Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

(Nancy Faeser (SPD): Dann wissen Sie genau, dass das nicht liberal ist, Herr Greilich!)

Frau Kollegin Faeser, wenn Sie gebetsmühlenartig immer wieder die gleichen falschen Argumente wiederholen, darf ich Sie daran erinnern: In der Tat, wir haben nicht für alle Berufsgeheimnisträger Zeugnisverweigerungsrechte, aber vorher hatten wir überhaupt keine Zeugnisverweigerungsrechte im HSOG. Das ist der Unterschied. Hier haben sich weder Rot-Grün noch andere vorher herangetraut.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU – Der Redner muss husten. – Zuruf von der SPD: Das kommt davon!)

Es freut mich, wenn Sie das erfreut, Herr Kollege Rudolph. Ich werde, wenn Sie einmal einen Verschlucker haben oder sich räuspern, dies so nicht von mir geben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Rudolph hat doch gar nichts gesagt!)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, verantwortliche Politik kennt keine Diskussions- und Denkverbote – ich habe ihn verwechselt, ich bitte um Entschuldigung –, verantwortliche Politik lebt nicht von Aktionismus, sondern von Besonnenheit, und die haben wir bei der Novelle des HSOG im Jahr 2009 walten lassen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich sage das ganz entspannt zu den Freunden in der Koalition: Nicht alles, was der eine oder andere Innenpolitiker forderte, haben wir in das Gesetz geschrieben. Wir haben uns dort auseinandergesetzt, wir haben nach dem besten Weg gesucht, wir haben das Augenmaß beibehalten und deswegen nicht alles aufgenommen, aber alles das, was richtig und wichtig war. Das kann man heute, 14 Monate, nachdem wir dieses Gesetz gemeinsam verabschiedet haben, sagen und zu dieser Kriminalstatistik feststellen: Die Erfolge sind auf der Grundlage eines Gesetzesinstrumen

tariums möglich, welches strengen rechtsstaatlichen Anforderungen genügt.

Immer wieder äußern sich Oppositionspolitiker, am liebs ten Frau Faeser, zu Kennzeichenlesegeräten. Deshalb will ich an dieser Stelle der Wahrheit ein wenig Genüge tun und in Erinnerung rufen, worum es dabei tatsächlich geht, was Sache ist. Was den Einsatz von Kennzeichenlesegeräten angeht, sorgen wir dafür, dass der Rechtsstaat zu 100 % gesichert ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb haben wir schon im Gesetz dafür gesorgt, dass kein Kennzeichen gespeichert wird, wenn nicht zum Zeitpunkt des automatischen Ablesens gezielt danach gesucht wird. Damit ist der Einsatz von Kennzeichenlesegeräten, der seit dem 01.01.2011 praktiziert wird, ein zusätzliches, gutes und rechtsstaatliches Instrumentarium, um die Effektivität der Polizeiarbeit zu steigern. Der Einsatz von Kennzeichenlesegeräten, wie wir es im hessischen Polizeigesetz geregelt haben, ist rechtmäßig. Er ist erforderlich, und er ist verhältnismäßig.

Meine Damen und Herren, ich werde nicht müde werden, es Ihnen immer wieder zu erklären: Der Sinn eines Kennzeichens ist es – nur dafür sind sie an die Autos drangeschraubt –, Fahrzeuge identifizieren zu können, nicht mehr und nicht weniger. Sonst bräuchten wir keine Kennzeichen. Das Entscheidende, was in der politischen Diskussion eine Rolle gespielt hat: Wir wollen keine Vorratsdatenspeicherung. Wir wollen auch keine Vorratsdatenspeicherung in diesem Bereich. Wir wollen keine Erstellung von Bewegungsprofilen. Deswegen haben wir das entsprechend geregelt. Dies ist in Hessen nicht möglich. Dies findet in Hessen nicht statt.

