Meine Damen und Herren, ich komme zurück nach Hessen. Der Flughafenausbau in Frankfurt wurde stets von der Mehrheit dieses Hauses unterstützt. Wir GRÜNE waren immer mit vielen guten Argumenten dagegen. Die SPD war im Gegensatz zu uns gemeinsam mit der CDU und der FDP immer dafür. Ich glaube, dieser Fakt ist unstrittig.
Das hat auch niemand bestritten. Deshalb ist das auch nichts Neues. Ich denke, man darf aber schon daran erinnern, wenn es um die Frage geht, wie es mit den Folgen des Flughafenausbaus für die Menschen in der Region weitergeht. Wir GRÜNE nehmen für uns in Anspruch, dass wir in der Diskussion seinerzeit – leider vergeblich – stets vor den Folgen gewarnt haben. Jetzt drücken wir uns aber nicht davor, nachdem der Ausbau Realität ist, uns der Realität zu stellen und uns damit zu befassen, wie die Belastungen infolge des Flugverkehrs, die durch den Ausbau noch weiter gefördert wurden, reduziert werden können. Deswegen sind wir sehr zufrieden mit dem Koalitionsvertrag, den wir mit der CDU geschlossen haben, weil wir darin entsprechende Maßnahmen vereinbaren konnten. Wir freuen uns auch – Sie können jetzt wieder so heftig lachen, voller Respekt natürlich wie vorhin – über die bereits realisierten Erfolge wie z. B. die Lärmpausen; denn damit wird ganz vielen Menschen in der Region eine Stunde mehr Nachtschlaf gegeben. Das ist nicht kleinzureden.
Meine Damen und Herren, wir setzen unseren Einsatz mit Engagement fort. Deswegen darf man das Stichwort Lärmobergrenze durchaus erwähnen. Ihr Gelächter, verehrter Kollege Schäfer-Gümbel,
rührt wohl daher, dass Sie selbst keinerlei Konzept und keinerlei Idee haben, wie man diesen Punkt, der schon im Mediationsverfahren festgelegt wurde, jetzt endlich realisieren könnte.
Meine Damen und Herren, was wir GRÜNE unter den gegebenen Randbedingungen erreichen wollen und in der Regel gemeinsam mit unserem Koalitionspartner umsetzen, das sollte eigentlich allen klar sein. Das steht ja auch im Vertrag. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch wenn Sie es in Ihrem Antrag anders suggerieren, gehört die Gefährdung von Arbeitsplätzen definitiv nicht dazu. Deswegen wäre es doch angezeigt gewesen, dass Sie die Behauptung, die im Antrag steht, wenigstens ansatzweise versucht hätten mit irgendeinem Hinweis zu begründen. Ich habe nichts davon gehört, dass Sie das begründen könnten.
Der Antrag der SPD wirkt dagegen eher ziemlich konfus. Darin ist die Rede von einer einseitigen „Beeinflussung der Entwicklungsstrategie durch … Fraport“. Verehrter Kollege Schäfer-Gümbel, da drängt sich doch die Frage auf, wer nach Ihrer Auffassung denn die Strategie des Unternehmens Fraport bestimmen soll, wenn nicht das Unternehmen selbst. Nach unserem Verständnis der gesetzlichen Vorschriften sind dafür Vorstand und Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft zuständig,
Im Übrigen möchte ich daran erinnern, dass der Aufsichtsrat der Fraport mehr Mitglieder zählt, die Ihrer Partei angehören, als Mitglieder, die den beiden Regierungsparteien angehören. Der Kollege Boddenberg hat bereits das Problem der möglicherweise nicht hinreichenden Präsenz angesprochen und damit aus dem aktuellen Geschäftsbericht der Fraport AG zitiert. Der führende sozialdemokratische Politiker im Aufsichtsrat hat an nicht mehr als der Hälfte der Sitzungen teilgenommen. Insofern kann es natürlich sein, dass die eine oder andere Diskussion an ihm vorbeigegangen ist. Deshalb ist das vielleicht auch bei Ihnen nicht richtig angekommen.
Um ein bisschen zur Beruhigung der Sozialdemokraten beizutragen, möchte ich zwei Bemerkungen machen. Erstens. Am Markt ist die Bewertung der Lufthansa derzeit besser als in den vergangenen zwölf Monaten. Der Kurs der Fraport-Aktie steht zurzeit sogar auf einem Allzeithoch von über 72 €. Die Marktkapitalisierung beläuft sich auf rund 6,7 Milliarden €. Bei Lufthansa sind es ca. 7,4 Milliarden €. Das sind nicht unbedingt beängstigende Zahlen.
Zweitens. Die Beschäftigtenzahlen bei Lufthansa sind nach der Einigung mit der Pilotengewerkschaft auf Expansionskurs. Auch bei Fraport gibt es keinerlei Einbrüche, sondern große Stabilität bei der Beschäftigung. Die Zahl beläuft
sich auf rund 21.000 Beschäftigte. Dies sind etwas mehr als 25 % aller am Standort in Frankfurt insgesamt Beschäftigten. Die empirischen Daten belegen zumindest nicht das, was hier von der SPD behauptet wurde.
