Bereits im Jahr 1990 hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz von Schleswig-Holstein, das sich um eine Ausweitung des Kommunalwahlrechts bemüht hat – –
Ich darf erstens die Fraktionen bitten, ihre Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass der Umgang hier kein Konversationsraum ist.
Zweitens bitte ich die Abgeordneten, etwas ruhiger zu sein. Wir sind bald fertig, das schaffen wir noch. – Bitte, Kollege Reißer.
Bereits im Jahr 1990 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Ausweitung des Kommunalwahlrechts auf Bürger beispielsweise aus Norwegen oder der Schweiz in Schleswig-Holstein nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das sind die Tatsachen. Heute ist ein Staatsbürger entweder von Geburt aus Deutscher,oder er hat sich im Laufe des Lebens die deutsche Staatsbürgerschaft erworben und sich dadurch ganz klar zum deutschen Staat und zur deutschen Gesellschaft bekannt.
Im EU-Recht ist es so:Aufgrund der Rechtsprechung aus dem Jahr 1992 haben EU-Bürger das Privileg, das Kommunalwahlrecht ausüben zu dürfen.
Die Tatsache, dass andere europäische Länder für Drittstaater ein Kommunalwahlrecht eingeführt haben, heißt keineswegs, dass es dort auch hervorragend funktioniert. Wenn man sich das ansieht, erkennt man, dass die Wahlbeteiligungen in Finnland, Schweden oder Irland desaströs sind und im einstelligen Bereich liegen. Das hat überhaupt nicht diese Wirkungen, von denen Sie hier sprechen.
Der Bundesverwaltungsrichter Klaus Rennert hat im Jahr 2008 gesagt: „Die Staatsgewalt geht vom Volk der deutschen Staatsangehörigen aus.“ Das steht in unserer Verfassungsordnung, und daran müssen wir uns halten.
Ihre Anträge zielen darauf ab, das Volk der deutschen Staatsangehörigen durch eine anders umschriebene Wählerschaft zu ersetzen. Das ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, meine Damen und Herren.
Zudem gibt es in Deutschland für Ausländer bereits die Möglichkeit, am kommunalen Geschehen teilzunehmen. Viele von uns sind kommunalpolitisch tätig und wissen, dass es viele Ausländerbeiräte gibt. Wir stellen in der Kommunalpolitik auch leider immer wieder fest, dass das, was dort genutzt werden kann, fast nicht wahrgenommen wird. Das ist bedauerlich, aber das ist auf kommunaler Ebene die Tatsache.
Für die CDU ist klar, dass die Einräumung einer deutschen Staatsangehörigkeit und das damit verbundene Wahlrecht erst am Ende eines gelungenen und erfolgreichen Integrationsprozesses liegen können. Das ist entscheidend, und daran sollten auch Sie sich halten.
Meine Damen und Herren, mit Ihren Anträgen gibt es keine bessere Integration. Ich halte sie auf dem Weg zur Integration für kontraproduktiv. Ihre Anträge für Drittstaater gehen mit der Verfassung und dem, was dort gesagt wird, überhaupt nicht überein. Das geht auch so nicht, weil es nicht funktioniert.
Herr Kollege,es würde sich auch keiner mehr darum bemühen,deutscher Staatsbürger zu werden.Das wollen wir aber, denn sonst funktioniert der Integrationsprozess nicht.Das sollten Sie sich an der Stelle durchaus sagen lassen. Herr Kollege, wenn Sie auch von Demokratie sprechen: Gerade Sie, wo wir doch in Nordhessen Beispiele dafür hatten, dass Sie Ihre eigenen Mitglieder mit Stasimethoden verfolgt haben,erzählen uns an dieser Stelle etwas von Demokratieverständnis. Herr Kollege, das ist der pure Hohn.
Daran sieht man, dass es Ihnen gar nicht um die Sache geht, sondern wieder einmal um das, und das kann man nachlesen, was auch im Bundestag war: Es geht um die reine Propaganda, und das kann nicht sein. Letztlich dienen Ihre Anträge nicht der Vertiefung,sondern es entsteht dadurch eine Parallelgesellschaft.Das wollen wir in dieser Weise nicht, und deswegen haben wir ein ganz anderes Integrationsverständnis.
Wir wollen eine vernünftige und verantwortungsvolle Integrationspolitik, von der jeder etwas hat. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Reißer lassen mich nicht nur verwundern, sondern auch erschrecken.Was für ein Ton ist das hier? – Ich habe gedacht,das haben wir hinter uns. Das ist hinterwäldlerisch, mittelalterlich und unmöglich.