Wenn Sie immer wieder darauf verweisen, Frau Kollegin Faeser, es würden sogar Fotos in Kauf genommen: In der Tat, es wird in Kauf genommen, dass beim Ablesen von Lesegeräten auch Konturen von Personen erfasst werden, wenn dies technisch nicht vermeidbar ist. Aber lassen Sie es sich technisch vorführen. Es sind keine Fotos. Es sind keine Menschen erkennbar. Auch der Gesetzestext sagt nicht etwa, dass wir sie speichern dürfen, sondern dass in Kauf genommen werden kann, dass entsprechende Umrisse dokumentiert werden.

Gespeichert wird nichts außer den Kennzeichen, und das nur dann, wenn es einen Treffer gab. Wenn es keinen Treffer gab, erfolgt automatisiert – ich wiederhole: automatisiert – die sofortige Löschung.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich unterstelle, dass es Frau Faeser bewusst ist, aber ich kann jedem, der sich ansonsten etwa als Berichterstatter damit befasst, immer wieder nur empfehlen, dass ein Blick ins Gesetz die Rechtsfindung erleichtert.

(Nancy Faeser (SPD): In der Tat!)

§ 14a Abs. 3 HSOG sagt – ich zitiere es gerne wörtlich –:

Die nach Abs. 1 Satz 1 erhobenen Daten

also die Kennzeichendaten –

sind, sofern die erfassten Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten sind, sofort automatisiert zu löschen.

Es steht noch ein Weiteres dahinter, um jede Möglichkeit des Missbrauchs auszuschließen:

Die Datenerhebung und der Datenabgleich im Falle des Satzes 1

also dann, wenn nicht gespeichert werden darf bzw. automatisiert sofort zu löschen ist –

dürfen nicht protokolliert werden.

Meine Damen und Herren, sicherer geht es nicht.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CDU)

Das ist die entscheidende Botschaft. Wir werden alle Versuche, immer wieder irgendetwas am Zeug zu flicken, nicht unwidersprochen im Raume stehen lassen. Ich bin gespannt, wie Herr Frömmrich gleich wieder versuchen wird, das in Zweifel zu ziehen. Aber ich komme zunächst einmal zum Schluss.

(Nancy Faeser (SPD): Das wird ihm gut gelingen!)

Er wird es zumindest wieder wortreich versuchen. Das weiß ich jetzt schon.

Eine effektive, effiziente und erfolgreiche Strafverfolgung findet in Deutschland und insbesondere in Hessen statt und – das betone ich – innerhalb bestehender Gesetze. Diese Gesetze befinden sich in dem Rahmen, den der Rechtsstaat vorschreibt.

Diese Koalition hat eine solide Grundlage auf den Weg gebracht. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik bestätigt das erneut. Mit dem Haushalt 2011 haben wir die Grundlage dafür gelegt, für 2011 wieder eine hervorragende Bilanz vorlegen zu können. Wir blicken zurück auf mittlerweile elf Jahre erfolgreiche Polizeiarbeit in Hessen, und wir blicken voraus auf eine weitere erfolgreiche Arbeit dieser Koalition,

(Nancy Faeser (SPD): Ich kann mich erinnern, dass Sie hier die Polizeiarbeit in diesem Land kritisiert haben!)

die die guten Ergebnisse möglich macht. Das ist unser Auftrag, und den werden wir erfüllen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke sehr, Herr Greilich. – Als Nächster spricht Herr Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es freut mich, dass sich der Kollege Greilich auf das freut, was ich vorzutragen habe. Ich habe eben zur Frau Kollegin Faeser gesagt, was uns unterscheidet: Bei Frau Kollegin Faeser freuen Sie sich immer, dass Sie sie sehen, und bei mir freuen Sie sich, wenn Sie mich hören.

(Heiterkeit – Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Minister Jörg-Uwe Hahn: Tief in die Chauvi- kiste gegriffen!)

Ich habe damit nicht angefangen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Vorstellung, die der Kollege Greilich hier gegeben hat, war schon beeindruckend.

