Herr Kollege Grüttner, wenn man einmal in die Bedarfsgewerbeverordnung hineinschaut, dann sieht man: Natürlich ist es logisch, dass ein Bestatter oder eine Bestatterin auch am Sonntag arbeiten muss. Das stellt doch überhaupt niemand infrage. Die spannende Frage ist aber – das betrifft Punkt 9 –, ob eine Entgegennahme von Aufträgen, die Auskunftserteilung und die Beratung per Telekommunikation durch Dienstleistungsunternehmen und im Versandhandel wirklich sein müssen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)
Wenn man am Samstag bis 24 Uhr einkaufen kann, ist die Frage, ob man dann nicht warten kann, sondern am Sonntag zum Telefonhörer greifen, sich mit einem Callcenter verbinden lassen und sagen muss: „Ich brauche unbedingt das und das.“ Im Zweifel muss man nämlich warten, bis das am Montagmorgen geliefert wird.
Ihre Argumentation hat doch Folgen. Wenn wir das so machen, werden Sie in zwei oder drei Jahren hier stehen und sagen: „Jetzt müssen wir das Sonntagsfahrverbot für Lkw
aufheben, damit all das, was am Sonntag telefonisch bestellt wird, am Montagmorgen bei den Leuten ist.“ Das ist doch logisch, wenn wir das tun, was Sie machen wollen.
Die spannende Frage ist, ob das eigentlich Sinn macht. Ich bitte Sie, in sich zu gehen und sich zu überlegen, ob das wirklich der Weisheit letzter Schluss ist.
Herr Kollege Rentsch, vor ein paar Jahren hat jemand gesagt: Wenn die Ladenschlusszeiten aufgeweicht oder aufgehoben sind, dann kann sich die FDP eigentlich auflösen, weil sie sozusagen den letzten Punkt erreicht hat, für den sie eigentlich stand. – Sie von der FDP werden dann aber irgendetwas Neues finden. Wenn das irgendwann kommt, dann werden Sie vielleicht sagen, das Verbot des Rasenmähens am Sonntag müsse aufgehoben werden. Irgendwann werden Sie fordern, man müsse auch sonntags mit dem Rasenmäher zur Tankstelle fahren können.
Herr Kollege Rentsch, Sie sollten sich einmal überlegen, was Liberalismus eigentlich bedeutet. Das, was Sie vertreten, jedenfalls nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Liberalismus ist das Gegenteil dessen, was Sie machen!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil das, was die Opposition hier abliefert, an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Jeder, der sich auch nur ansatzweise mit dem Thema beschäftigt, weiß, dass in dieser Verordnung nur das festgeschrieben ist, was schon Status quo ist, was bisher durch Ausnahmeregelungen mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand erledigt werden musste. Das bleibt jetzt weg. Ansonsten bleibt es dabei – daran gibt es gar nichts zu rütteln –, dass wir in Hessen nach wie vor den besten Sonntagsschutz in Deutschland haben.
Wir haben das Ladenöffnungsgesetz noch ein Stück weit verschärft, indem wir auch den Gründonnerstag zusätzlich geschützt haben. Wir haben nämlich gesehen, dass die Regelung missbräuchlich genutzt wurde, dass Partys gefeiert wurden, die in den Karfreitag hineinreichten. Wir haben das verschärft, weil wir es für wichtig halten, dass Feiertage geschützt werden. Dabei bleibt es.
Wenn ein herausgehobenes Mitglied einer Fraktion dieses Hauses zu dieser Dance-Flash-Party in Frankfurt aufgerufen hat, Werbung dafür gemacht hat, die Meinung geäußert hat, man solle christliche Feiertage abschaffen, weil sie nicht mehr zeitgemäß seien, dann sollte man sich überlegen, ob man hier wirklich einen solchen Popanz aufbaut.
Es bleibt dabei: Wir haben den besten Sonntagsschutz und den besten Feiertagsschutz in Hessen. Das, was die Opposition hier bietet, ist scheinheilig.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ausdrücklich gestehe ich zu, es ist möglich, dass Frau Kollegin Sorge im Urlaub war und nicht an dem Smartmob teilgenommen hat. Laut Presseberichten hatten sich 1.500 Menschen versammelt, um zu Musik aus Kopfhörern still zu tanzen und so gegen das Hessische Feiertagsgesetz und das darin enthaltene Tanzverbot am Karfreitag als einem stillen Gedenktag zu demonstrieren. Initiiert wurde das von der Grünen Jugend. Frau Sorge wird folgendermaßen zitiert: Sie unterstütze diesen Protest. In Frankfurt lebten immer weniger Menschen, die einer der christlichen Kirchen angehörten. Deswegen halte sie auch eine solche Regelung im Hessischen Feiertagsgesetz für absurd.
