Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Wir sollten uns deshalb im Sinne des Hochschulstandortes Hessen jetzt aufrichtig an die Seite der EBS stellen, damit der entstandene Imageschaden im Interesse unseres Landes so gering wie möglich gehalten werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Dr. Büger, vielen Dank. – Das Wort hat nun Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Vorgänge an der European Business School bescheren der Landesregierung den nächsten einstürzenden Leuchtturm.

Es klingt fast wie im Krimi. Der Tatort: Oestrich-Winkel im Rheingau. Die Kulisse: Schloss Reichartshausen inmitten von Weinbergen. In der Hauptrolle: Christopher Jahns, Präsident der EBS mit besten Kontakten zur Politik. Die Statisten: Studierende, deren Eltern sich 13.000 € Studiengebühren im Jahr leisten können. Und mittendrin die Hessische Landesregierung.

Jahns soll Mittel in Höhe von 180.000 € veruntreut haben. Er soll sie an mindestens eine der 17 Firmen, an denen er beteiligt ist, umgeleitet haben, ohne dass es eine entsprechende Gegenleistung gab. Zudem steht auch im Raum, dass er Mitarbeiter und potenzielle Zeugen bedroht und eingeschüchtert haben soll. Sogar von Morddrohungen war in der Presse die Rede. Der vorläufige Höhepunkt dieser Geschichte war die Verhaftung Jahns in der letzten Woche.

Als Drehbuch für einen Krimi wäre das sicherlich originell. Aber leider ist zu befürchten, dass diese haarsträubenden Vorgänge traurige Realität sein könnten.

Frau Ministerin, das Problem an der Sache ist, dass es hier nicht um irgendein privates Unternehmen geht, das betrogen wurde. Es geht nicht nur um Gelder, die die EBS reichen Eltern aus der Tasche gezogen hat, sondern es geht auch um die Verwendung von Landesmitteln und damit um Steuergelder. Bisher sind 17 Millionen € aus dem Landeshaushalt an die EBS zum Aufbau des neuen Standorts in Wiesbaden geflossen. Frau Ministerin, das geschah, ohne dass Sie konkrete und zeitnahe Verwendungsnachweise dafür eingefordert haben.

Sie haben große Hoffnungen in die EBS gesetzt. Die EBS sollte die Landeshauptstadt Wiesbaden bereichern. Nun dürfte die EBS für die Stadt wohl eher peinlich werden. Denn bereichert hat sich offensichtlich nur einer.

Mit viel Pomp, mit Prominenz, mit Feuerwerk und 1.000 geladenen Gästen wurde im letzten Jahr groß gefeiert, dass die EBS nach Wiesbaden kommt. Das geschah in Anwesenheit des damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch. Gleich drei seiner Minister waren bei dieser Feier anwesend.

Keine staatliche Hochschule hätte sich einen solchen Auftritt leisten können. Frau Ministerin, es wäre schon interessant, zu wissen, ob auch für diese Feierlichkeiten Steuermittel verwendet wurden, ob diese pompösen Feierlichkeiten also mit Steuermitteln bezahlt wurden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

125 Millionen € soll der Aufbau der neuen juristischen Fakultät der EBS kosten. Rund 50 Millionen € kommen dafür vom Land und von der Stadt Wiesbaden. Das alles geschieht für ganze 200 Studierende pro Jahrgang, die genauso gut an einer öffentlichen Hochschule Jura studieren könnten.

Eines muss man immer wieder sagen: Alleine die Tiefgarage der EBS ist der Landesregierung 15 Millionen € wert. Gleichzeitig kürzen Sie bei den öffentlichen Hochschulen um 30 Millionen € pro Jahr. Frau Ministerin, das ist der eigentliche Skandal an Ihrer Politik.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die restliche Finanzierung will die EBS bei privaten Sponsoren einwerben. Herr Büger, wenn der Ruf der EBS aber weiterhin so den Bach heruntergeht und sich der Verdacht der Untreue erhärten sollte, dann weiß ich nicht, wer sich Ihrem Appell, sich an die Seite der EBS zu stellen, anschließen sollte. Wir werden es auf jeden Fall nicht tun. Dann wird auch fraglich, ob es genug Sponsoren geben wird, um diese Universität überhaupt zu errichten. Es könnte also durchaus sein, dass die 17 Millionen € Anschubfinanzierung an eine Universität überwiesen wurden, die es im Zweifelsfall überhaupt nicht geben wird. Frau Ministerin, das wäre natürlich wirklich eine „grandiose“ Bildungsfinanzierung, die Sie dann getätigt hätten.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Reißer, dass am neuen Standort der EBS ausgerechnet Juristen ausgebildet werden sollen, das ist schon fast Realsatire. Wohlgemerkt: Die Gelder für die EBS stammen aus Steuergeldern, die größtenteils von Menschen bezahlt werden, deren Kinder aufgrund der horrenden Studiengebühren niemals an der EBS werden studieren können. Die Kinder reicher Eltern genießen exklusive Studienbedingungen, während die Kinder aller anderen, wenn sie es überhaupt bis an die Hochschule schaffen, in überfüllten und vergammelten Hörsälen sitzen und in den öffentlichen Schulen an vielen Stellen der Putz von der Decke bröckelt.

