Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich den bisherigen Verlauf des Vormittags und die gerade gehaltene Rede des Kollegen May anhört, dann hat man den Eindruck, als gehe es heute um Eier und Geeier und Eiertänze. In der Sache ist es lohnend, sich mit dem auseinanderzusetzen, was die SPD-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt hat.
Vielen Dank für den Beifall, insbesondere aus der sozialdemokratischen Fraktion. Mal sehen, ob das so bleibt.
Nationale Bildungsallianz. Sie haben den Auftrag aus dem Willy-Brandt-Haus aufgenommen: Tragen Sie unser Wahlkampfthema in den Hessischen Landtag. – Dann haben Sie dahinter geschrieben: „Hessen muss mehr in Bildung investieren und darf den Bund nicht an den Schultoren stehen lassen“. – Hessen muss mehr in Bildung investieren, daran mache ich einfach einmal einen Haken, das haben wir gestern schon ausgiebig diskutiert.
Frau Kollegin Faeser, dann bleibt die Frage, was Sie eigentlich damit meinen, dass der Bund nicht an den Schultoren stehen bleiben darf. Da lese ich dann in der Tat:
Der Bund darf nicht mehr vor den Schultoren stehen bleiben müssen, und gute Ideen an einem Ort sollen schneller übertragen und für alle Kinder und Jugendlichen erreichbar sein können.
Das bedeutet, es geht offensichtlich nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Inhalte. Das, was dahinter steckt, ist der Wunsch nach einer Vereinheitlichung unseres Bildungssystems, nach der Vereinheitlichung unseres Bildungswesens. Da sage ich relativ eindeutig, da bin ich auch mit dem Kollegen May einer Meinung: Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wir brauchen keinen Bundeskultusminister.
Wir wollen nicht, dass im hessischen Schulsystem die gleichen Fehler gemacht werden wie in Bremen, wie in Berlin und wie in anderen Bundesländern, die ganz hinten in der Skala stehen.
Herr Kultusminister, wir hatten gestern die eine oder andere unterschiedliche Auffassung. Ich habe mir einen Artikel von Ihnen sehr gut aufgehoben, den ich hervorragend finde, aus dem ich zitieren möchte. Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken, das stand aber über dem Artikel aus der „FAZ“ vom 6. Oktober 2016: „Zentralisiert nicht die Bildungspolitik!“ Darin stehen zwei Sätze, die diese Debatte sehr gut beschreiben. Der erste ist die Feststellung, die insbesondere die Sozialdemokraten sehr genau zur Kenntnis nehmen sollten:
Einzelstaatliche Zuständigkeit verhindert, dass der gleiche, aber falsche Weg überall beschritten wird. Darin liegt das Fehlervermeidungspotenzial des Bildungsföderalismus.
Der zweite Satz, der es auch ganz genau auf den Punkt bringt, da wird es für die Sozialdemokraten ganz besonders spannend:
wer die Meinung vertritt, damals sei es der Bildung oder den Schulen besser gegangen oder sei die Bildungsgerechtigkeit größer gewesen, hat die Fakten gegen sich.
Nicht zufällig hat mit Klaus von Dohnanyi ein erfahrener früherer Bundesbildungsminister vor der Rückkehr zu dieser Regelung gewarnt.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Wovor Dohnanyi alles gewarnt hat!)
Ich muss Ihnen nicht erläutern, in welcher Partei Herr von Dohnanyi Mitglied ist. Ein Freier Demokrat war er nie, vielleicht wird er es noch, es sind ja schon andere Sozialdemokraten im höheren Alter zu einer besseren Erkenntnis gekommen.
Worum es Ihnen geht, wird deutlich und wurde auch von Herrn Degen entsprechend deutlich gesagt: Sie wollen das Kooperationsverbot abschaffen. – Okay, das nehmen wir zur Kenntnis, aber wir sagen Ihnen genauso deutlich: Das wollen wir nicht. Denn ich habe mir aus Ihrer Pressemeldung notiert, was Sie als Begründung anführen, Herr Kollege Degen:
In diesem Kooperationsverbot manifestiert sich der Egoismus der Länder, die offensichtlich befürchten, dass der Bund sich in die Schulpolitik einmischt, wenn er sich in diesem Bereich unmittelbar finanziell engagiert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn das für ein Selbstverständnis für einen gewählten Landespolitiker, für einen Vertreter eines Bundeslandes? Welches Verhältnis haben Sie eigentlich zum Föderalismus?
Herr Kollege Schmitt, es geht um eines ganz besonders, Sie beschäftigen sich damit doch immer wieder: Es geht ausschließlich ums Geld. Darin sollten wir uns einig sein.
Wir Freie Demokraten wollen die Ausgaben für Bildung so erhöhen, dass Deutschland, gemessen am Staatshaushalt, zu den führenden fünf Ländern der OECD-Staaten zählt. Dazu müssen wir uns erheblich anstrengen. Wenn Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir in Deutschland – Herr Präsident, ich komme zum Ende – das Siebenfache an finanziellem Volumen in die Reparaturwerkstatt des Sozialbereichs stecken, das Siebenfache von dem, was wir in den Schulbereich stecken, dann wissen wir, wo die Baustelle ist.
Ein Prozentpunkt aus der Umsatzsteuer an die Länder, und alle Probleme, die Sie mit einem Angriff auf den Föderalismus beantworten wollen, sind gelöst. Lassen wir uns nicht aufs Glatteis führen.
Höchstverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sozialdemokraten versprechen, dass sie sich um die Bildungspolitik kümmern wollen, fassen das viele Menschen als Drohung auf.
Ausgerechnet die Partei, die wie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein aktuell unter anderem wegen ihrer Schulpolitik abgewählt worden ist, die innerdeutsche Leistungsvergleiche seit 2009 ablehnt – und sie weiß genau, warum: weil all die Bundesländer, in denen sie lange Verantwortung trägt, Schlusslicht im Leistungsranking sind –, diese Partei will die Bildungsnation auf Trab bringen. Das ist ein Treppenwitz der Geschichte.
Sie holen wieder den alten Gaul des längeren gemeinsamen Lernens heraus, wie gerade aktuell in dem Papier von Herrn Schulz dargestellt.
Alle Studien bescheinigen, dass genau dieses längere gemeinsame Lernen zu Chancenungleichheit führt.
Sie schwächen die Starken und stärken die Schwachen nicht. Weil Schüler unterschiedliche Begabungen, Neigungen und Fähigkeiten haben, brauchen sie unterschiedliche Lernangebote, also Schulformvielfalt und Schulwahlfreiheit. Das ist im Übrigen auch ein Ausdruck individueller Förderung. Genau dafür stehen wir in Hessen.