Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Der Landtag spricht sich dafür aus,die vereinbarten Regelungen zur Einkommensverbesserung entsprechend auf die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen zu übertragen.

Genau das haben Sie das letzte Mal auch gesagt, und Sie waren ja auch guten Willens, das so zu machen, aber dann gab es eine interessante Koalition – CDU, FDP und die GRÜNEN –, die gemeint hat, man müsste auch die Beamtenschaft auseinanderdividieren. Zwei Fraktionen – unter anderem die SPD – haben gesagt, das ist nicht in Ordnung. Herr Innenminister, wir messen Sie an Ihren eigenen Taten. Sie sind das letzte Mal auch anders gestartet und irgendwo schlecht gelandet. Ob Sie dies tatsächlich deckungsgleich für die Beamtinnen und Beamten übertragen oder ob Sie weiter Unfrieden in die hessischen Verwaltungen treiben wollen, wird an dieser Stelle der Lackmustest sein.

(Beifall bei der SPD)

Zusammenfassend: Wir Sozialdemokraten sind sehr dafür, dass man die Tarifpartnerschaft ernst nimmt und dass man die Verhandlungen führt. Ich hoffe auch sehr, dass die Ankündigungen des Finanzministers, Hessen müsse in den nächsten Jahren drastisch sparen, nicht wieder auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird, so wie wir das im Jahre 2003 bei der berüchtigten „Operation düstere Zukunft“ erlebt haben.Ich hoffe,dass Sie erkannt haben, dass es in den letzten Jahren Fehlentwicklungen gab. Wir bleiben trotzdem bei unserer These – auch wegen dieses Tarifabschlusses, dieser ist fast identisch mit dem Tarifabschluss der Länder –: Es wäre vernünftiger, im Konzert aller mitzuspielen. Dann gäbe es auch nicht die Gefahr, dass man untereinander Mitarbeiter abwirbt, sondern das wäre dann im Grunde gleich. Ich glaube, das ist auch ein Argument, das man ernst nehmen sollte.

Deswegen:Wir freuen uns heute für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung. Sie haben ihren Job gemacht, so wie es Ihr Auftrag ist. Sie haben Tarifverhandlungen geführt; und deswegen können wir die Tarifpartner auch nur beglückwünschen. Es ist ein vernünftiger Weg. Sie haben offensichtlich das eine oder andere gelernt; ob es von Dauer ist, wissen wir nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Minister Volker Bouffier: Na ja!)

Danke schön,Herr Rudolph.– Herr Dr.Blechschmidt,ich darf Sie für die FDP-Fraktion nach vorn ans Mikrofon bitten.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Minister, die Stichworte, die man hört, sind schon interessant. Da ich der SPD zugehört habe, nehme ich einmal die Stichworte auf, insofern haben Sie die Ar

beit ein bisschen vorweggenommen: „Bouffier hat recht“ – unterstrichen, großes Ausrufezeichen –, das haben Sie hier mit dem Schalk, mit dem Sie mich auch anlächeln, vorgetragen.Sie haben sich aber selbst infrage gestellt,zumindest bei Teilaspekten. Nach der Presseberichterstattung der „FAZ“ vom 31.03., dass das Thema TdL von Ihnen noch immer hochgehalten wird, rudern Sie jetzt zurück, indem Sie sagen: Das ist in Ordnung; das stellen wir politisch zurück. – Bei der SPD zieht also jetzt die Vernunft ein. Das finde ich auch sehr gut.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich bedanke mich auch für die deutlichen Worte, weil dies deutlich gemacht hat, dass es wirklich die Tarifautonomie – das will ich auch einmal deutlich machen, bei den ganzen Sachen, die Sie gesagt haben – gerichtet hat. Das war auch beim letzten Mal mein Redebeitrag: Nicht wir machen Tarifverträge, nicht die Politik, nicht Einzelne und nicht Fraktionen, sondern die Tarifautonomie. Darauf legen wir Liberale ganz großen Wert; das ist ein ganz großes Konstrukt, ein ganz großes Instrumentarium. Die hat es gerichtet, dass ein vernünftiger Abschluss zum Tragen kam. Die Tarifautonomie hat gesiegt; und die Vernunft ist eingekehrt. Ihrem Beitrag entnehme ich – zumindest den Zitaten, wie Sie hier auch den Tarifminister gelobt haben –, dass jetzt bei der SPD in dieser Frage die Vernunft einzieht.

Gleichwohl fordern Sie den Lackmustest. Dieser wird bestanden werden, davon gehe ich auch aus, weil die Punkte, die hier von Herrn Bouffier vorgetragen wurden, Punkte sind, die sogar bei den Gewerkschaften zu Lob führen. Das ist keinesfalls – das ist das letzte Zitat,das ich mir aufgeschrieben habe – „business as usual“, sondern es war nach der langen Zeit wirklich ein erfolgreicher Abschluss. Sie haben auch selbst darauf hingewiesen, dass Berlin – Rot-Rot – da noch kommen muss. Das heißt, das Hessenprojekt muss noch in Berlin realisiert werden. Nun ist in Berlin die SPD mit den LINKEN dran, die Sache als Letzte tarifgerecht zu gestalten. Herr Schaus ergänzt schon seine Notizen, und ich bin einmal gespannt, was Herr Schaus zu der Situation in Berlin sagt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Gar nichts!)

