Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Eine Alternative dazu sind die wiederkehrenden Straßenbeiträge. Hier werden alle Grundstückseigentümer in der Kommune an den Kosten der Straßenerneuerung solidarisch beteiligt. Das führt zu mehr Gerechtigkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darauf zielt der Vorschlag der SPD-Fraktion ab. Es soll endlich eine Öffnungsklausel für die Kommunen geschaffen werden.

Wir sind uns bewusst, dass die bisher getroffenen Regelungen rechtlich umstritten sind. Die Kollegen Blechschmidt und Heinz haben das angesprochen.

Eines muss aber auch gesagt werden. Im Jahr 2007 hat das Oberverwaltungsgericht in Thüringen in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass es sich hier nicht nur dem Namen nach um einen kommunalen Beitrag mit Entgeltcharakter handelt und dass das daher auch in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt.

Augenblicklich wird in Rheinland-Pfalz um die Rechtmäßigkeit von Details der dortigen Regelung gestritten. Wir sind der Meinung: Auch in Hessen sollte ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht werden, natürlich aber ohne die Mängel, die das Gesetz in Rheinland-Pfalz hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kommunen hätten dann die Wahlfreiheit, zu entscheiden, ob sie davon Gebrauch machen wollen oder nicht.

Auch das Innenministerium scheint einer solchen Variante wohlwollend gegenüberzustehen. Die Basis der CDU steht schon in den Startlöchern. Sie fordern in der Öffentlichkeit eine Änderung zum Jahreswechsel.

(Günter Rudolph (SPD): Die haben aber in der CDU nichts zu melden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist aber der Koalitionspartner FDP. Von ihm werden die Straßenbeiträge als Straßenausbausteuer verunglimpft. Das verwundert uns nun wirklich nicht. Die FDP ist reflexartig und strikt dagegen. Angeblich ist das Thema sowieso vom Tisch. Na ja, das werden wir sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen der FDP, erweitern Sie endlich Ihr Blickfeld. Denken Sie einfach nicht nur an Steuern, sondern denken Sie einfach einmal an die Problemlösung für die Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Jetzt gibt es bei Straßenneubauten extrem hohe Zahlungen, die von wenigen geleistet werden müssen und die oft zu Widersprüchen in der Kommune führen. Das soll dann von vielen Schultern getragen werden. Das würde die Akzeptanz in der Bevölkerung und auch die Planungssicherheit in den Kommunen erhöhen.

Es wurde angesprochen, dass es da noch Diskussionsbedarf gibt. Wir werden das Anhörungsverfahren im Ausschuss entsprechend begleiten. Wir hoffen, dass es ein interessantes Anhörungsverfahren werden wird.

Mein Appell an die Kollegen von der FDP: Verschließen Sie sich doch nicht den Argumenten der kommunalen Familie, die von Ihnen ja sonst immer so hochgehalten wer

den. Geben Sie den Kommunen die Möglichkeit, hier ein zusätzliches Finanzinstrument zu finden. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Enslin. – Nächster Redner ist Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der SPD-Fraktion eingebrachte Gesetzentwurf zur Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge durch Einfügung eines neuen § 11a in das Gesetz über kommunale Abgaben wäre ja grundsätzlich zu begrüßen. Die bisherige Regelung von Einmalzahlung der Beiträge stellt in der Tat eine hohe Belastung für viele betroffene Grundstückseigentümer dar, die durch eine – ich nenne es mal so – Ratenzahlung entschärft werden könnte.

Allerdings sehen wir in einer solchen Ratenzahlung auch durchaus eine Gefahr: Durch kleinere jährlich wiederkehrende Beiträge ist es denkbar, dass versucht wird, eine Akzeptanz für diese Beiträge zu erreichen. Das ist ja auch eben schon von meinen Vorrednern so beschrieben worden. Infolge dieser Akzeptanz lässt aber die Aufmerksamkeit der zahlenden Anlieger nach, was eine schleichende Beitragssteigerung zur Folge haben könnte;

(Günter Rudolph (SPD): Dafür gibt es ja einen Gegenwert!)

denn die Kommunen sind eben sehr klamm, Herr Rudolph. Diese Form der Konsolidierung der kommunalen Haushalte, die zu weiteren direkten Belastungen der Menschen vor Ort führen würde, lehnen wir allerdings ab. Die von vormaligen sowie der jetzigen Bundesregierung und auch dieser Hessischen Landesregierung ruinierten Kommunen müssen stattdessen in ihren eigenen Einnahmen deutlich gestärkt werden, dann brauchen sie auch nicht weiter ihre Einwohner zu schröpfen.

