Stattdessen verschärfen Sie die Finanzprobleme der Kommunen sogar noch mehr, indem Sie nun auch noch die Kassenkredite der Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörden unterwerfen wollen. Sie ignorieren damit vollkommen, wozu Kassenkredite gedacht sind. Die kurzfristige Überbrückung von Liquiditätsengpässen kann nicht durch einen Gang zur Aufsichtsbehörde gesichert werden.
Die starke Steigerung der Kassenkredite sollte Ihnen eigentlich zu denken geben; denn sie ist das Symptom Ihrer verfehlten kommunalen Finanzpolitik. Beseitigen Sie endlich die Ursachen der Finanznot der Kommunen, erhöhen Sie die Steuereinnahmen bei den Reichen – nur damit können Sie die steigende Inanspruchnahme von Kassenkrediten tatsächlich wirksam bekämpfen.
Meine Damen und Herren, die drei Hauptkritikpunkte, die die Sachverständigen bei der Anhörung zur HGO und HKO vorgetragen hatten, waren die fehlende wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, die Genehmigungspflicht von Kassenkrediten und – last, but not least – die
bloß scheinbare Auswirkung direkter Demokratie auf kommunaler Ebene. Und woran haben Sie mit Ihrem Gesetzentwurf nichts geändert? – An genau diesen drei Hauptpunkten. Sie schlagen die Bedenken und Warnungen der Kommunalen Spitzenverbände, des VKU, der AGAH, der Gewerkschaften und von Mehr Demokratie weiter in den Wind.
Wir haben zwei gute und in sich logische Gesetzentwürfe zur Hessischen Gemeindeordnung und zur Landkreisordnung vorgelegt,
die auch unter den Sachverständigen – sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Anhörung – auf viele positive Reaktionen stießen, Herr Frömmrich.
Während sich die SPD offenbar davon beeindruckt zeigte und zumindest bei einigen Punkten bereit war, unsere Forderungen zu übernehmen, bleiben CDU und FDP ihrer Linie – wozu braucht es Sachverständige, solange wir hier das Sagen haben – treu.
So zerstören Sie mit Ihrer Arroganz der Macht immer weiter die kommunale Selbstverwaltung, meine Damen und Herren.
Noch bleibt Zeit, einige Punkte zu ändern. Wir fordern Sie auf: Räumen Sie den Kommunen die Möglichkeit wirtschaftlicher Betätigung in allen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge ein. Sorgen Sie dafür, dass die Menschen vor Ort wirklich direktdemokratisch mitentscheiden können. Nehmen Sie die Genehmigungspflicht für Kassenkredite zurück, und sorgen Sie für 100-prozentigen finanziellen Ausgleich bei der Aufgabenerledigung für die Kommunen. Das ist das Mindeste, was Sie den Menschen in Gemeinden, Städten und Kreisen schuldig sind.
Deswegen beantrage ich formal auch für unsere beiden Gesetzentwürfe – damit wir noch einmal darüber nachdenken und diskutieren können – die dritte Lesung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich nur kurz zu den Punkten äußern, die nicht im Gesetzentwurf stehen, die aber vom Kollegen Bauer schon angesprochen wurden. Wir haben fast ein Jahr lang über die Gemeindeordnung geredet. Wir haben im Energiegipfel sieben Monate über die Frage geredet, wie wir die Energiewende auch in Hessen hinbekommen. Allen war immer klar, dass die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in der Energiefrage eines der ungelösten Probleme für eine Energiewende ist.
Liebe Kollegen von den Mehrheitsfraktionen, ich finde es, mit Verlaub ein bisschen ärmlich, wenn wir nach sieben Monaten Diskussion im Energiegipfel und nach soundso
vielen Diskussionen hier im Parlament jetzt in der zweiten Lesung sind, und es liegt weiterhin nichts auf dem Tisch.
Wir haben unterschiedliche Meinungen zur Frage der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen. Wir haben sogar unterschiedliche Meinungen zur Frage, wie weit ihre Rolle in der Wirtschaft gehen soll. Aber wir haben uns letzte Woche alle miteinander wenigstens auf etwas einigen können, dass nämlich die Kommunen bei der Umsetzung der Energiewende eine wesentliche Rolle brauchen, was gerade die wirtschaftliche Akzeptanz angeht, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Energieanlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien einer der Schlüssel für Akzeptanz ist. Dafür brauchen wir die Kommunen.