Die SPD hat schon deutlich gesagt, dass der Hessenweg schon ein Weg sein könnte,der auch auf Berlin übertragen wird. Es stimmt mich schon hoffnungsvoll, dass auch in Berlin die Vernunft einkehren möge.

Meine Damen, meine Herren, die Tarifautonomie hat es gerichtet; die Tarifautonomie hat gesiegt; die Vernunft hat gesiegt. Eine Rückkehr in die Tarifgemeinschaft nach diesem Abschluss: Herr Bouffier, Sie haben gesagt, sie sei „praktisch“ vom Tisch; und nach dem Beitrag der SPD sage ich, nicht nur „praktisch“, sondern sie ist vom Tisch. Die Gewerkschaften haben den hessischen Sonderweg akzeptiert. Ich muss wirklich an die Gewerkschaften Chapeau sagen:ver.di,dbb,GEW,GdP,IG BAU haben die Tarifautonomie gemeinsam mit dem Tarifminister hochgehalten und haben für Hessen einen guten Abschluss herbeigeführt, und dies gilt es heute entsprechend herauszustellen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen, meine Herren, es ist bei dem Beitrag der SPD teilweise noch einmal deutlich geworden, dass dieser Abschluss für die Bediensteten in Hessen gut ist. Der Abschluss ist auch verantwortungsvoll im Sinne des Steuerzahlers,weil er insgesamt 135 Millionen c kostet.Da kann

man sich gern vorrechnen lassen, dass die Rückkehr in die TdL teurer gekommen wäre; und gleichwohl hätte das nicht die sozialen Komponenten gehabt, die wir hier in diesem Abschluss sehen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Bouffier hat mit Stolz und gewissem Pathos den Paradigmenwechsel dargelegt. Ich kann ihn darin nur bestätigen; diesen Stolz kann er haben. Denn wer die Tarifautonomie hochhält und dann mit den Gewerkschaften so einen Abschluss zustande bringt, zu dem kann man – wie gesagt – nur Chapeau sagen. Das ist eine absolut gute Leistung.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen, meine Herren, das bedeutet für die Tarifbeschäftigten auch eine erhebliche Einkommensverbesserung. Da erlaube ich mir einfach, die Punkte noch einmal ein bisschen zu skizzieren, die hier wichtig sind: Die Vergütung für die Angestellten und Arbeiter wird am 1. April um 3 % erhöht; ab dem 1. März 2010 um weitere 1,2 %. Die Beschäftigten erhalten zeitnah in diesem Jahr eine Einmalzahlung von 500 c. Die unteren Entgeltgruppen erhalten im Jahr 2010 eine Jahressonderzahlung von 90 %, die höheren erhalten eine Jahressonderzahlung von 60 %. Hessen zahlt eine Kinderzulage – das ist auch für Hessen etwas Besonderes –, und zwar 100 c pro Monat und pro Kind; ab dem dritten Kind für jedes weitere 51,50 c. Die regelmäßige Arbeitszeit – auch das war im Rahmen der Auseinandersetzung TdL wichtig – beträgt 40 Stunden. Ausnahmen und Übergangsregelungen sind zwar zugelassen, aber das ist festgeschrieben.

Ich möchte hier auf zwei Komponenten eingehen, die mir schon sehr wichtig sind. Das ist zum einen die Einmalzahlung, die in der Tat ein wichtiger Bestandteil des Tarifvertrags ist; und sie ist auch ganz bewusst die Ausprägung einer sozialen Komponente.Das ist ein wichtiger Punkt,den es nur in Hessen gibt. Die Tatsache, dass wir dies in unserem Vertrag entsprechend gewürdigt haben, bedeutet auch, dass wir hier weiterhin die Familien- und Kinderförderung hochhalten. In der TdL – darauf wurde auch von Herrn Bouffier hingewiesen – gibt es dies nicht. Bei uns gibt es dies für Kinder; und das ist eine soziale Komponente, die ganz erheblich ist, ebenso das Weihnachtsgeld. Das Weihnachtsgeld ist auch eine soziale Komponente, denn wir unterscheiden zwischen den unteren und oberen Tarifgruppen – mit der Differenzierung von 90 und 60 %. Das ist auch eine soziale Komponente, die hier in den Tarifvertrag Einzug gehalten hat.

Die Regelung der Arbeitszeit auf 40 Stunden sehe ich als ganz erheblich an. Ohne dies wäre der Tarifvertrag nicht machbar gewesen. Dies zu regeln, war besonders wichtig.

