Sie haben übrigens auch erklärt, die Low-Cost-Strategie sei richtig. Ich kann Ihnen das alles vorlesen.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, das habe ich hier wiederholt, Herr Bouffier! Sie müssen zuhören!)
Sie haben seinerzeit erklärt, der Minister müsse nach Recht und Gesetz entscheiden und nicht nach politischem Gusto. Das hat er getan, und daher darf man heute nicht versuchen, ihn mit einem solchen Schaufensterantrag an die Wand zu stellen.
Ich verstehe auch nicht den Sinn Ihres Vorhabens, außer dass Sie vielleicht versuchen – am Ende sowieso vergeblich, wie ich finde –, politisches Kapital daraus zu schlagen. Glauben Sie im Ernst, dass die schwierige Situation und die Interessenunterschiede, über die sich Fraport und Lufthansa zurzeit auseinandersetzen, mit der heutigen Diskussion im Parlament besser bewältigt werden?
Wir können uns selbstverständlich über alles unterhalten; aber ich hätte gern auch ein paar Vorschläge. Was haben Sie denn konkret vorgeschlagen? Sie haben alles, was wir gemacht haben, kritisiert.
Das können Sie tun. Sie pflegen in letzter Zeit viele Fragen aufzuwerfen. Das ist auch in Ordnung. Aber ich kenne keine einzige Antwort. Wenn Sie keine Antwort haben, ist das nicht schlimm. Dann sollte man sich hier aber nicht so aufspielen, als ob alle anderen Beteiligten entweder nicht in der Lage wären, die Sache zu verstehen, oder eine böswillige Politik betreiben würden – oder beides zugleich. Meine Damen und Herren, von Ihnen habe ich bisher noch keinen einzigen brauchbaren Vorschlag gehört.
Ich sage es in aller Offenheit: Ich bin auch enttäuscht. Ich habe Sie über alles, was wir machen, persönlich detailliert unterrichtet. War das so, oder war es nicht so?
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe zurückgerufen, und danach? – Gegenruf von der CDU: Das ist ja wie im Kindergarten! – Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei! – Weitere Zurufe von der CDU)
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Soll ich auf die Gespräche im letzten Sommer zurückkommen, als Sie gesagt haben, wir setzen uns zusammen, und nichts passiert ist, weil Herr Boddenberg dagegen war? – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Was? – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Dann müssen wir jetzt auch darüber einmal reden. Zum Aufgabenbereich des Ministerpräsidenten gehört nicht die Unternehmensplanung der Fraport und auch nicht die der Lufthansa. Ich maße mir auch nicht an, all denen belehrend gegenüberzutreten und alles zu politisieren. Aber meine Verpflichtung und die dieser Landesregierung muss es sein – eigentlich ist es die Verpflichtung all derer, denen diese
Region am Herzen liegt –, zusammenzukommen und zu versuchen, unterschiedliche Interessen nach Möglichkeit zusammenzuführen.
Dann bleiben die Interessen zwar unterschiedlich, aber das Gemeinsame steht im Vordergrund. Sie führen, wie alle anderen auch, Gespräche mit der Lufthansa, aber auch mit Fraport. Ich habe Ihnen detailliert vorgetragen, mit wem, wann und wie ich gesprochen habe. Nach der Begegnung, die wir hatten, war allseits Stillschweigen vereinbart worden, und daran halte ich mich. Deshalb habe ich weder Sie noch einen anderen Fraktionsvorsitzenden angerufen. Das ist die Erklärung dazu.
Es war vereinbart, dass es dazu eine Presseerklärung der Unternehmen gibt. Diese war auch mit uns abgestimmt. Ich habe irgendwo auf dem Flur eine einzige Bemerkung gemacht, die Sie jetzt sozusagen
karikieren, weil ich versucht habe, diese Verpflichtung, mich jedenfalls nicht inhaltlich zu äußern, einzuhalten, und weil ich versucht habe, deutlich zu machen, dass es eine Art Mediation war. Das ist der Grund.
Ich bedauere, dass man, wenn das nicht mehr gilt, sehr vertrauliche Gespräche nicht auch vertraulich halten kann. Warum? Weil wir etwas zu verbergen haben? – Nein, wir haben hier einen Grundkonflikt, und diesen Grundkonflikt müssen wir – ich bitte, mir das einfach einmal abzunehmen – einmal darlegen. Hierzu werden wir heute Abend beim parlamentarischen Abend gemeinsam die Chance haben.
Worum geht es? – Der Luftverkehr verändert sich dramatisch – das wurde teilweise schon angesprochen –, und zwar in immer schnelleren Sprüngen. Das kann man gut finden, das kann man schlecht finden, ich finde aber, man kann es nicht ignorieren. 41 % aller Flugverkehre sind heute Low-Cost-Verkehre – Herr Kollege Boddenberg hat darauf hingewiesen –, und es wird in wenigen Wochen beginnen, dass eine weitere Revolution ausgelöst und ein weiteres Gesetz der Flugverkehrswirtschaft aufgelöst wird, wonach im Interkontinentalverkehr die Low-Coster keine Chance haben würden. – Nein, in Köln oder Düsseldorf, ich weiß es nicht, beginnt in Kürze auch der Interkontinentalverkehr mit Low-Cost.
Wenn Sie sich einmal anschauen, wie viele Low-Cost-Carrier heute bereits an den Flughäfen Europas angesiedelt sind, dann sehen Sie, Fraport ist ein weißer Rabe. Ausschließlich bei uns gibt es bisher kein Low-Cost. Auch das ist in Ihrem Antrag falsch; dieser Antrag ist eine einzige Misstrauenserklärung gegenüber Fraport und all denen, die dort arbeiten. Das müssen Sie den Menschen dort erklären; ich sehe meine Aufgabe nicht so. Sie kommen in Punkt 6 zu dem Satz:
gefährde alles Mögliche. Wie kommen Sie denn auf so etwas? Wo steht denn das? Es ist doch Konsens, dass der Frankfurter Flughafen als International-Hub-Airport weiterhin der zentrale Umsteigeflughafen bleiben soll. Wer hat Ihnen denn aufgeschrieben, dass das anders wäre? Herr Schäfer-Gümbel, dann kommen Sie doch hierher und zeigen mir einmal, wer wo beschlossen hätte, dass wir uns auf
die Billigflieger konzentrierten. Das ist doch Unsinn. Aber indem Sie solche Dinge behaupten, erschweren Sie es der Fraport und ihren Mitarbeitern, in einer schwierigen Situation einen Weg nach vorne zu finden. Das tut mir leid. Ich wäre dankbar, Sie würden nicht wegen eines billigen Effektes Befürchtungen in den Mittelpunkt stellen, die einfach nicht bestehen.
Langsam. – Wenn Sie sich einmal den Anteil der LowCoster an den Flughäfen in Deutschland und Europa anschauen, dann werden Sie feststellen, dass dieser in München beachtlich ist und dass diese in Düsseldorf, Köln, Hamburg und Paris, an den großen internationalen Drehkreuzen, den größten Anteil stellen. Es gibt aber einen einzigen Flughafen, wo das bisher nicht der Fall ist, und das ist London Heathrow. Wir wollen, dass Fraport bzw. dieser Flughafen weiterhin ein internationaler Umsteige-Hub ist. Fast 70 % der Verkehre machen wir mit dem internationalen Umsteigegeschäft. Das ist auch Gegenstand sowohl des Planfeststellungsbeschlusses als auch unserer Zukunftskonzeption. Deshalb, Herr Schäfer-Gümbel, frage ich Sie das noch einmal: Woher haben Sie das, dass wir uns nun auf das Low-Cost-Geschäft konzentrierten? – Ganz im Gegenteil; weder der Vorstand, der Aufsichtsrat noch irgendeine andere mir zugängliche Quelle hat das jemals behauptet, und da es niemand behauptet hat, sollten Sie es in dieser Form auch nicht in die Öffentlichkeit bringen.
