Auch die Seite der Gewerkschaften in der Diskussion um die Beihilfeverordnung wird von der SPD, von Herrn Rudolph, falsch dargestellt. Das gilt nicht nur für den Deutschen Beamtenbund, sondern auch für ver.di. Ich will einmal Herrn Rothländer zitieren: Er habe den Eindruck, dass die Konsolidierung der Landeshaushalte auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgen solle. Dennoch lehne er den Verordnungsentwurf nicht im Ganzen ab. Allerdings könne er der Streichung der Sachleistungsbeihilfe nicht zustimmen.
Das ist durchaus moderat für einen ver.di-Vertreter. Das ist auch eine Beobachtung, die ich in der Diskussion hatte, von der ich mit einer positiven Tendenz nach Hause gefahren bin, weil ich mir sagte: Es ist nicht nur schwarzweiß, sondern auch die Grautöne werden gesehen.
Auch das erlaube ich mir zu zitieren: Vonseiten der Gewerkschaften wird vorgetragen, dass durch die Umstellung von familienbezogenem auf personenbezogenen Bemessungssatz in einigen Fällen im Vergleich zum alten Recht eine Besserstellung eintreten wird. Dennoch gebe es andere Fälle, in denen von einer Schlechterstellung ausgegangen werden kann.
Das heißt, der große Sachkatalog, der von den Gewerkschaften aufgestellt wurde – hochinteressant für jeden, der sich damit beschäftigt hat, Positionspapiere um Positionspapiere um Positionspapiere –, hat sich auf wenige, ganz entscheidende Punkte konzentriert, aber nicht so, wie vom Sprecher der SPD dargestellt.
Damit komme ich in der Tat zur Sachleistungsbeihilfe, die Herr Rudolph hier problematisiert hat, auch mit den Problempunkten, die dahinter stehen, dass es eben ältere Be
amte betrifft – etwa 9.000 plus 8.800 Versorgungsempfänger –, die in dem System, das sie haben, große Unbill befürchten. Auch das ist in der Diskussion in der Landespersonalkommission deutlich geworden. Herr Minister Rhein, Ihre Mitarbeiter haben das mit nach Hause genommen und gesehen, dass sie da noch einmal überlegen müssen.
Ja, den Auftrag bekommen. Aber ich gehe davon aus, dass eine Überlegung kommt. – Die ganze Diskussion ist also – egal, ob Ritual oder nicht – nicht so platt, wie sie hier geführt wird.
Vielleicht sollte ich einmal versuchen, hier das Ritual zu sprengen, damit wir bei Beamtenrecht, Tarifrecht und Beihilfeverordnung wieder auf die Sachlichkeit kommen.
Dann ist es immer gut, wenn man als gestandener Mensch sich das anschaut, was Gewerkschaften uns Parlamentariern auf den Weg gegeben haben. Ich will hier den Deutschen Beamtenbund zitieren, aber analog wäre das bei ver.di genauso gewesen. Ich habe drei Seiten aus den Papieren herausgenommen, die ich in Vorbereitung zur LPK-Diskussion und nochmals zum heutigen Tage durchgearbeitet habe. Ich muss feststellen, dass bei der geplanten Änderung der Beihilfe in Hessen aus Gewerkschaftssicht nicht nur in zwei oder drei Punkten, wie Herr Rudolph dargestellt hat, sondern in vielen einzelnen Punkten eine umfassende Besserstellung erfolgt, die ich kurz skizzieren will:
Arzneien, Verbandmittel, Hilfsmittel für Hörgeschädigte, Hilfsmittel für Perücken, Hilfsmittel für Sehhilfen. Zur zahnärztlichen Behandlung wird hier zum Teil eine Verschlechterung, zum Teil aber auch eine Verbesserung durchgeführt. Das muss man auch feststellen, Herr Rudolph. Bei der Familienhilfe ist unstreitig eine Verbesserung eingetreten. Bei Komplextherapien ist eine Verbesserung eingetreten. Bei stationärem Krankenhausaufenthalt ist mit der Erhöhung des Tagessatzes eine Verbesserung eingetreten. Bei Sanatoriumsaufenthalten, Heilkuren und Hospizaufenthalten – das ist ganz wichtig in der heutigen Zeit –, aber auch im Geburtsfall und im Trauerfall gibt es Verbesserungen zum Status quo.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich bitte bei aller Leidenschaft als Landespolitiker, die Fakten im Auge zu behalten. Ich bin zuversichtlich, dass bei der Sachleistung Überlegungen formuliert werden und man zu einem konstruktiven Punkt kommt. Ich glaube, wir nützen allen Beamten und dem öffentlichen Dienst insgesamt, dem Tarifrecht und der Beihilfeverordnung nicht, wenn wir die Rituale nach dem Motto „Die Opposition fordert, egal was es kostet, und die Regierung versucht, das Machbare zu machen, wir verteidigen die Position“ fortführen. Die Wahrheit liegt in der Grauzone, und ich glaube, die Wahrheit ist bei der Beihilfeverordnung positiver, als Sie es dargestellt haben, auch beim Tarifrecht, wo CDU und FDP sich vorgenommen haben vorwärtszugehen und nach der Anhörung festgestellt haben, dass wir nachbessern müssen, auch wenn wir nicht so weit gehen wie die GRÜNEN. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Zunächst möchte ich auf der Besuchertribüne Frau Konsulin Biljana Celik-Jeftic von der Republik Serbien herzlich begrüßen. Herzlich willkommen bei uns im Landtag.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will am Anfang auf die Ausführungen des Kollegen Blechschmidt eingehen; denn die Aufforderung zur Sachlichkeit und zur Beendigung von Ritualen höre ich sehr gerne.
