Was haben denn die Menschen von Überschüssen, wenn im Schatten von Hochhäusern das Schauspielhaus marode ist? Wenn Sie in einer kleinen Gemeinde wohnen, in der man viele öffentliche Leistungen weggekürzt hat und der Haushalt immer noch defizitär ist, werden weiter Gebühren und Steuern steigen, Leistungen eingeschränkt und öffentliche Einrichtungen geschlossen. Die schönsten Jubelanträge nutzen doch nichts, wenn vor Ort das Geld für Reparaturen und den laufenden Betrieb fehlt.
Damit bin ich beim Thema Investitionen. Es ist schön, dass die Landesregierung eingesehen hat, dass in den kaputtgesparten Kommunen das Geld für Investitionen fehlt. Man kann sich doch aber nicht darüber freuen, dass Sie mit viel zu kleinen Sonderprogrammen versuchen, ein flächendeckendes Problem zu lösen.
Wir hatten das Thema Schulinvestitionen schon in den letzten Plenarwochen. Da wurde mir von einigen von Ihnen, ich glaube, es war Herr Kollege Hahn, vorgeworfen, es sei eine Unverschämtheit, von „einstürzenden Schulbauten“ zu sprechen. Wir würden nicht in einer Realität leben. Herr Hahn, ich frage mich, in welcher Realität Sie eigentlich leben.
Die Realität in Hessen ist, dass vielerorts den Schulen der Putz von der Decke fällt, Schultoiletten sich in einem katastrophalen Zustand befinden und Turnhallen aufgrund der
Baufälligkeit nicht mehr benutzbar sind. Wenn Sie das Problem kleinreden wollen, dann reden Sie doch einmal mit den Schülerinnen und Schülern, mit den Eltern und mit den Lehrerinnen und Lehrern. Sie scheinen das besser zu wissen als Sie.
Es gibt in Hessen untragbare Zustände an den Schulen. Das Programm der Landesregierung ist kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Dann meinen Sie allen Ernstes, es sei die Aufgabe der Kommunen, die schon unter dem genannten Kürzungsdruck und mangelnder Finanzausstattung stehen und leiden, ihre Schulen selbst zu sanieren, und bezeichnen Ihre Kleckerprogramme als Zukunftsinvestitionen. Das ist doch ein Witz, meine Damen und Herren.
Hier geht es längst nicht um Zukunftsinvestitionen, hier geht es darum, die Schäden einer Kürzungspolitik so weit zu beseitigen, dass wenigstens die Fassade wieder hübsch aussieht.
Wenn wir in Hessen ernsthaft in die Zukunft investieren wollen, dann wären ganz andere Summen erforderlich. Dann müsste man auch auf Bundesebene dafür sorgen, dass die Steuersenkungsorgien der vergangenen Bundesregierungen – im Übrigen egal unter welcher Flagge – endlich ein Ende haben.
Öffentliche Armut in den Kommunen und privater Reichtum sind zwei Seiten derselben Medaille. Besserverdienende und Superreiche müssen sich endlich wieder angemessener an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen. Dafür brauchen wir eine Vermögensteuer, von der sich die SPD leider wieder einmal verabschiedet hat; denn diese Vermögensteuer würde auch den Ländern zugutekommen.
Wer über die Finanzsituation in den hessischen Kommunen spricht, der darf über den privaten Reichtum in dieser Gesellschaft nicht schweigen.
Es ist doch auch unredlich – das geht an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von der SPD –, hier über die Finanznot der Kommunen zu klagen und sich in Berlin nicht glaubwürdig für eine gerechtere Besteuerung einzusetzen. Das muss sich ändern.
Herr Kollege Schmitt, Sie hätten alle Möglichkeiten, leider nutzen Sie sie nicht. Dann würden wir auch in Hessen wieder dazu kommen, dass in allen Schulen vernünftiger Unterricht stattfinden kann und die Kommunen soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen können. Was wir brauchen, ist ein Politikwechsel, der seinen Namen verdient. Wir brauchen keine Jubelanträge, die den Menschen ein X für ein U vormachen wollen und so tun, als sei alles in bester Ordnung. Wir brauchen keine Drucksachen im Landtag, die Durchschnittszahlen feiern, die Ihnen zupasskommen, sondern wir brauchen eine Finanzausstattung mithilfe einer
gerechten Besteuerung, die dazu führt, dass die Kommunen wieder mehr darüber entscheiden können als nur, welche Leistung sie als Nächstes kürzen müssen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße auf der Tribüne unsere ehemaligen Kollegen Christel Hoffmann und Ernst-Ludwig Wagner. Herzlich willkommen.
Es dürfte viele Jahrzehnte her sein, dass der Job des hessischen Finanzministers so viel Freude gemacht hat wie derzeit. Thomas Schäfer, CDU, kann sich über sprunghafte Einnahmezuwächse freuen. Von 2010, als das Land 15 Milliarden € einnahm, hat sich die Summe auf sage und schreibe 22 Milliarden € im vergangenen Jahr erhöht. Das ist ein Zuwachs um fast die Hälfte, und das in Zeiten niedriger Zinsen und geringer Geldentwertung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es mutet schon ein bisschen abenteuerlich an, wenn Sie, lieber Kollege Reul, sich hierhin stellen und erklären, dass die Kommunen in diesem Jahr den höchsten Landeszuschuss bekommen, den sie jemals bekommen haben. – Ja, wieso denn nicht?
Was hat denn das mit Regierungshandeln zu tun? Was hat denn das mit Politik gestalten zu tun? – Das ist die logische Folge daraus, dass die Einnahmen des Landes Hessen in erheblicher Weise gestiegen sind.
