Protokoll der Sitzung vom 07.06.2011

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Deshalb möchte ich mich nicht allein mit der Handlungsfähigkeit des Ministers beschäftigen, sondern mit der Hessen-Agentur. Und da sind wir bei der Zeitung mit den vier großen Buchstaben, die ausnahmsweise einmal eine sinnvolle Idee hat, nämlich den Rücktritt von Minister Posch anzumelden.

Da können wir in großen Lettern die Boulevardgeschichten von Liebe und Macht lesen, in der es dann auch um Vorwürfe vor allem der Untreue geht. Eben eine Geschichte, wie sie irgendwie zu diesem Blatt passt. Sie passt, weil sie nicht neu ist, und offenbar hat sich bei der Besetzung der Führung der Hessen-Agentur eine gewisse Tradition eingeschlichen. Dieser Tradition entspricht das Personal.

Vor einigen Monaten ging es schon einmal um die Reisekostenabrechnungen des Führungspersonals. Und wie damals geht es um Personal, das rein zufällig das Parteibuch einer Regierungspartei besitzt.

(Zuruf des Abg. Helmut Peuser (CDU))

Auch die neoliberalen Vorstellungen dieser Regierungspolitik werden dort umgesetzt.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Neoliberal!)

Herr Posch sagte einmal, zugegebenermaßen in der Zeit, als er gerade nicht hessischer Wirtschaftsminister war, die Hessen-Agentur sei noch nicht einmal in der Lage, die Landeswein- und -sektprämierung vernünftig zu organisieren, und fragte, wie sie denn dann eine vernünftige Standortkampagne für Hessen machen wolle.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Posch forderte zu Recht die „Auflösung des Geldstaubsaugers Hessen-Agentur“. Mittlerweile darf aber die FDP selbst die Führung der Hessen-Agentur stellen, und siehe da, es ist Ihnen nicht mehr so wichtig, die Wirtschaftsförderung in Hessen neu zu gestalten. Das ist die eigentliche Geschichte, die hier erzählt werden muss.

Was sich aber an den Gerüchten wieder einmal zeigt: Das Fatale an der Hessen-Agentur ist, dass mit dem Wirtschaftsförderungsgeschäft des Landes Posten geschaffen werden, die den Landeshaushalt belasten und die eigentlich nicht wirklich für eine nachhaltige hessische Politik gebraucht werden. Aber darauf ist die Hessen-Agentur auch gar nicht angelegt. Denn, wenn es um die Förderung einer nachhaltigen und gerechten Wirtschaftspolitik im globalen Maßstab ginge, brauchte man kein Reisebüro für Parteifreunde. Ihnen geht es darum, Reiche reicher zu machen, statt Hunger und Armut zu bekämpfen.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Immer die gleiche Leier!)

Deshalb ist die Hessen-Agentur in erster Linie zum Akquisitionsbüro der Konzerne – zugegeben der hessischen Konzerne – gemacht worden. Statt mit den Menschen in verschiedenen Regionen der Welt auf gleicher Augenhöhe Entwicklungsperspektiven zu erarbeiten, sind Ausbeutungschancen und Profite die Maxime des Handelns der Hessen-Agentur.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hessen-Agentur könnten sicher auch solchen wichtigen politischen Zielen wie Entwicklungszusammenarbeit, fairem Handel und dem globalen solidarischen Lernen wichtige Impulse geben.

Deshalb fordere ich die Landesregierung auf, die HessenAgentur so zu erneuern, dass eine soziale, gerechte und ökologische Kooperation als internationale Leitidee der Hessen-Agentur erkennbar wird.

(Holger Bellino (CDU): Planwirtschaft der DDR!)

Ich erwarte natürlich nicht, dass dies auch geschieht, denn wie eingangs erwähnt: Minister Posch ist dazu nicht handlungsfähig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Dr. Walter Arnold, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Frankenberger, für den Klamauk, den Sie heute Morgen veranstaltet haben, habe ich überhaupt kein Verständnis. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Minister Posch hat am Rande der letzten Plenarsitzung die Obleute des Wirtschaftsausschusses eingeladen, um mit ihnen über die Hessen-Agentur zu diskutieren. Wer nicht da war, war die SPD, das war Herr Frankenberger.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Hört, hört!)