Herr Kollege Blechschmidt, man muss aber immer im Hinterkopf haben, wo wir herkommen und wo wir hingehen. Diese Rituale und die Sachlichkeit, die Sie ansprechen, sind nicht da, weil Sie so vernünftig mit Beamtinnen und Beamten im Lande Hessen umgegangen sind, sondern das ist ein anderer Fall. Wir kommen von Kürzungen, die Sie über die „Operation düstere Zukunft“ vorgenommen haben. Wir kommen daher, dass Sie die 42-StundenWoche eingeführt haben, dass Sie mit großem Tamtam eine Mediatorengruppe eingerichtet haben, die die Zukunft des Dienstrechtes in Hessen erarbeiten sollte, wo Sie sich Teilbereiche herausgenommen haben, die Sie gerade regeln wollten. Andere Reformbereiche wurden nicht angegangen.
Wenn Sie also zu mehr Sachlichkeit kommen wollen und wenn Sie dazu aufrufen, Rituale zu beenden, sage ich ausdrücklich Ja dazu. Ich glaube, dass dieser Bereich es verdient, dass wir eine Debatte darüber führen, wie wir das Dienstrecht und das Beamtentum zukunftsfähig bekommen. Das wäre aller Mühen wert.
Aber leider haben Sie diese Debatte versäumt. Leider haben Sie nicht das getan, was der ehemalige Ministerpräsident Koch eigentlich vorhatte: über die Mediatorengruppe eine große gesellschaftliche Debatte zu initiieren und dann zu einer Diskussion und einer Beschlussfassung im Landtag zu kommen. Das haben Sie leider versäumt. Das muss man in Ihre Richtung leider sagen.
Was Rituale angeht – Sie wissen, dass wir einen eigenen Vorschlag eingebracht haben, was die Besoldung angeht –, bin ich sehr dafür, sie zu beenden, Herr Kollege Blechschmidt. Aber ich möchte Sie bitten, ehrlich auf die Frage zu antworten: Was wäre hier im Landtag los, wenn eine andere Landesregierung einen solchen Vorschlag für die Besoldung vorlegen würde? Würden Sie dann auch sagen, dass das, was Sie dann machen würden, Rituale sind? Würden Sie sich hierhin stellen und konstruktive Vorschläge machen? Oder würden Sie hier nicht auch auf Opposition machen, wie das von Teilen des Hauses, SPD und LINKEN, gemacht wird? Wer also will, dass Rituale beendet werden, der muss bei sich selbst anfangen, Herr Kollege Blechschmidt, und das sehe ich bei Ihnen leider noch nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir an, wo wir hergekommen sind. Sie haben einen Gesetz
entwurf zur Besoldungserhöhung vorgelegt, der – das haben wir schon bei der Einbringungsrede gesagt – eine klare soziale Schieflage, eine klare Unwucht hatte. Sie wollten keine Einmalzahlung von 360 € leisten. Sie wollten für die Anwärterinnen und Anwärter die 120 € nicht bezahlen. Sie wollten die vorgesehenen prozentualen Erhöhungen im ersten Jahr um sechs Monate und im zweiten Jahr um sieben Monate schieben. Sie wollten also nicht das tun, was der Innenminister eigentlich angekündigt hat, nämlich die Erhöhungen übernehmen, die im Tarifbereich abgeschlossen worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man muss doch einmal eines zur Kenntnis nehmen: Es gibt bei uns nicht nur die Beamtinnen und Beamten, die viel verdienen, die Gutverdiener sind, sondern wir haben auch eine Anzahl von Beamtinnen und Beamten, die im mittleren und im einfachen Dienst arbeiten. Gerade für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Einmalzahlungen von 360 € sehr viel Geld. Deswegen war der Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben, mit einer sozialen Schieflage und einer Unwucht versehen.
