(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))
Ich frage Sie: Was ist falsch daran, sich zu überlegen, wie man es besser machen kann? Sie sind uns Antworten schuldig geblieben. Sie sagen, wir müssen die Gerechtigkeitsfrage stellen. Aber haben Sie sie beantwortet? Sie haben sie nicht beantwortet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer nur dagegen geht auch nicht!)
Sie erklären völlig zu Recht: „Es darf nicht sein, dass Bundesländer erzielte Mehreinnahmen wieder abgeben müssen und sich dadurch im Länderfinanzausgleich nichts ändert.“ Sehr richtig. Da stimme ich Ihnen zu. Aber was ist Ihre Antwort auf dieses Problem? – Nichts. Nichts haben wir dazu gehört. Wir haben auch im Haushaltsausschuss nichts dazu gehört.
Das ist der Punkt, den wir Ihnen ankreiden: dass Sie sich nicht vernünftig mit der Sache auseinandersetzen. Es bringt doch nichts, in jedem Plenum in einer Aktuellen Stunde fünf Minuten lang eine neue populistische Sau durch den Saal zu treiben, in der Sache aber überhaupt nichts zu bewegen. Ich finde, das muss sich ändern.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Minister Michael Boddenberg: Ausdrücke haben Sie!)
Wir haben einen guten Versuch unternommen. Daran will ich noch einmal erinnern. Wir haben im März des letzten Jahres einen gemeinsamen Antrag mit CDU und FDP beschlossen, in dem wir gesagt haben: Der Länderfinanzausgleich kann so nicht bleiben. Wir wollen, dass ernsthaft verhandelt wird, und wir wollen, damit die Verhandlungen Nachdruck bekommen, als Ultima Ratio die Klage hintendran stellen. – Ich stelle fest: Es ist fast ein Jahr vergangen. Es hat sich in Sachen Verhandlungen nichts Erkennbares getan, überhaupt nichts.
Ich kann sagen: „Ich bin es als GRÜNE gewohnt, dass die Regierung nicht das macht, was ich gerne hätte.“ Aber ich würde mir als Regierungsfraktion doch langsam einmal überlegen, wie es sein kann, dass die Landesregierung einen klaren Auftrag, den wir ihr gegeben und mit Mehrheit
verabschiedet haben, nicht ausgeführt hat. Ernsthafte Verhandlungen haben nicht stattgefunden. Ich finde, das ist der Sache nicht angemessen.
Der Finanzminister hat auf unsere Frage im Haushaltsausschuss in der letzten Woche erklärt: „Na ja, wenn man freundlich mit Wattebäuschchen wirft, dann bewegen die sich nicht. Da brauchen wir die Klage.“ Stimmt. Deswegen haben wir es auch so verabschiedet, in genau dieser Hierarchie: „vernünftig verhandeln, und wenn das nichts nützt, klagen“, aber nicht gleich mit der Klage kommen und sagen: „Vogel friss oder stirb“. Ich finde, so kann es nicht sein.
Das haben Sie jetzt vielleicht auch gemerkt. Deshalb hat die FDP ein bisschen was zurückgenommen und sagt heute: „Wir wollen erst einmal verhandeln“, während Sie in den letzten zwei Plenarrunden gesagt haben: „klagen, klagen, klagen“. Irgendwie haben Sie vielleicht gemerkt, dass das nicht funktioniert.
Herr Kollege Rentsch, Sie werden nach mir reden. Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich aus der punktgenauen Teppichlandung herausargumentieren.
Es gibt in Hessen eine ziemlich lange Tradition der Regierungsfraktionen und auch des Finanzministers, sich über die Höhe des Länderfinanzausgleichs aufzuregen. Die Argumente sind alle nicht neu. Auch die, die wir heute gehört haben, sind alle nicht neu. Bereits am 21. Mai 2004 – das habe ich auf der Homepage des Finanzministeriums gefunden – hat der damalige Finanzminister Karlheinz Weimar gesagt, ohne den Länderfinanzausgleich wäre Hessen längst schuldenfrei. Diese Argumentation zieht sich bis heute durch.
Herr Irmer, Herr Bellino und Herr Milde, dieses einfache Erklärungsmuster reicht aber nicht aus, um den hessischen Landeshaushalt zu retten. Das müssen Sie sich eingestehen. Das wird nicht in alle Ewigkeiten reichen, um die Verschuldung in Hessen zu rechtfertigen.
