Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Angesichts der Vergangenheit sind wir, was Homophobie anbelangt, sicherlich schon weit gekommen. Während unserer Regierungszeit kam es zur Gleichstellung der Beamten. Das haben die GRÜNEN mit dem Aktionsplan auch in die Koalitionsverhandlungen mit hineingenommen.

Junge Homosexuelle wissen teilweise schon nicht mehr, woher wir eigentlich kommen. Ab und zu ist es wichtig, daran zu erinnern. Die Kampagne des Christopher Street Day steht jetzt z. B. wieder vor der Tür. Da geht es eben nicht nur darum, einmal ein schönes Fest miteinander zu feiern. Vielmehr hat das einen ganz ernsten Hintergrund. Denn nichts von alledem, was dort erreicht worden ist, ist sakrosankt. Nichts ist selbstverständlich. Nichts ist nicht umkehrbar. Deswegen ist es so wichtig, dass die Politik da ein klares Zeichen setzt.

(Beifall bei der FDP und den LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese sogenannten Besorgten Eltern versuchen genau das. Sie versuchen, etwas wieder herumzudrehen, indem sie homosexuelle Menschen quasi als krank und als heilbar bezeichnen. In grauer Vergangenheit hat das dazu geführt, dass man das als Argument genommen hat, um diese Menschen zu behandeln und wegzusperren.

Diese Besorgten Eltern versuchen immer noch, das Bild zu zeichnen, dass Schwulsein ansteckend wäre. Da kommen dann schon einmal so Sprüche wie der: Kein Mensch wird schwul geboren. – Mit diesem Vorurteil haben nicht selten Lehrer und Menschen zu kämpfen, die in den Erziehungsberufen arbeiten. Wie schwierig ist es auch heute noch für einen männlichen Erzieher, der homosexuell ist, sich dazu klar zu bekennen.

Das ist eben die Gefahr, die lauert, wenn Menschen wie diesen Besorgten Eltern auch noch eine Plattform gegeben wird. Sie finden Gehör. Sie finden vor allen Dingen in der politischen Landschaft bei einer Couleur wie der AfD Gehör. Da muss man sagen: Hier trifft das eine auf das andere. Scheinbar findet man sich da zusammen.

Wir wollen diese Besorgten Eltern in Hessen nicht haben. Sie greifen diesen Lehrplan an, ohne sich jemals inhaltlich damit tatsächlich auseinandergesetzt zu haben.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Wir müssen auch immer wieder gegen dieses Image ankämpfen, das nach dem Motto geht, man könnte irgendeinen Menschen schwul machen. Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir das Bündnis und auch das Regenbogenfest unterstützen. Wir werden das mit der liberalen Vorfeldorganisation, mit LiSL, machen. Wir werden breit vertreten sein.

Wir sollten das Bündnis auch von dieser Stelle aus unterstützen. Wir akzeptieren jeden Menschen, unabhängig davon, ob er homosexuell ist, welche Hautfarbe er hat und welchen Glauben er vertritt. Uns sind alle Menschen gleich lieb. Wenn sie unsere Unterstützung brauchen, werden sie sie auch von uns bekommen. – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächster spricht Herr Kollege Di Benedetto für die Fraktion der Sozialdemokraten. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich den heutigen Antrag der GRÜNEN zu „Hessen zeigt Gesicht für eine offene Gesellschaft, Respekt, Akzeptanz und Vielfalt“. Wir schließen uns aus voller Überzeugung dem Aufruf an, am kommenden Samstag vor dem Kurhaus in Wiesbaden gegen das angeblich breite Bündnis DEMO FÜR ALLE zu demonstrieren, um unmissverständlich aufzuzeigen, dass wir jede Form von Diskriminierung und Ausgrenzung verabscheuen und bekämpfen wollen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Das sogenannte Bündnis DEMO FÜR ALLE führt am kommenden Samstag hier in Wiesbaden – das ist ja schon gesagt worden – ein Symposium mit dem merkwürdigen Titel „Sexualpädagogik der Vielfalt – Kritik einer herrschenden Lehre“ durch. Dies geschieht sicherlich auch, um den neuen hessischen Lehrplan zur Sexualerziehung durch pseudowissenschaftliche Beiträge infrage zu stellen, und natürlich auch, um Stimmung dagegen zu machen. Es wirken Referenten mit, wie z. B. der Doktor der Medizin, Christian Spaemann, der öffentlich propagiert, Homosexualität sei heilbar. – Kollege Lenders ist schon darauf eingegangen.

Das Bündnis DEMO FÜR ALLE wird von dem CDU-Mitglied Frau Hedwig von Beverfoerde angeführt. Sie wird das sogenannte Symposium auch am Samstag eröffnen. Frau von Beverfoerde organisiert bundesweit diese homophoben Demos für alle. Sie sitzt im Redaktionsbeirat der rechtspopulistischen „Freien Welt“ und war lange Zeit Sprecherin der Initiative Familienschutz um die AfD-Politikerin Beatrix von Storch. – Mehr braucht man dazu wohl nicht zu sagen.

Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen in diesem Zusammenhang, einmal in das neue AfD-Grundsatzpro

gramm hineinzuschauen und sich insbesondere die Punkte zum Thema Familie vor Augen zu führen. Ich bin mir sicher, dass es vielen von Ihnen eiskalt den Rücken herunterlaufen wird. Das Programm trägt eine im wahrsten Sinne des Wortes faschistoide Handschrift, die dort tatsächlich unverkennbar ist.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Frau von Beverfoerde und Co. – da gibt es auch noch einige andere – geht es um Abwertung und Ausgrenzung all jener, die nicht ultrakatholischen und rechtspopulistischen Familien- und Geschlechterbildern entsprechen. Sie schaffen damit den Nährboden für Ausgrenzung, Anfeindungen und natürlich auch Diskriminierungen.

