Herr Boddenberg, bei uns ist es so, dass die Abgeordneten bei Sitzungen des Fraktionsvorstandes und der Fraktion nicht irgendwelche Papiere der Landesregierung lesen. Es ist nämlich ein Recht der Fraktionen, dass diese Vorlagen ordentlich beraten werden. Ich weiß zwar nicht, wie das in Ihrem Laden läuft, aber bei uns ist es so, dass wir in der Fraktion die Sitzungen ordentlich vorbereiten und nicht nebenbei irgendwelche Papiere lesen.
Sie aber muten uns heute und hier einen Antrag des Inhalts zu, dass wir Ihren Klimaschutzplan, den wir als Tischvorlage bekommen haben, heute annehmen und begrüßen sollen. Ich finde das eine Dreistigkeit gegenüber gewählten Abgeordneten. Wir sollen das abnicken, was Sie uns vorgelegt haben.
Wenn Sie der Auffassung sind, dass Sie einen guten Plan vorgelegt haben, dann dürften Sie auch keine Angst vor einer öffentlichen Anhörung zu dem Klimaschutzplan haben. Deswegen werden wir nachher darüber abstimmen, ob Sie dem Antrag von SPD und FDP zustimmen. Die Frage, wie sicher Sie sich sind, einen guten Plan zu haben, wird sich dann entscheiden.
Sollten Sie unserem Antrag nicht zustimmen, dann ist das ein Eingeständnis, dass Sie keine öffentliche Beteiligung unter Mitwirkung der Presse und des Landtags haben wollen. Das wäre insbesondere für die GRÜNEN ein Armutszeugnis.
Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen. Vor ungefähr einem Jahr haben wir hier über ein anderes Thema diskutiert. Damals haben wir Ihnen gesagt, dass die SPDFraktion Kritik an Ihrem Vorhaben übt, dass wir eine andere Auffassung haben, dass wir glauben, dass die Landesregierung auf dem falschen Weg ist. All das wurde vom Tisch gewischt. Sie haben gesagt, die Opposition habe unrecht, die Opposition habe schlechte Laune. Das wurde uns damals vorgehalten. Wissen Sie, wovon ich rede? – Von der Umweltlotterie, die uns als große Errungenschaft für den Naturschutz und für die Umweltverbände verkauft wurde. Im Haushalt standen damals Einnahmen in Höhe von 6 Millionen €. Was ist jetzt, ein Jahr später? Wenn ich der „FNP“ glauben darf – und das tue ich –, dann ist gerade einmal etwas mehr als ein Drittel der Umsatzerwartungen eingetroffen: ungefähr 2 Millionen € statt 6 Millionen €. Jetzt werfen Sie das ganze Konzept um: Statt 5 € Einsatz und 10.000 € Gewinn soll man demnächst 1 Million € gewinnen können.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle – und komme damit zum Schluss, Herr Präsident –: Wenn Sie nicht möchten, dass Ihrem Klimaschutzplan genau das Gleiche passiert wie der Umweltlotterie, dann sollten Sie auf die Opposition hören. Nutzen Sie die Chance, im Rahmen einer Anhörung nachzubessern. Dann wird es ein guter Plan werden, und der hätte dann auch unsere Unterstützung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der heutigen Regierungserklärung zum hessischen integrierten Klimaschutzplan führen wir die vierte Debatte über dieses Thema. Ich freue mich, sagen zu können: Erstmals debattieren wir auf einer vernünftigen, einer exzellenten Grund
lage und nicht nur vor dem Hintergrund von Befürchtungen und Gerüchten, die die FDP in mehreren Anträgen von sich gegeben hat.
Was liegt diesem dritten hessischen Klimaschutzplan zugrunde? Ich erinnere daran: 2007 hat die CDU den ersten Klimaschutzplan vorgelegt. 2012 folgte der zweite Klimaschutzplan, diesmal von FDP und CDU. Jetzt legen die GRÜNEN und die CDU den integrierten Klimaschutzplan vor.
Erstens. Es ist der Klimawandel, den wir allenthalben spüren: Starkregen, fehlender Schnee, wenige Frosttage, Überschwemmungen, Anstieg der Temperatur – wir fühlen und spüren es, aber es ist inzwischen auch wissenschaftlich nachgewiesen.
