Protokoll der Sitzung vom 03.05.2017

Ich sage Ihnen auch, ich verstehe meine Kolleginnen und Kollegen. Der Kollege Scholz, Frau Kraft oder eben der Kollege in Hannover sagen mir: Weißt du, unsere erste Aufgabe ist, dass in unserem Land eine vernünftige Flugverbindung besteht. Deshalb sind wir so hinter Ryanair her, und deshalb freuen wir uns, dass sie da sind. – Deshalb sagt auch meine Kollegin aus Mainz: Ja, deshalb feiern wir mit denen Jubiläum und anderes mehr, weil wir möchten, dass es auch in unserem Bundesland gute Flugverbindungen gibt. – Ich kritisiere das nicht. Was ich aber kritisiere, ist, dass man hier Dinge beklagt, die man andernorts klaglos hinnimmt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage es noch einmal: Ich kann die sozialdemokratische Haltung nicht verstehen. Es ist ein zentraler Angriff auf alle Beschäftigten bei der Fraport. Meine Damen und Herren, warum ist das so? Worum geht es? Was ist das eigentliche Problem? Das eigentliche Problem ist doch, dass wir nach Recht und Gesetz entscheiden müssen und dass wir eine Veränderung der Flugverkehre haben.

Ich behaupte einmal, es wird nicht allzu viele Kolleginnen und Kollegen geben, die, wenn sie z. B. für 40 € nach Wien fliegen können, aus ganz bewussten Gründen ein teures Ticket für 219 € buchen. Das wird wahrscheinlich selten der Fall sein.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Weil das so ist, hat sich dieser Bereich kometenhaft entwickelt. Jetzt muss man die Frage stellen: Schauen wir uns das an? – Nach der Logik von Frau Wissler würde es dazu führen, dass wir irgendwann den Schlüssel herumdrehen und sagen: Es kommt gar keiner mehr. – Wir müssen doch reagieren. Die Lufthansa hat auch reagiert. Die Lufthansa hat ganz klar einen Low-Cost-Carrier gegründet, Eurowings. Warum haben sie das denn gemacht? Warum streiten sie sich wochenlang mit den Piloten und anderen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch genau das Problem!)

Es geht genau um die Frage: Können wir unsere Leistungen zu verträglichen Bedingungen auch zu günstigeren Preisen anbieten?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Auf Kosten der Beschäftigten!)

Das ist die Frage, die dahinter steht.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Wenn Sie diesen Teil betrachten, hören Sie von Lufthansa: Wir sind weltweit unterwegs, haben eine weltweite Konkurrenzsituation. Es geht nicht darum, was wir uns wünschen. Wenn wir nicht wettbewerbsfähig sind, dann sind wir irgendwann gar nicht mehr am Markt, und dann gibt es gar keine Arbeitsplätze mehr. – Auch das ist ein Argument, das man wenigsten wägen muss. Deshalb kritisiere ich nicht, dass die Lufthansa selbst eine sogenannte Billigairline gegründet hat.

Jetzt kommt das zweite Problem. Warum ist Lufthansa überall mit dieser Billigairline, aber nicht in Frankfurt? – Herr Schäfer-Gümbel, das ist doch das zentrale Problem. Ich habe diesen Punkt in allen Gesprächen angesprochen.

Frankfurt hat im vergangenen Jahr 1 Million Passagiere an die Flughäfen drum herum verloren; fast 98 % an LowCoster in Hannover, in Köln, in Stuttgart und in Nürnberg. Jetzt muss das Unternehmen entscheiden, was es tut. Deswegen muss, genauso wie die Lufthansa sich für ihren Bereich entschieden hat, ein Flughafen sich für seinen Bereich entscheiden und sagen: Wir öffnen uns für dieses Low-Cost-Segment mit einem kleinen und überschaubaren Anteil. Wir machen daraus keinen Low-Cost-Flughafen.

Sie haben auch mit Lufthansa gesprochen. Haben Sie eine Antwort darauf bekommen, warum sie nicht kommen? – Ich kann es Ihnen sagen. Das ist alles kein Geheimnis. Lufthansa kommt nicht nach Frankfurt, weil sie sagen: Ihr seid zu teuer, ihr müsst billiger werden. Ihr müsst mindestens so billig werden wie Hannover oder andere. – Das ist der eigentliche Grund des Problems. Ich verstehe Lufthan

sa, ich verstehe aber auch Fraport. Ich beschäftige mich ja nicht erst seit gestern mit diesem Thema. Wir haben die höchsten Gebühren; das stimmt. Wir können sie nicht beliebig senken. Wir wollen auch nicht in ruinöse Beschäftigungsverhältnisse, damit wir billiger werden. Gerade weil wir gute Beschäftigungsverhältnisse halten wollen, weil wir eine Reihe von politischen Vorgaben haben, weil wir relativ enge bauliche Verhältnisse haben, sind die Möglichkeiten, dort etwas zu verändern, überschaubar. Das ist der Kern des eigentlichen Problems.

