Hilfreich wäre es, wenn wir im Landtag über die Gesetzentwürfe, nicht über die Verlautbarungen diskutieren könnten. Das wäre ein sachgemäßes Verfahren.
(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): In der Volksrepublik war das noch anders! Da wurden die Anträge noch ordentlich diskutiert!)
Aber, ich glaube, für Jubel wird es ohnehin kaum Anlass geben; denn Ihre Hessenkasse wird voraussichtlich nichts anderes sein als das, was wir in anderen Zusammenhängen eine sogenannte „Bad Bank“ nennen. Hier geht es also um eine „Bad Bank“ für die hessischen Kommunen, die überhaupt erst deswegen notwendig ist, weil die schwarz-gelbe und dann die schwarz-grüne Landesregierung die Finanzen der hessischen Kommunen an die Wand gefahren haben.
Sie feiern sich jetzt dafür, dass Sie planen, einen Teil der Schäden, die Sie zu verantworten haben, die Sie überhaupt erst angerichtet haben, zu beseitigen.
Ihr Vorhaben, soweit wir es denn jetzt kennen, scheint auch nur deshalb zu funktionieren, weil die Konjunktur gut läuft. Nur deshalb reichen die Steuereinnahmen im Moment halbwegs aus, um wieder einen Normalzustand herzustellen. Sie wollen jetzt die Kassenkredite der Kommunen dauerhaft reduzieren, die Kassenkredite, die nur angelaufen sind, weil die Landesregierungen, sowohl die schwarz-gelbe als auch die schwarz-grüne Landesregierung, die Kommunen nicht ausreichend finanziert haben.
Die Höhe der Kassenkredite ist erst einmal doch nur eine abstrakte Zahl, aber eine Zahl mit ganz konkreten Folgen. Konkret bedeutet das vielerorts, dass die von Ihnen auch in Ihrem Antrag so gelobten Kommunalpolitiker in den letzten Jahren faktisch doch nur entscheiden konnten, ob sie zuerst die Kitabeiträge erhöhen oder die Schwimmbäder schließen.
Mittlerweile besteht diese Wahl schon jetzt in vielen Kommunen gar nicht mehr. Die sogenannten „freiwilligen Leistungen“ sind auf ein Mindestmaß gestrichen und dringend benötigte Investitionen unterlassen worden. Was droht jetzt mit der Hessenkasse? – Es droht eine weitere Verschärfung dieser Kürzungspolitik.
Was passiert denn, wenn die Kommunen, deren Kassenkredite nun übernommen werden, ihren Anteil zur Tilgung nicht erwirtschaften können? – Darauf hat Herr Kollege Schmitt hingewiesen. Was passiert, wenn sie zur Aufgabenerfüllung neue Kassenkredite brauchen? – Es ist zu befürchten, dass Sie infolge Ihrer unsäglichen Schutzschirmtradition die kommunale Selbstverwaltung noch weiter aushebeln und die Kommunen zu einer neuen Kürzungsrunde zwingen.
(Manfred Pentz (CDU): Die Sozialisten wissen alles besser! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Seien Sie vorsichtig, sonst zitiere ich Sie!)
Wieder sind die Leidtragenden die hessischen Bürgerinnen und Bürger. Das droht mit der sogenannten Hessenkasse.
Im Übrigen sieht Generationengerechtigkeit, die Sie heute auch im Munde führen, ganz anders aus. Generationengerechtigkeit ist eben nicht, den hessischen Bürgerinnen und Bürgern eine marode Infrastruktur und einen gigantischen Investitionsstau in den Kommunen zu hinterlassen.
Sie belobigen sich immer wieder für Ihre Kommunalinvestitionsprogramme, aber das ist geradezu absurd.
Einerseits räumen Sie ein, dass Sie das vorwiegend mit Mitteln des Bundes und der Kommunen finanzieren. Andererseits ist doch die ständige Notwendigkeit irgendwelcher Sonderprogramme nicht weniger als eine Bankrotterklärung – eine Bankrotterklärung, die belegt, dass Ihre Infrastruktur- und Investitionspolitik gescheitert ist.
Wer die Kommunen regelmäßig so ausstattet, dass sie ihre freiwilligen und Pflichtaufgaben erfüllen können und trotzdem in der Lage sind, die Infrastruktur zu erhalten, der braucht solche plötzlichen Sonderprogramme gar nicht erst, die ohnehin zu klein sind.
Dazu komme ich noch. – In der vergangenen Woche hatten wir eine Anhörung zum Kommunalinvestitionsprogramm II. Einige von Ihnen haben daran teilgenommen. Dort hat der Direktor des Hessischen Städtetags mehr oder minder deutlich erklärt, dass er es für unnötig hält, den Investitionsbedarf der hessischen Kommunen zu beziffern.
Das hat er im Unterschied zu vielen anderen Experten getan. Warum? – Seine Begründung war: weil schlicht und ergreifend das Problem mittlerweile so groß ist, dass nicht zu erwarten ist, dass überhaupt genügend Geld zur Verfügung gestellt wird, um diesen gigantischen Investitionsstau in Angriff zu nehmen. Anders ausgedrückt: Der Investitionsstau ist in Hessen mittlerweile so groß, dass nicht mehr absehbar ist, wann, wie und ob er überhaupt aufgelöst werden kann.