Ich will noch einmal ein Beispiel anführen. Für einen Beamten in der Besoldungsgruppe A 6, der im Durchschnitt 2.300 € verdient, sind 360 € viel Geld. Für einen Beamten, der in B 6 eingruppiert ist, sind bei einem durchschnittlichen Gehalt von über 8.000 € 360 € eher wenig. Von daher gesehen, haben wir einen Vorschlag gemacht, der beides in den Blick nimmt: auf der einen Seite die mittleren und unteren Einkommensgruppen finanziell besserzustellen und auf der anderen Seite zu sagen, die, die gute Gehälter bekommen, können angesichts der Lage des Haushalts etwas länger warten.
Das ist auch der Appell, irgendwann zu einer Diskussion über eine Dienstrechtsreform zu kommen. Wir sollten uns eigentlich einig sein, dass wir den einfachen Dienst abschaffen. Das betrifft noch über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich glaube, der „einfache Dienst“ hat sich überlebt. Wir sollten ihn in der nächsten Runde der Dienstrechtsreform endlich abschaffen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den mittleren Dienst überführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine verantwortungsvolle Oppositionspolitik, wie wir sie verstehen, hat an der Stelle zum Inhalt, zu versuchen, zwei Dinge miteinander in Einklang zu bringen: Auf der einen Seite sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Einkommensentwicklung teilhaben. Auf der anderen Seite dürfen wir die Haushaltslage des Landes und der Kommunen natürlich nicht aus dem Blick lassen.
Ich will Ihnen ein paar Parameter zum Haushalt nennen, damit man sieht, dass wir es uns nicht leicht gemacht haben. Wenn man einen solchen Vorschlag macht, darf man nicht sagen: Wir nehmen den Haushalt des Landes Hessen aus dem Blick. – Die Verschuldung des Landes liegt bei über 40 Milliarden €. Wir geben allein für Zinsen 1,5 Milliarden € aus. Die Nettoneuverschuldung beträgt in diesem Jahr über 2 Milliarden €, obwohl wir gute Wirtschaftsdaten haben. Wir haben Personalausgaben in Höhe von 7,8 Milliarden €. Sie steigen bis 2015 auf 8,33 Milliarden €.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man sich diese Zahlen vergegenwärtigt und weiß, dass – je nachdem, wie es gerechnet wird – zwischen 40 und 45 % des
Haushalts Personalkosten sind, dann darf man nicht einfach beschließen, 180 Millionen € mehr auszugeben, wenn man den Haushalt ordentlich im Blick haben und Verantwortung für zukünftige Generationen wahrnehmen will. Von daher war ein ausgewogener Vorschlag gefordert – ich glaube, das haben wir als Fraktion auch erfüllt –, der sowohl den Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht wird als auch den Haushalt im Blick hat.
Man darf nämlich die Zukunft der nächsten Generationen nicht verfrühstücken. Da unterscheiden wir uns ausdrücklich von den Kolleginnen und Kollegen anderer Fraktionen im Hause. Man darf nicht einfach per Beschluss 180 Millionen € mehr ausgeben, ohne zu sagen – das betone ich –, wo diese 180 Millionen € herkommen.
Unser Vorschlag, die Einmalzahlung für alle Beamtinnen und Beamten zu gewähren und die prozentuale Erhöhung für den einfachen und mittleren Dienst vorzuziehen und 2012 auch für den gehobenen Dienst einen Monat vorzuziehen, verursacht Kosten in einer Größenordnung von 39 Millionen €. Wir haben aber Vorschläge gemacht, wie man diese 39 Millionen € erbringen kann, nämlich durch Änderungen im Bereich der Beihilfe. Das sind übrigens keine Vorschläge, die wir zum ersten Mal machen, sondern wir legen schon seit drei Haushaltsberatungen Vorschläge vor, wie man die hessischen Bestimmungen für die Beihilfe an die anderer Bundesländer bzw. an die Verordnung des Bundes angleichen kann.
