Eine Partei, die möglichst keine Klassenarbeiten will, keine Hausaufgaben, die das Sitzenbleiben abschaffen will, die ein Problem mit Leistung und Elite hat, diese Partei will uns sagen, was wir zu tun und zu lassen haben.
Sie sagen: Wo es Sinn macht, muss der Bund helfen, Bildung besser zu machen. – Da ist der Heilsbringer Sankt Martin. Alle haben auf ihn gewartet. Die Kultusminister sind offensichtlich unfähig, die Probleme zu lösen. Alles wartet auf Martin aus Würselen.
Das ist eine Ohrfeige für alle Kultusminister der Sozialdemokratie. Was bedeutet denn eigentlich, wie Sie es formulieren, „Bildung besser machen“? Wer definiert eigentlich, was besser ist? Sind es diejenigen, die für Nivellierung sind, für Leistungsabbau und Einheitslehrpläne? Der liebe Gott und der Wähler mögen verhüten, dass das am 24. September passiert.
Erstens. 2006 haben Sie die strikte Trennung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern mit beschlossen.
Zweitens. Hätten wir den Föderalismus nicht, hätten wir seit den Siebzigerjahren integrierte Gesamtschulen flächendeckend.
Drittens. Sie hätten in der zweiten Großen Koalition entsprechende Unternehmungen machen können. Sie hatten Regierungsbeteiligungen in zwölf Ländern. Sie haben es nicht gemacht. Sie blasen jetzt vier Wochen vor der Wahl einen roten Luftballon auf, wohl wissend, dass er bereits geplatzt ist, weil Sie eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat und Bundestag benötigen.
Viertens. Was sagt der Kanzlerkandidat der SPD dazu? – „Wir werden die nationale Bildungsallianz auf den Weg bringen, egal wie.“ Was hat denn dieser Herr eigentlich für ein Rechtsverständnis, wenn er sagt: „Wir werden die nationale Bildungsallianz auf den Weg bringen, egal wie“? – Diese Frage müssen Sie beantworten.
Fünftens. Die CDU ist für Wettbewerb. Bildungspolitik ist ein Standortfaktor – positiv wie in Bayern oder Hessen, negativ wie in Berlin, Bremen, Hamburg oder NordrheinWestfalen. Wenn es in die Berliner Schulen hineinregnet, ist das schlimm genug, aber dann ist es primär ein Berliner Problem und nicht ein hessisches Problem. Schule und Bildung sind überragend wichtig, und deshalb brauchen wir den Wettbewerb.
sondern ein Subsidiaritätsprinzip. Was vor Ort entschieden werden kann, soll vor Ort entschieden werden.
Lassen Sie mich abschließend einige wenige Sätze zu den schulzschen Zahlen sagen. Er spricht von 12 Milliarden €. Im Kleingedruckten steht: 3 Milliarden € pro Jahr. 3 Milliarden €, aufgeteilt auf 16 Bundesländer, sind rund 200 Mil
lionen € für Hessen, aufgeteilt auf die 25 Schulträger, sind das rund 8 Millionen €. Für uns als Lahn-Dill-Kreis sind das grob 8 Millionen €.
(Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsi- denten – Norbert Schmitt (SPD): Wie hoch ist denn der Bedarf?)
KIP-I- und KIP-II-Programm von Bund und Land ergeben gemeinsam 35 Millionen €. Das macht insgesamt 90 Millionen € im Vergleich zu Ihren 8 Millionen €.
Dann wollen Sie von den 12 Milliarden € Folgendes bezahlen: 1 Million zusätzliche Ganztagsplätze an Grundschulen. 60.000 sind es für Hessen. Bei ungefähr 20 Schülern pro Lehrkraft entspricht das 3.000 Lehrern, die wir benötigen. Auf den Bund hochgerechnet, sind es 50.000. Sie wollen flächendeckend digitale Medien für jedermann. Sie wollen drittens ein umfangreiches Ausbau-, Sanierungsund Modernisierungsprogramm für moderne Schulgebäude.
Wir haben in Hessen 2.000 Schulen. Bundesweit sind es geschätzte 30.000 bis 40.000 Schulen. Das alles wollen Sie modernisieren. Sie nennen keine Zahlen. Das alles wollen Sie mit 3 Milliarden € im Jahr machen.
Sie wollen schließlich mehr multiprofessionelle Teams. Der Bund baut Schul- und Sozialarbeit und Jugendarbeit aus. Es gibt 800.000 Schüler in Hessen. Wenn man es durch 20 Schüler teilt, sind das 40.000 Klassen. Bundesweit sind es 600.000 Klassen. Sie wollen multiprofessionelle Teams. Wie viele wollen Sie denn, für welche Schüler?
Über welche Größenordnung reden Sie denn? Das sind potemkinsche Dörfer, Luftschlösser, vorprogrammierter Wahlbetrug oder auch Scharlatanerie.
Ein letzter Satz, Herr Präsident. Wir brauchen keine erneuten Experimente zulasten unserer Kinder, die nur eine einzige Schulzeit haben.
Sie haben es nicht verdient, erneut als Versuchskaninchen einer gescheiterten Einheitsideologie zu dienen. Deshalb lehnen wir diese Vorstellung Ihrerseits ab.
Überall dort, wo die Union regiert, geht es den Schülern besser. Hessen bleibt Hessen, Bayern bleibt Bayern, und wir wollen dafür sorgen, dass in Hessen auch weiterhin die Schulpolitik auf dem Vormarsch ist. Wir brauchen keinerlei Belehrungen von Ihnen aus Berlin. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war jetzt eine schöne Vorstellung. „Mir san mir“ ist eigentlich bayerisch und nicht hessisch, aber egal. Sie wollen eine Spitzenposition in der Bildung, aber Sie wollen ein zerklüftetes Schulsystem, das bundesweit überhaupt nicht vergleichbar ist und auch gar nicht kompatibel.
Dann sind Sie für Wettbewerb. Jetzt frage ich Sie: Was ist denn mit den Wettbewerbsverlierern? Hessen ist ja nicht vorn. Ich habe Ihrer Rede entnommen, dass Ihnen die Wettbewerbsverlierer ziemlich egal sind. Uns sind sie nicht egal.
Denn Bildung muss für alle gelten. Es kann nämlich nicht sein, dass eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wie die Bildung, also Inklusion, die Integration und vor allem auch der Abbau sozialer und finanzieller Bildungshürden, den Haushaltsmöglichkeiten eines einzelnen Bundeslandes anvertraut ist.
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Sie dürfen nicht dem politischen Willen oder Unwillen der einzelnen Länder überlassen werden, besonders dann, wenn die Vertreter solche Reden halten wie hier Herr Irmer.
Bildung muss in Deutschland anders gedacht werden. Das fängt damit an, dass wir die Bildungsausgaben deutlich erhöhen müssen, um wenigstens im internationalen Vergleich mithalten zu können.
Das heißt, wir müssen wesentlich mehr von unserem Bruttoinlandsprodukt in Bildung, in Kindertagesstätten und in Schulen stecken.
Das heißt auch, dass Bildung von Anfang an und in allen Bundesländern gebührenfrei sein muss, und zwar von der Krippe bis zum Hochschulstudium.
Wir benötigen bundesweit endlich eine wirkliche Lehrmittelfreiheit. Studiengebühren dürfen auch nicht durch die Hintertür wieder eingeführt werden.