Zweitens. Der Klimawandel wird im Wesentlichen durch einen erhöhten Ausstoß klimaschädlicher Gase verursacht. Das ist eine Folge unserer Art, zu leben und zu wirtschaften. Die klimaschädlichen Gase sind verantwortlich für die Erhöhung der Temperatur. Deshalb wollen wir sie in Hessen reduzieren: bis 2020 um 30 % – 26 % sind zurzeit erreicht –, bis 2030 um 40 %, bis 2050 um 80 bis 90 %.
Drittens. Die globale Vereinbarung von Paris lautet, dass die Staaten dieser Welt die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad begrenzen wollen. Ich habe schon einmal ausgeführt: Das eine ist die Vereinbarung, das andere die praktische Umsetzung, das Durchsetzen. Dabei müssen wir alle in Hessen mitmachen. Der Klimaschutz kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle, die es können, engagiert mitmachen.
Herr Gremmels, der Klimaschutzplan liegt auf dem Tisch. Auf 70 Seiten sind 140 Maßnahmen aufgeführt, mit denen wir in Hessen den Treibhausgasausstoß reduzieren und die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Umwelt und unsere Gesellschaft begrenzen wollen. Es sind 140 Maßnahmen, die in einem einmaligen Prozess mit vielen Beteiligten – 200 Einzelpersonen und Organisationen – auf der Grundlage von 3.100 Kommentaren erarbeitet worden sind. Viele Bürger und Verbände haben mitgearbeitet. Die 140 Maßnahmen umfassen alle relevanten Bereiche – Verkehr, Industrie, Handel, Privathaushalte und die Landwirtschaft – mit zielgenau passenden Vorschlägen.
Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich jetzt kurz auf den Antrag von SPD und FDP für eine Landtagsanhörung eingehen, auf den Antrag zweier Fraktionen, die sich trotz Einladung und trotz mehrfacher Debatte hier im Landtag weder an den runden Tischen noch an den Arbeitsgruppen, noch im Internet an der Erarbeitung des Klimaschutzplans beteiligt haben. Wir können im Ausschuss gerne noch darüber sprechen; die Regierung wird sicher gerne weitere Erläuterungen geben. Wir werden unsere Position, wenn Sie das wollen, noch einmal vertieft darlegen. Jetzt aber zu fordern, die 200 Einzelpersonen und Verbände, die mitgemacht haben, noch einmal einzuladen
200 sind in Hessen eine relativ große Zahl –, weil sich SPD und FDP zu fein dafür waren, sich an dem Prozess zu beteiligen, das machen wir nicht; denn das ist reine Arbeitsbeschaffung.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Timon Gremmels (SPD): Das ist unglaublich! Was haben Sie für ein Demokratieverständnis? Das ist eine klare Missachtung des Parlaments!)
Lassen Sie mich bitte ein Zweites zu Ihrem Antrag sagen: Sorgfältig formuliert ist er nicht: drei Absätze, fünf Zeilen, zwei Rechtschreibfehler, zwei Kommafehler. – Das hat mir heute Morgen ein Pädagoge aus der Fraktion auf den Tisch gelegt. Ein anderer Pädagoge aus meiner Fraktion hat gesagt: Verweis bitte einmal auf Tagesordnungspunkt 16, Antrag von CDU und GRÜNEN betreffend Stärkung der Bildungssprache Deutsch. – Kolleginnen und Kollegen, wenn man etwas ernst meint, dann macht man es richtig und prüft seinen Antrag, bevor man ihn einreicht. Das zeigt aber auch, in welcher Art und Weise Sie mit dem Thema umgehen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Gegenrufe der Abg. Alexander Bauer und Clemens Reif (CDU))
Der hessische Klimaschutzplan ist ein Plan, der Ökonomie und Ökologie zusammenbringt. Er eröffnet Chancen, er minimiert Risiken, er zeigt Wege auf und macht Angebote, ohne vorzuschreiben, und ohne große Gesetze. Wir glauben, dass die Menschen bereit sind, beim Klimaschutz mitzumachen.
