Wir haben in Hessen in unserer Kommunalpolitik im Wesentlichen drei Ziele und drei Ansatzpunkte: erstens, die Investitionskraft in den hessischen Kommunen zu stärken; zweitens, den hessischen Kommunen beim Schuldenabbau zu helfen; und, ganz wichtig, drittens, eine dauerhafte verlässliche Finanzierung zu sichern. Genau daran arbeiten wir in dieser Koalition seit 2014 und sind schon ein gutes Stück weitergekommen.
Der Kommunale Schutzschirm war noch in der letzten Legislaturperiode und hat den Kommunen schon 3,2 Milliarden € an Finanzhilfen gegeben. Im Kommunalen Finanzausgleich haben wir zum ersten Mal – das zur Erklärung – festgestellt, wie hoch der Bedarf der Kommunen ist, welche Aufgaben sie haben, die Gemeinden, die Städte und die Landkreise, und wie viel Geld sie dazu brauchen. Das
ist berechnet worden. Seitdem wir den neuen KFA haben, erhalten die Kommunen so viel Geld vom Land Hessen, wie sie brauchen, um diese Aufgaben zu erfüllen, nämlich das, was sie selbst nicht durch eigene Einnahmen erwirtschaften können.
(Zuruf von der LINKEN: Sind die Kommunen auch dieser Meinung? – Zuruf des Abg. Rüdiger Hol- schuh (SPD))
Das bedeutet, wir haben schon für eine bedarfsgerechte dauerhafte Finanzausstattung der Kommunen gesorgt.
Die Investitionskraft der Kommunen stärken wir mit unseren Investitionsprogrammen, das sind KIP I und KIP II – Herr Kollege Reul hat auch schon die Summen genannt; das will ich jetzt nicht wiederholen. Wenn jetzt jemand ruft: „Es reicht nicht, es muss noch mehr Geld sein“, dann empfehle ich Gespräche mit kommunal Verantwortlichen, die die Investitionen umsetzen, die die Planung machen. Fragen Sie sie, wie die Situation gerade ist. Sie sagen nämlich, dass die Situation im Moment gut ist und sie ausreichend Geld für ihre Investitionen hätten. Wir haben nämlich eine gute allgemeinwirtschaftliche Lage, wir haben eine gute Konjunktur. Die Handwerksbetriebe sind ausgelastet.
Wenn wir die Kommunen jetzt mit noch mehr Geld zuschmeißen würden, würden sie keine Handwerker, keine Architekten und keine Bauingenieure mehr bekommen, die das alles umsetzen. Wir machen das Stück für Stück, so, wie es die Kommunen auch umsetzen können.
Es sind ein andauerndes und systematisches Stärken der Kommunalfinanzen durch den KFA, die dauerhafte Finanzierung, und durch Investitionsmittel in die Kommunen und in den Bildungsbereich die punktuelle Finanzierung.
Jetzt blieb ein Problem, nämlich die hohen Kassenkredite. Die sind ein Problem in Hessen gewesen, das hat auch die Studie der Bertelsmann Stiftung richtig festgestellt. – Herr Schmitt, allerdings wusste die Bertelsmann Stiftung bei der Veröffentlichung anscheinend noch nicht, dass wir die Hessenkasse geplant haben; denn sie fordert in der Veröffentlichung:
Angesichts der guten Konjunktur und minimalen Zinsen ist die Gelegenheit gekommen, über eine große Lösung der Kassenkredite nachzudenken.
Genau mit der Schlussfolgerung der Bertelsmann Stiftung, was in Hessen zu tun ist, haben wir schon angefangen.
Die Kassenkredite sind deshalb besonders problematisch, weil sie eine Zeitbombe sind. Wir haben aktuell immer noch ein absolut niedriges Zinsniveau. Ich nenne zwei Beispiele, was das konkret bedeuten könnte:
Die Stadt Darmstadt hat 280 Millionen € Kassenkredite; das ist so, als ob Sie Ihren Dispokredit in Anspruch nehmen würden. Das ist ziemlich viel, aber es ist ja auch eine große Stadt. Bei 0,2 % Zinsen wäre das eine jährliche Zahlung von gut 700.000 €. Bei 2 % wären es 5,6 Millionen €.
Offenbach hat etwa 384 Millionen € Kassenkredite. Bei 0,2 % Zinsen wären es 960.000 € pro Jahr. Aber wenn die Zinsen auf 2 % steigen sollten, wären es 7,68 Millionen € pro Jahr.
Diese Gefahr der steigenden Zinsausgaben, die in den hohen Kassenkrediten liegt, die jeden Haushalt sprengen würden, wollen wir den Kommunen abnehmen. Genau das ist der richtige Weg.
Jetzt ist auch der richtige Zeitpunkt dafür; denn aktuell sind die Zinsen niedrig. Deshalb kann das Land über eine Finanzierung der WIBank ausgezeichnete Konditionen erhalten, um die langfristige Verschuldung günstig zu finanzieren. Für die Kommunen heißt das: 6 Milliarden € Kassenkredite – das ist der hohe Stand – gehen zum 1. Juli 2018 runter auf null. Dann finanziert das Land Hessen das zusammen mit den Kommunen.
Klar ist: Es gibt einen Eigenbeitrag. Das sind 25 € pro Einwohner und Jahr. Natürlich beteiligen sich die Kommunen an der Tilgung. Aber das Land legt noch einmal 25 € drauf und trägt die Zinsen. Das heißt, wir werden gemeinsam die alten Kassenkredite abzahlen, und nach 30 Jahren sind sie vollständig getilgt.
