Zunächst musste eine zweite Staatssekretärsstelle geschaffen werden, die jährlich allein knapp 160.000 c kostet, ohne die zusätzlichen Kosten der Entourage, die man noch dazurechnen müsste.
Meine Damen und Herren, der Grund für diese Mehrausgaben liegt gewiss nicht in der qualitativen Verbesserung der hessischen Europapolitik. Es ging vielleicht noch um Koalitionsarithmetik, weil sich die CDU bei den Verhandlungen dieses Mal offensichtlich mehrfach schwer verrechnete, aber es ging wohl vor allem um den inneren Frieden in der FDP-Fraktion.Die Herren wollten dort lieber unter sich sein, zumindest hätten sie eine permanente Auseinandersetzung über die Frage,warum eine Dame etwas geworden ist, die andere aber nicht, auf Dauer kaum ertragen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Judith Lannert (CDU): Was reden Sie da eigentlich? Das ist am Thema vorbei!)
So nahm man die zusätzlichen Kosten auf die leichte Schulter. Hauptsache, man konnte am Ende einen Zickenkrieg vermeiden und seine Ruhe sichern. Schließlich zahlt dies ja großzügig der Steuerzahler.
Meine Damen und Herren, so etwas gab es in der Politik schon öfter. Das trägt allerdings nicht zur Popularität von Politik bei.Völlig inakzeptabel ist aber die Art und Weise, wie das so wichtige Thema Integration als politische Aufgabe von der Koalition bereits kaputt gemacht wurde, bevor auch nur ein einziger neuer inhaltlicher Impuls gesetzt werden konnte.
Ich will hier gar nicht der Frage nachgehen, warum ausgerechnet das Justizministerium als geeignet angesehen wurde, sich um diesen viel zu lange vernachlässigten Bereich zu kümmern. Aber ich trage Ihnen einige interessante Daten vor.Aus dem Bereich des früheren Sozialministeriums sind Fördermittel –
Herr Dr.Arnold, wir sind mitten im Haushalt – in Höhe von also rund 1.085.000 c, 1,08 Millionen c, und aus dem Bereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung sind rund 60.000 c in das neue Ministerium übertragen worden. Hinzu kommen fünf Planstellen für Beamte aus dem Sozialministerium. Neu geschaffen werden aber insgesamt zwölf Planstellen für Beamte, beginnend mit der Stelle für einen Ministerialdirigenten und dann die Leiter runter. Die zusätzlichen Kosten allein dieser neuen Planstellen betragen nach der aktuellen Veranschlagungstabelle mehr als 1,08 Millionen c, also bereits deutlich mehr, als an Fördermitteln aus dem Sozialbereich für die Aufgaben der Integration insgesamt zur Verfügung stehen. Hinzu kommen noch einmal die Kosten der umgesetzten Stellen. Das sind auch 445.000 c im Jahr. Die Kosten der Sonstigen, der Angestellten habe ich jetzt gar nicht mitbewertet, diese dürfen Sie noch gerne hinzurechnen.
Meine Damen und Herren,es wird doch deutlich,dass das Thema Integration vor allem verwaltet, aber nicht gestaltet werden soll, weil eine Anhebung etwa der Sach- und Fördermittel im Haushalt nicht zu finden ist.
Meine Damen und Herren, wer so, wie an diesem Beispiel gezeigt, mit dem Thema Integration umgeht, der sollte es lieber lassen. Wir brauchen an erster Stelle keine neuen hoch dotierten Beamtenstellen – für Parteigänger der FDP im Justizministerium gleich im Dutzend –, sondern wir brauchen einen Perspektivwechsel in der Integrationspolitik, eine Partizipation von Menschen und Organisationen aus dem Migrationsbereich und mehr Möglichkeiten für die Förderung von Initiativen und Dialogen. Das ist es, was wir brauchen.
Wir sollten auch die fachpolitische Debatte an anderer Stelle führen. Ich will Ihnen aber mit Nachdruck zu bedenken geben, dass Sie mit dieser Vorgehensweise der Integration als Aufgabe für Hessen mehr schaden als nutzen werden.
