Zu Beginn der Tarifverhandlungen schrieb ver.di in einer Presseerklärung vom 9. Februar 2011 – ich zitiere –:
Bestandteil der ver.di-Forderungen ist auch eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des... Tarifergebnisses auf die rund 106.000 Beamtinnen und Beamten...
Damit ist klar, dass die Höhe der gewerkschaftlichen Forderung und der Tarifabschluss selbst stets davon geprägt waren, wie stark der Landeshaushalt durch das Tarifergebnis für die 33.600 tariflich Beschäftigten und für die 106.000 Beamtinnen und Beamten belastet werden würde. Die Beamtenbesoldung war also immer zumindest imaginärer Bestandteil dieser Tarifverhandlungen. Das behauptet ver.di nach wie vor.
Wenn nun das Tarifergebnis nicht zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten im Land und in den Kommunen übertragen wird, stellt dies aus unserer Sicht einen Vertrauensbruch gegenüber den Gewerkschaften dar.
Meine Damen und Herren, schon mehrfach haben wir in den letzten Monaten im Landtag über die Besoldung und die unterschiedlichen Arbeitszeiten der Beamtinnen und Beamten diskutiert. Wir haben in Hessen mit 42 Wochenstunden die höchsten Arbeitszeiten aller Bundesländer und sind drauf und dran, die schlechtesten Besoldungsbedingungen zu schaffen.
Doch. Herr Bauer, vergleichen Sie das z. B. einmal mit Nordrhein-Westfalen. Das können Sie auch in den Unterlagen nachlesen, die die Gewerkschaft der Polizei dem Innenausschuss in der Anhörung übergeben hat. Die Gesamtsumme der Besoldung fällt bereits hinter die in Nordrhein-Westfalen zurück, und das ist der erste Schritt.
Herr Minister Rhein, im Mai 2011 haben Sie in der Presse erklärt, dass das spezifische hessische Tarifergebnis – ich betone „spezifisch“, weil hier in Hessen für Hessen ausgehandelt und nicht Bestandteil der TdL, was noch eine besondere Bedeutung hat und haben muss, auch in der Frage der Beamtenbesoldung – im prozentualen Verhältnis 1 : 1 übertragen werde. Nun kann man spitzfindig sein und zu dem Ergebnis kommen, prozentual wird es ja übertragen. Aber zu welchem Zeitpunkt es übertragen wird, das ist die entscheidende Frage, und die wurde von Ihnen negativ beantwortet.
Herr Minister, die Hoffnung der Betroffenen und ihrer Gewerkschaften hielt nach Ihrer Aussage nicht lange an. Mit dem Gesetzentwurf von CDU und FDP war schnell klar, dass die Beamtinnen und Beamten in Hessen nach Berechnungen des Deutschen Beamtenbundes im Durchschnitt 1.000 € weniger haben werden als vergleichbare Angestellte bis Ende 2012.
Deshalb haben wir bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt unseren Änderungsantrag, der die volle Übernahme des Tarifergebnisses vorsieht, in die parlamentarische Beratung eingebracht. In der vom Innenausschuss durchgeführten Anhörung haben nahezu alle Experten Kritik an dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen geübt und unseren Änderungsantrag begrüßt und unterstützt.
Nach der Anhörung haben die GRÜNEN einen Vorschlag mit einer gestaffelten Erhöhung bei Eingriffen in die Beihilfe vorgelegt. Herr Kollege Frömmrich, dazu möchte ich nicht Stellung nehmen, sondern dazu nahm der Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Stefan Körzell, in einer Presseerklärung Stellung und wies den Vorschlag eindeutig zurück. Ich darf zitieren:
In Hessen wird wieder ein Sonderweg gegangen, der jedoch dazu führt, dass die Beamtinnen und Beamten einmal mehr ein Sonderopfer bringen müssen.
Ich hätte mehr Verständnis dafür gehabt, wenn die GRÜNEN sich dafür einsetzen würden, dass der Grundsatz „Beamtenrecht folgt dem Tarifrecht“ auch in Hessen wieder Einzug hält. Es ist beschämend, dass die Beamten ein erneutes Sonderopfer bringen sollen, die Diäten der hessischen Abgeordneten aber zum 1. Juli um 2,8 % steigen. Dies ist ein weiteres schlechtes Beispiel dafür, wie in Hessen mit Beamtinnen und Beamten umgegangen wird.
