Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Wenn ich jemanden empfehle und dann bei der Vergabestelle nachfrage: „Habt ihr meinen Willen tatsächlich auch umgesetzt?“, dann haben wir ein Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Herr Kollege Milde, dann haben Sie gesagt, Herr Georgi habe eine einzigartige Qualifikation. Sie wissen es doch besser. In dem Gutachten, das das Finanzministerium in Auftrag gegeben hat, steht eindeutig, dass es bei nur grober Markterkundung zahlreiche weitere Bewerber mit vergleichbarer Qualifikation gegeben hätte. Herr Kollege Milde, warum erzählen Sie etwas, was Sie besser wissen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Zu Beginn des Skandals hat der Finanzminister gesagt, man stelle sich vor, was los wäre, wenn die politische Ebene Einfluss auf die Vergabe genommen hätte. Herr Schäfer, das haben Sie gesagt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja! – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich stelle fest: Was anderes als eine Einflussnahme ist das, was Herr Bußer und Herr Bouffier getan haben? Jetzt stellen wir uns vor, was hier los ist. Dazu sollte der Ministerpräsident hier endlich das Wort ergreifen. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD und bei Abgeord- neten der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Wagner. – Herr Kollege Milde, Sie haben ebenfalls zwei Minuten Zeit zur Antwort.

Herr Kollege Wagner, ich wäre enttäuscht gewesen, wenn dies von Ihnen nicht gekommen wäre. Direkt im Anschluss an die Pressemeldung, die Sie zitieren, und die Sitzung des Haushaltsausschusses, in der wir uns anfänglich über diese Frage unterhalten haben

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Innenausschuss!)

es war der Haushaltsausschuss; der Innenausschuss war einmal dabei –, hat Thomas Schäfer die Untersuchung durchführen lassen, und – das habe ich in meiner Rede gesagt – wir haben durchaus auch Konsequenzen gezogen. Ich habe heute bewusst darauf verzichtet, zu sagen, dass alles in Ordnung war, sondern ich habe gesagt: Fehler erkannt, Fehler gebannt.

Ich will Ihnen auch eindeutig sagen: Wenn Herr Bußer einen Vorschlag macht, dann ist es durchaus auch sein Recht, einmal nachzufragen, was aus dem Vorschlag geworden ist. Nichts anderes ist in der ganzen Sache passiert.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das wird immer besser! – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, ich will Ihnen noch etwas sagen. Ich habe die Dringlichkeit des Themas Digitalfunk deutlich gemacht. Sie vermischen hier zwei Dinge miteinander. Das eine ist der Vorschlag von Herrn Bußer, sich diesen Unternehmer einmal anzuschauen. Nicht ich habe übrigens von einer einzigartigen Qualifikation gesprochen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)

Das war damals im Haushaltsausschuss nicht ich, sondern es war der Staatssekretär, der damals erläutert hat, was dazu geführt hat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann ist es viel besser!)

Ich habe heute gesagt: Herr Bußer hat einen hoch qualifizierten Bewerber vorgeschlagen. Der Vorschlag ist geprüft worden, und der Bewerber hat am Ende den Zuschlag bekommen. Ich habe Ihnen auch gesagt: Das Auswahlverfahren ist bei einer Konkurrentenklage überprüft worden, und der Bewerber war erfolgreich. Der Mann kann so schlecht nicht sein, sonst hätte er das Verfahren gegen einen Konkurrenten nicht bestanden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Danke, Herr Milde. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Faeser für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Milde, es ist schon erstaunlich: Ich war in der Sitzung vor einem Jahr anwesend, als der Finanzausschuss gemeinsam mit dem Innenausschuss getagt hat, und ich erinnere mich daran. Damals war es genauso – Sie haben die Fakten einfach ignoriert. Sie haben in Ihrer Rede heute kein einziges Wort zu den neu aufgetauchten E-Mails gesagt, kein einziges, überhaupt gar nichts.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben völlig am Thema vorbeigeredet. Sie haben nur das noch einmal beleuchtet, was letztes Jahr war. Dabei haben Sie ganz kurz und knapp den Finanzminister gelobt.