Meine Damen und Herren, anmerken möchte ich noch – und das sollten Sie wissen –, dass die GRÜNEN natürlich wie die gesamte Koalition für die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens stehen, und zwar ebenso wie für seine Umgebungsverträglichkeit. Deshalb wollen wir eine positive Entwicklung ermöglichen.
Genau diese Aspekte lassen es auch notwendig erscheinen, die neuerlich angekündigten Pläne der Fraport AG genauer anzuschauen. Wir kennen sie bisher im Wesentlichen nur aus Presseberichten. Das dürfte noch etwas zu wenig sein, um eine abschließende Bewertung vornehmen zu können.
An dieser Stelle möchte ich aber gern notiert wissen, verehrter Kollege Schäfer-Gümbel, dass Ihr Antrag zumindest richtige und wichtige Fragen aufwirft. Es ist in der Tat keineswegs sicher, dass ein Paradigmenwechsel von Fraport vom internationalen Hub für Netz-Carrier zum Stützpunkt für Airlines im Low-Cost-Bereich überhaupt mit den Grundlagen des Planfeststellungsbeschlusses in Einklang zu bringen wäre. Auch wäre nach Vorlage der konkreten Planungen zu klären – darauf müssen wir noch warten –, inwieweit die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten werden. Denn in seiner derzeitigen Form hat der Planfeststellungsbeschluss in sich auch eine logistische Konzeption, die auf einen Umsteigebetrieb ausgerichtet ist, aber nicht von sich aus für einen Low-Cost-Betrieb geeignet ist. Auch diese Anmerkung gilt es zu machen. Deswegen wird man sich damit befassen. Dafür ist aber – und das sollten Sie auch nicht vergessen – die Planfeststellungsbehörde zuständig. Das ist insofern keine Entscheidung, die wir hier treffen können.
Meine Damen und Herren, nicht nur politische und ökonomische Fragen stellen sich in diesem Komplex, sondern auch Fragen, die die Planfeststellungsbehörde klären muss. Deswegen wird dieser Aspekt der Flughafendebatte an vielen Stellen bestimmt noch einmal auf uns zukommen, sodass das heute sicherlich nicht die letzte Debatte war. Da der Flughafen für uns alle und für das Land Hessen und darüber hinaus eine so überragende Bedeutung hat, ist das natürlich immer wieder eine wichtige Debatte. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Letzte Woche fand das große „Versöhnungstreffen“ zwischen Fraport und der Lufthansa statt. Streitpunkt war der Umgang mit Ryanair. Die Lufthansa ist sauer, weil Fraport die Billigkonkurrenz mit Rabatten lockt. Die Landesregierung hat sich selbst als Schiedsrichter ins Spiel gebracht. Dabei sollte man schon einmal anmerken, dass die Landesregierung
die Rabatte überhaupt erst genehmigt hat, damit ihren Teil zu dem Konflikt beigetragen hat und sich nicht zum Schiedsrichter aufspielen sollte.
Hier sind zwei Konzerne, die jeweils ihren Profit gefährdet sehen: die Fraport, weil das Geschäft des Hauptkunden Lufthansa wegen der Billigfliegerkonkurrenz zurückgeht, und die Lufthansa, weil ihr Geschäft wegen der Billigfliegerkonkurrenz zurückgeht. Fraport hat dem Billigfliegerkonkurrenten Ryanair gerade erst den roten Teppich in Frankfurt ausgerollt, weil dessen Geschäft wächst. Das Geschäft wächst – darauf ist eben hingewiesen worden – mithilfe von Lohn- und Sozialdumping. Aber beide Unternehmen eint, dass sie eines wollen: mehr Wachstum, mehr Flieger, mehr Passagiere, mehr Profit.
Die Eröffnung der Nordwestlandebahn, die noch mehr Menschen verlärmt, die Grundsteinlegung für das Terminal 3: All das wurde seitens des Unternehmens Fraport immer wieder mit angeblichen Kapazitätsengpässen begründet, mit fragwürdigen Prognosen untermauert, die sich allesamt nicht bewahrheitet haben. Die behaupteten Engpässe gab es offensichtlich überhaupt nicht, wenn man jetzt versucht, die geschaffenen Kapazitäten durch Billigflieger überhaupt erst auszufüllen.
Zu diesen Legenden – das ist Ihr Stichwort, Herr Boddenberg; denn auch Sie haben diese Legenden gerne verbreitet – gehören die vielen neuen Arbeitsplätze, die durch den Ausbau des Flughafens entstehen sollten: 40.000, 60.000, 100.000 Arbeitsplätze? Ich weiß gar nicht mehr, welche Zahlen Sie damals genannt haben.
(Michael Boddenberg (CDU): Wie viele Slots haben wir am Flughafen? Wie viele Flüge haben wir am Flughafen? Wissen Sie das eigentlich?)