Sie waren also nicht anwesend. Aber ich finde Ihre Aussage entlarvend. Sie spricht jedem Einsatz Ihrer Partei zugunsten der gesetzlichen Feiertage und des Verbots der Sonntagsarbeit Hohn. Sie sind unglaubwürdig.
Herr Kollege Al-Wazir, in Sachen Dienstleistungsunternehmen und Versandhandel ist seit mehr als zehn Jahren jedes Jahr eine Reihe von Duldungen ausgesprochen worden. Diese Duldungen durch die nachgeordneten Dienststellen beziehen sich auf einen Erlass des damaligen Hessischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 5. November 1998.
genau –, die eben dieses am 5. November 1998 auf den Weg gebracht hat. Seit dieser Zeit wird ohne eine gesicherte Rechtsgrundlage an dieser Praxis festgehalten. Dann kommen Sie hierher und sagen, man müsse das überdenken. Sie hätten bereits 1998, als Sie in der Regierungsverantwortung waren, darüber nachdenken können, ob so etwas überhaupt auf den Weg gebracht werden sollte.
Aber Sie können davon ausgehen, dass wir darüber nachdenken. Noch arbeiten wir an dem Entwurf für eine Verordnung. Wir werden sehen, wie diese Verordnung am Ende aussieht. Sie wird dem Schutz des gesetzlichen Feiertags Rechnung tragen. Die Sonntagsarbeit wird nicht ausgeweitet. Aber die Verordnung wird das, was gängige Praxis ist, auf eine entbürokratisierte Art und Weise möglich machen. Es bleibt dabei: Der Sonntag ist arbeitsfrei, und der Werktag ist ein Werktag.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist diese Debatte beendet.
Damit Sie sich bis zur namentlichen Abstimmung sammeln können, begrüße ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich die Mitglieder der Besatzung der Fregatte „Hessen“ mit Korvettenkapitän Thelen.
Die Delegation absolviert zurzeit ein viertägiges Besuchsprogramm in Hessen, um das Patenland besser kennenzulernen. Im September wird die „Hessen“ in Richtung Norwegen auslaufen. Alles Gute für Sie.
Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend keine Ausweitung der Sonn- und Feiertagsarbeit – Bedarfsgewerbeverordnung darf nicht in Kraft gesetzt werden. Ich bitte, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Ich gebe das Ergebnis bekannt. Es haben sich 114 Kollegen beteiligt. 65 Kollegen haben mit Nein und 49 haben mit Ja gestimmt. Damit ist dieser Antrag abgelehnt. – Dem widerspricht keiner.
Dann rufe ich den Dringlichen Antrag der Abg. Dr. Spies, Decker, Merz, Müller usw., Drucks. 18/4351, auf. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte um das Handzeichen. – SPD, GRÜNE, LINKE. Dagegen? – CDU, FDP. Damit ist dieser Antrag auch abgelehnt.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Der Hessentag lädt uns ein, künftig alle zwei Jahre dabei zu sein) – Drucks. 18/4344 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Der Hessentag lädt uns ein, künftig alle zwei Jahre dabei zu sein.“ Wir haben zu Beginn dieser Plenarwoche sehr engagiert über Einsparungen im Bereich des Justizministeriums gestritten. Die Schließung der Gerichte soll nach den Vorstellungen des Justizministers 2,5 Millionen € bringen. Andere Fachbereiche suchen in ihren Zuständigkeitsbereichen ebenfalls, wo eingespart werden kann, um die Vorgaben des Finanzministers und der Schuldenbremse zu erfüllen. Sparen, wo es nur geht, heißt die Devise.
Aber an anderer Stelle im Landeshaushalt scheint es durchaus eine heilige Kuh zu geben. Beim Hessentag wird offenbar nicht nach Möglichkeiten der Einsparung gesucht, sondern, ganz im Gegenteil, nach Zwangsbeglückung.