Meine Damen und Herren, überhaupt gibt der Haushalt in allen Einzelplänen das wieder, was auch schon aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vor gut zwei Monaten zäh heraustropfte: Unambitioniertheit überall, trostlose Langeweile, immer öfter Versorgungsmentalität für die eigenen Parteigänger, statt Aufbruch zu neuen Ufern. Wenn man das mit den Wahlprogrammen vergleicht, dann kann man sich nur noch wundern. Wie propagierte die FDP doch einst? – „Unser Wort gilt!“
Unter genau diesem Slogan und dem Bild des Kollegen Krüger lesen wir in dem Programmabschnitt mit der Überschrift „Verantwortliche Haushaltspolitik“ – ich zitiere –:
Wir dürfen nicht auf Kosten unserer Kinder leben, indem wir ihnen unsere Schulden hinterlassen. Das bedeutet für die hessische Haushaltspolitik erstens: Verlässlichkeit; die Ausgaben richten sich nach den Einnahmen. Zweitens: Nachhaltigkeit; die Nettoneuverschuldung wird gestoppt,und zwar möglichst ab dem Jahr 2011. Drittens: Zielgenauigkeit; die Kernaufgaben des Landes werden definiert und eingegrenzt.
Meine Damen und Herren, wenn bei der FDP das Wort tatsächlich noch gilt, dann können wir uns ja gemeinsam auf viele spannende Änderungsanträge zu diesem Haushaltsentwurf freuen. Dann wird die weimarsche Vorlage so nicht bleiben können, wie sie ist. Denn dieser Haushalt 2009 ist für die FDP und ihre Versprechen die Nagelprobe, was jetzt wirklich gilt.
Meine Herren von der FDP, ich rate Ihnen – ich habe ja auch schon ein bisschen politische Erfahrung –:Halten Sie Wort. Ich sage Ihnen, im Sinne Ihrer eigenen, so von Ihnen genannten verantwortlichen Haushaltspolitik können Sie mit Karlheinz Weimar und der CDU nicht rechnen. Aber wenn Sie wirklich Wort halten wollen, dann mit uns. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Blum zu Wort gemeldet.
Herr Kaufmann, ich weiß nicht, ob ich für Ihre kurzen Ausführungen, über das, was sich Ihrer Meinung nach bei innerparteilichen und innerfraktionellen Vorgängen meiner Partei abspielt,dankbar oder in der Tat doch verärgert sein soll. Ich sage Ihnen an dieser Stelle – wegen der Zeit in aller Kürze – Folgendes:
Erstens. Herr Kollege Kaufmann, ich erachte es für ein Unding, dass Sie Frau Staatssekretärin Beer und Frau Staatsministerin Henzler bei Ihren Ausführungen in diesem Haus als Zicken bezeichnen.
Ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen. Nichtsdestotrotz bin ich Ihnen dafür ein Stück weit natürlich auch dankbar; denn, Herr Kollege Kaufmann, eines sage ich Ihnen ganz deutlich: Wer sich so über weibliche Mitglieder anderer Parteien und Fraktionen äußert, hat mit Sicherheit jeglichen moralischen Anspruch darauf verwirkt, sich in irgendeiner Form darüber zu äußern, ob, in welcher Funktion und in welcher Anzahl Frauen in der Fraktion und der Partei der FDP vertreten sind. Herr Kollege Kaufmann, daran werden wir Sie ab heute erinnern.
Vielen Dank, Herr Kollege Blum. – Nächster in der Rednerreihenfolge ist Herr Kollege Willi van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin manchmal über die Lernfähigkeit, die man hier im Hause erlebt, dann doch erstaunt. Dass die offenbare Staatsferne der FDP, wenn es um Stellenbesetzungsfragen in hoch dotierten Ämtern geht, in Staatsnähe – –
Herr van Ooyen, bitte entschuldigen Sie ganz kurz. – Wir haben hier bislang eigentlich eine sehr ruhige und aufmerksame Debatte erlebt. Das ist immerhin die Haushaltseinbringung. Ich würde bitten, dass wir in genau dieser Ruhe fortfahren. Herr Kollege van Ooyen hat das Wort. Alle anderen bitte ich, ruhig zu sein oder den Saal zu verlassen. Herzlichen Dank.
Vielen Dank.– Die Staatsferne der FDP wird bei den Stellenbesetzungen in den Ministerien ziemlich deutlich umgekehrt in eine Staatsnähe,wenn es um das Geldausgeben für die eigene Klientel geht.
(Beifall bei der LINKEN – Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU): Sie müssen für jeden Arbeitsplatz dankbar sein!)
Wir kommen darauf zurück. Arbeitsplätze kann man überall schaffen, vor allem für Menschen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind.