Nicht der Länderfinanzausgleich ist schuld am strukturellen Defizit in Hessen, sondern ganz allein die Hessische Landesregierung mit ihrer Haushaltspolitik.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Meine Damen und Herren von der CDU und meine Herren von der FDP, es wird als Konsolidierungsbeitrag nicht ausreichen, dass Sie sagen: Wir erheben jetzt Klage gegen den Länderfinanzausgleich. – Da müssen Sie sich schon ein bisschen mehr anstrengen. Es wird nicht reichen, zu sagen: Wir erheben Klage, und dann halten wir irgendwann die Schuldenbremse ein. – So einfach kommen Sie nicht davon. Sie können nicht erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht Sie aus der Schuldenfalle herauspaukt
Es ist unbestritten – ich habe es gesagt –: Es gibt Fehlentwicklungen beim Länderfinanzausgleich. Die müssen wir angehen. Dafür müssen wir gemeinsam streiten. Es ist auch richtig und wichtig, dass sich am Ende die Reihenfolge bei der Finanzkraft nicht verkehrt.
Aber allein damit werden Sie die hessischen Haushaltsprobleme nicht lösen. Es wäre leichtfertig von Ihnen, darauf zu setzen, dass man Haushaltskonsolidierung mit einem Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts löst. Sie kennen den alten Spruch: Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. – Da ist es völlig ungewiss, ob und in welcher Höhe sich ein nennenswerter Konsolidierungsbeitrag durch den Länderfinanzausgleich ergibt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Sie sagen nicht, was Sie machen wollen!)
Die CDU redet von Gerechtigkeit. Das Einzige, was Sie uns immer gesagt haben, war: Es ist nicht gut, wenn sich andere mit unserem Geld mehr leisten als wir. – Wir haben im Haushaltsausschuss den Finanzminister gefragt, wie hoch er die Chancen einschätze, die 13 Nehmerländer dazu zu bringen, ihren Haushalt so aufzustellen, wie Hessen es gerne hätte.
Der hessische Finanzminister hat uns auf unsere Frage, ob wir die Nehmerländer in ihrer Haushaltspolitik beeinflussen könnten, geantwortet, das könne nicht gehen. Ich finde, er hat recht, das sehen wir genauso. Damit hat er genau das klargemacht, was die CDU immer versucht, dass nämlich die Parole: „Andere leisten sich mit unserem Geld zu viel“, in den Bereich der Stammtische gehöre und nicht in eine sachliche Debatte. Kehren Sie zurück zur sachlichen Debatte.
Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth. – Das Wort hat der Abg. Florian Rentsch, Vorsitzender der FDP-Fraktion.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Erfurth, keine Botschaft ist auch eine Botschaft. Das war wirklich komplett versenkt. Was wollten Sie uns eigentlich sagen?
(Beifall bei der FDP und der CDU – Mathias Wag- ner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Arroganz reicht auch nicht!)
Es war ein bisschen ähnlich wie beim Kollegen Schmitt, der gesagt hat: Klagt endlich, wir müssen aber trotzdem gucken, ob eine Klage sinnvoll ist. – Das passt alles nicht so richtig zusammen. Es wäre schön, wenn auch die Opposition – die für ein Parlament eine wichtige Funktion hat, z. B. die Regierung zu treiben – gelegentlich einmal konkret sagt, was sie möchte, und nicht immer nur mit diffusen Äußerungen andeutet, wofür sie eigentlich steht.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr seid doch die Dagegen-Partei, nur dagegen zu sein hilft auch nichts!)
Wir haben diesen Punkt heute gemeinsam auf die Tagesordnung gesetzt, nicht um die Opposition zu informieren, sondern weil wir wollen, dass die Menschen in Hessen wissen, wie es zum Thema Länderfinanzausgleich aktuell steht und wie die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen vorgehen.
Die Menschen in Hessen haben ein Recht darauf, zu erfahren, dass es nicht sein kann, Herr Kollege Al-Wazir – jetzt habe ich Ihren Namen genannt, jetzt können Sie zufrieden sein und wieder schweigen –,
(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was ist das denn für ein Stil? – Zurufe der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))
dass 2,5 Milliarden € – Herr Finanzminister, ich glaube es beläuft sich auf diesen Betrag in einem wirtschaftsstarken Jahr – für Hessen eine erhebliche Belastung darstellen.