Meine Damen und Herren, wir müssen am Samstag alle Gesicht zeigen, um den subtilen Formen der Diskriminierung, die von diesen evangelikalen und rechtspopulistischen Gruppierungen ausgehen, entschieden entgegenzutreten. Wir müssen ihnen immer wieder unmissverständlich zu verstehen geben, dass sie in unserer Landeshauptstadt, aber auch in unserem Land nicht willkommen sind.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier für meine Fraktion erneut feststellen – nachdem dies im vergangenen Jahr auch Kollege Degen mehrmals in aller Ausführlichkeit getan hat –, dass eine stärkere Berücksichtigung und eine angemessene Behandlung der Homo-, Bi-, Trans- und Intersexualität im Unterricht dazu beiträgt, gegenseitiges Verständnis zu fördern und damit Diskriminierung durch Ausgrenzung und Mobbing vorzubeugen.

Meine Fraktion begrüßt deshalb den neuen Lehrplan für die Sexualerziehung an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Hessen. Sie unterstützt das darin enthaltene Ziel, Schülerinnen und Schülern ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Verständnis für die Verschiedenheit und Vielfalt der partnerschaftlichen Beziehungen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten in unserer Gesellschaft zu vermitteln.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

So findet die Entscheidung unseres Kultusministers, die Akzeptanz unterschiedlicher Partnerschaftsformen und Verständnisse von Familie, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten zum Gegenstand der Sexualerziehung zu erklären, die uneingeschränkte Zustimmung meiner Fraktion. Es liegt mir sehr daran, das hier einmal deutlich klarzustellen.

Meine Damen und Herren, in diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass sich am kommenden Samstag auch Vertreter der CDU-Fraktion vor dem Kurhaus einfinden.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Es ist ja so, dass Sie den Kultusminister stellen. Ich denke, es steht der CDU gut an, ihn nicht alleine im Regen und nur im Kreise der Oppositionsparteien stehen zu lassen; denn er braucht die breite Unterstützung des gesamten Hauses.

(Zuruf der Abg. Irmgard Klaff-Isselmann (CDU))

Wir würden es uns wünschen, wenn Sie sich anschließen könnten. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege di Benedetto. – Als Nächster hat sich Herr Abg. Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es direkt zu Beginn zu sagen, was Sie alle nicht überraschen wird: Herr Klose, selbstverständlich werden wir uns am Samstagmorgen sehen. Wir als LINKE unterstützen ausdrücklich das Regenbogenfest und die Intention, sich gegen die reaktionären Ansichten, die auf einem Kongress hier im Wiesbadener Kurhaus verbreitet werden sollen, zu stellen. Da haben Sie unsere volle Unterstützung. Wir sind dabei.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal den Zusammenhang zwischen diesen beiden, unmittelbar aufeinanderfolgenden Aktuellen Stunden heute Morgen herstellen. Es geht – weil wir in der letzten Runde über Rechtsextremismus debattiert haben – hier ganz klar darum, „Wehret den Anfängen“ zu rufen. In der vorherigen Aktuellen Stunde hat der grüne Redner die Frage gestellt: „Wer sind die Verursacher von Rechtsextremismus?“ Er hat dazu gesagt: „AfD und Pegida.“ An dieser Stelle müssen wir fragen: Wer sind die Verursacher von rechtem Quatsch, der auf so einem Kongress verbreitet wird? Leider muss ich sagen: Sie kommen aus der Mitte der Gesellschaft. Wenn der parlamentarische Geschäftsführer der CDU hier bei diesem Tagesordnungspunkt, wo es um rechte Ideologien und Hetze geht, im Plenum sitzt und den „Wetzlar Kurier“ liest,

(Manfred Pentz (CDU): Also, bitte zum Thema reden! – Unruhe bei der CDU)

dann wissen wir, welche Probleme wir auch in diesem Haus haben; denn im „Wetzlar Kurier“ verteidigt Irmer permanent homophobe Thesen.

(Beifall bei der LINKEN –– Zuruf von der CDU: Die „Kommunistische Volkszeitung“, das ist Ihre Lektüre! – Holger Bellino (CDU): So ist das in der DDR gewesen! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich finde es beschämend. Beim letzten Tagesordnungspunkt – –

(Zurufe von der CDU)

Herr Dr. Wilken, einen kleinen Moment bitte. – Meine Damen und Herren, ich darf doch um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit bitten. Das gilt für das gesamte Haus und für beide Seiten. Lassen Sie bitte Herrn Dr. Wilken zu Wort kommen.

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Danke Herr Präsident. – Herr Schwarz, überlassen Sie bitte mir, was ich hier sage. Ich frage Sie doch nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte noch einmal sehr klar meiner Bestürzung darüber Ausdruck geben, dass sich die CDU weigert, in Wetzlar gegen die NPD mit auf die Straße zu gehen.

(Manfred Pentz (CDU): So ein Käse!)

Ich hoffe sehr, dass es an diesem Samstag hier in Wiesbaden anders sein wird und ich Sie an unserer Seite sehen werde, wenn wir uns gegen – –

(Manfred Pentz (CDU): Das müssen wir uns von Steinewerfern nicht sagen lassen! – Janine Wissler (DIE LINKE): Steinewerfer? – Manfred Pentz (CDU): Ja, Steinewerfer!)

Er hat mich gerade als Steineschmeißer beschimpft.

Herr Kollege Pentz, ich habe das sehr genau gehört. Sie haben Herrn Abg. Dr. Wilken als Steinewerfer angesprochen. Ich würde darum bitten, dass wir solche Anwürfe, die wohl nicht belegt sind,