Protokoll der Sitzung vom 02.02.2012

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Für die Landesregierung hat sich jetzt Herr Staatsminister Hahn zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass wir mindestens schon zweimal in diesem Hause über das Thema Finanztransaktionssteuer gesprochen haben. Wir haben beim letzten Mal das Thema aufgerufen im Zusammenhang mit Finanzierungsproblemen, die die Europäische Union hat. Es ist von einigen von Ihnen aufgegriffen worden, dass die Europäische Union in der Finanzplanung schon für dieses oder das nächste Jahr, 2012/2013, den Vorschlag unterbreitet hat, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen.

Ich möchte, damit keinerlei falsche Überlegungen in diesem Raum bestehen bleiben, darauf hinweisen: Die Motivation der Europäischen Kommission, das Thema Finanztransaktionssteuer auf die Tagesordnung zu setzen, war keine regulierende, sondern die Motivation der Europäischen Kommission, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen, war eine schlicht fiskalische.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Europäische Kommission möchte ein eigenes Heberecht haben, und dazu hat sie sich die Finanztransaktionssteuer ausgesucht. Ich weise deshalb darauf hin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, weil ich das Gefühl habe, dass wir hier viele Dinge in der Debatte – auch leider heute wieder – vermischen.

Deshalb lassen Sie mich in drei kurzen Punkten die Auffassung der Hessischen Landesregierung hierzu noch einmal zusammenfassen.

Es ist eindeutig, dass die Finanzindustrie in erheblichem Umfang zum Entstehen der Finanzmarktkrise und auch der gegenwärtigen Krise in den öffentlichen Haushalten einiger Nationalstaaten der Europäischen Union beigetragen hat. Es ist deshalb klar, dass es eine Reform der Finanzmärkte zur Stabilisierung des Finanzsystems geben muss. Und es ist genauso klar, dass es auch eine entsprechende Reform der Finanzmärkte hinsichtlich einer angemessenen Beteiligung des Finanzsektors geben muss.

Ich habe das Gefühl, dass diese beiden Prämissen in diesem Hause unstreitig sind.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb sollten wir uns jetzt überlegen: Wie erreichen wir das? Wenn wir das geschafft haben, dann sollten wir uns überlegen: Wo erreichen wir das?

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Die Hessische Landesregierung wird in keine Pro-undKontra-Diskussion über das Thema Finanztransaktionssteuer eintreten. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf hinweisen möchte ich schon. Die WTO hatte im Jahre 2010 den Auftrag, für G 20 entsprechende Regulierungsvorschläge zu unterbreiten, damit diese beiden Aufgaben, die ich eben beschrieben habe, auch erfüllt werden können.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Nein, Entschuldigung, das war die Weltbank. – Die Weltbank kam zu dem Ergebnis, dass auf alle Fälle die Finanztransaktionssteuer diesen beiden Kriterien nicht gerecht wird. Ich möchte das den Kolleginnen und Kollegen des Hessischen Landtags noch einmal ausdrücklich in Erinnerung rufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lieber Kollege Norbert Schmitt, wir kennen uns seit unseren Studienzeiten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Heiterkeit bei der SPD)

Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass bei dir schon fast ein religiöses Verhältnis zu den eigenen Vorurteilen vorhanden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das, was man einmal geglaubt hat, ist immer richtig. Aber dieses Verhältnis zu den Vorurteilen kann uns doch nicht weiterhelfen, die Probleme zu lösen, sondern wir müssen schauen: Wo ist eine Regulierungswirkung vorhanden, und wo ist eine Beteiligungswirkung vorhanden?

Im Zusammenhang mit dem Wie weise ich auch darauf hin – ich bin schon überrascht darüber, wie der eine oder andere Kollege bei der Nennung des Präsidenten des Bundesfinanzhofs reagiert hat –, dass der neue Präsident des Bundesfinanzhofs, Herr Mellinghoff, vor der Einführung einer Finanztransaktionssteuer warnt. Man muss doch, bitte schön, die Möglichkeit haben, dies in diesem Haus vorzutragen und Diskussionen darüber anzustoßen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wie gesagt, lieber Norbert Schmitt, das religiöse Verhältnis zu den eigenen Vorurteilen mag einen selbst befriedigen, es löst aber die Probleme nicht, mit denen man es zu tun hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Erkenntnis!)

Man sollte sich z. B. mit der Weltbank und dem Präsidenten des Bundesfinanzhofs auseinandersetzen.