Kolleginnen und Kollegen, was haben wir in diesem Haus schon für Horrorszenarien diskutiert. In einer Pressemeldung der FDP vom letzten November erklärt Herr Lenders, dieser Klimaschutzplan bringe massive Eingriffe in die persönliche und wirtschaftliche Freiheit. – Wörtlich heißt es da:
Radwege statt Straßen, Tempo 30 in der Dauerschleife, generelles Überholverbot, Fahrverbote für Benzin- und Dieselautos, Innenstadtparkplätze nur noch für Carsharing, höhere Steuern auf Benzin und Diesel, Verbot privater Ölheizungen im Bestand, Solardachpflicht für jeden, …
Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie noch nicht alles im Detail lesen konnten: Sie finden davon nichts im Klimaschutzplan, und Sie werden es dort auch nicht finden. Dies sind nicht die Themen, die in diesem Klimaschutzplan behandelt werden.
Das sind alles Falschmeldungen, alles Fake. Der Gipfel dieser Kampagne war der 22. Februar 2017 mit einem Namenstitel von Herrn Lenders in der „Fuldaer Zeitung“ – zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten –:
Als Sahnehäubchen plant die Landesregierung nun einen sogenannten „Klimaschutzplan“, der im Grunde den Industriestandort Hessen kaputt macht.
Was für ein Weltbild hat denn die FDP, was für eine Unkenntnis und Ignoranz zum Thema Klimaschutz? – Von alldem finden Sie hier nichts. Diese Diskussion ist im Zu
sammenhang mit Opel entstanden. Wir als CDU und GRÜNE haben kein Interesse daran, den Wirtschaftsstandort Hessen kaputt und klein zu machen.
In diesem Plan nehmen wir niemandem etwas weg. Wir nehmen niemandem die Freiheit des Autofahrens, wenn wir das ÖPNV-Angebot verbessern; wenn wir den Landesbediensteten das Jobticket geben, wenn wir den Schülerinnen und Schülern das Schülerticket für 1 € pro Tag geben oder wenn wir im ländlichen Raum Mobilitätsangebote erweitern, Sammeltaxis fördern, dann schreiben wir nichts vor, sondern eröffnen die Möglichkeiten, diese Angebote zu nutzen. Wir werben dafür, dass man sie auch nutzt.
Wir greifen auch nicht in die Lebensgestaltung des Einzelnen ein, wenn wir die Nahversorgung und die Infrastruktur im ländlichen Raum verbessern. Wir schaffen Angebote, das eigene engere Lebensumfeld besser zu nutzen und damit Wege und Zeit zu sparen und Emissionen zu vermeiden.
Wir beschneiden nicht die Freiheit und die Möglichkeit unserer Bauern, wenn wir ihnen Investitionsförderungen für moderne Technik und Beratungsangebote für ressourceneffiziente Bewirtschaftung anbieten. Wir eröffnen den Betrieben die Möglichkeit, zukunftsfest und effizient zu werden, indem sie die besten Düngemittel, die besten Ausbringungstechniken und den besten Pflanzenschutz einsetzen. Das spart Geld, das spart Bares und schützt den Boden.
Wir machen als CDU und GRÜNE auch keine BashingKampagne gegen unsere Bauernschaft, so wie es die SPDUmweltministerin in Berlin tut. Es wäre an der Zeit, dass der Euro-Schulz einmal ein paar Sätze gegenüber den Bauern fallen lässt. Wir teilen diese SPD-Auffassung nicht.
Kolleginnen und Kollegen, wir vertreiben die Industrie nicht aus unserem Land, wenn wir Beratungen ausbauen und zusätzliche Fördermittel bereitstellen, damit Investitionshemmnisse überwunden werden. Wir helfen den Betrieben dabei, sich auf modernste und sauberste Technik umzustellen. Wir helfen, Frau Ministerin Hinz hat es ausgeführt, diesen Unternehmen auch dabei, sich in die Zukunftsmärkte hineinzubegeben.
Wir bevormunden Mieter und Hauseigentümer nicht, so wie Sie es glauben machen wollen, wenn wir Energiesparangebote machen, wenn wir Beratungsangebote machen, wenn wir für Menschen mit geringem Einkommen Möglichkeiten eröffnen, bestimmte Förderungen in Anspruch zu nehmen, wenn wir Blockkraftheizwerke fördern, wenn wir Contracting-Modelle besser unterstützen wollen, wenn wir die Marktdurchdringung dieser Contracting-Modelle fördern wollen. Das sind alles Punkte, mit denen wir die Energieverbräuche und damit auch den CO2-Ausstoß reduzieren können. Wir bieten Anreize und Möglichkeiten, zu modernisieren und Energie und Geld zu sparen.