Wir haben gesagt, bei der Chefarztbehandlung kann man etwas machen. Die muss auch ein gesetzlich Versicherter extra absichern. Das gilt auch für den Anspruch auf Unterbringung in einem Zweibettzimmer. Den muss ein gesetzlich Versicherter zusätzlich absichern. Ich meine in dem Zusammenhang aber auch die absurde Situation, dass es vorkommen kann, dass die Leistungen aus der Beihilfe und die Erstattungen durch die PKV zusammen 105 % einer zu bezahlenden Rechnung ausmachen. Alle diese Dinge müssen auf den Prüfstand. Dazu haben wir Vorschläge gemacht. Wir haben uns eben nicht hinter die Fichte verkrochen, sondern wir haben ganz klar gesagt, wo wir das Geld hernehmen wollen.
Ich denke, dass man eine Diskussion darüber führen sollte – die Kolleginnen und Kollegen der SPD haben das ja beantragt –, dass im Bereich der Beihilfe zum Teil Leistungen erbracht werden – teilweise mehr, teilweise weniger –, die sich von den Vorgaben in anderen Landesbeihilfeverordnungen und in der Bundesbeihilfeverordnung unterscheiden. Ich bin sehr für eine solche Diskussion. Aber wenn Sie vorschlagen, die Zahlungen an Beamte, die in einer gesetzlichen Krankenversicherung sind, neu zu ordnen, dann treffen Sie wirklich die, die sich nicht mehr entscheiden können, ob sie von der gesetzlichen in die private Versicherung wechseln. Das sind über 8.000 Versorgungsempfänger. Für die würde das eine erhebliche Mehrbelastung bedeuten. Es würde auch über 8.000 Beamte treffen, die noch im aktiven Dienst sind.
Deshalb plädieren wir an diesem Punkt dafür und haben in der Landespersonalkommission dafür geworben, dass man das an das Ministerium zurückgibt und noch einmal überprüft. Eine solche Änderung kann man den Leuten nämlich nicht von heute auf morgen zumuten. Da braucht man lange Übergangsfristen, da braucht man Auslauffristen. Unser Vorschlag wäre, dass in dieses System keine
Von daher sage ich: Über die Beihilfe kann man mit uns durchaus diskutieren. Ich finde es aber schon eine ziemliche Chuzpe, wenn sich der Kollege Rentsch und der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in eine Pressekonferenz setzen und zu unserem Vorschlag sagen, das, was wir im Bereich der Beamtenbesoldung vorlegen, sei ein Täuschungsmanöver, weil wir das schließlich über die Beihilfe zurückholen würden.
Ich bin gleich fertig. – Sie haben gesagt, das sei ein Täuschungsmanöver. Es ist in der Tat ein Täuschungsmanöver von Ihrer Seite, weil Sie im Gegensatz zu uns einen wesentlich umfangreicheren Änderungskatalog im Bereich der Beihilfe vorgelegt haben, als wir das jemals getan haben. Sie haben auf Nachfragen von Journalisten gesagt, Sie planten keine Änderung. In der Tat war das das Gegenteil der Wahrheit. Die Landesregierung hat nämlich schon vor längerer Zeit der Landespersonalkommission Vorschläge für eine Änderung vorgelegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen Vorschlag vorgelegt, der sowohl die Einkommensentwicklung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Lage des Haushalts des Landes Hessen im Blick hat. Von daher gesehen glaube ich, unser Vorschlag ist der bessere, der ausgewogenere, der sozial machbarere. Es tut mir sehr leid, dass Sie unseren Vorschlag im Innenausschuss abgelehnt haben. Wenn das in der dritten Lesung auch so läuft, dann werden wir Ihrem Gesetzentwurf die Zustimmung nicht geben können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits im März haben wir während der laufenden Tarifverhandlungen zum TV-H im Landtag über die Tarif- und Besoldungsrunde 2011 beraten. Dieser Debatte lag die gewerkschaftliche Forderung zugrunde, wie sie z. B. dem Schreiben von ver.di vom 16. Dezember 2010 an den Innenminister zum Ausdruck kam. Schon in der Überschrift sprach ver.di seinerzeit von „Forderungen zur Tarif- und Besoldungsrunde 2011“ und stellte damit klar, dass trotz unterschiedlicher rechtlicher Grundlagen die verhandelnden Gewerkschaften die Übertragung des Tarifergebnisses auch auf die Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen zum Ziel hatten und haben.
Zu Beginn der Tarifverhandlungen schrieb ver.di in einer Presseerklärung vom 9. Februar 2011 – ich zitiere –: