Leider ist aber das Gegenteil der Fall. Ryanair werden durch Fraport sogar schnellere Abläufe am Boden zugesagt, was am Ende einen höheren Druck auf die Beschäftigten am Boden und in der Luft erzeugt. Das ist subventioniertes Lohndumping – und das an einem Flughafen, der sich mehrheitlich in öffentlicher Hand befindet.
Das betrifft natürlich auch die Fluggäste; denn das ist sicherheitsrelevant. In der „Frankfurter Rundschau“ war kürzlich zu lesen, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bodenverkehrsdienste bereits um die Sicherheit sorgen, weil sie für die Abfertigung von Flugzeugen, die sie bisher in 40 bis 50 Minuten ent- und beladen haben, künftig nur noch 25 Minuten haben sollen. Ich finde, die Sorgen der Beschäftigten sollten wir in diesem Hause sehr ernst nehmen.
Natürlich dürfen wir mit dem Finger nicht allein auf Ryanair zeigen. Die Lufthansa ist in diesem Spiel nicht etwa der edle weiße Ritter; denn die Lufthansa mischt bei den Billigpraktiken richtig mit, auch auf Kosten ihrer Beschäftigten. Sie nutzt das Lohndumping von Ryanair geradezu, um die eigenen Beschäftigten unter Druck zu setzen.
(Michael Boddenberg (CDU): Alles Kapitalisten! Die gehören alle enteignet! – Weitere Zurufe von der CDU)
Die Lufthansa strickt mit Eurowings einen echten Billigflieger. Sie drückt die Kosten, und sie arbeitet an einem Franchisemodell mit Subunternehmern aus ganz Europa. Auch das könnte man auf dem parlamentarischen Abend der Lufthansa heute Abend einmal thematisieren.
Hier lassen sich die Auswirkungen der unlauteren Konkurrenz auf Kosten der Beschäftigten direkt ablesen. Bisher gute Arbeitsplätze sind gefährdet. Immer mehr Maschinen, Strecken und Jobs werden zur neuen Billigtochter Eurowings verlagert, die sich jetzt auch in Frankfurt breitmachen soll. Ich finde, dieser Entwicklung darf nicht dadurch auch noch Vorschub geleistet werden, dass die Dumpingkonkurrenz Rabatte bekommt, die durch die Landesregierung genehmigt werden. Klar ist auch, dass damit die Tarifverträge und die bisher guten Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn man einer solchen Dumpingkonkurrenz in Frankfurt den roten Teppich ausrollt.
Die LINKEN haben damals den Antrag eingebracht, die Gebührenordnung nicht zu genehmigen. Ich will darauf
hinweisen, dass die Stadtverordnetenversammlung in Offenbach den Verkehrsminister einstimmig aufgefordert hat, die Gebührenordnung nicht zu genehmigen. Die SPDFraktion hatte diesen Antrag in die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Herzlichen Dank dafür. Zugestimmt haben die CDU-Fraktion im Offenbacher Stadtparlament, die FDP-Fraktion, die GRÜNEN und selbstverständlich auch wir. Herr Kaufmann, Sie wollen doch der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung nicht allen Ernstes unterstellen, sie fordere den Minister zu Rechtsbruch auf. Das klang in Ihrer Rede ein bisschen so, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das behaupten wollen. Ich finde diesen Beschluss der Offenbacher Stadtverordnetenversammlung sehr richtig und sehr weise.
Hessen sollte ein Zeichen setzen, sich schützend an die Seite der Beschäftigten stellen und sagen: Wir wollen kein Steuer- und Sozialdumping. – Stattdessen entwickelt die Landesregierung immer neue Placebos und Konstrukte, um das Unmögliche zu schaffen, nämlich die Belastungen zu reduzieren und gleichzeitig Fraport in keinster Weise einzuschränken.
Das kann aber logischerweise nicht funktionieren, weder durch ihre Lärmverschiebung noch durch eine Lärmobergrenze. Die führt nämlich dazu, dass es noch viel lauter werden kann. Wer den Fluglärm wirksam bekämpfen will, muss die Zahl der Flugbewegungen reduzieren und deckeln. Dazu gibt es überhaupt keine Alternative.
Der Flughafen darf nicht weiter wachsen; denn jeder weitere Flug ist eine Belastung für die in den Einflugschneisen lebenden Menschen, die unter Lärm und Schadstoffen leiden, und auch für die Umwelt und das Klima. Alle klimapolitischen Absichtserklärungen des Landes werden ad absurdum geführt, wenn man auf einen immer weiter wachsenden Flugverkehr setzt.
Deswegen sagen wir: Wir brauchen einen Flughafen mit guten Beschäftigungsmöglichkeiten, dessen Geschäftsmodelle nicht auf Lohndumping aufgebaut sind, und wir brauchen einen Flughafen, dessen Betrieb auch den Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner nicht entgegenläuft. Deswegen sage ich: mehr Schutz vor Fluglärm und mehr Schutz für die Beschäftigten vor solcher Dumpingkonkurrenz. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und jetzt ein Wort zur Umsetzung, Frau Wissler!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Recht haben alle darauf hingewiesen – bis auf den letzten Beitrag, den lassen wir jetzt einmal weg –,
Ich wiederhole es – ich weiß nicht, zum wievielten Male –: Der Frankfurter Flughafen ist das Herzstück unserer wirtschaftlichen Entwicklung, und jede Regierung muss bestrebt sein, diese weiterhin erfolgreich zu gestalten. Darüber kann man nicht ernsthaft streiten.
Die Lufthansa ist deshalb da, weil es diesen Flughafen gibt. Die Lufthansa ist mit knapp 38.000 Beschäftigten der größte private Arbeitgeber in diesem Land. Ganz nebenbei: Man streitet sich dort immer mit REWE darüber, wer die meisten Beschäftigten hat. Aber selbst wenn sie nur der zweitgrößte Arbeitgeber wären – geschenkt.
Deshalb sage ich vorneweg: Jede Regierung und auch jede politische Partei können ernsthaft nur an einem interessiert sein, nämlich daran, dass beide Unternehmen erfolgreich sind, damit es in diesem Land gute Arbeitsplätze gibt, damit in diesem Land gut verdient werden kann, damit wir eine starke Infrastruktur haben und damit der Standort, mitten in Deutschland und mitten in Europa gelegen, weiterhin attraktiv ist. Dass das Erfolgsland Hessen dauerhaft Schaden nimmt – was aus meiner Sicht ohne diese beiden Faktoren der Fall wäre –, kann niemand wollen. Deshalb muss es unser erstes Ziel sein, dass sowohl die Fraport als auch die Lufthansa in Zukunft erfolgreich arbeiten – am besten gemeinsam.
Sie haben in der Überschrift Ihres Antrags zum Ausdruck gebracht, dass Schwarz-Grün diese Arbeitsplätze gefährde und für mehr Lärm in der Region verantwortlich sei. Sie wissen selbst, dass das Unsinn ist. Aber ich frage mich manchmal, warum Sie den einfachen Reflexen nicht widerstehen können. Man kann unterschiedlicher Meinung sein; das ist in Ordnung. Wir haben hier eine bunte Landschaft. DIE LINKE war in diesen Fragen schon immer gegen alles, okay.
CDU, SPD und FDP haben sich immer für den Ausbau dieses Flughafens eingesetzt. Das war richtig und ist richtig. Aber es muss etwas hinzukommen. Dieser Flughafen ist eine Herausforderung besonderer Art.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das kann man wohl sagen! – Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, allerdings!)
Wir haben einen Flughafen in einem sehr dicht besiedelten Gebiet, das räumlich nicht beliebig ausdehnbar ist. Diesen Flughafen kann man, insbesondere auch in Debatten mit Vertretern der Lufthansa – darauf komme ich noch zurück –, nicht mit Flughäfen vergleichen, die irgendwo auf der grünen Wiese gebaut worden sind. Das ist alles sehr eng. Viele Menschen wohnen dort.
Deshalb kann es nicht um Ausbau und Wachstum um jeden Preis gehen, sondern darum, dass der Flughafen zwar eine erfolgreiche Zukunft hat, die Verhältnisse aber gleichzeitig noch erträglich sind; denn die Menschen, die dort leben und auch in Zukunft dort leben sollen, sollen sehen, dass wir beides im Blick haben: den Erfolg dieses Unternehmens aus Gründen, die ich eben dargelegt habe, aber auch das Wohlergehen der Menschen, die dort wohnen. Sie sollen sehen, dass wir uns größte Mühe geben, damit der Lärm nicht zunimmt, sondern reduziert wird.
Wir haben ein Programm, das auf der Welt einmalig ist – das gibt es sonst nirgends, wie ich wiederholen darf –: die Allianz gegen Fluglärm. Die gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. Wir haben über 800 Millionen € in passiven und natürlich auch in aktiven Lärmschutz investiert. Auch darauf komme ich noch einmal zurück. Dazu gehört z. B. das Nachtflugverbot, das es in dieser Weise sonst nirgendwo gibt. Es ist eine politische Entscheidung, die den Flughafen in seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten einengt. Das muss man wenigstens einmal zur Kenntnis nehmen.
(Janine Wissler (DIE LINKE): Wer hat denn das Nachtflugverbot durchgesetzt? Doch nicht die Landesregierung!)
Wir werden im Hinblick auf die Festlegung einer Lärmobergrenze eine kluge politische Entscheidung treffen. Das sind politische Entscheidungen, zu denen wir stehen, die aber unternehmerisches Handeln einschränken. Ja, das wissen wir. Wir wollen aber beides: Wir wollen, dass diese Entwicklung gut verläuft, und wir wollen, dass die Menschen in dieser Gegend gut leben können. Dies ist der Kern auch und gerade der Arbeit des Wirtschaftsministers Al-Wazir.
Deshalb sage ich: Sie mögen andere Positionen einnehmen. Aber wenn Sie Herrn Al-Wazir vorwerfen, er fördere sozusagen vorsätzlich die Verlärmung der Gegend, frage ich mich, was das soll. Der Kollege Kaufmann hat Ihnen eben Ihre eigenen Worte vorgelesen. Im November haben Sie von diesem Pult aus gesagt, Sie würden den Wirtschafts- und Verkehrsminister nicht auffordern, den Antrag nicht zu genehmigen.
Das heißt: Genehmige ihn nach Recht und Gesetz, oder genehmige ihn nicht, aber nach Recht und Gesetz. – Das hat er getan. Ihr ganzer heutiger Auftritt ist der Absicht geschuldet, den Eindruck zu vermitteln, diesem Minister und dieser Landesregierung sei die Lärmentwicklung egal.
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist falsch! Das ist eine Ihrer respektlosen Behauptungen! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Sie haben übrigens auch erklärt, die Low-Cost-Strategie sei richtig. Ich kann Ihnen das alles vorlesen.