestieren auch die Hochschulen zu Recht.
Nun ist die Wissenschaftswelt eine, in der die Leute eher freundlich und zurückhaltend sind. Erinnern Sie sich doch einmal: Wie oft haben die Vertreter von Hochschulen in den letzten 20 Jahren mit solcher Schärfe gesagt: „Jetzt reicht uns das Geld nicht“?
Wir müssen etwas machen. Wir haben viele Debatten über das Geld geführt. Aber eine Debatte, in der die Vertreter der Hochschulen klar und einhellig sagen: „Es geht so nicht weiter“, ist – Frau Sorge hat es gesagt – im Prinzip ein Hilfeschrei. Die Landesregierung reagiert darauf, indem sie erklärt: Na ja, die Konjunktur ist so, und die Einnahmen sind so.
Meine Damen und Herren, an dem Punkt stellt sich die schlichte Frage: Was sind die Prioritäten? Wenn die Landesregierung mit ihrem Geld so umgeht wie in den vergangenen Jahren, wenn sie in vielen Bereichen für Ausgabensteigerungen sorgt – Personalkosten in den Ministerien und Ähnliches – und dann um 30 Millionen €, die sozusagen nur das Tüpfelchen auf dem i, die Cappuccinohaube oder was auch immer sind, feilscht, um eine minimale Korrektur vorzunehmen, heißt das, dass sie sich entschieden hat. Sie hat sich gegen mehr Studierende, gegen
Ich glaube, die Hessische Landesregierung muss an der Stelle ihre Position korrigieren. Sie schadet nicht nur den Studierenden – das wäre schon schlimm genug –, nein, sie schadet auch einem Land, dass wirtschaftlich auf hoch qualifizierte Menschen angewiesen ist. Sie ist eine wirtschaftspolitische Katastrophe.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde zeigt einmal wieder, dass Sie eine gewisse Hilflosigkeit an den Tag legen.
Wenn ich sehe, was der Märchenonkel von der SPD hier macht, muss ich sagen: Herr Kollege, Sie sind vor elf Jahren abgewählt worden, weil die Hochschulen in einem desolaten Zustand waren, den Sie zu verantworten hatten. Das, was diese Regierung in den letzten elf Jahren gemacht hat, ist beispielhaft auf diesem Gebiet.
Deswegen ist das an der Stelle zu kritisieren. Sie machen immer nur eines: Sie meckern und kritisieren an diesen Punkten herum.
Frau Kollegin, über die EBS haben wir im Ausschuss ausführlich gesprochen. Sie wissen es besser. Das hat mit dem, woran wir hier arbeiten, überhaupt nichts zu tun.
Sie haben gefordert, den Hochschulpakt wieder aufzuschnüren. Er ist gerade einmal 33 Tage in Kraft. Alle 33 Tage wollen Sie ihn ändern, oder wie ist das, Frau Kollegin?
Wir sind doch gerade in Sachen Planungssicherheit unterwegs. Wir geben den Hochschulen für einen Zeitraum von fünf Jahren Planungssicherheit, damit sie wissen, welche finanziellen Möglichkeiten sie haben. Dann fordern Sie so etwas.
Was die Diskussion über die Schuldenbremse betrifft, die wir hier führen: Sie haben jede Woche neue Ideen, wie man in den unterschiedlichen Bereichen finanziell etwas machen kann. Aber Sie tragen nicht die Verantwortung für diese Beträge; sie brauchen mit diesen Beträgen und diesen Dingen nicht verantwortungsvoll umzugehen. Das ist an der Stelle zu kritisieren.
Betrachten wir das noch einmal unter dem Gesichtspunkt, wie der letzte Hochschulpakt aussah. Dort hatten wir eine Regelung, die bei Wirtschaftswachstum eine Erhöhung um 1,5 % vorsah. Wir haben aber auch gesagt, der Zuschuss an die Hochschulen wird um 1,5 % reduziert.
Das hat zu dem Problem geführt, dass wir den Hochschulen in den ersten drei Jahren mehr Geld gegeben haben, während wir in den letzten zwei Jahren eine Kürzung um 30 Millionen € vornehmen mussten.