Wir haben heute das Thema kommunales Wahlrecht, das nicht zum ersten Mal debattiert wird. Das haben wir hier alle gemeinsam festgestellt. Dieses Thema ist in der Vergangenheit – auch im Hessischen Landtag – schon mehrmals angesprochen worden. Wir haben alle gemeint, es gebe neuerdings einen Integrationsminister im Lande Hessen, und es würde sich etwas ändern, aber mit diesem Koalitionspartner wage ich das zu bezweifeln, und ob Frau Angela Merkel hört,welche Töne Sie von sich geben, auch das wage ich zu bezweifeln, meine Damen und Herren von der CDU.
Meine Damen und Herren, heutzutage kann es nicht mehr sein, dass man, wenn man Integration möchte, diese nur mit Worten oder leeren Hülsen versucht umzusetzen. Hier ist Handeln gefragt,und eine Handlung wäre z.B.die Unterstützung dieses Antrags. Es ist nicht der letzte Schritt, aber es ist einer der Tausend Schritte, die gemacht werden müssen. Nur mit der Verweigerungshaltung der Politik der CDU und der FDP hier in Hessen,wie es in der Vergangenheit war, kommen wir nicht mehr weiter. Hier müssen wir unbedingt etwas ändern.
Es ist meines Erachtens wichtig, dass dieser Antrag auch noch im Rechts- und Integrationsausschuss debattiert wird. Dafür plädiere ich, denn diese Themen nur aus der innen- und ausländerrechtspolitischen Perspektive zu diskutieren, ist zu wenig. Wir müssen schauen, dass wir dies im Rechts- und Integrationsausschuss debattieren.
Sie haben eben die LINKEN angesprochen, dass es ein Antrag der LINKEN aus dem Jahr 2005 sei.Wir GRÜNE haben das ebenfalls schon lange gefordert, und wir haben das sogar schon vor 30 Jahren gefordert.
Da hat man uns noch als verrückte Exoten bezeichnet. Wenn wir uns die Debatte heute anschauen, stellen wir fest: Alle Parteien sind sich einig, dass Integration nicht irgendwo im luftleeren Raum stattfindet, sondern vor Ort in den Kommunen, meine Damen und Herren.
Vor Ort in den Kommunen bedeutet eben, diese Menschen teilhaben zu lassen. Teilhabe bedeutet eben auch das Wahlrecht. Wenn dies in zahlreichen EU-Ländern schon längst gängige Praxis ist, dann ist es peinlich, dass wir in Deutschland – einem Gründungsland des vereinten Europas – heute immer noch über diese uralte Forderung streiten und sie nicht umsetzen, meine Damen und Herren.
Die Praxis sieht so aus, dass heute in Deutschland lebende Franzosen, Polen oder Menschen aus anderen EU-Ländern an den Wahlen zu Stadt- und Gemeinderäten teilnehmen dürfen.Wenn man aber einen türkischen, marokkanischen, indischen oder amerikanischen Pass hat, dann darf man nicht darüber entscheiden, wer der Bürgermeister oder Landrat sein soll. Man darf nicht darüber entscheiden, wo ein Kindergarten entstehen soll. Man darf nicht darüber entscheiden, wo ein Fahrradweg oder Freizeitangebote entstehen sollen. Auch in die Schwimmbäder, in die Sie die ganzen Migrantenfrauen mit muslimi
schem Hintergrund bringen wollen – egal ob mit deutschem oder türkischem Pass –, gehen nicht nur Deutsche, sondern auch Migranten, und daher sollen sie mitentscheiden, wo sie entstehen sollen.
Meine Damen und Herren, wir müssen mit dieser unsinnigen Einteilung in Ausländer erster und zweiter Klasse Schluss machen. Das ist Quatsch. Das ist mittelalterlich. Wir sollten das abschaffen. Wenn wir diese Zweidrittelmehrheit für die Grundgesetzänderung brauchen, von der fast alle Parteien sprechen, dann dürfte das meiner Meinung nach theoretisch überhaupt kein Problem sein,wenn sich die CDU und die FDP im Bundestag oder Bundesrat nicht immer querstellen würden. Unsere Unterstützung hätten Sie da auf jeden Fall, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP.
Herrn Hahn, unseren Integrationsminister, hätte ich mir heute hier gewünscht. Er ist vor Kurzem bei der agah gewesen und wird dort vor Ort mitbekommen haben,dass es eine Initiative gibt. Wenn man da herumspaziert und den neuen Integrationsmeister gibt, dann muss man aber auch selbst etwas umsetzen, man muss handeln und darf nicht nur leere Sprüche klopfen. Unterstützen Sie die Initiative unseres Nachbarn in Rheinland-Pfalz. Nur so kriegen wir die Demokratie gestärkt. Nur durch die Teilhabe können wir die Demokratie langfristig sichern.Das ist mir wichtig. Darauf bin ich stolz. Das, was wir hier zurzeit beim Wahlrecht haben, ist weder demokratie- noch integrationsfördernd. Es ist Murks, und wir sollten das gemeinsam abschaffen. – Herzlichen Dank.
