Sie wissen, das Petitionsrecht ist ein Individualrecht. Aber es kann auch von einer Gemeinschaft ausgeübt werden. Das nennen wir dann Mehrfachpetitionen. Davon hatten wir in dem Zeitraum, über den ich berichte, 15. An oberster Stelle stand mit 30.000 Unterschriften: „Keine Stellenstreichung an hessischen Schulen“. Danach kamen „Kostenfreies Schülerticket für ganz Hessen“ mit 11.000 Unterschriften und „Zulassung der Gründung von Oberstufengymnasien“; auch die Unterstützung für eine afghanische Familie hat es als Mehrfachpetition geschafft.
Wir haben noch immer sehr viele Probleme, unsere Arbeit im Petitionsausschuss der Öffentlichkeit zu präsentieren, d. h., überhaupt über das Petitionsrecht Öffentlichkeit herzustellen. Das liegt auch daran, dass wir natürlich wegen der individuellen Petitionen nicht öffentlich tagen müssen. Wir versuchen das immer mal wieder mit Pressemitteilungen, wenn wir Bürgersprechstunden machen. Davon hatten wir in diesem Zeitraum fünf, eine in Wiesbaden und eine in Gießen.
Wir versuchen das auch auf dem Hessentag; Sie wissen, wir haben auf dem Hessentag einen Petitionsstand. Wir versuchen auch, diesen während des gesamten Hessentags zu besetzen. Dort bieten wir sozusagen eine Dauerbürgerinnensprechstunde an, weil immer irgendeine Vertreterin oder irgendein Vertreter des Petitionsausschusses auf dem Hessentag anwesend ist und den Bürgerinnen und Bürgern die Frage näherbringt: „Was kann man mit einer Petition erreichen?“ Auch haben wir immer ein Schulprojekt, das von Frau Bicking sehr gut betreut wird. Das heißt, wir suchen uns in der Hessentagsstadt eine Schule aus und machen dort mit den Schülerinnen und Schülern, zumeist an der Oberstufe, in Bezug auf die Petitionen ein Rollenspiel in der Hoffnung, dass sie das weitererzählen, was man mit einer Petition alles erreichen kann.
Wir machen Ortstermine, um oftmals zwischen den Petentinnen und Petenten und der örtlichen Behörde zu vermitteln. Das geht mal gut, das geht mal weniger gut, wie das bei Petitionen so ist.
Wir hatten im September auch eine Tagung der Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse von Bund und Ländern in Potsdam. Das war sehr interessant, weil wir uns dort mit Estland beschäftigt haben; die sind in ihrer E-Democracy, wie sie das nennen, also der Möglichkeit, online Demokratie herzustellen, schon sehr weit, indem Menschen ständig über Entscheidungen,
Was aber auch sehr interessant war, war, wie sich das Petitionsrecht eigentlich in den Ländern und im Bund im Vergleich zu den privaten Plattformen gestaltet. Das ist vielleicht auch ein kleiner Hinweis darauf, warum Petitionen im öffentlichen parlamentarischen Raum zurückgehen. Es ist schon so, dass viele Menschen glauben, wenn sie sich an einer privaten Plattform beteiligen, dass das dann sozusagen Eingang in parlamentarische Behandlungen finde. Das ist aber nicht so. Wenn Sie sehen, wie viele Menschen bei Campact oder Change.org unterschreiben, werden Sie feststellen, dass sie keine Garantie haben, dass dies irgendwo in politisches Handeln mündet. Deshalb fände ich es doch sehr schön, wenn sich auch der Landtag – manche Landtage machen das – einmal mit der Frage von öffentlichen Petitionen beschäftigen würde. Denn warum sollten wir privaten Plattformen diese Möglichkeit der demokratischen Intervention überlassen, wenn dies der Landtag selbst machen könnte?
Auch die Onlinepetitionen werden zunehmend genutzt – auch in Hessen. Das heißt, man kann sich solch ein Faltblatt herunterladen und seine Petition online stellen. Das hat auch zugenommen. Wir sind jetzt von 21 auf 25 % hochgegangen. Das heißt, jede vierte Petentin oder jeder vierte Petent stellt ihre/seine Petition online.