(Zuruf von der CDU)

Vor allem vor dem Hintergrund des drohenden Entschuldungsfonds befürchten wir, dass mit dieser Regelung ein weiteres Druckmittel auf die Kommunen entsteht, dass die kommunale Selbstverwaltung damit auch weiter ausgehöhlt wird.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Die bisherige Argumentation, Herr Bellino, dass sich viele Menschen in den Städten und Gemeinden solche Einmalzahlungen nicht leisten können, ist richtig. Schließlich handelt es sich oftmals um Hauseigentümer, die ein Leben lang schwer für ihr Eigenheim arbeiten mussten. Deshalb wäre eher zu überlegen, eine Regelung zu schaffen, bei der es bei den einmaligen Beiträgen bliebe, die aber auf Wunsch der Anlieger in mehrjährigen kleinen Raten entrichtet werden könnten. Das wäre ein echter Vorteil für die Betroffenen.

Darüber hinaus ist der vorliegende Gesetzentwurf zumindest an einer Stelle konkretisierungsbedürftig. Die bestehende Formulierung des § 11 Abs. 3 ist nämlich eine andere als die in § 11a Abs. 3 gewählte Formulierung. Verkehrsaufkommen kann streng genommen nämlich gar nicht analog zu den Regeln um „innerörtlich“ und „überörtlich“ des § 11 Abs. 3 differenziert werden; denn es ist

zwar oft so, dass Straßen mit einem hohen Verkehrsaufkommen überörtliche Straßen sind, aber dies ist nicht zwangsläufig so. Es gibt Fälle, in denen innerörtliche Straßen ein weitaus höheres Verkehrsaufkommen aufweisen, dann aber mit der Anwendung des § 11 Abs. 3 der Gemeindeanteil kurioserweise lediglich bei 50 % liegen würde, während dieser Anteil bei einer überörtlichen Straße mit weniger Verkehrsaufkommen bei 75 % läge. – Wenn man § 11 und § 11a analog zueinander anwenden will, muss klar sein, worüber man spricht.

Abschließend bleibt jedoch festzuhalten: Gebühren und Abgaben dürfen nicht dazu missbraucht werden, die verfehlte Finanzpolitik von Bund und Land auszugleichen. Gute Kommunalpolitik zeichnet sich dadurch aus, die kommunale Selbstverwaltung durch eine ausreichende und verlässliche Finanzierung der Kommunen zu stärken und die Einflussnahme der Kommunalaufsicht zurückzudrängen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Das Wort hat Herr Innenminister Rhein.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte jetzt sagen, die Abg. Heinz und Blechschmidt haben recht,

(Günter Rudolph (SPD): Das ist aber falsch!)

und es reicht heute noch, einen schönen Herbsttag zu verbringen. Aber so einfach geht es nicht.

Vorab möchte ich noch eines für das Protokoll festhalten: dass Günter Rudolph eben von der „honorigen Persönlichkeit“ gesprochen hat.

(Günter Rudolph (SPD): In Anführungszeichen!)

Nein, die hat Günter Rudolph nicht genannt. Ich habe es noch einmal für das Protokoll festgehalten.

Ich habe die Überschrift Ihres Gesetzentwurfs gesehen und muss zugeben, ich habe mich gefreut. Ich habe gedacht, wir müssen uns die Arbeit in Sachen KAG nicht machen. Dann habe ich das aber gelesen – Sie können sich gar nicht vorstellen, wie enttäuscht ich gewesen bin, insbesondere auch die Abteilung, weil die gedacht haben, sie müssten sich jetzt die Arbeit nicht mehr machen.

Das, was Sie aufgeschrieben haben, ist doch dürftig ausgefallen; denn der Gesetzentwurf beschränkt sich auf den einzigen Punkt „Einführung wiederkehrender Straßenbeiträge“. So einfach, wie Sie es sich gemacht haben, wollen es ja nicht einmal die Kommunalen, nicht einmal die Kommunalen Spitzenverbände.

(Günter Rudolph (SPD): Schauen wir doch mal in die Anhörung!)

Ich erinnere an die Anhörung zu den Gesetzentwürfen zur HGO am 11. August 2011. Da hat der Direktor Backhaus vom Hessischen Städte- und Gemeindebund – –

(Günter Rudolph (SPD): CDU-Mitglied!)

Das weiß ich gar nicht. Ist er Mitglied einer Partei? Ist das so?

(Zurufe von der SPD)

Da hat also dieser Direktor Backhaus – von dem Sie mir sagen, er sei Mitglied einer großen und sehr erfolgreichen Volkspartei –

(Beifall bei der CDU)

zutreffend mitgeteilt, dass es sich bei dem Gesetz über kommunale Abgaben um ein Gesamtkonstrukt handelt. Und er hat gesagt, dass er deswegen die Herausnahme lediglich eines Punktes, nämlich der wiederkehrenden Beiträge, aus diesem Gesamtkonstrukt ablehnt. Er hat gesagt, er gehe vielmehr davon aus, dass es im Hinblick auf den umfangreichen Novellierungsbedarf in nächster Zeit zu einer gesonderten KAG-Novelle kommen werde. – Ich finde, das ist der richtige Ansatz, er hat da vollkommen recht. Dieser Ansatz wird von uns, der Landesregierung und dem Ministerium sowie den Regierungsfraktionen, unterstützt.

(Günter Rudolph (SPD): Wann kommt die Novellierung denn?)

Günther Rudolph hat gefragt: Was haben Sie getan?