Dabei haben wir nach der Eröffnung der Nordwestlandebahn gesehen: Neue, direkt dadurch entstandene Arbeitsplätze – also zusätzliche Arbeitsplätze – sind kaum feststellbar. Aber viele Arbeitsplätze, die es gibt, werden zusehends prekärer. Fraport-Tochtergesellschaften und Subunternehmen leisten sich bei den Bodenverkehrsdiensten einen Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten. Ein guter Teil der Beschäftigten sind mittlerweile Leiharbeiter. Die Gewerkschaft ver.di spricht von einem „zunehmend erbarmungslosen Absenkungswettbewerb um die niedrigsten Lohnkosten, die geringsten Qualifikationskosten und den knappsten Personaleinsatz“.
Dieser Druck auf die Arbeitsbedingungen wird durch die Billigfliegerkonkurrenz weiter zunehmen, die als Extrawurst auch noch eine beschleunigte Abfertigung am Frankfurter Flughafen zugesagt bekam.
Meine Damen und Herren, durch die Neuausrichtung auf wachstumsstarke Billigflieger soll auch der Zweck des im Bau befindlichen dritten Terminals geändert werden. Statt den Umsteigern der Lufthansa zur Verfügung zu stehen – Fraport sagte ja immer, die Zahl der Vorfeldabfertigungen sollte dadurch reduziert werden, dass man das Terminal 3 baut –, sollen jetzt mehr Flugsteige für Billigflieger genutzt werden, die vornehmlich wieder auf dem Vorfeld abgefertigt werden.
Das widerspricht allem, was im Planfeststellungsbeschluss festgelegt wurde, der sowieso schon auf der Grundlage sehr fragwürdigen Prognosen zustande kam. Darüber müssen wir schon reden; denn das zeigt einmal mehr, dass der Flughafenausbau mit falschen Versprechungen, mit falschen Tatsachenbehauptungen durchgesetzt wurde. Daher müsste eigentlich der ganze Planfeststellungsbeschluss infrage gestellt werden.
Der SPD-Fraktion ist in ihrem Antrag, über den wir hier diskutieren, aufgefallen, dass der Flughafenausbau offenbar anderen Zwecken dienen soll als der Zukunftssicherung von Ausbildung und Arbeit. Das ist ein bemerkenswerter Erkenntnisgewinn. Wir haben diese Ahnung schon etwas länger.
Fraports Interesse ist einfach: Es geht um Wachstum. Manchmal wird das auch „Entwicklungsmöglichkeiten“ genannt, aber letztlich geht es um Profit. Dafür braucht es mehr Passagiere und mehr Flugbewegungen. Das freut die Aktionäre der Fraport. Für die Menschen in der Region bedeutet es aber mehr Lärm und mehr Schadstoffe. Das Vorhaben der Fraport steht also den Interessen der Menschen in der Region entgegen. Deswegen sagen wir: Die Grenzen des Wachstums sind schon lange überschritten. Dieser Flughafen darf nicht weiter wachsen.
Ich bin froh, dass wir darüber reden: Diese Entwicklung schadet nicht nur den Anwohnerinnen und Anwohnern, sondern auch den am Flughafen Beschäftigten, die nach gängigen Erzählungen eigentlich die Profiteure des Flughafenausbaus sein sollten. Die neue Billigkonkurrenz wird aber vor allem auf Kosten der Beschäftigten etabliert. Ein Paradebeispiel dafür ist Ryanair. Schon seit Langem ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen Firmen aus dem Ryanair-Geflecht wegen Steuerhinterziehung und Sozialbetrugs in Millionenhöhe.
(Manfred Pentz (CDU): Immer die gleiche Leier! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Das wollen Sie nicht hören!)
(Manfred Pentz (CDU): Es gibt kein Unternehmen, dass Sie nicht bezichtigen, Steuerhinterziehung zu betreiben!)
Ryanair macht sich ein Geschäftsmodell daraus, Beschäftigte einzuschüchtern, Geschäftspartner unter Druck zu setzen, Staaten um Steuern zu prellen und die Kunden bei Problemen im Regen stehen zu lassen. Deshalb glauben Sie hoffentlich nicht ernsthaft, dass Ryanair, wenn die Rabatte auslaufen, anstandslos den regulären Preis zahlen wird. Nein, Ryanair wird mit Sicherheit seine Flugzeuge abziehen und sich neue Schnäppchen suchen. Darauf läuft es doch am Ende hinaus.
Das ist die Geschäftspolitik von Ryanair. – Das absehbare Ende der subventionierten Regionalflughäfen in Europa
ist auch das Ende des bisherigen Geschäftsmodells von Ryanair. Deshalb klopft Ryanair jetzt bei den größeren Flughäfen an. Ich finde, ein Flughafen, der sich mehrheitlich in öffentlicher Hand befindet, sollte eigentlich sagen: „Euch brauchen wir nicht, und Extrawürste bekommt ihr hier nicht“, statt Sozialdumping auch noch durch Rabatte zu unterstützen.