Lufthansa lässt öffentlich erklären: Wenn ihr günstiger werdet, dann kommen wir. – Jetzt hätte ich gerne einmal einen Vorschlag von Ihnen. Was sagen Sie denn dazu?

In Ihrem letzten Absatz – das ist der einzige Punkt, bei dem Sie wenigstens andeuten, dass dieses Problem keineswegs alleine bei der Fraport liegt, sondern auch bei der Lufthansa – deuten Sie an und schreiben unter Punkt 9:

Der Hessische Landtag erwartet allerdings auch von der Lufthansa AG ein klares Bekenntnis zum internationalen Drehkreuz Frankfurt/Main

dazu sagt Lufthansa Ja –

und eine Wiederbelebung der Systempartnerschaft. Insbesondere die Ansiedlung der A320neo- und Triple-7-Flotte in Frankfurt/Main sowie die Übertragung des Hauptsitzes von Köln nach Frankfurt/Main …

Meine Damen und Herren, Enttäuschungen gibt es auf vielen Seiten. Die Erklärung, dass der Hauptsitz von Köln nach Frankfurt kommt, ist mehrere Jahre her. Das ist bis heute nicht geschehen.

Alles, was die Lufthansa erwartet hat, haben wir im Handumdrehen zur Verfügung gestellt: den A380-Steig, ich erinnere an das Lufthansa Cargozentrum. Wir haben alles gemacht, es kam dann doch nicht. Ich kritisiere das nicht. Das sind geschäftspolitische Entscheidungen. Ich will Sie einmal auf einen Umstand hinweisen. Da wird beides deutlich, und es wird auch deutlich, dass die Sache nicht so einfach ist.

Sie haben in Punkt 9 interessanterweise die A350 nicht erwähnt. Das ist ein besonders gutes, ein besonders leises und ein besonders spritsparendes Flugzeug. Es war einmal vereinbart, dass dieses Flugzeug überwiegend in Frankfurt stationiert wird. Daran haben wir größtes Interesse, weil zur Bekämpfung des Fluglärms leisere Flugzeuge das Beste sind. Darin sind wir mit der Lufthansa und allen anderen einig. Lufthansa sagt uns, sie könnten keine neuen Flugzeuge kaufen, weil sie kein Geld hätten. Jetzt haben sie neue gekauft. Wo haben sie sie hingestellt? Sie haben sie nach München gestellt. Nach der letzten Sitzung hat die Lufthansa erklärt, dass nicht nur die bereits zehn in München stehenden Flugzeuge, sondern alle 15 dorthin kommen sollen. Jetzt frage ich Sie: wieso? Machen sie das, um uns zu ärgern? – Das ist doch Unsinn. Sie rechnen uns vor und sagen: Ihr verlangt 35 € für die Gebühren, in München zahlen wir aber nur 28 €. Deshalb verlangen wir weniger. – Genau dort liegt ein Problem.

Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn wir die Vordergründigkeiten einmal beiseiteschieben und anerkennen könnten, dass beide Unternehmen gute Gründe für das haben, was sie tun.

Jetzt geht es um die Frage: Wie bekommen wir gemeinsam das, was wir brauchen, nämlich Erfolg für beide Seiten? Da finden wir uns wieder. Die Partnerschaft von Fraport und Lufthansa ist für alle elementar. Das bestätigen auch alle.

(Unruhe)

Falls Sie noch Gelegenheit haben, zuzuhören: Wir haben an diesem Abend sehr Konkretes vereinbart.

(Unruhe)

Ich weiß nicht, ob Sie noch zuhören.

(Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir haben an diesem Abend sehr Konkretes vereinbart, nicht nur nach dem Motto: Wenn man nicht mehr weiterweiß, macht man einen Arbeitskreis. – Vereinbart wurden konkrete Aufgabenverteilungen, mit dem Ziel, diese Partnerschaft zu beleben und mit einer Wachstumsstrategie – weil nur das Erfolg haben wird – zu einer gemeinsamen Zielerfüllung zu kommen. Wenn wir dort für die Lufthansa preisgünstiger werden sollen, dann müssen wir auch mehr gemeinsames Geschäft machen. Dann wird die Lufthansa mit ihren Low-Cost-Carriern genauso behandelt wie Ryanair und jede andere Gesellschaft auch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, deswegen ist meine Vorstellung: Es geht nicht um die Punkte, die Sie genannt haben. Es geht um einen Interessenausgleich von zwei Unternehmen, die aus ihrer Sicht mit jeweils guten Argumenten etwas verlangen, was der andere so nicht geben kann. Also muss es darum gehen, einen Weg in die Zukunft zu finden.