Da ist es kein Wunder, dass viele Menschen über die Millionenbeträge für die EBS verärgert waren. Die groß angelegte Werbekampagne auf Plakatwänden und auf Bussen war vor allem eine Reaktion auf die Kritik und das Unverständnis weiter Teile der Bevölkerung; mit deren Steuergeld wird jetzt um Akzeptanz geworben, das ist absurd.

Das Motto dieser Kampagne lautete: „Wir sind Uni“. Es stellte sich dann peinlicherweise heraus, dass sich die EBS überhaupt nicht Uni nennen durfte. Auch das ist natürlich mehr als peinlich.

Dass diese großzügige Finanzspritze keine Begeisterungsstürme ausgelöst hat, das hat auch Herr Jahns kapiert. Deswegen dankte er dem Ministerpräsidenten ausdrücklich für diese „mutige Entscheidung“ und seinem „guten Kumpel“, dem FDP-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Florian Rentsch. Herr Rentsch ist heute nicht da. Das kann man verstehen, ich würde mich in dieser Sache auch schämen.

(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)

Zu Ihrem Kumpel Jahns fällt mir nur der Spruch ein: Zeig mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist. – Herr

Rentsch gehört dem Stiftungsvorstand der EBS an, ebenso wie der Wiesbadener Oberbürgermeister Müller, aber auch Unternehmensvertreter der Deutschen Bank, der Lufthansa, von McKinsey, Fraport, Bayer und des Verbandes der Automobilindustrie. Vielleicht sollten Sie dieses Engagement auch einmal überdenken. Herr Jahns scheint auch darüber hinaus gut vernetzt zu sein. Es wäre sicher sinnvoll, zur besseren Übersichtlichkeit einmal ein Diagramm der Geschäftsbeziehungen der EBS anzufertigen, wer wen berät, wer welche Rechnungen bezahlt und wer welche Gelder erhält. Ich befürchte, daran würde jeder Grafiker verzweifeln.

Irgendwo in diesem ganzen Gestrüpp befindet sich auch noch die Lebensgefährtin von Herrn Jahns, die Geschäftsführerin einer weiteren Firma ist, an der auch Herr Jahns beteiligt ist. Diese Firma unterhält auch Geschäftsbeziehungen zur EBS.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Deswegen ist es nicht ausgeschlossen und es ist auch zu befürchten, dass es am Ende um mehr als 180.000 € an die Firma BrainNet geht. Bei einem Hochschulpräsidenten, der an 17 Firmen beteiligt ist, sind Unregelmäßigkeiten geradezu vorprogrammiert. Allein die 17 unterschiedlichen Briefköpfe auseinanderzuhalten, halte ich für eine echte Herausforderung.

(Leif Blum (FDP): Das liegt an Ihnen!)

Nicht nur der Präsident, auch die Professoren der EBS haben eine Menge Nebentätigkeiten. Es heißt, das sei an der EBS ausdrücklich erwünscht. An öffentlichen Hochschulen gibt es für Professoren klare Begrenzungen für Nebentätigkeiten. Die Aufgabe der Professoren ist zuvorderst, die Studierenden auszubilden, und nicht, Vorträge für irgendwelche Konzerne zu halten. An der EBS gibt es solche Beschränkungen nicht. Wenn ich 13.000 € Studiengebühren pro Jahr zahlen würde, würde ich es schon erwarten, dass die Professoren ihre ungeteilte Aufmerksamkeit den Studierenden widmen und nicht irgendwo in der Weltgeschichte herumspringen.

Immerhin müssen die Absolventen der EBS einen Managereid ablegen, mit dem sie sich zu ethischem Verhalten verpflichten. Das hat seinerzeit Herr Jahns eingeführt.

