Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe heute das Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung von Rechtsvorschriften, das sogenannte Sammelgesetz, ein.
Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs ist auch in diesem Jahr die Verlängerung der Geltungsdauer von Stammgesetzen aus den verschiedenen Ressorts. Es handelt sich dabei um insgesamt zehn Rechtsvorschriften, die nach dem etablierten Stufenmodell um jeweils fünf oder acht Jahre fortgeschrieben werden sollen.
Lediglich im Fall des Hessischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes soll die Befristung nur um vier Jahre verlängert werden, da die Regelungen in dieser Norm nach vier Jahren im Vergleich der Bundesländer überprüft werden sollen.
Zusätzlich zu diesen Verlängerungen werden geringfügige Änderungen von vier Gesetzen aus dem Bereich der Justiz aufgenommen. Es handelt sich hierbei um das Hessische Dolmetscher- und Übersetzergesetz. In diesem Gesetz muss eine spezielle Vorgabe einer EU-Richtlinie zu den Voraussetzungen für eine vorübergehende Tätigkeit von Dolmetschern und Übersetzern aus anderen Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Das Hessische Untersuchungshaftvollzugsgesetz und das Hessische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz bedürfen beide jeweils einer geringfügigen redaktionellen Anpassung.
Außerdem wurde noch eine Anpassung des Gesetzes über die hessische Rechtsanwaltsversorgung in das Sammelgesetz aufgenommen. Dabei geht es zum einen um die Aufhebung der Altersgrenze für eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Hessen, zum anderen soll das Quorum bei der Wahl der Mitglieder des Vorstands des Versorgungswerkes abgesenkt werden. Die Änderungen sind auf Wunsch des Versorgungswerkes vorgesehen und werden von den Rechtsanwaltskammern uneingeschränkt begrüßt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Hofmann für die SPDFraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nach der etwas technokratisch anmutenden Einführung in die Debatte durch die Justizministerin zu diesem Sammelgesetz einige politische Aspekte dieses Sammelgesetzes beleuchten, und das auch kritisch aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion.
Es soll etwa das Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung geändert werden, und es gab in den schriftlichen Anhörungen, die stattgefunden haben, doch einige kritische Anmerkungen zu den geplanten Änderungen im Bereich der Schuldnerberatung. Ich sage für die SPD-Landtagsfraktion deutlich: Auch angesichts der Tatsache, dass wir zum dritten Mal einen Anstieg der Zahl von Privathaushalten in Deutschland haben – auch hier in Hessen, Hessen ist im Mittelfeld, was die Verschuldung anbelangt –, ist uns eine gute, dezentrale und auskömmliche Schuldnerberatung sehr wichtig. Da ist auch wichtig, dass ein gutes Gesetz für die Schuldnerberatung vom Landtag verabschiedet wird. Deshalb werden wir diesen Aspekt im Gesetzgebungsverfahren kritisch beleuchten.
Ein zweites Gesetz ist das sogenannte Kommunalisierungsgesetz, das auch schon mehrfach Gegenstand der kritischen Auseinandersetzung hier im Haus war. Es beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Landräten und Oberbürgermeistern neue Aufgaben durch das Land übertragen wurden. Das hat stattgefunden. Das soll einfach bis zum Jahr 2025 weiter verlängert werden. Wir als SPD-Landtagsfraktion erneuern unsere Kritik, dass, wenn man Oberbürgermeistern und Landräten Aufgaben vom Land überweist, man ihnen auch entsprechend auskömmliche Mittel, die sogenannten Erstattungsbeiträge, zur Verfügung stellen muss. Das macht das Land gerade nicht – etwa im Bereich des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung, aber auch des Verbraucherschutzes.
Dritter Punkt. Das Gesetz zum freiwilligen Polizeidienst soll im Wesentlichen einfach in seiner Geltungsdauer verlängert werden. Hier darf ich für die SPD Ihnen erneut zurufen: Der freiwillige Polizeidienst ist kein Ersatz und kann kein Ersatz für hoch qualifizierte Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in unserem Land sein.
Wir brauchen nicht erst seit den Zeiten des internationalen Terrorismus mehr Polizei auf der Straße, mehr Polizei für die Sicherheit unseres Landes. Sie haben davor lange die Augen verschlossen, bis Sie jetzt etwas nachgelegt haben.
(Günter Rudolph (SPD): Auch im Vogelsbergkreis! – Zuruf von der CDU: Unglaublich! – Anhaltende Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Auch das Hessische Energiegesetz soll im Wesentlichen in seiner Geltungsdauer verlängert werden. Da lohnt sich in der Tat einmal ein Blick in die Gesetzesbegründung, wo Sie doch selbst als Landesregierung beim Energieverbrauch Selbstkritik üben müssen.
(Günter Rudolph (SPD): Was, die haben Selbstkritik geübt? – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Ja, das hat uns auch gefreut. Es wurde nämlich beim Energieverbrauch angemerkt: Da könne man mehr erreichen, mehr Anstrengungen unternehmen, und da habe man noch eine Wegstrecke vor sich.