Deswegen wäre es notwendig, eine Analyse über den kommunalen Investitionsbedarf in Hessen zu unternehmen. Sie kennen die Zahlen von Experten, die den bundesweiten Bedarf auf über 100 Milliarden € schätzen. Klar ist aber in jedem Fall, Ihre Programme in Form von KIP I und II sind und bleiben völlig unzureichend.
Allein für die Investitionen in Schulgebäude in Wiesbaden und Frankfurt braucht es zusammen schon mehr finanzielle Mittel, als Ihre beiden Programme hergeben. Damit wollen Sie allen Ernstes die Investitionen in allen hessischen Kommunen ankurbeln. Ich finde, Sie sollten eine ordentliche Bedarfsanalyse organisieren, statt alle paar Wochen Investitionsprogramme anzukündigen.
Auch die Ankündigung von weiteren Sonderinvestitionen im Rahmen Ihrer Hessenkasse ist letztlich nichts weiter als ein Eingeständnis, dass KIP I und II nicht reichen. Es droht den Kommunen, stärker unter die Fittiche des Landes genommen und unter Kürzungsdruck gesetzt zu werden, wenn Sie sie dafür so loben, dass sie sich schon vorher kaputtgespart haben.
Es mag der öffentlichen Vermarktung Ihrer Politik gut dienen, ich finde es aber mehr als bedenklich, dass die Kommunen letztlich von der Spendierlaune dieser Landesregierung abhängen. Spätestens wenn sich eines Tages die Konjunktur wieder abkühlt, drohen erneut Kürzungswellen in den Kommunen.
Was wir mit diesen Programmen wie auch mit der Hessenkasse erleben, das ist letztlich eine Politik nach Gutsherrenart. Wenn es dieser Landesregierung in den Kram passt, dann macht sie generös auch einmal ein paar Krümel locker. Das ist aber nicht die Politik, die wir uns für die hessischen Kommunen vorstellen. Wir wollen die hessischen Städte, Landkreise und Gemeinden dauerhaft mit ausreichenden Mitteln für freiwillige und Pflichtaufgaben ausstatten. Wir wollen, dass die Kommunen genügend Geld haben, um in die Infrastruktur zu investieren.
Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung ernst nehmen, sie nicht von der Kassenlage des Landes abhängig machen, sondern wir wollen eine Gestaltung des Gemeinwesens ermöglichen.
(Manfred Pentz (CDU): Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch LINKE auf! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Auch nicht Herr Pentz! – Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)
Das nehmen wir zur Kenntnis. – Dafür braucht es mehr Geld. Wie wir mehr Geld für die Kommunen organisieren können, dazu empfehle ich Ihnen die Steuerpläne des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Er hat, auch wenn er
nicht ganz so weit geht wie wir, schon letzte Woche vorgerechnet: Wenn man die Superreichen in diesem Land stärker belasten würde, wären im Land Hessen Mehreinnahmen von über 2 Milliarden € möglich, für die hessischen Städte, Gemeinden und Kommunen über 1 Milliarde €. – Das ist der richtige Weg. Wir müssen die Reichen und Superreichen in dieser Gesellschaft stärker besteuern und die Kommunen auskömmlich finanzieren. Dazu leisten Sie leider wenig.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss erst noch einmal direkt auf Herrn Schalauske von der LINKEN antworten. Ihre ewige Behauptung, in Hessen verrotteten alle Schulen, ist manchmal so absurd, dass es schon witzig ist.
Letzte Woche war ich zu einer Podiumsdiskussion in einer hessischen Schule in Lollar, in der Clemens-BrentanoSchule. Das ist eine tolle Schule, die gerade mit Landesund Bundesmitteln top saniert wird und eine riesige Veranstaltungshalle bekommt.
(Marjana Schott (DIE LINKE): Wie gut, dass es auch noch ein paar Sanierungsmaßnahmen in Schulen gibt!)
Die Schülerschaft und die Lehrer sind darüber sehr glücklich. Dann stellt sich ein LINKER hin und sagt: „In Hessen verrotten alle Schulen.“ – Mehr muss man dazu nicht sagen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der LINKEN: 900 Millionen € Sanierungsbedarf allein in Frankfurt!)
Das, was Sie als Zustand beschreiben, ist ein Zustand, den Sie gerne hätten, um sich zu profilieren. Wir sind aber in Hessen auf einem ganz anderen Weg.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Horst Klee (CDU): Die sind völlig an der Realität vorbei!)
Wir haben in Hessen in unserer Kommunalpolitik im Wesentlichen drei Ziele und drei Ansatzpunkte: erstens, die Investitionskraft in den hessischen Kommunen zu stärken; zweitens, den hessischen Kommunen beim Schuldenabbau zu helfen; und, ganz wichtig, drittens, eine dauerhafte verlässliche Finanzierung zu sichern. Genau daran arbeiten wir in dieser Koalition seit 2014 und sind schon ein gutes Stück weitergekommen.