Deswegen müssen wir auch den § 121 der Hessischen Gemeindeordnung ändern. Ich sage Ihnen jetzt sehr konkret: Wir haben doch heute Abend schon die Sitzung des Innenausschusses. Wir haben eine HGO, die leider – sage ich – wie alle anderen Gesetze auch in einem Befristungswahn befristet worden ist. Das heißt, am 31.12. würde diese Hessische Gemeindeordnung komplett außer Kraft treten, wenn wir nicht im Dezember die dritte Lesung machen wollen. Ich sage Ihnen, dass das, was Sie uns letzte Woche vorgelegt haben, als Vorschlag an bestimmten Teilen hoch problematisch ist,
wie Sie an den Reaktionen von Stadtwerken, von Rechtsanwälten, die sich mit dieser Sache auskennen, von bestimmten Kanzleien, die darauf spezialisiert sind, auch gesehen haben. Deswegen bitte ich an diesem Punkt sehr eindringlich darum, dass Sie als Mehrheit schnell etwas auf den Tisch legen, was wir dann von Sachverständigen begutachten lassen können, weil wir – übrigens alle miteinander – kein Interesse daran haben können, am Ende im Schweinsgalopp eine Änderung der Gemeindeordnung zu machen, die im Zweifel Rückwirkung auch auf das hat, was vor 2004 schon passiert ist, die Rückwirkung auf die großen Versorger hat, was z. B. dafür sorgen könnte, dass die sich nicht mehr an Offshoreprojekten beteiligen könnten, was an anderer Stelle dieses Energiegipfels ausdrücklich gewünscht ist.
Deswegen an diesem Punkt: Man hätte es sehr viel einfacher haben können. Es gab einen Änderungsantrag meiner Fraktion, der sich ausdrücklich nur auf den Bereich Energie und Breitband fokussiert und besagt hat, in diesem Bereich öffnen wir. Darauf müssten wir uns doch eigentlich alle einigen können.
Der hat auch klare Bedingungen gestellt, dass nämlich ein solches Engagement im Energiebereich natürlich im angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen muss, damit sich keiner überhebt, und das, wenn man sich im Ausland beteiligt, unter Genehmigungsvorbehalt steht, damit sich auch da keiner überhebt.
Deswegen bitte ich vor allem die Vertreterinnen und Vertreter der FDP darum, einmal die Angstbeißerei sein zu
lassen. Wir waren im Energiegipfel immer dann gut, wenn wir uns mit der Sache beschäftigt haben. Die Ergebnisse wurden immer dann schlecht, wenn Ideologie ins Spiel kam. Wenn es uns in den nächsten drei Wochen gelingen sollte, uns endlich einmal wieder mit der Sache zu beschäftigen, dann müsste eigentlich eine gute Regelung herauskommen.
Deswegen hoffe ich, dass wir uns noch schnellstmöglich bewegen können. Auch ich beantrage die dritte Lesung des Gesetzentwurfs und freue mich, dass Ellen Enslin noch über das reden wird, was in diesem Gesetzentwurf falsch steht. Ich habe jetzt nur über das geredet, was leider nicht darin steht.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Angstbeißerei – ja, Herr Al-Wazir, lassen Sie die Angstbeißerei. Wir haben einen Kompromiss vorgelegt. Den können Sie bewerten, wie Sie wollen. Aber bei dem Kompromiss haben Sie Angst, zu springen und entsprechend vorwärtszugehen. Die FDP hat sich das wohl überlegt. Wir haben unsere eigene Auffassung zu § 121: privat vor Staat. Wir sind im Kompromiss zum Energiegipfel einen Schritt weitergegangen. Was soll die Angstbeißerei von Ihnen? Hören Sie doch mit diesen Plakaten auf, die Sie hier hochhalten, und schauen Sie einmal auf sich.
§ 121 ist eine Kompromissformel. Schauen Sie sich den an. Wir gehen den Weg. Gehen Sie den mit. Das ist von uns gewollt. Unsere Auffassung zu § 121 steht. Im Übrigen steht heute viel mehr auf der Tagesordnung als nur der § 121. Herr Schaus hat nämlich zu Recht gesagt, vor einem Jahr haben wir die Diskussion begonnen. Wir diskutieren seit einem Jahr über die HGO- und HKO-Novelle. Dank an die Fraktionen der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD, dass sie die Möglichkeit eingeräumt haben, dass wir heute umfänglich über die HGO diskutieren können.