Aber für uns gilt – das haben wir hier schon mehrfach angesprochen –: Bei Ihrer Anstrengung im Bereich der regenerativen Energien brauchen wir mehr Engagement, auch gerade im Bereich der Windenergie. Da machen Sie hier dicke Backen, insbesondere die GRÜNEN; und die CDU vor Ort torpediert diese Pläne, die torpediert den Ausbau der Windenergie vor Ort. Da sind Sie doppelzüngig unterwegs.
Das von Ihnen selbst gesteckte Ziel erreichen zu können, den Anteil erneuerbarer Energien von 12,5% auf 25 % im Jahr 2019 zu erhöhen, glauben Sie selbst nicht mehr.
Ich möchte einen letzten Aspekt benennen, den wir bei diesen Sammelgesetzen immer wieder erneuern und der nach wie vor richtig ist. Es ist dem Grunde nach richtig, sich in einem geordneten Verfahren zu überlegen, welche Rechtsvorschriften wir noch brauchen, welche unverändert weitergeführt werden können und wie wir damit geordnet um
gehen. Aber dazu gehört auch, dem Parlament, uns, der gesetzgebenden Gewalt, die nötigen Unterlagen diesbezüglich zur Verfügung zu stellen, nämlich die Evaluierungsergebnisse. Bis zum heutigen Tage legen Sie uns diese nicht vor.
Wie sollen wir als zuständiger Gesetzgeber dann darüber entscheiden, ob die Vorschrift obsolet ist, ob sie verändert werden muss oder ob sie einfach weiter laufen kann? Meine Damen und Herren, wir fordern Sie erneut auf, uns die Evaluierungsergebnisse vorzulegen, falls die Evaluation überhaupt vorgenommen worden ist, was Sie immer behaupten.
Das fordern wir von Ihnen. Das ist längst überfällig. Nur so kann es ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren geben, das wir auch fordern. Meine Damen und Herren, das einfach hier durchzuwinken wäre etwas wenig.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Justizministerin, Sie haben gerade bei der Einbringung hier gesagt, es ginge im Wesentlichen um die Verlängerung der Geltungsdauer von Gesetzen, die ansonsten auslaufen würden, und um die eine oder andere redaktionelle Anpassung. Wenn Sie damit recht hätten, müsste ich heute gar nicht dazu reden. Es stimmt aber leider nicht, was Sie gesagt haben.
Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen: Es ist nicht unbedingt ein Problem, einen Gesetzentwurf mit vielen anderen in einen Topf zu werfen, wenn lediglich die Geltungsdauer eines Gesetzes verlängert oder redaktionelle Änderungen vorgenommen werden sollen. Es ist auch nicht wirklich ein Problem, ein Gesetz in ein solches Sammelgesetz zu nehmen, das zwar inhaltlich geändert werden soll, aber an dem nur wenige inhaltliche Änderungen vorgenommen werden sollen, solange klargestellt wird, dass und welche inhaltlichen Änderungen vorgenommen werden.
Meine Damen und Herren, verehrte Justizministerin, es ist kein guter Stil, größere inhaltliche Änderungen in einem solchen Sammelsurium zu verstecken und diese auch noch zu verschleiern, wie hier einmal wieder geschehen. Ich rede über Art. 6. Da geht es um das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz. Auf dem Deckblatt kündigen Sie eine inhaltliche Änderung an.
Im letzten Satz der Begründung dieser Änderung heißt es aber dann, es gebe keine inhaltliche Änderung, sodass sich „eine Drittbeteiligung“ erübrigen würde. Das ist ein Wi
derspruch. Das hätten wir Ihnen ja nicht einmal nachgetragen, wenn das rechtsstimmig gewesen wäre, wenn die Begründung kongruent zur Änderung wäre. Aber auch das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen das verdeutlichen. Sie nehmen in Ihrer Begründung lediglich Bezug auf eine redaktionelle Unstimmigkeit und begründen Ihre Änderung damit, dass die Möglichkeit der elektronischen Überwachung zweifelsfrei bei allen vollzugsöffnenden Maßnahmen gegeben sein soll. Da sei bei der letzten Änderung lediglich die Anpassung versäumt worden.
Jetzt schauen wir uns aber einmal genauer an, was Sie ändern wollen: Sie ermöglichen nämlich durch die Änderung, die Sie jetzt vornehmen, nicht nur eine elektronische Überwachung, sondern ganz grundsätzlich das Erteilen von Weisungen im offenen Vollzug und bei der Ausführung der Untergebrachten. Das ist eine wesentliche Änderung, die Sie hier vornehmen, und das versuchen Sie zu verschleiern.
Aktuell sind der offene Vollzug und die Ausführung ausdrücklich vom Weisungsrecht ausgeschlossen. In der Gesetzesbegründung von damals wird dies damit erklärt, dass in diesen Fällen Weisungen erkennbar keinen Sinn machen. Auch weil das Nichtbefolgen von Weisungen einen Widerruf der vollzugsoffenen Maßnahmen begründen kann, ist das jetzt eine relevante inhaltliche Änderung, die weit über das hinausgeht, was Sie in ihrer Begründung darlegen.