(Lachen bei der LINKEN)

Jetzt ist die Frage: Was macht die zuständige Ministerin? Statt den ungeheueren Vorwürfen gegenüber dem Präsidenten der EBS frühzeitig nachzugehen und aufzuklären, duckt sich die Ministerin weg.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Nichts sehen, nichts hören und nichts sagen, einmal mehr verfahren Sie nach dem Motto: „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts“, und sagen im Ausschuss gar nichts zur Sache.

Die Frage, der wir nachgehen müssen, ist, ob Steuermittel veruntreut wurden und wie es zu erklären ist, dass ein Hochschulpräsident sechsstellige Beträge umleiten kann, ohne dass es intern irgendwie auffallen soll. Das ist mehr als zweifelhaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Zahlungen des Landes an die EBS müssen eingefroren werden. Solange der Verdacht der Untreue im Raum steht, riskiert die Landesregierung, dass weitere Steuergelder veruntreut werden. Der Fall Jahns ist ein Desaster für die EBS, er ist aber auch ein Desaster für die Landes

regierung. Frau Ministerin, ziehen Sie endlich Konsequenzen aus den Vorgängen an der EBS, entziehen Sie der Hochschule die staatliche Unterstützung. Bei jedem kleinen Verein würden Sie das tun. Sicher ist schon jetzt: Die Millionenbeträge für die EBS wären an jeder öffentlichen Hochschule sehr viel besser aufgehoben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Redebeiträge der Opposition haben gezeigt, dass die Vorbehalte gegenüber der privaten Hochschule, der European Business School, ganz erheblich sind.

(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Den Lippenbekenntnissen, die eben vollführt worden sind, konnte man nicht entnehmen, dass sich die Opposition Sorgen über das Image der EBS mache.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Scheinheilig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe zweimal im Ausschuss ausführlich darüber berichtet, wie die Fakten sind und was geprüft wird. Ich will das heute noch einmal tun. Um was geht es eigentlich? Es werden Sachverhalte miteinander vermischt, die klar getrennt werden müssen. Herr Grumbach hat das gemacht, Frau Sorge und Frau Wissler ebenfalls.

Es geht um die Vorgänge, dass der Aufbau der Law School von der Landesregierung mit 24,7 Millionen € unterstützt wird, die in Tranchen bezahlt werden. Diese Mittel für den Aufbau der Law School werden nach Voraussetzungen gezahlt, das habe ich im Ausschuss ausführlich berichtet. Normalerweise ist es bei allen Projekten des Landes so, dass nach Abschluss des Projekts, also wenn das Projekt komplett fertig ist, Verwendungsnachweise zur Überprüfung des Gesamtprojekts abgefragt werden.

Im konkreten Fall der European Business School haben wir bereits im Januar, ohne Aufforderung der Oppositionsfraktionen, entschieden, dass wir eine Nachweisprüfung früher machen, als das normalerweise vorgesehen ist. Wir machen es nämlich dann, wenn die ersten Verwendungsnachweise vorliegen. Diese Verwendungsnachweise für das halbe Jahr 2009 und das gesamte Jahr 2010 liegen am 30.04.2011 vor. Wir prüfen also viel früher, als man üblicherweise prüft. Diese Prüfung führen wir nicht selbst durch unsere Mitarbeiter durch, sondern erteilen einer privaten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Auftrag, diese Dinge genau zu prüfen. Bevor wir weitere Auszahlungen tätigen, wollen wir wissen, ob das Geld, das bisher an die EBS geflossen ist, wirklich zweckentsprechend verwendet worden ist. Das ist der Sachverhalt, um den es bei dem Aufbau der Law School geht. Das sind die öffentlichen Mittel, die aus Steuermitteln dort hineinfließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bisher können wir nicht prüfen, weil wir die Unterlagen noch nicht haben. Wenn die Unterlagen vorliegen, wird früher geprüft

als in jedem anderen Fall eines großen Projekts. Das, was miteinander vermischt wird, sind Vorgänge, die mit den öffentlichen Mitteln, dem Aufbau der Law School nichts zu tun haben.

Herr Kollege Grumbach, Sie haben die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und die Untreue angeführt. Das sind Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft führt und nicht das Ministerium. Dabei handelt es sich um Vorgänge, für die das Ministerium keine öffentlichen Mittel für Herrn Jahns zur Verfügung gestellt hat.

Zweitens haben wir keine Rechtsaufsicht über private Hochschulen, das will ich hier auch deutlich sagen. Wir sind bei privaten Hochschulen für die staatliche Anerkennung zuständig, für den Widerruf der staatlichen Anerkennung, die Verleihung der Professorentitel usw. Wir sind aber nicht als Rechtsaufsicht bei privaten Hochschulen tätig.