Warum sind die 25 € so wichtig? – Weil die nominale Belastung gleich bleibt. Das ist für die Kommunen genial, das ist planbar. Wenn die Nominalbelastung gleich bleibt, ist es ähnlich wie bei einem Annuitätendarlehen:
Sie zahlen immer denselben Betrag. Der Wert wird im Zeitablauf aber immer niedriger, weil die Haushaltsvolumina steigen und weil wir auch Inflation haben.
Also: Für die Kommunen ist es verlässlich, es ist gut planbar, und der Eigenanteil ist eine tragbare Belastung.
Ich möchte noch kurz auf einige Bemerkungen von vorhin eingehen. Herr Reul hatte Beispiele von Kommunen genannt, die trotz ihrer Finanzschwäche keine Kassenkredite aufgebaut haben. Herr Schmitt oder Herr Schalauske – ich weiß nicht mehr, wer es war – sagte, das seien schlechte Beispiele.
Dann nenne ich ein anderes Beispiel aus meinem Wahlkreis, dem Vogelsbergkreis. Wir haben zwei Mittelzentren, Alsfeld und Lauterbach. Die sind von der Größe her in etwa vergleichbar. Lauterbach hat 14.000 Einwohner, Alsfeld 16.000. Lauterbach hat null Kassenkredite, Alsfeld 10 Millionen €. Das kann man nicht mit unterschiedlichen Städten erklären. Im Gegenteil, sie sind in ihrer ganzen Struktur sehr ähnlich.
Man muss wirklich sagen: Manche Kommunen haben es trotz ihrer Finanzschwäche, trotz niedriger Einnahmen geschafft, keine hohen Kassenkredite aufzubauen; andere haben sie aufgebaut.
Dass wir denjenigen, die hohe Kassenkredite haben, jetzt trotzdem helfen, ist absolut richtig; denn jetzt, wie gesagt, ist der Zeitpunkt, diese Kredite abzulösen und abzubauen.
Die Schlussfolgerung ist aber: Für die anderen müssen wir auch etwas tun. Diejenigen, die sehr sparsam waren, die vielleicht auch bei Ausgaben gespart haben, die sich andere Kommunen geleistet haben, bekommen ein Sonderinvestitionsprogramm in Höhe von 500 Millionen €. Das finde ich genau richtig; denn das ist eine faire Behandlung aller Kommunen. Die finanzschwachen, die keine Kassenkredite haben, erhalten von uns noch einmal zusätzliches Geld.
Die Hessenkasse finanziert deshalb, weil sie in die Gesamtstrategie eingebunden ist: dauerhaft gute Finanzierung, Schuldenabbau und Investitionen ermöglichen. Wenn jetzt irgendjemand sagt, die Kommunen könnten ihren Eigenanteil nicht tragen, dann ist das Quatsch. Das können sie sehr wohl. Die Kommunen haben steigende Einnahmen, und außerdem erhalten sie eine bedarfsgerechte Finanzierung. Das heißt, die Risiken der schwankenden Einnahmen aus der Vergangenheit gibt es in den hessischen Kommunen gar nicht mehr. Deshalb ist die Hessenkasse das nächste sinnvolle Instrument in einer guten Gesamtstrategie zur Unterstützung unserer hessischen Kommunen.
Ein Problem hat jetzt vielleicht die Opposition, weil wir in finanzieller Hinsicht so viel getan haben. Die Schülerinnen und Schüler in den Grundschulen werden durch den Pakt für den Nachmittag betreut, und es gibt nun auch noch gebührenfreie Kitas. Da bleibt der Opposition wenig. Aber das ist, wie gesagt, nicht unser Problem.
Vielen Dank, Frau Kollegin Goldbach. – Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Michael Siebel, SPD-Fraktion, gemeldet. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Goldbach, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich Ihren Satz – den ich sinngemäß zitiere –: „Wenn wir jetzt die Kommunen mit noch mehr Geld zuschmeißen, können sie das gar nicht umsetzen“, in der Tat für einen ziemlichen Knaller halte, den Sie hier zum Besten gegeben haben.
Frau Goldbach, das zeugt davon, dass Sie offensichtlich wenig Verständnis von den realen Situationen in den Kommunen haben
der Kollege Weiß sagt: keine Ahnung –, von fehlenden Sanierungsmitteln für die Schulen, von fehlenden Sanie
rungsmitteln für kommunale Straßen. Wir haben einen Investitionsstau in den Kommunen, den Sie nicht erhoben haben. Dazu nehmen Sie nicht die probaten Mittel in die Hand, und das muss kritisiert werden. – Mein erster Punkt.
Mein zweiter Punkt: Ich habe die Diskussion bisher sehr aufmerksam verfolgt. Keine Rednerin und kein Redner der Regierungsfraktionen ist auf die Frage des Kollegen Schmitt eingegangen. Sind die Zahlen, die er benannt hat, richtig oder falsch? Ist es richtig oder falsch, dass vier Fünftel dessen, was Sie jetzt mit der Hessenkasse machen, von den Kommunen getragen werden und lediglich ein Fünftel von der Landesregierung übernommen wird? Das ist die Kernfrage vor dem Hintergrund dessen, was Sie zu besorgen haben.
Frau Goldbach, noch eine Bemerkung, weil Sie Darmstadt zitiert haben: Ich lobe selten die Regierung in Darmstadt. Aber der Kämmerer dort – fairerweise muss ich das sagen – hat jetzt die Kassenkredite in langfristige Kredite umgeswitcht. Das ist verantwortliche kommunale Selbstverwaltung, was die Kassenkredite betrifft. Das möchte ich Ihnen gerne in Ihre Rede geschrieben haben. – Herzlichen Dank.