Meine Damen und Herren, im Übrigen kann man eine Position vertreten, wie Sie sie einnehmen, und sagen: Das Land Hessen sollte in den Aufsichtsrat der Fraport nur Persönlichkeiten schicken, die gleichzeitig in Regierungsverantwortung oder jedenfalls in parlamentarischer Verantwortung sind. – Das kann man für richtig halten, wir haben uns aber anders entschieden, und zwar haben wir uns nicht nur für diejenigen entschieden, die uns politisch nahestehen, sondern auch für andere. Deshalb, glaube ich, ist das eine gute Entscheidung gewesen. Ich will einmal ausdrücklich sagen: Der Kollege Weimar, der diesen Aufsichtsrat seit vielen Jahren führt, führt diesen mit ausgesprochen viel Intensität, Klugheit und Erfolg, und die Zusammenarbeit mit der Landesregierung ist hierbei vorzüglich. Wir sind der größte Anteilseigner, aber uns gehört dieses Unternehmen nicht. Aber diejenigen, die für uns im Aufsichtsrat Verantwortung tragen – das gilt sowohl für den Kollegen Kaufmann als auch für Herrn Klemm und andere,
aber insbesondere gilt das für den Aufsichtsratsvorsitzenden –, haben für ihre Arbeit keine Kritik, sondern Dank verdient.
Dann kommen wir einmal zum nächsten Punkt, zu Ryanair. Die Debatte verschiebt sich auf einen interessanten, aber nicht entscheidenden Punkt. Niemand kann Freude daran haben, dass Arbeitsverhältnisse prekär oder unbefriedigend sind. Das habe ich auch nicht, und ich hätte sie gern anders. Aber haben Sie sich schon einmal mit den Arbeitsverhältnissen von Aeroflot beschäftigt? Haben Sie sich schon einmal mit den Arbeitsverhältnissen von Qatar Airways beschäftigt?
Haben Sie sich schon einmal mit den Arbeitsverhältnissen von PIA, Pakistan International Airlines, beschäftigt? Das sind alles International Carrier, die auf diesem Feld angeblich kein Problem haben, meine Damen und Herren.
(Marjana Schott (DIE LINKE): Ist das der Maßstab? – Janine Wissler (DIE LINKE): Da können wir auch über Kinderarbeit reden!)
Wir können gemeinsam einfordern – da bin ich bei Ihnen –, dass ordentliche Arbeitsbedingungen kommen. Wir haben aber keinen Einfluss darauf, wie die Fluggesellschaften diese Dinge gestalten. Das mag man bedauern, und das bedauere ich mit Ihnen, aber das muss man jetzt einmal zur Kenntnis nehmen.
Wenn wir von Ryanair reden – vielleicht dient das einfach der Erhellung der Faktenlage –, dann reden wir mittlerweile von der größten Fluggesellschaft Europas. Das ist nicht irgend so eine kleine Truppe, die dort am Rande herumfliegt, sondern es ist die größte Fluggesellschaft Europas. Auch das muss man nicht gut finden. Ich will einmal hinzufügen – ich sehe das ein Stückchen anders als die Kollegen Boddenberg und Kaufmann –: Herr Schäfer-Gümbel, Ihre Sorge um all diese Arbeitsverhältnisse, den Druck und all das, wäre durchaus nachvollziehbar oder glaubwürdig, wenn man dort, wo die Sozialdemokraten regieren, hierüber wenigstens eine Debatte führte. Das tut man aber nicht. Daher müssen Sie sich das schon vorhalten lassen.
Ich sage Ihnen auch, ich verstehe meine Kolleginnen und Kollegen. Der Kollege Scholz, Frau Kraft oder eben der Kollege in Hannover sagen mir: Weißt du, unsere erste Aufgabe ist, dass in unserem Land eine vernünftige Flugverbindung besteht. Deshalb sind wir so hinter Ryanair her, und deshalb freuen wir uns, dass sie da sind. – Deshalb sagt auch meine Kollegin aus Mainz: Ja, deshalb feiern wir mit denen Jubiläum und anderes mehr, weil wir möchten, dass es auch in unserem Bundesland gute Flugverbindungen gibt. – Ich kritisiere das nicht. Was ich aber kritisiere, ist, dass man hier Dinge beklagt, die man andernorts klaglos hinnimmt.