Protokoll der Sitzung vom 02.02.2012

Dieser Verband hat berechnet, dass auf einer auf üblichen Konditionen bestehenden Vertragsbasis mit 40 Jahren Laufzeit und 100 € Sparrate pro Monat dies den RiesterSparer auf die Gesamtlaufzeit mit 14.000 € belasten würde.

(Beifall bei der FDP)

Es kann doch nicht im Interesse insbesondere Ihrer Klientel sein,

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

dass eine Finanztransaktionssteuer sich genau gegen die richtet, für die Sie vorgeben Politik zu betreiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, so etwas ist nicht unser Konzept. Selbst wenn Sie überlegen, dass diese Finanztransaktionssteuer überall da, wo ähnliche Konstrukte eingeführt worden sind,

(Dr. Thomas Spies (SPD): Machen Sie doch einmal einen Rechenkurs!)

das Ergebnis und das Ziel vollkommen verfehlt hat – das Thema Schweden ist genannt worden –, ergibt sich auch aus diesen Erfahrungen, dass eine Finanztransaktionssteuer in kleinteiliger Weise nicht die Wirkung erzielt, auch wenn man sie nur vor dem Hintergrund, die Steuerkassen füllen zu wollen, sieht.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Aus diesem Grunde kann es eine Finanztransaktionssteuer mit dem minimalen Regulierungseffekt, den sie auf den Hochfrequenzhandel haben mag, wirksam nur dann als Regulativ geben, wenn sie im gesamten EU-Raum eingeführt wird. Dann hat sie wenigstens den Effekt, dass man sich der Steuer nicht so leicht entziehen kann.

Aber glauben Sie mir: Steuervermeidungsstrategien sind stärker als jede Grenze.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das von Ihnen!)

Sie werden es auch mit dem Wohnsitzprinzip nicht hinkriegen, dass Sie ohne Weiteres alle in diese Steuer nahtlos einbeziehen.

Herr Kollege Noll, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Das ist zwar kein Argument gegen diese Steuer, aber es relativiert doch sehr das Wohnsitzprinzip, das Sie in Ihrem Antrag fordern. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Nächster Redner ist Herr Kollege Schmitt für die SPD-Fraktion.

(Zuruf von der SPD: Jetzt erklär es ihm noch ein- mal!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollegin Erfurth hat gesagt, man solle nicht die Gänse über Weihnachten reden lassen. Jetzt waren die Zitate, die Kollege Noll gebracht hat, doch eher von den Gänsen bestimmt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Wenn man den Nebenjob von Herrn Kollegen Milde kennt, so muss man sagen: Da hat wohl eine Gans gesprochen.

(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Der hat ein Niveau!)

Ich will damit sagen, dass sich die CDU hier in Hessen zusammen mit ihrem Koalitionspartner einmal mehr auf einer finanzpolitischen und steuerpolitischen Geisterfahrt befindet.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass sich der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Herr Bouffier, in seinem Parteipräsidium und seinem Parteivorstand mit seinen überzeugenden Argumenten, die Herr Milde hier eben vorgetragen hat, nicht durchsetzen konnte, ist sehr bedauerlich. Möglicherweise hängt das mit Ihrem ökonomischen Sachverstand zusammen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben wir eine super Leistung im Haushaltsausschuss gesehen. Da habe ich gefragt, wo denn eigentlich die Auseinandersetzung mit dem Wohnortprinzip ist. Ich habe auch zitiert. Ich habe von Seite 5 der Vorlage vorgetragen, wo es heißt: „Anwendung des Ansässigkeitsprinzips – Besteuerung in dem Mitgliedstaat, in dem der Finanzakteur ansässig ist, unabhängig von dem Ort der Transaktionen“. – Dann habe ich auf Seite 9 hingewiesen. Ich habe darum gebeten, dass die Landesregierung dazu doch bitte einmal Stellung nehmen möge. Wissen Sie, was dazu gekommen ist? – Nichts, kein Ton.