(Peter Beuth (CDU): Es ist immer richtig, den Finanzminister zu loben!)

Zu den aktuellen Dingen. Herr Milde, vielleicht konnten Sie dazu gar nichts sagen, Sie waren ja in der letzten Woche in der Sondersitzung des Innenausschusses nicht einmal dabei, als es um die neuen Fakten ging. Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn der innenpolitische Sprecher geredet hätte.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU) – Wolfgang Greilich (FDP): Was ist denn neu?)

Der hätte vielleicht etwas zu den Fakten sagen können. – Lieber Herr Greilich, ich werde gleich genügend zu den neuen Fakten sagen.

Vor einem Jahr haben wir diese tolle Sitzung gehabt. Herr Kollege Milde, ich fand es schon erstaunlich, dass Sie – obwohl der Abg. Klose von den GRÜNEN schon damals schriftliche Belege hatte – darauf rekurriert und uns beschimpft und der Unfähigkeit bezichtigt haben. Genau das versuchen Sie heute wieder.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): Auch das ist immer richtig!)

Herr Kollege Beuth, ich würde an Ihrer Stelle überlegen, was ich da sage. Denn in der Ausschusssitzung am 04.11. mussten Sie sehr kleinlaut einräumen, dass es Unregelmäßigkeiten bei dem Vergabeverfahren gab.

(Zurufe der Abg. Holger Bellino und Peter Beuth (CDU))

Stattdessen haben Sie sich gleich mit Selbstbewusstsein hingestellt und gesagt, welch tolle Aufklärer Sie sind.

Aber dann reden wir doch einmal darüber: Hat denn der Finanzminister wirklich immer das Heft des Handelns in der Hand gehabt?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nein!)

Ist es nicht so gewesen, dass er so lange verschleiert hat, bis es nicht mehr anders ging und er es dann einräumen musste? War es nicht so, dass erst der Druck dazu geführt hat, dass Sie es einräumen mussten?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Reden wir doch einmal über die Sache, um die es eigentlich geht. Es geht um mindestens 50 Ausschreibungen, bei denen festgestellt wurde, dass sie rechtswidrig sind – mindestens 50.

(Wolfgang Greilich (FDP): Etwas Neues, Frau Kollegin!)

Wir reden hier nicht über ein kleines Problem: über ein, zwei zufällig gefundene Rechtsfehler, die passierten, weil das Vergaberecht zu kompliziert ist.

(Wolfgang Greilich (FDP): Etwas Neues!)

Nein, wir reden von systematisch rechtswidrigen Vergabeverfahren. Deshalb musste der Minister diese Untersuchung durchführen lassen. So weit, so gut.

Was aber ist mit den Folgen der rechtswidrigen Vergaben? Meine Damen und Herren, was ist eigentlich mit deren Folgen?

Aufgrund der rechtswidrigen Vergaben wurde von externen Gutachtern empfohlen, eine Vielzahl der Vertragsverhältnisse zu kündigen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Denn sie waren rechtswidrig. Allein das bedeutet neue Ausschreibungen, Übergangsverträge – ein enormer finanzieller Schaden für dieses Land.

Meine Damen und Herren, jetzt frage ich Sie: In der Sitzung damals hat der Finanzminister selbst eingeräumt – ich kann das zitieren –: Schon in einem einzigen dieser 50 Verfahren könnte es sich um einen Schaden in Höhe von 300.000 € handeln – in einem von 50 Verfahren. Jetzt frage ich Sie: Wer bitte hat im politischen Bereich jemals die Verantwortung für all das übernommen? Wer denn?

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Niemand!)

Bis heute niemand – nach einem Jahr noch immer niemand. Wer hat es denn verantwortet, dass es dazu kommen konnte, dass die HZD über Jahre diese rechtswidrigen Vergaben gemacht hat? Wer hat das denn zu verantworten und zieht die Konsequenzen daraus? Bisher hat niemand die Verantwortung übernommen.

Herr Finanzminister, ich bitte Sie, wenn Sie nachher reden, zu sagen, wer dafür die politische Verantwortung trägt.

Herr Greilich, jetzt komme ich zu den neuen Fakten.