Herr Dr. Blechschmidt, ich möchte erst darum bitten, dass die Kollegen dort Platz nehmen, sonst haben Sie keine Chance. Bitte nehmen Sie Platz. – Das Wort hat Herr Dr. Blechschmidt.
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren Kollegen! Ich bedauere den Zungenschlag, der zuletzt hereinkam. Aber vielleicht ist es wirklich ein sachlicher Punkt, dass wir dies federführend im Innenausschuss und beteiligt auch im Rechts- und Integrationsausschuss beraten. Das ist nicht nur eine Frage der Integration, sondern auch eine Frage des Rechts. Das geht mit dem Grundgesetz einher, das muss auch diskutiert werden, und deshalb gibt es auch unterschiedliche Auffassungen.
Nun zu dem letzten Part, dem Blick auf Herrn Minister Hahn. Hierzu möchte ich nur einmal erwähnen, dass er zur Mittagszeit entschuldigt war. Der Antrag wurde gestern zur Debatte gestellt. Es war das dritte Mal, dass dieser Antrag verschoben wurde, und heute diskutieren wir gegen 17 Uhr. Das Statement von Herrn Hahn bei der agah – das wurde mir gerade zugerufen – war eindeutig und wurde auch, wenn auch widerstrebend, von der agah akzeptiert. – Herr Hahn hat gesagt: Ihr seid willkommen; kommunales Wahlrecht – nein, Integration – ja, um dann über die Integration ein entsprechendes Wahlrecht auszuüben.
Hierüber werden wir im Ausschuss noch einmal diskutieren. Die Möglichkeit, dass dies auch im Rechts- und Integrationsausschuss diskutiert wird, wird auch Herrn Hahn noch einmal Gelegenheit geben, das klarzustellen. Der Beitrag, der eben zuletzt geliefert wurde, Frau Öztürk, polarisiert. Das finde ich nicht gut, zumal das Thema in der FDP diskutiert wird, seitdem ich in der FDP bin, und zwar nicht nur mit dem Zungenschlag, den Sie negativ dargestellt haben, sondern durchweg mit einem moderaten Zungenschlag. Ich bin seit 1979 in der FDP, und ich erinnere mich: Seit Anfang der Achtzigerjahre – auch mit der EU-Erweiterung etc. pp. und danach – wird das in der FDP diskutiert, sachlich diskutiert und nicht so auf den Punkt gebracht, wie Sie das heute dargestellt haben.
Ich mache allerdings auch deutlich, dass in beiden Anträgen – ich weiß nicht,wo der Unterschied liegen soll – deutlich wird, welche Schwierigkeiten die Antragsteller selbst sehen.
Ich konzentriere mich im Moment auf den Antrag der LINKEN: Da wird eine Kampagne begrüßt, da wird eine Delegation an die Gremien, nämlich Gemeinden und Kreise, vorgenommen, es wird appelliert, dass die Kampagne unterstützt wird, und die Landesregierung wird aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zu unterstützen. – Das gleiche Vorgehen findet sich bei der SPD. Meines Erachtens machen beide Anträge deutlich, dass man sich um die eigentliche Thematik drückt und sie nicht diskutiert.
Mit dem Antrag der LINKEN im Bundestag kam eine klassische Diskussion zum Tragen. Die Große Koalition hat einen Prüfantrag zu diesem Thema beschlossen. Damit geht auch der Antrag einher, den die GRÜNEN im Bundestag gestellt haben.Weil man sieht,was die Bundespolitik zu bestimmen hat und dass damit eine Grundgesetzänderung einhergeht, wenn man das wirklich will, soll das über Appelle mit dem Bündnis „Demokratie braucht jede Stimme“ unterstützt werden.
Wenn man im Internet sieht, was das Bündnis „Demokratie braucht jede Stimme“ sagt, dann stellt man fest, dass sich das in etwa mit dem deckt, was Herr Schaus hier vorgetragen hat. Man muss eingangs einmal dartun, dass immer wieder hervorgehoben wird,dass die Wahlbeteiligung sehr gering ist und dass das Bündnis will, dass mehr Menschen an die Wahlurnen kommen. Sie wollen ein Kommunalrecht für alle rechtmäßig und dauerhaft in Deutschland lebenden Einwohnerinnen und Einwohner. Die Ausgangslage ist so ähnlich, wie sie Herr Schaus skizziert hat.