Herr Ministerpräsident, ich finde, Sie sollten hier einmal darlegen, warum, wenn dieses Wohnortprinzip angewendet wird, all die Folgen eintreten, von denen Sie immer berichten: 70.000 Arbeitsplätze seien durch diese Steuer in Deutschland gefährdet.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Nein! Es gibt 70.000 Arbeitsplätze!)

Doch. Ich liefere gern die Pressemeldung nach. Ich habe sie nicht dabei, aber ich liefere sie gern nach.

Ich will einmal Herrn Dr. Meister zitieren. Herr Dr. Meister ist der finanzpolitische Sprecher der CDU. Er sagt dazu – ich zitiere die „FAZ“ vom 20. Januar 2012 –:

Entscheidend ist, dass die Steuer nicht vom Ort des Handelns abhängig sein wird, sondern davon, wo Privatpersonen ihren Steuersitz haben.

Das sagt Ihr finanzpolitischer Sprecher. Ich komme auch zu der FDP. Dazu sage ich Ihnen: Als Ihre Wählerschaft noch statistisch nachweisbar war,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

gab es eine Umfrage, und nach dieser Umfrage gab es sogar eine Mehrheit der FDP-Wähler, die für eine Finanztransaktionssteuer war. Herr Kubicki, der im Wahlkampf stand, hat das auch erkannt. Er hat gesagt – das wird auch in diesem „FAZ“-Artikel zitiert –:

Die Finanztransaktionssteuer muss kommen, notfalls auch nur in der Eurozone.

Deswegen sage ich Ihnen: Spätestens, nachdem Sarkozy gesagt hat, dass sie das in Frankreich einführen werden, sind doch alle Ihre Ausreden vom deutschen Alleingang endlich vom Tisch. Sie verstecken sich hinter einer Aussage. Da sieht man, dass die FDP da als Partei der Besserverdiener spricht. Sie reden davon, dass hauptsächlich die Kleinsparer betroffen sein werden. Das ist eine Lüge.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Diese Lüge wird ganz bewusst von den Interessenvertretern der Finanzdienstleister und der Großverdiener in diesem Lande, der FDP, eingesetzt. Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist unter dem Stichwort „Gänse“ einfach ungeheuerlich. Ich kann Ihnen mehrere Zitate liefern – aus einer Anhörung des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag. Dort ist dargestellt worden, dass diese Finanztransaktionssteuer etwa 60 € auf 20 Jahre für den Kleinsparer ausmacht.

(Widerspruch bei der FDP)

Aber die Bankgebühren, die in dieser Zeit anfallen, und die Gebühren, die Fondsgesellschaften erheben, liegen bei etwa 3.000 bis 4.000 €. Deshalb hat Bertolt Brecht irgendwo recht: Was ist ein Banküberfall gegen die Gründung einer Bank und insbesondere von Fondsgesellschaften?

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sage ich: Ihre Behauptung, dass hauptsächlich die Kleinsparer betroffen sind, ist ein ganz gezieltes Ablenkungsmanöver davon, dass wir in der Tat diejenigen treffen wollen, die die Finanzkrise im Wesentlichen mit verursacht haben.

(Beifall bei der SPD)

Das ist einmal mehr der Versuch, den Kleinen Angst zu machen, um die Großen zu verschonen. Das Schlimme ist: Sie, Herr Bouffier, sind mit dabei. Sie als Ministerpräsident teilen diese Linie, die von der FDP entwickelt worden ist.

Wir werden den Antrag der Linkspartei unterstützen. Er beinhaltet drei klare Sätze. Der erste Satz lautet: Das, was Frau Bundeskanzlerin Merkel vorgeschlagen hat, sollte unterstützt werden. – Ich bin einmal gespannt, wie sich die hessische CDU an dieser Stelle verhält.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Kollege Schmitt, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Deswegen sage ich Ihnen: Verstecken Sie sich nicht hinter vorgeschützten Arbeitsplatzargumenten oder hinter Kleinsparern. Das ist wenig glaubwürdig. Die Finanztransaktionssteuer muss kommen, und sie wird kommen. Da bin ich mir sicher. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)