Wir hatten auch eine sehr interessante Ausschussreise, und zwar im September des letzten Jahres nach Griechenland. Unser Thema war dort: Wie geht eigentlich die griechische Regierung mit dem unglaublichen Ansturm der Geflüchteten um? Wie gestaltet sich das dort? Diese Ausschussreise war nicht einfach, weil wir zu den ganz schwierigen Geflüchtetenlagern eigentlich keinen Zugang bekommen haben. Wir haben aber mit sehr vielen Organisationen sprechen können. Wir haben uns von der deutschen Auslandsvertretung informieren lassen. Wir haben mit dem griechischen Flüchtlingsrat gesprochen, dem Roten Kreuz, den politischen Stiftungen, dem Ombudsmann für Menschenrechte, und wir hatten einen Termin mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Das war sehr interessant, weil wir eine Einsatzbesprechung von Frontex verfolgen konnten, also: Wie besprechen die ihre Lagen vor und nach? Wie verständigen sich so viele verschiedene Nationen auf gemeinsames Handeln, auch mit unterschiedlichen Instrumenten, die diese haben? Einige steuern also Boote und andere Flugzeuge bei, usw. Wir haben auch einen Termin in einem Caritas-Sozialzentrum gehabt. Diesen fand ich insofern interessant
schon? –, weil sie immer ein wenig die Balance halten müssen zwischen der Hilfe für die Geflüchteten und für die eigene Bevölkerung, die selbst arm ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben am Dienstag über Europa gesprochen. Wir haben auch sehr viel über europäische Werte gesprochen. Dazu will ich einmal sagen: Griechenland gehört auch zu Europa, und es ist noch
immer so, dass es in Griechenland riesige Probleme beim Umgang mit den Geflüchteten gibt. Ich glaube, dass es auch zur europäischen Solidarität gehört, hier besser zu helfen. Was z. B. überhaupt nicht funktioniert, ist das Resettlement-Programm. Das heißt, europäische Länder haben versprochen, dass sie Flüchtlinge aufnehmen; und das funktioniert überhaupt nicht. Ich finde es sehr schade, dass es in Griechenland dazu gekommen ist, dass die Armen den Ärmsten helfen. Das machen sie noch in großer Solidarität, aber mehr Hilfe wäre in der Tat angesagt.
Danke, Frau Ypsilanti, für den Bericht. Ich hoffe, ich spreche im Namen des gesamten Hauses, wenn ich Ihnen unseren Dank für Ihre Tätigkeit als Vorsitzende des Petitionsausschusses ausspreche. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache zu dem Bericht. Als Erste hat sich Frau Müller für die SPDFraktion zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf zu diesem Punkt sprechen. Es gehört sich zunächst, dass ich Dank sage, nicht nur persönlich, sondern auch im Namen meiner Fraktion, an die sehr kollegiale, sehr offene und sehr gute Zusammenarbeit mit allen Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss. Man merkt, dass es ein Ausschuss ist, der sich vielleicht am unmittelbarsten mit Nöten, Sorgen und Beschwerden der Menschen befasst. Man tut das mit großer Ernsthaftigkeit. Dafür danke ich herzlich. Es ist angenehm, dort zu arbeiten.
Ich danke herzlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Petitionsreferat, die uns aufs Kompetenteste und aufs Aufmerksamste beraten und unsere Sitzungen vorbereiten. Sie haben immer ein offenes Ohr. Es ist ebenfalls ein Vergnügen, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie tun das mit einer enormen Kompetenz und mit enormem Fleiß. Ganz herzlichen Dank auch dafür.
Ich möchte ebenfalls der Vorsitzenden danken, die diese Aufgabe mit großer Neutralität, mit der gebotenen Neutralität, aber eben auch mit großer Zugewandtheit macht. Auch sie trägt dazu bei, dass der Ton bei uns ein guter und ein konstruktiver ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, über die allgemeinen statistischen Zahlen in der Petitionsarbeit zu berichten, erspare ich mir und Ihnen. Ich möchte nur Folgendes anfügen. Das Petitionsrecht – die Frau Vorsitzende hat eben kurz davon gesprochen – ist ein ganz grundlegendes Recht und in allen demokratischen Systemen bereits seit langer Zeit verankert.
Vielleicht haben manche Menschen, die in Not sind, die Beschwerden haben, berechtigterweise oder unberechtigterweise, das noch nicht so auf der Rechnung, wie wir uns das vielleicht wünschen würden. Das Petitionsrecht ist ein
zutiefst demokratisches Recht, das einem jeden zusteht, auch jedem Kind. Es ist unabhängig davon, wie man sich artikulieren kann, ob man ein Formular zur Hand hat, wie alt man ist, aus welchem Land man kommt.
Um das noch etwas deutlicher zu machen und alle Inhalte, um die es dabei geht, zu bearbeiten, würde ich für meine Fraktion gerne anregen, uns auf den Weg zu begeben, zu diskutieren, ob wir nicht, wie das in vielen Bundesländern und in vielen anderen Staaten seit Langem sehr erfolgreich gehandhabt wird, öffentliche Petitionen nach bestimmten Kriterien zulassen. Man könnte durchaus einen solchen Diskussionsprozess anregen. Wir merken, dass das politische Interesse auf bestimmten Gebieten sehr hoch ist. Man könnte es vielleicht noch etwas mehr erhöhen und mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn wir diese Form der öffentlichen Petitionen zuließen und uns auf den Weg machten, das zumindest gemeinsam zu diskutieren. Das würde ich mir sehr wünschen, das würde sich meine Fraktion sehr wünschen. Vielleicht ist das noch einmal eine Anregung für die Zukunft.