Ich habe mich bei Herrn Minister Posch vergewissert, dass er Sie nach der Sitzung – es kann passieren, dass man den Raum nicht findet oder andere Verpflichtungen hat – in einem Vieraugengespräch sehr genau darüber informiert hat, wie er die Hessen-Agentur umbauen will.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich halte es für eine Unverschämtheit, heute zu sagen, dass das Wirtschaftsministerium oder der Wirtschaftsminister nicht wissen oder kein Konzept haben, wie diese Dienstleistungsgesellschaft umgebaut werden soll. Ich möchte für die CDU-Fraktion sagen, dass die Neuordnung der Wirtschaftsförderung, wie sie in dieser Legislaturperiode gemacht worden ist, beispielsweise die Wirtschafts- und Infrastrukturbank, sehr erfolgreich ist. Lieber Jürgen Lenders, mit Herbert Hirschler ist ein weiterer FDP-Mann an der Spitze dieser Institution, der außerordentlich gute Arbeit macht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Wirtschafts- und Infrastrukturbank und die HessenAgentur sind Einrichtungen der Wirtschaftsförderung, die unsere Unterstützung haben.

Ich möchte Herrn Minister Posch an dieser Stelle ausdrücklich sagen: Das, was dort in der Frage der Außenwirtschaft, der Tourismusförderung und der Wirtschaftsförderung gemacht wird, ist gute Arbeit. – Herr Frankenberger, es ist auch unverschämt gegenüber den Mitarbeitern der Hessen-Agentur, hier in dieser Art und Weise und mit diesem Klamauk über die Arbeit der HessenAgentur zu urteilen. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Ich sage ein Zweites. Wir haben uns über diesen Umbau der Hessen-Agentur zu einer Dienstleistungsgesellschaft – Frau Wissler war dabei, Herr Klose war dabei, leider hat er nichts davon gesagt –, über die Fragen von Inhausvergaben und über die Frage unterhalten, wie diese Dienstleistungsgesellschaft in den nächsten Monaten handeln wird. Darüber wird uns Herr Minister Posch weiterhin informieren. Wir werden das gemeinsam mit Ihnen diskutieren.

Herr Frankenberger, aber die Spekulationen, die Sie heute Morgen angestellt haben, auch Ihre Aussagen über Personalfragen und Personalspekulationen – das ist ungehörig. Eine Partei, die einmal fast 50 % in Hessen hatte und jetzt gerade mal über die 20 % kommt, sollte etwas kleinere Brötchen in diesen Angelegenheiten backen und nicht so herumtönen. Das finde ich nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Holger Bellino (CDU): Die haben noch die alten Backformen!)

Für meine Fraktion sage ich eines: Wenn es dort mit der Ausrichtung auf die Person des Geschäftsführers, Herrn Illing, zu Dingen kommt, die man diskutieren muss, dann hat diese Gesellschaft einen Aufsichtsrat. Wir haben auch sicherlich mit unserem Rechnungshof eine Einrichtung, die uns über diese Fragen entsprechend Auskunft gibt. Der Minister wird dazu Stellung nehmen.

(Günter Rudolph (SPD): Dann müssen Sie auch umsetzen, was sie vorschlagen!)

Herr Kollege Rudolph, das müssen wir dann abwarten. – An dieser Stelle sage ich: erst einmal die Fakten prüfen und dann darüber urteilen, wie die Dinge sind. In Richtung Minister Posch und seine Arbeit sage ich, wir arbeiten sehr eng und sehr vertrauensvoll mit ihm, auch mit Staatssekretär Saebisch und mit den Mitgliedern seiner Verwaltung, zusammen. Wir freuen uns, wenn dies weiter fortgesetzt wird. Alles andere und speziell irgendwelche Spekulationen weisen wir entschieden zurück. Ich denke, dass wir gemeinsam erfolgreich, was die Wirtschaftsförderung in Hessen anbelangt, zusammenarbeiten werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Staatsminister Posch.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hessische Wirtschaftsförderung besteht nicht nur aus der Hessen-Agentur, sondern es gibt eine Vielzahl von Organisationen – das Ministerium selbst, die WIBank –, die die Wirtschaftsförderung dieses Landes versuchen, ich glaube, nicht ganz erfolglos, zu optimieren. Lassen Sie mich ein paar Dinge sagen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben.