Herr Schaus, wir haben schon vor einem Jahr über den Gesetzentwurf diskutiert und in großem Einvernehmen das festgestellt, was wir im Innenausschuss festgestellt haben. Herr Frömmrich, es ist hanebüchen, was Sie von uns erwarten. Welche Vorstellungen Sie haben,
das ist im Übrigen bar jeder Praxisrelevanz. Wenn Sie hier die Kassenkredite anführen, ist es genau das Beispiel, an das ich mich erinnert habe, als ich vor einem Jahr als Kommunalpolitiker, der länger als 2006, wie Sie das von den LINKEN angeführt haben, kommunalpolitische Verantwortlichkeit hatte, eben wegen der Kassenkredite gesagt habe: Wir müssen hier diskutieren. Theorie und Praxis gehen weit auseinander.
Wenn Frau Faeser das heute in der Diskussion wieder anführt, macht mich das umso betroffener. Aber es war Einvernehmen in diesem Haus, dass gerade der Gesichts
punkt der Kassenkredite ein wesentlicher Gesichtspunkt ist, wo wir sagen, dieser Gesetzentwurf von der LINKEN – HGO oder HKO – ist so was von hanebüchen, dass er keinen Konsens in diesem Hause über die Fraktion der LINKEN hinaus finden wird.
Die dritte Lesung ist jetzt dreifach beantragt, das finde ich toll. Wenn von unterschiedlichen Fraktionen dreifach etwas beantragt ist, mache ich jetzt nicht den Vierten daraus. Ich halte heute fest, dass wir in der zweiten Lesung einen Gesetzentwurf der Regierungskoalition von CDU und FDP auf den Weg bringen, der zahlreiche Änderungen für die kommunale Praxis aufzeigt, die – Herr Al-Wazir, das tut mir auch leid – einfach nicht wegdiskutiert werden können. Die müssen heute auch diskutiert werden, weil das für die HGO und die HKO wirklich Punkte sind, wo wir von CDU und FDP auch unterschiedlicher Auffassung sind und gleichwohl darüber diskutiert haben, wo wir den Akzent setzen.
Wir sind in der Tat – Frau Faeser hat das inhaltlich aufbereitet – anderer Auffassung, meinen allerdings, dass Bürgernähe und die Beteiligung der Menschen von uns auch im Wort und in der Tat geführt werden. Wir stellen hier fest, dass Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Es ist auch richtig, heute unter dem Gesichtspunkt HGO und HKO einmal zu beleuchten. Zum § 121 komme ich zum Schluss gleichwohl.
Was wird denn heute im Gesetzentwurf diskutiert? – Herr Bauer hat das einführend gemacht. Ich erlaube mir, die einzelnen Punkte noch einmal aufzuführen, weil die am heutigen Tage nicht untergehen sollen. Und ich meine, dass wir gerade für jemanden, der Kommunalpolitik gestaltet, sehr wesentliche Änderungen einbringen und beschlossen haben wollen, damit Kommunalpolitik vor Ort funktioniert. Damit sollen auch die kommunalen Finanzen – Gesichtspunkt Kassenkredite – besser zum Tragen kommen und positiver gestaltet werden können.
Erstens. Die Gemeinden erhalten die Möglichkeit, Entscheidungen über Gemeindepositionen durch die Bevölkerung im Wege eines Ratsbegehrens treffen zu lassen. Damit wird ein Vorhaben zur Bürgerbeteiligung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Herr Bauer hat das schon erwähnt.
Zweitens. Gemäß Koalitionsvereinbarung werden die Quoren für Bürgerbegehren deutlich herabgesetzt und formale Vereinfachungen vorgenommen, so z. B. nachträgliche Heilung von Mängeln. In der Bauleitplanung ist aus Gründen der praktischen Relevanz nur noch der Aufstellungsbeschluss per Bürgerbegehren angreifbar.
Drittens. Berühmt-berüchtigt: Die Kassenkredite sind wieder genehmigungsbedürftig. Hierbei ist aber zu beachten, dass notwendige Kassenkredite selbstverständlich durch die Kommunalaufsicht genehmigungsfähig bleiben. Hierdurch soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass Gemeinden Kassenkredite zur langfristigen Finanzierung nutzen. Auf diesen Punkt sind wir mehrfach eingegangen.
Viertens. § 58 HGO: E-Mails werden für interne Behördenkommunikation nutzbar. Weiter gehende Abweichungen von der Schriftform aus Praktikabilitätsgründen sind möglich.
Fünftens. Herr Rudolph, das haben wir im Ausschuss diskutiert. Das war ein Diskurs, den wir beide hatten. Es besteht eine Möglichkeit für das Misstrauensvotum von Bürgermeistern und Landräten. Hier wird eine Möglich
keit geschaffen, bei fehlender Vertrauensstellung in den Ruhestand zu gehen. Wir sehen hier eine Notwendigkeit. Wir haben hier einen Vorschlag unterbreitet. Wir meinen, dass dieser praktikabel ist