Alles in allem möchte ich sagen, dass die Arbeit des Petitionsausschusses, der auf den ersten Blick nicht der glamouröseste oder beliebteste Ausschuss ist, von allen Mitgliedern als sehr wichtig erachtet wird. Diese Arbeit macht Freude, da spreche ich sicherlich auch für alle anderen Kollegen. Ich hoffe, dass das alles wahrgenommen und weiter unterstützt wird. – Ich danke ganz herzlich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ypsilanti, vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats und der befassten Ministerien bedanken. Sie nehmen ihre Arbeit sehr ernst und ermöglichen damit die sorgfältige Behandlung der eingereichten Petitionen.
Meine Damen und Herren, das Petitionsrecht ist ein wichtiges Jedermannsrecht. Sie haben das einführend in Ihrem Bericht erklärt, Frau Ypsilanti. Sie erwähnen aber gleich im nächsten Absatz ein Problem, das es zu bedenken lohnt. Sie sagen, die Wahrnehmung des Petitionsrechts
… geschieht aufgrund des nicht öffentlichen Petitionsverfahrens in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Vielmals erhalten selbst die … Petenten keinen Einblick in das teilweise aufwendige Petitionsverfahren und die Bemühungen der Abgeordneten, sie in ihren Anliegen zu unterstützen.
In älteren Protokollen konnte ich nachlesen, dass es längere Auseinandersetzungen gegeben hat, ob Petitionen online eingebracht werden können oder nicht. Die Vorbehalte dagegen wurden überwunden, und das war eine gute Entscheidung. Heute ist diese Öffnung selbstverständlich.
Inzwischen haben andere Parlamente begonnen, das Petitionsverfahren weiter zu öffnen. Sie stellen, wenn das die Petentin oder der Petent wünscht, die Petition online. So kann man sich jederzeit informieren, welchen Weg die Petition nimmt, welche Stellungnahmen dazu abgegeben wurden, welche Informationen zusammengetragen wurden. Diesen Weg halten wir für richtig.
Nicht ohne Grund steigt die Zahl der offenen Petitionen im Netz an, während die Zahl der Petitionen hier in Hessen und auch beim Bund zurückging. Sie haben es gehört, in Hessen ging sie im Vergleich zum Vorjahr um 30 % zurück.
Meine Damen und Herren, ein anderer Aspekt erscheint mir eine Überlegung wert: Es wurde nur ein kleiner Teil der Petitionen positiv entschieden. In 14,5 % der Fälle konnten die Petenten mit ihrem Anliegen ein Ergebnis erreichen. Selbstverständlich gibt es oft keine andere Möglichkeit. Der Ausschuss kann keine Gerichtsurteile außer Kraft setzen oder Gesetze aushebeln.
Aber: Petitionen sind Seismographen. Sie zeigen gesellschaftliche Probleme auf und weisen auf Bruchstellen in der Gesellschaft hin. Nicht zufällig häufen sich Petitionen in den Bereichen Inklusion und Bildung, Aufenthaltsrecht, Naturschutz. Diese Hinweise sollten von den politischen Akteuren sehr ernst genommen werden. Diese Themen gehören in die politische Debatte.
Ich persönlich finde viele Entscheidungen zum Aufenthaltsrecht sehr unbefriedigend. Selbst eine Ausbildung oder eine Arbeit und gute Integration finden viel zu oft keine Akzeptanz. Hier hebeln die Bundesgesetze oft jede Menschlichkeit aus. Gerade die Nichtanerkennung von Afghaninnen und Afghanen ist überhaupt nicht vertretbar.
Selbst Härtefälle haben häufig wenige Chancen. Meine Damen und Herren, so etwas darf es doch eigentlich nicht geben. Hier muss sich dringend bei der Einschätzung der Integrationsbemühungen, bei der Bewertung sicherer Herkunftsländer und bei der Anerkennung, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, etwas ändern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal herzlichen Dank, Frau Ypsilanti, für Ihren Bericht und herzlichen Dank für Ihre sehr gute Ausschussführung und -leitung. Sie machen es erst möglich, dass wir immer so ruhig und sachlich zusammenarbeiten können. Herzlichen Dank.
Eines ist die Arbeit im Petitionsausschuss ganz gewiss nicht, nämlich langweilig. Wir haben eine unglaubliche Bandbreite von Themen und Problemen, mit denen wir uns