Das bedeutet, dass das Schulsystem nicht von Land zu Land unterschiedlich sein kann. In Deutschland finden wir ein völlig zerklüftetes und uneinheitliches Schulsystem, eine uneinheitliche Schullandschaft vor. Wirkliche Vergleiche zwischen den Bundesländern sind schon gar nicht mehr möglich. Sie können noch nicht einmal die Schule innerhalb Deutschlands wechseln, ohne Gefahr zu laufen, dass Sie nicht mehr mitkommen,
da jedes einzelne Land eigene Schultypen und -formen entwickelt hat. Dabei ist doch gerade die Mehrgliedrigkeit das Hauptproblem.
Ja, ich weiß, dass ich in einer anderen Welt lebe als Sie. Das ist mir völlig klar. Für die Welt, in der ich lebe, stehe ich hier auch.
Anstatt von anderen Ländern zu lernen, die ihre Kinder nicht nach der 4. Klasse aussondern, lassen wir es zu, dass unsere Kinder viel zu früh willkürlich in Bildungsbahnen gedrängt werden. Der hessische Grundschulverband sagt übrigens, dass Lehrkräfte nach der 4. Klasse überhaupt keine zuverlässige Prognose über die Schullaufbahn abgeben können. Das heißt, diejenigen, die aussortieren müssen, wissen selbst, dass sie es nicht sollten und dass sie es nicht können. Da stimmt doch irgendetwas nicht.
Wir brauchen tatsächlich eine gemeinschaftlich verstandene Bildungspolitik, meine Damen und Herren. Inhalt ist das gemeinsame Lernen von der 1. bis zur 10. Klasse. Das bedeutet eine echte Ganztagsschule in Kooperation mit Vereinen und anderen Partnern. Wir brauchen inklusiven Unterricht an allen Schulen. Diese Aufgaben sollten auf gleichem Niveau in allen Ländern gelöst werden und auch gleich finanziert und gesichert sein.
Denn nur damit entkoppeln wir den Zusammenhang zwischen sozialer und finanzieller Herkunft und dem Bildungserfolg. Nur so entzerren wir den derzeitigen Konkurrenzkampf um gut ausgebildete Lehrkräfte. Nur so kommen wir gegen die immer weiter boomenden Privatschulen an, denen immer mehr Eltern ihre Kinder anvertrauen – nicht weil sie Privatschulen so toll finden, sondern weil sie vom öffentlichen Schulsystem enttäuscht sind.
Meine Damen und Herren, mit der Schule ist es nicht getan. Kindertagesstätten dürfen die Eltern auch nichts kosten; denn die frühkindliche Bildung ist elementar für den weiteren Bildungsverlauf. Da darf auch nicht herumgezetert werden, welche Bundesländer auf Kosten anderer Bundesländer Kindergartenbesuche gebührenfrei stellen.
Das geht bis hin zu den Studienplätzen. Die FDP hat übrigens in NRW damit geworben, Studiengebühren wieder einzuführen. Das ist ein tolles Wahlkampfthema.
Dass Bildung wichtig ist, darin sind sich alle einig. Aber niemand möchte sie gebührend finanzieren. Sie sprachen von 3 Milliarden €. Aber das ist noch nicht gesetzt. Den Betrag kann man doch verändern, den kann man doch erhöhen.
Ich komme zum Schluss. – Mit dieser Zerklüftung, mit dieser Unterfinanzierung, mit diesem falschen Blick auf Bildungschancen muss endlich Schluss sein. Daher unterstützen wir den Antrag der SPD.
Das ist ja auch verständlich. Wenn man in den Umfragen so weit zurückliegt – Ihr eigener Außenminister hat ja heute Morgen das Rennen um das Kanzleramt offiziell für verloren erklärt –, dann muss man einfach versuchen, von irgendwoher noch ein weißes Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, egal wie struppig es bei näherem Hinsehen ausschauen mag. Und um ein solches „Wahlkampfkaninchen“ handelt es sich auch bei der sogenannten Bildungsallianz der SPD.