Wir haben die monetäre und die nicht monetäre Wirtschaftsförderung neu organisiert – einmal in der WIBank. Wir haben die Beratungen für die monetäre Förderung in die WIBank genommen. Das ist sehr erfolgreich. Die Arbeit, die dort geleistet wird, hat mit dazu beigetragen, dass wir relativ gut, wenn nicht sogar sehr gut in Hessen dastehen.

Der zweite Punkt, den ich nur stichwortartig ansprechen will, ist die Frage der Organisationsstruktur. Ein Kritikpunkt war – das ist richtig, und das habe ich angesprochen – beispielsweise die Frage der Tourismusförderung. Wir haben neue Beiräte im Bereich Tourismus und im Bereich Außenwirtschaft, Standortmarketing gebildet. Es gibt von den Destinationen, von den kommunalen Wirtschaftsförderern, von Fremdverkehren keine Kritik mehr.

Hier wird keine Tourismuspolitik von oben gemacht, sondern in den Beiräten wird diskutiert, was auf der einen Ebene und was auf der anderen Ebene gemacht werden kann. Das Gleiche gilt für die Frage der Außenwirtschaft. Diese Außenwirtschaft hat sich sehr positiv entwickelt. Auch hier gibt es diesen Beirat.

Ich sage das einmal, weil das angesprochen worden ist: Ich bedanke mich ausdrücklich bei denjenigen, die in der Hessen-Agentur insbesondere im Bereich der Außenwirtschaft unsere Delegationsreisen vorbereiten. Ich habe gerade die zwei letzten Reisen nach Moskau und nach China gemacht. Ich habe von den teilnehmenden Organisationen nur Lob gehört, weil sie die Gesprächspartner in diesen Ländern bekommen hatten. Das war wirklich eine vorzügliche Arbeit. Ich nutze die Möglichkeit, mich an dieser Stelle dafür zu bedanken. Ich weiß, dass auch die Kollegen, die mich begleitet haben, das in gleicher Weise sehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Damit will ich sagen, in einem Teilbereich war der Umstrukturierungsprozess erfolgreich und ist bereits abgeschlossen. Die zwei Beispiele sollen dafür stehen. Deswegen habe ich gar keine Probleme, die weiteren Dinge anzusprechen, die im Rahmen des laufenden Organisationsprozesses eine Rolle spielen.

Ich habe Ihnen mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat entschieden hat, die Gesellschaft unter Einbeziehung externer Sachverständiger einer eingehenden Evaluation zu unterziehen. Damit sollen die Voraussetzungen für eine weiter gehende Optimierung und Verbesserung von Strukturen und Prozessen in der Hessen-Agentur geschaffen werden.

Das kann beispielsweise bedeuten – das ist etwas, was ich mir immer vorgestellt hatte –, die Hessen-Agentur für eine Beteiligung weiterer Gesellschaften zu öffnen. Das hat aber weitreichende Konsequenzen, weil die jetzige Struktur das so nicht erlaubt, Stichwort: Inhausproblematik und Ähnliches mehr.

Das habe ich in einem einstündigen Gespräch dargestellt. Ich bin immer bereit, über den Prozess dieser Untersuchung zu berichten, weil ich die Fraktionen mit einbinden will. Es gibt Konstruktionsmängel, die wir beseitigen wollen. Das habe ich nicht verschwiegen. Das habe ich angesprochen.

Zur inneren Neuausrichtung gehört auch – das will ich an dieser Stelle sagen –, dass vorbehaltlich eines entsprechenden Aufsichtsratsbeschlusses die Stellen der Geschäftsführer im Jahre 2011 neu ausgeschrieben werden. Dies wird notwendig, weil der jetzige Geschäftsführer der Hessen-Agentur, Herr Jürgen Illing, seit einiger Zeit das Wirtschaftsministerium hat wissen lassen, nicht über seine Vertragslaufzeit und damit über den 31.12.2011 hinaus zur Verfügung zu stehen.

Da es seit einiger Zeit ausführliche Erörterungen der unterschiedlichen Vorstellungen über die zukünftige Strategie, Beauftragung und Eigenständigkeit der HessenAgentur GmbH gegeben hat, hat der Geschäftsführer der Hessen-Agentur wissen lassen, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Das hat etwas mit strukturellen Veränderungen zu tun, wie ich sie ganz offen im Kreis der Obleute dargestellt habe. Man kann das so sehen; man kann das anders sehen. Wir werden nach der Evaluation und nach der Vorlage dieser Stellungnahmen die entsprechende Entscheidung treffen.