Körzell wörtlich: „Der Vorschlag der GRÜNEN weist in die falsche Richtung und verlangt Beamtinnen und Beamten ebenfalls ein Sonderopfer ab, wie es von der Regierungskoalition aus CDU und FDP schon vorgesehen ist.“
Die Regierungsfraktionen haben nach der Steilvorlage der GRÜNEN immer noch sehr lange gebraucht, um dem wachsenden Druck und dem Unverständnis in der Bevölkerung nachzugeben und einen eigenen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf einzubringen. Der Änderungsantrag von CDU und FDP beinhaltet bekanntermaßen, die Einmalzahlung von 360 € nun doch den Besoldungsgruppen A 3 bis A 11 – ich wusste gar nicht, dass A 9, A 10 und A 11 zum mittleren Dienst gehören, weil das immer so betont wird: untere und mittlere Einkommen – und ebenfalls, wie im Tarifvertrag vorgesehen, die Einmalzahlung von 120 € den Anwärterinnen und Anwärtern zukommen zu lassen.
Die Mehrkosten für die Leistungen der Einmalzahlung werden von Ihnen mit 10 Millionen € beziffert. Nicht beziffert werden hingegen die Einsparungen, die bei zeitversetzter Besoldungserhöhung weit über 100 Millionen € betragen. 100 Millionen € also, mit denen die Beamtinnen und Beamten bis 2012 zur Haushaltskonsolidierung beitragen sollen, die ihnen vorenthalten werden.
Nun weiß ich nicht, bei welchem Beitrag meiner Vorredner Herrn Blechschmidt und Herrn Frömmrich ich mehr Magengrimmen haben soll, weil sie natürlich klargemacht haben, dass das alles mit der Schuldenbremse und der Haushaltskonsolidierung zu tun hat und dass die sozusagen ihre Grüße an die Beamtinnen und Beamten schickt. Dass die GRÜNEN da noch mitmachen, finde ich besonders traurig.
Wir erkennen durchaus an, dass die jetzt geplante Fassung des Beamtenbesoldungsgesetzes eine Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen, völlig unzureichenden Gesetzentwurf darstellt. Aber das konnte schließlich nur erreicht werden, weil entsprechender Druck aus den Gewerkschaften und aus der Beamtenschaft selbst erfolgte.
Trotzdem, eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses vom April 2011 sieht anders aus. Der Reichtum fängt eben nicht bei A 12 an. Selbst wenn Herr Wagner und Herr Rentsch in einer gemeinsamen Presseerklärung vom 13.09.2011 in der Überschrift verkünden: „Wir haben die Ergebnisse der Anhörung zur Beamtenbesoldung ernst genommen: 360 € Einmalzahlung sind
eine verdiente Anerkennung für die unteren und mittleren Einkommensgruppen der Beamtinnen und Beamten“, so bleibt dies nicht akzeptabel. Es ist nicht akzeptabel, dass immer wieder die Beamtenbesoldung und auch andere beamtenrechtliche Fragen dazu herhalten müssen, zur Haushaltskonsolidierung beizutragen. Unsere Vorstellung ist, Tarifrecht und Beamtenrecht müssen aus einem Guss gestaltet sein.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf die Beihilferegelung eingehen. Ich bin der SPD durchaus zu Dank verpflichtet, dass sie dieses Thema hier mit eingebracht hat, weil es in der Tat auch darum geht, dass versorgungsrechtliche Fragen auch Kosten und Leistungen bedeuten, die der öffentliche Dienstherr zu erbringen hat. In dieser Frage sind wir voll an der Seite der SPD. Auch wir sind der Meinung, dass eine Bürgerversicherung einzuführen ist.
Das Schlimme, was Sie im Moment machen, ist, dass Sie all diejenigen Beamtinnen und Beamten, die seit Jahr und Tag Teil der solidarischen Gesundheitsversorgung sind, herausnehmen und zur Privatisierung zwingen wollen, zur Überleitung in die private Krankenversicherung. Ich frage nur: Wohin ist Frau Lautenschläger eigentlich gewechselt? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Lassen Sie die Beihilfe in der Form, wie sie ist. Lassen Sie denjenigen, die in der solidarischen Krankenversicherung sind, die Möglichkeit, drinzubleiben, und beschneiden Sie nicht diejenigen, die über 55 Jahre alt sind und gar nicht mehr aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln können.