Man packt einfach alles zusammen, was einem in einem bestimmten Bereich attraktiv erscheint, füllt alten Wein in einen neuen Schlauch, klebt ein wohlklingendes Etikett darauf und hofft, dass in den nächsten dreieinhalb Wochen niemand allzu genau nachschaut, was in Wahrheit dahinter ist.
Denn die Wahrheit ist, meine Damen und Herren: Das ist nicht viel. Keiner der sieben Eckpunkte ist wirklich neu.
Mit dem Versprechen, dass der Staat in Zukunft einfach alles im Bildungsbereich bezahlen soll, zieht Herr Schulz jetzt schon seit Monaten durch die Lande, ohne damit Erfolg zu haben.
Der Rechtsanspruch auf Betreuung im Grundschulalter findet sich genauso im Wahlprogramm der Union. Nur am Rande will ich allerdings anmerken: Ich finde es schon interessant, dass das Papier der Bundes-SPD ausdrücklich die Freiwilligkeit der Teilnahme an Ganztagsangeboten betont und keineswegs, wie die hessischen Sozialdemokraten, die gebundene Ganztagsschule als Allheilmittel propagiert.
Wenn es um die Stärkung der Berufsorientierung und die sozial indizierte Unterstützung von Brennpunktschulen geht, dann kann ich nur sagen: Schön, dass sich die Bundes-SPD ein Beispiel an unserer Politik in Hessen nimmt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marius Weiß (SPD): Das kann ja wohl nicht wahr sein!)
Für die Sanierung von Schulgebäuden gibt der Bund schon jetzt 3,5 Milliarden €. Dafür sind wir dankbar; ich habe Herrn Degen versprochen, das zu sagen.
Aber das ist zugleich der beste Beweis dafür, dass das Grundgesetz solchen Initiativen keineswegs im Wege steht, meine Damen und Herren. Deswegen ist es eine bloße Ausrede, wenn in dem Papier der SPD zu lesen ist, eine nationale Bildungsallianz werde es ohne eine neue Bundeskompetenz nicht geben können. In Wahrheit geht es Ihnen nur darum, die Bildungspolitik nach Ihren Vorstellungen zu zentralisieren, und dazu dient der standardmäßige Lockruf der Opposition: Wenn wir drankommen, gibt es mehr Geld. – Aber wie viel Geld gäbe es denn?
Das ist auch sehr interessant. Die SPD schreibt selbst in ihrem Papier, dass von 2018 bis 2021 Länder und Gemeinden mindestens 360 Milliarden € für Kitas, Horte und Schulen aufwenden werden. Sie will in derselben Zeit noch einmal 12 Milliarden € zusätzlich mobilisieren. 12 Milliarden € gegenüber 360 Milliarden €, das sind 3 %. Für eine Steigerung von 3 % dieser Aufschlag? Das ist Ihre nie da gewesene nationale Kraftanstrengung? Dafür fordern Sie als Landespolitiker hier Ihre eigene Überflüssigkeit? Darüber würde ich vielleicht doch noch einmal nachdenken.
Der Clou des Ganzen sind jedoch die einheitlichen Leistungsmaßstäbe und gleich schweren Prüfungsaufgaben, mal abgesehen davon, dass die Länder mittlerweile längst dorthin unterwegs sind. Wer hat sich denn jahrzehntelang gegen Leistungsvergleiche unter den Ländern gewandt?
Wer hat denn noch vor wenigen Jahren einen Orthografievergleich der Länder verhindert? Wer sperrt sich denn bis heute gegen einen Staatsvertrag der Länder mit gemeinsamen Anforderungen an das Abitur? Das sind doch dieselben SPD-Ministerpräsidenten, die jetzt dieses hochtrabende Papier unterschrieben haben.
Es gibt einen einfachen Grund dafür. Ich zitiere jetzt eine externe Autorität, nämlich den neuen Vorsitzenden des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Er hat es in einem Interview dieser Tage auf den Punkt gebracht:
Zwischen Schülern in Bremen und Sachsen liegt in der 9. Klasse konstant ein Leistungsunterschied von eineinhalb Schuljahren.