Liebe Kollegen, da ich meine Redezeit nicht allzu sehr überziehen möchte, bitte ich Sie alle, noch einmal nachzulesen, was Herr Mellinghoff gesagt hat, z. B. im „Focus“ am 29. Januar. Darüber hinaus sage ich: Ideologisch kann man dazu stehen, wie man will. Nur, wir Liberale sind nicht die Erfinder der Riester-Rente. Das erkennt man schon am Namen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Riester ist ein Sozialdemokrat. Ich erinnere mich, dass er sogar als sozialdemokratischer Abgeordneter für Hessen im Bundestag war. Soweit ich weiß, kam er aus dem Main-Kinzig-Kreis. Das sage ich nur, damit wir das einigermaßen auf dem Transparent haben.

Jetzt kann man wieder darüber reden, wo wer welche Riester-Renten berechnet und wer wo darüber abstimmt. Nur, es gibt nun einmal diese Möglichkeit. Ich höre, dass ungefähr 30 % die Möglichkeit in Anspruch nehmen, ihr Geld in Fonds anzulegen. Es gibt die Berechnung der Fondsgesellschaften – Herr Kollege Noll hat darauf hingewiesen –, wonach bei der Riester-Rente unter Zugrundelegung gewisser Kriterien die Belastung einer Person bei bis zu 14.000 € liegen kann. Darüber darf man nicht lachen. Hier geht es um das Geld von kleinen Sparern, und Sie wollen dieses Thema einfach beiseitedrücken.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Minister, gestatten Sie mir, Sie, obwohl Sie angekündigt haben, die Redezeit etwas zu überschreiten, darauf hinzuweisen, dass die vereinbarte Redezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Deshalb achten wir, die Landesregierung, darauf, was zu tun ist, damit eine alle gleichermaßen berücksichtigende und insbesondere dem Ziel entsprechende Lösung gefunden wird. Aber entscheidend ist für uns die Frage: Wo? Der Herr Ministerpräsident und auch viele Kabinettskollegen haben es mehrfach gesagt, aber Petra Roth war es wieder einmal vorbehalten, es am schönsten zu formulieren: Für den Mister No aus London darf es kein Yes zur Transaktionssteuer ausschließlich für den Bereich Frankfurt geben. – Das hat Petra Roth auf dem Neujahrsempfang der IHK in Frankfurt am Main gesagt. Recht hat sie.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb sage ich: Jede Regulierung, die dieses Haus vorzunehmen gedenkt, muss mit der Präambel versehen sein: Es darf dem Finanzplatz Frankfurt am Main nicht schaden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Hahn. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist auch diese Aktuelle Stunde abgehalten.

Wir kommen zur Abstimmung über die mit aufgerufenen Anträge. Zuerst stimmen wir ab über Tagesordnungspunkt 27, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt stärken und Arbeitsplätze erhalten, Drucks. 18/5198. Wer dem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenstimmen? – SPD, GRÜNE und LINKE. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 56, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Einführung einer Finanztransaktionssteuer, Drucks. 18/5232. Wer diesem Antrag die Zustim

mung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, GRÜNE und LINKE. Gegenstimmen? – CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 58, Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Finanztransaktionssteuer dient der Krisenprävention, Drucks. 18/5245. Wer diesem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, GRÜNE und LINKE. Gegenstimmen? – CDU und FDP. Damit ist auch dieser Dringliche Entschließungsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 49:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Nach Gabriels Koalitionsabsage an „DIE LINKE“: Wo steht Schäfer-Gümbel?) – Drucks. 18/5217 –

(Günter Rudolph (SPD): Er sitzt! Im Moment sitzt er!)

Als Erster spricht Herr Beuth für die CDU-Fraktion.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Da alle schon so freudig erregt sind, weise ich darauf hin, dass wir Herrn Beuth sehr ruhig zuhören wollen.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will meine Rede mit folgender Bemerkung einleiten: Herr Kollege Gabriel hat vergangene Woche in der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt, dass er, was die Regierungsbildung betrifft, den LINKEN in Deutschland eine klare Absage erteilt. Ich will hier freimütig sagen, dass wir das gut und richtig finden.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt stellt sich in Hessen die Frage – sie stellt sich überhaupt, nicht nur bei uns –: Wo steht die hessische SPD in dieser Debatte? Wo steht Thorsten Schäfer-Gümbel?