Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Nein, bei zehn Minuten nicht. – Herr Bouffier, mit Ihrem Vorgehen, Herrn Beuth nach Berlin vorzuschicken, um keinen Zeitpunkt für den Atomausstieg festlegen zu lassen, gefährden Sie auch den Konsens in Hessen. Ich sage Ihnen: Der 24. Mai – das ist der Tag, an dem Sie zum zweiten Energiegipfel eingeladen haben – ist der Tag der Wahrheit. Sie werden endlich liefern müssen. Sie können sich in dieser Kommissionsrunde nicht darauf zurückziehen, noch weitere Stellungnahmen zu sammeln, sondern Sie müssen als Ministerpräsident endlich sagen, wohin Sie wollen.

Die Rückmeldungen aus den Gruppen sind eindeutig. Bisher liefern in den Gruppen die Verbände und Organisationen. Im Übrigen haben Sie wesentliche Gruppen immer noch nicht eingeladen, auch wenn Sie den Kreis schon erweitert haben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

In diesen Arbeitsgruppen liefern die Oppositionsfraktionen konzeptionelle Beiträge. Die Einzigen, die bisher nichts in den Arbeitsgruppen geliefert haben, sind die Regierungsfraktionen und die Regierung selbst. Deswegen sage ich Ihnen: Der 24. Mai ist der Tag der Wahrheit. Dann werden Sie endlich sagen müssen, wohin Sie wollen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP)

Die Erwartungshaltung ist ganz einfach.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Sie sind doch in den Arbeitsgruppen dabei!)

Herr Arnold, vielleicht funktioniert das bei Ihnen anders. Bei uns ist das so, dass wir uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen, die in den Arbeitsgruppen sitzen, auch abstimmen und Einschätzungen austauschen. Wenn das bei Ihnen anders ist, kann ich es nicht ändern.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Kollege Arnold, unsere Erwartungshaltung für den 24. Mai und für das, was danach passiert, ist eindeutig. Es wird keinen Konsens geben, wenn Biblis A oder Biblis B wieder ans Netz gehen.

(Beifall bei der SPD)

Es wird keinen Konsens geben, wenn Sie versuchen, den hessischen Energiegipfel dazu zu missbrauchen, dass Staudinger 6 durchgesetzt wird.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Judith Lan- nert (CDU))

Es wird keinen Konsens geben, wenn Sie nicht im Rahmen des Hessischen Energiegipfels den Vorrang für erneuerbare Energien durchsetzen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist nicht die Bedingung!)

Herr Wagner, es wird keinen Konsens geben, wenn Sie nicht die Städte und Gemeinden in die Lage versetzen, die Energiewende und die Demokratisierung der Energiepolitik von unten durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD – Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Ich will es noch einmal sagen, auch wegen der aufgeregten Zwischenrufe, Herr Wagner, Herr Rentsch:

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Wir sind doch nicht aufgeregt!)

Die Einzigen, die im Bereich der Energiewende bisher noch nichts geliefert haben, sind die Regierungsfraktionen. Sie haben Jahre über Jahre eine Sitzblockade organisiert und jede Durchsetzung erneuerbarer Energien verhindert.

(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Das ist keine Konsensrede!)

Herr Wagner, wer in Berlin den Atomausstieg hintertreibt, kann nicht im Hessischen Landtag den Energiekonsens forcieren und einfordern. Da müssen Sie sich schon einmal an Ihren eigenen Aussagen werten lassen.

(Beifall bei der SPD)

Damit will ich noch etwas zu den Alternativen sagen. Sie liegen auf dem Tisch. Die Sozialdemokratie hat am Montag einen 50-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem wir Deutschland zur energie- und rohstoffeffizientesten Volkswirtschaft der Welt machen wollen. Die Energiewende wird von unten vorangetrieben. Es geht um Demokratisierung von Strukturen. Es geht darum, dass die Energiewende von unten durchsetzbar ist und wir die Macht der großen Vier brechen. Das sage ich in aller Offenheit. Wir verlangen, erwarten und wollen, dass der Energieerzeugungsan

teil der großen Vier von heute über 80 % bis zum Jahr 2020 auf unter 50 % heruntergesetzt wird. Wir halten das für möglich.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Judith Lan- nert (CDU))

Das wird ein wesentlicher Beitrag dafür sein, dass die Preise stabil sind. Es geht hier nicht um Sonnenblumenromantik, sondern es geht um Hightech, um Arbeit, um Wettbewerbsfähigkeit.

(Beifall bei der SPD)

Unbezahlbar ist alleine die Tatsache, wenn wir den Umstieg in die erneuerbaren Energien nicht schaffen. Deshalb ist mein Fazit am Ende dieser Rede: Beenden Sie endlich Ihre Blockade. Machen Sie mit, auch in Verantwortung für nachfolgende Generationen und die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit unseres Landes. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Schäfer-Gümbel. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Stephan.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schäfer-Gümbel, das war wahrlich keine Konsensrede. Ich möchte Ihnen empfehlen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das war nicht die Absicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

in diesem Teil der energiepolitischen Diskussion und der Debatte, die wir führen, abzurüsten und nicht aufzurüsten. Wir brauchen keinen Krieg, wir brauchen Gespräche und Konsens.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Nur damit kommen Sie Ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung nach.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fukushima hat uns gezeigt, dass das mathematisch-statistische Restrisiko durch die Bilder, die wir tagelang sehen konnten und deren Auswirkungen wir bis heute nicht kennen, abgelöst worden ist.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Fukushima hat in Deutschland eine Diskussion über die friedliche Nutzung der Kernenergie ausgelöst.

(Zuruf von der SPD: Bei euch!)

Es ist allgemein anerkannte Tatsache, dass der beschleunigte und der schnellstmögliche Umstieg in der Energiepolitik zu weitestgehend regenerativen Energien und der schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie angestrebt werden. Die Reaktor-Sicherheitskommission hat uns dazu gestern erste Erkenntnisse und Aussagen zum Ausstieg geliefert.

(Timon Gremmels (SPD): Nichts Neues!)

Diese Aussagen werden von der Ethikkommission weiter bearbeitet werden. Sie werden anschließend in politische Entscheidungen einfließen. Diese politischen Entschei

dungen und auch die Gutachten werden Grundlage für unsere Arbeit in Hessen sein.

(Beifall bei der CDU)

Die Aussagen der Reaktor-Sicherheitskommission, wie wir sie von gestern kennen, lassen den Schluss zu, dass ein Wiederanfahren von Biblis nicht befürwortet wird. Sie lassen aber auch den zwingenden Schluss zu, dass nicht alle Kernkraftanlagen in Deutschland sofort stillzulegen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor immensen Herausforderungen, wenn wir diesen schnellen Ausstieg aus der Kernenergie mit einer sicheren, sauberen und bezahlbaren Energieversorgung verbinden wollen. Fakt ist: Wir wollen den Ausstieg. Wir wollen ihn nach der neuen Risikodefinition nach Fukushima. Wir wollen ihn, weil Kernenergie in der Form, wie wir sie heute haben, keine Akzeptanz hat und weil wir die Ängste der Menschen sorgsam aufnehmen.

(Timon Gremmels (SPD): Vielen Dank!)

Ich betone noch einmal: Mit dieser Energiepolitik sind wir in Deutschland einsam an der Spitze.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Einsam?)