Ich bin sehr froh, Sie werden heute Abend oder heute Mittag hören, dass sich der erste Erfolg eingestellt hat. Fraport und Lufthansa haben einen Vertrag geschlossen, bei dem sie eine intensive, gute weitere und zusätzliche Zusammenarbeit vereinbart haben. Gestern oder heute werden sie es beschließen. Das ist der richtige Weg, den wir begleiten werden. Wir werden den Unternehmen nicht im Einzelnen vorschreiben, was sie zu tun haben. Wir werden aber immer dafür Sorge tragen, dass alle Gegebenheiten vorhanden sind, damit beide Unternehmen erfolgreich sein können und sich die Menschen in dieser Region darauf verlassen können.

Unsere Ambitionen zur Fluglärmsenkung sind ungebrochen. Es bleibt der Satz: Wir wollen erfolgreich sein, und wir wollen auf Dauer die Menschen mit weniger Lärm belasten. Das ist unser Ziel. Das geht auch nicht von heute auf morgen. Das haben wir aber nachweislich nicht nur gemacht, sondern wir haben auch Beiträge dazu erbracht und Erfolge erzielt. Das ist vorgetragen worden.

An dieser Geschichte halten wir fest. Wenn Sie bessere Ideen haben, wenn Sie klügere Vorschläge haben, dann sind wir gerne offen, darüber zu sprechen. Wenn Sie uns nur kritisieren, aber gar keine Vorschläge unterbreiten, dann ist diese Kritik billig, und sie hilft niemandem. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Das Wort hat Herr Abg. Schäfer-Gümbel, Fraktionsvorsitzender der SPD.

(Günter Rudolph (SPD): Wie viel Redezeit haben wir? – Zurufe: Sechs Minuten!)

Sechs Minuten. – Fangen wir einmal an.

(Zurufe von der SPD)

Die sechs Minuten werden auch reichen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte wird noch einmal interessanter, auch nach den sehr ausführlichen Ausführungen des Ministerpräsidenten. Ich würde gerne einige Punkte aus der Aussprache noch einmal aufnehmen und beantworten. Ich will ganz bewusst beginnen mit dem Hinweis vom Kollegen Kaufmann und der Frage, wo Beschäftigung abgebaut wird.

Im Übrigen, Herr Ministerpräsident, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, in all den Flughafenfragen stimme ich mich immer ganz dezidiert und ausdrücklich mit den dafür gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften im Gesamtbetriebsrat ab, wenn wir uns positionieren. Insofern: Die Sorge brauchen Sie sich nicht zu machen; mit den Beschäftigten finde ich mich sehr im Einklang bei dem, was ich hier vortrage.

(Beifall bei der SPD)

Wo das Problem derzeit ist – jetzt rede ich an einer Stelle über Ryanair, und zwar nicht über die Arbeitsbedingungen bei Ryanair, sondern über die Folgen der Aufstellung der Flugzeuge von Ryanair für den Frankfurter Flughafen und für die dortigen Dienstleistungen, beispielsweise im Reinigungsgewerbe oder bei den Bodenverkehrsdiensten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau!)

Über die Abwicklungszeiten hat die Kollegin Wissler schon Hinreichendes gesagt. Aber ich will das auch mit dem Hinweis darauf verbinden, dass Ryanair dezidiert erklärt, dass die Reinigung der Flugzeugkabine eben nicht von Servicepersonal am Frankfurter Flughafen vorgenommen wird, wie das bei allen anderen Airlines mehr oder weniger der Fall ist, sondern durch das Kabinenpersonal selbst. Das heißt, das hat unmittelbar Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation in einem Beschäftigungssektor, wo die Leute ohnehin keinen Reichtum verdienen. Aber es hat ganz dezidiert darauf Auswirkungen.

Zweitens. Auch darauf hatte ich vorhin schon einmal hingewiesen. Die Lufthansa ist in der Tat nicht der weiße Ritter, sondern sie ist schon ein Teil des Problems. Herr Ministerpräsident, es geht um sehr unterschiedliche harte Interessen, und der Versuch beider Unternehmen – Fraport AG auf der einen Seite und Lufthansa auf der anderen Seite –, jeweils nur auf sich selbst bezogen die Probleme der Unternehmen zu lösen, wird am Ende scheitern.

(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie auch noch ein Problem?)