Was mir persönlich und meiner Fraktion am Herzen liegt, ist der Punkt, der am Ende Ihrer Rede, Herr Bouffier, etwas unterging: die Telearbeit, deren Regelung in diese Einigung einbezogen wurde. Damit hat sich Hessen als ein innovatives und familienfreundliches Bundesland präsentiert. Die Telearbeit wird dauerhaft eingeführt und ausgeweitet. Bis zum Jahr 2013 wird die Zahl der Telearbeitsplätze auf 1.500 erhöht, und wir werden 1.000 Arbeitsplätze mit jeweils 1.000 c fördern. Das ist ein ganz wichtiges Element für Hessen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen, meine Herren, lassen Sie mich kurz zusammenfassen. Dieser Tarifvertrag ist für Hessen maßgeschneidert. Im Vergleich zu dem Abschluss der TdL

schont er den Landeshaushalt und nimmt auf hessische Besonderheiten Rücksicht. Ich gehe davon aus, dass Berlin folgen wird. Auch dort wird Vernunft einkehren. Die Punkte, die wir hier besprochen haben, werden dann auch für die Bediensteten in Berlin positiv zum Tragen kommen. Wichtig ist, dass mit diesem Vertrag für lange Jahre ein tarifliches Grundwerk geschaffen wurde, das es uns wechselseitig ermöglicht, auch neue Fragen aufzunehmen.

Dieser Tarifvertrag ist die richtige Antwort auf den Austritt Hessens aus der TdL. Ich glaube auch, so jedenfalls der Beitrag der SPD, dass er die politischen Diskussionen hierzu abschließt.Wir müssen feststellen, dass die Tarifautonomie funktioniert. Sie hat in Hessen funktioniert. Die Tarifautonomie und die Vernunft haben gesiegt. Ich finde, das ist ein toller Tag, den es zu würdigen gilt. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Danke sehr, Herr Dr. Blechschmidt. – Herr Frömmrich, jetzt haben Sie für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Holger Bellino (CDU): Schließ dich einfach an!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es dem heutigen Tag geschuldet ist – wir haben den 1.April –,

(Axel Wintermeyer (CDU): Scherzbold!)

aber irgendwie haben mich die Reden, die hier gerade gehalten worden sind, doch etwas verwirrt,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

insbesondere das, was der Innenminister hier vorgetragen hat, aber auch das, was der Kollege Blechschmidt gerade für die FDP-Fraktion erklärt hat.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Machen Sie doch einen Scherz!)

Es ist schon einigermaßen erstaunlich – ich weiß auch nicht, wie ich es zusammenbekomme; vielleicht werden wir es im Rahmen der Debatte noch hinbekommen –,dass ausgerechnet die FDP sich hier vorne hinstellt und Gewerkschaften in den höchsten Tönen lobt. Ich glaube, das ist in diesem Hause einmalig gewesen. Das habe zumindest ich noch nicht erlebt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Demonstrativer Beifall bei der FDP)

Der Innenminister tut das Gleiche und singt eine Lobeshymne auf die Gewerkschaften, die er über Jahre bekämpft hat. Er, der keine Auseinandersetzung gescheut hat, der Gewerkschaftsmitglieder als „Krawallmacher“ bezeichnet hat, stellt sich hier vorne hin und erklärt uns, wie toll das Verhandlungsergebnis sei und wie toll die Gewerkschaften seien. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich also ausgerechnet CDU und FDP in diesem Hause hinstellen und sozusagen den Arbeiterführer geben, das ist schon sehr erstaunlich. Das wundert mich sehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Herr Kollege Bouffier, der Gipfel wäre es, wenn Sie abends in Ihrer Skatrunde anfangen, Arbeiterlieder zu singen. Dann müssen wir uns Gedanken machen, was mit Ihnen und der CDU in diesem Hause los ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD) – Heiterkeit bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Ich könnte Ihnen einen Tipp geben:Der Kollege Al-Wazir kennt sich da sehr gut aus. Er kann Ihnen wahrscheinlich den einen oder anderen Tipp für Ihre Arbeiterlieder geben, die Sie dann natürlich gemeinsam mit Herrn Dr. Wagner singen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) und Axel Wintermeyer (CDU) sowie von der FDP)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt ist auch Stimmung im Saal. Das ist schön.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Wolfgang Grei- lich (FDP))

Wir begrüßen ausdrücklich, dass es zu einem Abschluss gekommen ist. Mit diesem Abschluss nehmen die Tarifbeschäftigten des Landes wieder an der Einkommensentwicklung teil. Wir gratulieren ausdrücklich den Gewerkschaften zu dem guten Ergebnis. Die Gewerkschaften haben in der Auseinandersetzung sehr viel für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Abschluss liegt in vielen Teilen über dem Abschluss der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Frank Blech- schmidt (FDP))