(Demonstrativer Beifall bei der FDP)

Es war schon sehr erstaunlich, wie Sie über ehemalige Grundbestandteile liberaler Politik hinweggegangen sind,

was die Bürgerrechte angeht, was die Freiheitsrechte angeht. Alle diese Rechte zählen bei dieser FDP nichts mehr. Dass Sie sich in diesem Maße selbst entlarven, Herr Kollege Greilich, ist schon sehr erstaunlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben ihre Rede mit einer Replik auf das begonnen, was Frau Faeser gegenüber der Presse erklärt hat. Schon da habe ich gedacht, dass diese Rede so enden wird, wie vieles bei Ihnen endet, dass nämlich Arroganz Inhalt ersetzt. Ich würde mir aber wirklich wünschen, dass wir uns über gewisse Punkte inhaltlich unterhalten, dass Sie nicht immer nur versuchen, bei den Themen Kennzeichenlesegeräte und Videoüberwachung hier die schnelle Nummer zu machen, sondern dass wir wirklich einmal darüber diskutieren, dass dies eigentlich tief greifende Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte der Menschen in diesem Lande sind. Früher war die FDP die Partei, die sich für die Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten eingesetzt hat und darauf stolz war. Das vermissen wir in der Tat bei der FDP im Hessischen Landtag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch der Start der Regierungserklärung des Innenministers hat mich ein bisschen gewundert. Verehrter Herr Innenminister, ich hatte das Gefühl, dass Sie ziemlich unter Erfolgsdruck gestanden haben, weil die Stahlhelme in der ersten Reihe Ihrer Fraktion aufmarschiert waren und man hören wollte, was der Nachfolger von Volker Bouffier im Bereich der Innenpolitik zu sagen hat. Leider ist es aber so, dass auch Debatten über die Innenpolitik und über die innere Sicherheit mittlerweile absolut ritualisiert geführt werden. Es ist inzwischen so, dass die CDU immer dann, wenn Wahlen im Bundesland Hessen anstehen, wenn also die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande zur Urne gebeten werden, reflexartig das Thema innere Sicherheit für sich entdeckt.

Der Innenminister hat versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei die Opposition nur daran interessiert, zu kritteln und die Zahlen schlechtzureden. Herr Innenminister, Sie haben auch versucht, aus der Presseerklärung meiner Fraktion zu zitieren. Sinnerfassendes Lesen ist ja eine Sache, die zumindest die Kultusministerin zu vermitteln hat; aber wenn Sie die ersten Sätze der Presseerklärung lesen, müssten auch Sie erkennen, dass wir geschrieben haben: Die GRÜNEN im Hessischen Landtag begrüßen die sinkende Kriminalität und die steigende Aufklärungsquote in der heute vorgestellten Kriminalstatistik. – Herr Innenminister, daran, dass Sie das nicht erkannt haben, kann man sehen, wie einseitig, wie eingeengt Sie sind. Sie wollen das gar nicht lesen. Sie wollen die Auseinandersetzung. Sie wollen keine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern Sie wollen im Vorfeld der Kommunalwahl Wahlkampf machen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es steht zwar schon in der Presseerklärung, aber ich sage es gerne noch einmal – im Übrigen: bei der Vorstellung der letzten Kriminalstatistik habe ich Ähnliches gesagt –: Es ist gut, dass die Kriminalitätsbelastung der Bevölkerung in Hessen gesunken ist. Es freut auch uns, dass es im letzten Berichtszeitraum 5.000 Straftaten weniger gab als im Berichtszeitraum 2008/2009. Es ist gut, dass es eine hohe Aufklärungsquote gibt: 58,3 % sind ein guter Wert. Das ist aber kein Spitzenwert, Herr Innenminister, obwohl Sie das in der Öffentlichkeit behaupten. Herr Innenminister, Sie sind ja auch für den Sport zuständig. Platz 7

ist eben kein Spitzenplatz. Das müssten Sie endlich zur Kenntnis nehmen.