Ich habe heute aber noch eine andere Überraschung erlebt, nämlich dass es doch so etwas wie eine Krise gibt. Herr Weimar hat die Rede zum Haushalt sehr nachdenklich begonnen und hat gesagt: „Diese tiefe Krise …“ Vor gut einem Monat hatten wir als LINKE eine Aktuelle Stunde über die Krise beantragt. Die Regierungsparteien wussten damals nicht, welche Krise gemeint war. Herr Grüttner hat an Kickers Offenbach oder Eintracht Frankfurt gedacht.
Eintracht Frankfurt nicht, aber Kickers Offenbach wahrscheinlich doch. Sie sind ablenkend ins Spiel gebracht worden.
„Was für eine Krise?“, fragten FDP und CDU gemeinsam. Dabei ist den Menschen im Land klar: Es handelt sich um die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seit den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts.Millionen Menschen fürchten um ihren Arbeitsplatz, um ihre Ersparnisse und um ihre Zukunft. Davon ist in dem nunmehr vorgelegten Haushaltsentwurf nichts zu spüren.
Der Haushalt, den die Landesregierung heute einbringt, ist ein Haushalt der Zementierung sozialer Ungleichheit und des neoliberalen Privatisierungswahns. Er ist ein Haushalt der Solidarität mit den Reichen und Vermögenden, der auf den dünnen Beinen der Trickserei und der Mogelei steht. Darauf wurde hier schon in mehreren Reden hingewiesen.Ich will nur an die kreative Buchführung erinnern, die mit der Vokabel Vorsorgeprämie daherkommt.
Das Markenzeichen dieser Landesregierung ist nicht die antizyklische Politik, sondern die Fortführung gescheiterter neoliberaler Ideologien, von Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau im zarten Mantel keynesianischer Ankündigungsrhetorik. Das ist halt die weimarsche Nebelkerzentaktik: immer das Gegenteil von dem anzukündigen, was Sie gerade tun. In Zeiten guter Einnahmeentwicklung haben Sie weiterhin Schulden gemacht und auf der Bundesebene und in der Öffentlichkeit den Sparminister gegeben. Gleichzeitig haben Sie den Neiddebatten gegenüber den Nehmerländern des Länderfinanzausgleichs Zucker gegeben.
Während wir in Zeiten wie diesen noch über antizyklische Politik diskutieren, bereiten Sie mit Ihrer Haushaltsplanung das nächste Fiasko vor. In den Hinterstuben wird sicherlich die nächste „Operation düstere Zukunft“ geplant.
Na ja, über die düstere Zukunft kann man nachdenken. Ich denke, wir kommen nachher darauf zurück. Es geht darum, dass das, was 2003 als Vorlage angedacht war, im Grunde genommen durchaus wieder für 2010/2011 als Schattenspiel hervorgeholt werden kann.
Es wird darüber nachgedacht, welches Tafelsilber noch zugunsten der Profitmärkte und zulasten der Allgemeinheit verschleudert werden kann. Diese Politik der staatlichen Ausplünderung tragen wir nicht mit.
Herr Finanzminister Weimar, wenn Sie bei der Verkündigung des Haushaltsentwurfs jetzt angeben, dass Sie zusätzliches Personal, beispielsweise im Polizeidienst, einstellen, dann kann ich Ihnen nur entgegnen, dass die Einstellung von 150 Wachpolizisten und die Beibehaltung der Ausbildungsquote bei der Polizei die Auswirkungen Ihrer Rotstiftpolitik nicht wiedergutmacht.Wenn Sie den ersten Schritt, die von uns allen im Hause unterstützte Einstellung von 1.000 zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern und die Erhöhung der Referendarstellen, als bildungspolitisches Highlight feiern, dann möge Ihnen gesagt sein, dass dies a) nur ein erster Schritt sein kann, b) momentan ein Tropfen auf den heißen Stein ist und c) ohne eine Reform des überholten und unsozialen dreigliedrigen Schulsystems nur Stückwerk bleiben wird.
Wenn Sie jetzt auch noch von einem souveränen Staat als antizyklischem Akteur reden, dabei zeitgleich die Privatisierung im Bildungsbereich durch staatliche Förderung von Eliteschmieden wie der EBS ausweiten, Public-Private-Partnership-Projekte trotz gestiegener Bedenken fortführen und dann noch in der Zeit der größten Nettokreditaufnahme in Höhe von 2,5 Milliarden c das Neuverschuldungsverbot in der Verfassung des Bundes und Hessens festschreiben wollen, dann sparen und privatisieren Sie das hessische Gemeinwesen zugrunde.