Wir halten es für notwendig, dass das Beamtenrecht dem Tarifrecht folgt. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der CDU und der FDP ab.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten jetzt in zweiter Lesung über den Gesetzentwurf von CDU und FDP, und wir haben die Freude, nachdem Günter Rudolph das jetzt angekündigt hat, dass wir
am Donnerstag voraussichtlich in dritter Lesung das Gleiche ritualhaft tun. Sei es drum, das ist das Recht des Parlaments, und das will ich auch gar nicht kommentieren. Ich will trotzdem gern erneut betonen, dass der Gesetzentwurf zur Besoldungsanpassung – –
Oje, ich habe noch nicht einmal fünf Sätze gesagt, und Sie regen sich schon auf. Das macht mir zwar auch Freude, aber sei es drum.
Es ist der richtige Weg, den CDU und FDP beschreiten. Es ist der richtige Weg, weil man damit dafür sorgt, dass die Besoldungsempfängerinnen und -empfänger sowie die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger strukturell an den Einkommensverbesserungen teilhaben, die im Tarifrecht vereinbart worden sind.
Ich halte es im Übrigen auch für angemessen, das herbeizuführen. Das ist ein angemessener Weg für alle Beteiligten, weil man damit zunächst einmal für die Beamtinnen und Beamten, die Richterinnen und Richter, auch für die Ruhestandsbeamtinnen und -beamten eine Einkommensverbesserung herbeiführt und gleichzeitig die öffentlichen Haushalte im Blick hat. Das ist besonders wichtig.
Deswegen ist das, was CDU und FDP vorgelegt haben, ein realistischer Gesetzentwurf und eben keine Fantasterei von der Art, wie sie von der SPD und der Linkspartei erzählt wird. Sie sitzen in der Opposition und erzählen den Leuten, das Geld wachse auf den Bäumen. Sie wissen doch, dass das vollkommener Unsinn ist.
Aber selbstverständlich. Mit der Politik, die Sie den Leuten hier vorführen, ist das so. – Deswegen gelingt gerade hiermit der Spagat zwischen einer nachhaltigen Gehaltserhöhung – das ist das, worüber wir reden – und der Rücksichtnahme auf die Finanzlage der öffentlichen Kassen.
Es wird immer die Geschichte erzählt, die Beamtenbesoldung folge hier nicht dem Tarifrecht. Natürlich ist das so. Es muss doch einen Grund dafür geben, dass die Tarifbeschäftigten in Schlangen anstehen, um Beamte zu werden, nicht umgekehrt. Es muss sich also lohnen, Beamter zu werden. Deswegen ist Ihre Argumentation schräg.
Ich sage deutlich, ich begrüße es ausdrücklich, dass die Regierungsfraktionen der Forderung nach der Einbeziehung einer sozialen Komponente nachgekommen sind – das ist auch nach meiner festen Überzeugung der richtige Weg – und beschlossen haben, dass die Beamtinnen und Beamten des einfachen, des mittleren und des gehobenen Dienstes bis zur Besoldungsgruppe A 11 eine Einmalzahlung von 360 € und die Anwärterinnen und Anwärter eine Einmalzahlung von 120 € erhalten.
Auch das will ich deutlich sagen: Ich bedanke mich bei meinem Kollegen, Herrn Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, dafür, dass er sich den Haushalt noch einmal daraufhin angeschaut und einen Weg gefunden hat, wie wir diese 10 Millionen € bereitstellen können. Wenn man sich das Gesamtergebnis anschaut, stellt man fest, dass die Besoldungsrunde 2011/2012 inklusive der Einmalzahlung das Land in den beiden Jahren rund 149 Millionen € kostet. Hinzu kommen 107 Millionen € für die Tariferhöhung. Das ist kein Pappenstiel, sondern eine finanzielle
Wenn man dabei von einer Nullrunde spricht, wie es der Abg. Rudolph manchmal macht – heute hat er es als ein „Gnadenbrot“ bezeichnet –, muss ich sagen: Ich finde, das ist ein teures Gnadenbrot. – Es ist eine etwas unseriöse Haltung, die man an den Tag legt, wenn man in diesem Zusammenhang von einem Gnadenbrot oder von einer Nullrunde spricht. Wir reden hier von riesengroßen Geldbeträgen, die den Haushalt belasten werden. Das kann sich schon sehen lassen.