Damit wir konkrete Zahlen haben, werde ich das in jeder Plenarsitzung immer wieder wiederholen: Die mittelfristige Finanzplanung, die Thomas Schäfer im Jahr 2013 für die Regierung unter der Verantwortung von Volker Bouffier und mir erstellt hat, macht, verglichen mit den Einnahmezahlen von 2013, 2014, 2015 und 2016, ein Plus von über 5 Milliarden € aus.
Wenn dann die Kommunen so viel Geld bekommen wie noch nie, ist das eine Selbstverständlichkeit und hat überhaupt nichts mit politischer Arbeit zu tun.
Sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident, es hat auch nichts mit der Arbeit Ihrer Regierung zu tun.
Wir waren überrascht, als wir in der vergangenen Woche gesehen und gelesen haben, dass die Union diesen Punkt setzt. Zum einen machen wir das in jeder Plenarsitzung. Das ist ja schon das x-te Mal, dass wir uns über die Kommunalfinanzen unterhalten. Ich habe auch irgendwie das Gefühl, dass der Union nichts Neues einfällt. Ich habe auch nicht das Gefühl, lieber Herr Kollege Schmitt – abgesehen von der Idee mit den Setzpunkten, was neu war –, dass euch etwas einfällt. Mir fällt ja auch nichts Neues mehr zu dem Thema ein. Denn es ist jedes Mal dasselbe.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Das war auch schon mal anders, Herr Kollege Hahn! – Holger Bellino (CDU): Man muss ja nicht die Redezeit ausschöpfen!)
Ich sage „Vielen Dank“ an die Kollegen von CDU und GRÜNEN, dass sie sich in dem ersten Absatz in ihrem Antrag lobend über den Kommunalen Schutzschirm ausgesprochen haben. Ja, das war eine wirklich vernünftige politische Handlungsweise der damaligen Regierung von CDU und FDP.
Wir haben gesagt: Wir nehmen über 3 Milliarden € Landesgeld in die Hand – übrigens alles schuldenfinanziert –, damit diejenigen 100 Kommunen, die am ärmsten sind, wenn sie denn wollen, freiwillig eine Entschuldung vornehmen können. – Das haben dann auch nicht alle der zunächst genannten Kommunen, aber 100 oder 99 Kommunen – das weiß der Finanzminister besser als ich – getan.
Das war eine vernünftige Sache, weil wir nämlich durch die Freiwilligkeit und durch die Tatsache, dass mit jeder einzelnen Kommune ein Abbauweg vereinbart worden ist, die Motivation oder – wie der Kollege Schmitt sagen würde – die Empathie auf kommunaler Ebene herausgekitzelt haben. Deshalb war es auch so erfolgreich. Deshalb sind auch viele Kommunen vor Ablauf der Abbaufrist bereits aus dem Kommunalen Schutzschirm wieder ausgestiegen. Denn sie haben sich da hineingekniet. Es war ihr Ding, die Schulden in ihrer Kommune zu reduzieren.
Deshalb stimmen wir Ihrem Antrag natürlich nicht zu. Was Sie jetzt machen, ist ein Zwang. Mit den berühmten Erlassen aus der Kommunalaufsicht, dem „Rosenmontagserlass“ und anderen Erlassen, haben Sie einen Zwang auf die kommunalen Mandatsträger ausgelöst, der nichts mehr mit Empathie zu tun hat, sondern genau das Gegenteil vor Ort produziert.
Es ist jetzt schon eineinhalb Jahre her, dass wir alle gemeinsam versucht haben, Kommunallisten aufzustellen. Auch darüber haben wir schon ein paarmal gesprochen. Und jeder von Ihnen hat bestätigt, dass es letztes Mal besonders schwer war, zahlreiche Menschen zu bewegen, auf die Liste einer unserer Parteien zu gehen, weil sie gesagt haben: Ich will nicht fremdbestimmt Kommunalpolitik machen. Wenn ich meine Freizeit dafür zur Verfügung stelle, dann will ich auch Gestaltungsspielraum haben. Das habe ich aber nicht mehr, weil die Steuererhöhungen gerade im Bereich der Gewerbe- und der Grundsteuer vom hessischen Innenminister als Kommunalaufsicht festgeschrieben sind. – Also auch hier sehen wir einen Wandel in der Art, wie mit den Kommunen umgegangen wird.
Jetzt haben wir gehört, dass alles gut sei. Jedenfalls haben wir das vom Kollegen Reul gehört, und wir werden das garantiert noch von der Vertreterin der GRÜNEN und vom Minister hören. Ihnen allen liegt eine Presseinformation des Hessischen Städtetages vom 22.06.2017 vor.
Es ist die Nr. 12/2017. Das sage ich für diejenigen, die einmal ganz genau recherchieren möchten. Das Pikante an der Veranstaltung ist nicht nur der Inhalt, sondern auch die Person. Es ist nämlich der Oberbürgermeister von Rüsselsheim in seiner Funktion als Präsident des Hessischen Städtetages, der meines Wissens auf alle Fälle im Präsidium der hessischen CDU sitzt,
Die hessischen Kommunen haben angesichts gewachsener Aufgaben in den letzten Jahren nur geringe Chancen gehabt, ihre Kassenkredite abzubauen. Keine Freude lösen dementsprechend steigende Schlüsselzuweisungen bei den Mitgliedern aus, die Solidaritätsumlage zu zahlen haben. Mit jeweils 74 Millionen € erwartet diese in den Jahren 2018 und 2019 jeweils wieder eine deftige Finanzierungslast.