Protokoll der Sitzung vom 31.08.2017

(Beifall bei der SPD)

Deswegen müssen wir ihn so verändern, dass ihn die Menschen in unserem Land mittragen und gut finden. Wir dürfen nicht stehen bleiben und uns abschotten, wir müssen uns weiterentwickeln – gerade innerhalb der Bundesrepublik.

Die Welt verändert sich; die Mobilität der Menschen verändert sich; die Ansprüche der Menschen, mobil zu sein, nehmen beständig zu. Viele Menschen verstehen diese erzwungene komplette Abschottung der einzelnen Länder nicht mehr. Sie verstehen nicht, warum Bund und Länder nicht kooperieren dürfen und jedes Land sein eigenes Süppchen kocht.

Gleichzeitig verändern sich auch die Standards für moderne Schulen beständig. Die Digitalisierung ist hierfür ein Beispiel; die Ausstattung mit Maschinen an beruflichen Schulen ist ein anderes. Die Vielfalt in den Klassen steigt. Die Lehrerinnen und Lehrer stehen ständig vor neuen Herausforderungen. Wir brauchen echte Schulsozialarbeit und mehr Ganztagsschulen. Meine Damen und Herren, wir wissen sehr genau, es würde viele Anträge mehr geben in Bezug auf die Ganztagsprofile 2 und 3, wenn die Schulträger auch in der Lage wären, die Schulen entsprechend auszustatten und auf baulicher Seite den Investitionsbedarf anzugehen.

(Beifall bei der SPD)

Wer den Ganztagsschulausbau will, der braucht auch die nötigen Investitionen, anstatt Mutterglück am Herd zu fördern.

(Beifall bei der SPD – Armin Schwarz (CDU): Was haben Sie denn gegen Mutterglück?)

Bildungsgebühren sind Bildungsbarrieren.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Das sieht man an Ihrem Beispiel der angeblichen Abschaffung der Kitagebühren, nämlich nur bis mittags. Bildungsgebühren sind Bildungsbarrieren und gehören abgeschafft – in der Kita, in der Ganztagsschule und in der Ausbildung.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

Die Schülerzahlen wachsen. Wir werden in den nächsten Jahren neue Schulen und viele neue Lehrkräfte benötigen. Deshalb wollen wir einen kooperativen Föderalismus. Anstatt eines Verbots, das es dem Bund und den Ländern, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, verbietet, im Schulbereich zu kooperieren, wollen wir eine nationale Bildungsallianz, bestehend aus Bund, Ländern und Kommunen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Bund im Rahmen einer solchen Allianz in den nächsten Jahren 12 Milliarden € für bessere Schulen bereitstellen könnte.

Es geht bei einer nationalen Bildungsallianz aber nicht bloß um Geld. Es geht auch um vergleichbare Schulabschlüsse, um gemeinsame Standards und um mehr gemeinsame Leistungsmaßstäbe. Mit unserer Forderung stehen wir nicht ganz allein. Auch die GRÜNEN fordern in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl die Abschaffung des Kooperationsverbots. Auch die hessischen GRÜNEN versprachen schon in ihrem letzten Wahlprogramm, dass sie sich für die Abschaffung des Kooperationsverbots einsetzen. In Rheinland-Pfalz ist das gelungen. Dort gibt es eine Koalition aus SPD, GRÜNEN und FDP, die in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass sie das als Bundesratsinitiative entsprechend einbringen wollen.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns an einem Wendepunkt. Wir brauchen eine Wende hin zu Wachstum in der Bildung. Hierfür brauchen wir mehr Mittel. Eine demografische Rendite wird es nicht mehr geben. Wer im 21. Jahrhundert Zusammenarbeit aus Angst verbietet, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Christoph Degen. – Das Wort hat Abg. Daniel May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD hat gesagt, Hessen dürfe den Bund nicht vor den Schultoren stehen lassen. – Leider hat es Herr Kollege Degen versäumt, zu erklären, was denn überhaupt vor den Schultoren steht. Wenn Sie Ihre Rede damit beginnen, was die SPD auf Bundesebene angeblich schon alles Segensreiches erreicht hätte, dann fehlt so ein bisschen der Problemaufriss.

Ich glaube auch nicht, dass wir uns von der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag Ratschläge geben lassen müssen, was erfolgreiche Schulpolitik angeht. Wir bestreiten hier eine ziemlich erfolgreiche Schulpolitik, die sich sehen lassen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Deswegen öffnet man überall die Tür! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Degen, ich frage Sie: Wo gibt es denn sonst noch in Deutschland eine 105-prozentige Lehrerversorgung? Wo gibt es denn sonst zusätzlich zu einer 105-prozentigen Lehrerversorgung noch 540 Stellen als Zulage

über den Sozialindex, damit Schulen mit besonderen Herausforderungen gestärkt werden?

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Gilt das auch für die Grundschulen? – Anhaltende Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wo gibt es denn dazu noch viele weitere Stellen für die Deutschförderung, für die Integration, für die Inklusion, für die Ganztagsbetreuung, wo gibt es das denn noch in der Art und Weise, wie wir das in Hessen haben? Über 3.500 neue Stellen in dieser Wahlperiode, wo gibt es das denn sonst noch?

(Hermann Schaus (DIE LINKE): 105 % Lehrerversorgung in Grundschulen, stimmt das? – Zurufe der Abg. Christoph Degen und Norbert Schmitt (SPD) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Degen, wenn Sie das beantworten würden, dann würden Sie feststellen, dass die meisten Länder sehr neidisch auf die Situation in Hessen schauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Jenseits der Schulpolitik haben wir in der Bildung, nämlich im Bereich der Weiterbildung, mit dem Pakt für die Weiterbildung Rekordausgaben auf den Weg gebracht. Wir haben einen Rekordhochschulpakt mit 9 Milliarden € abgeschlossen. Dieser Pakt findet auch bundesweit Beachtung. Ich zitiere aus der Berichterstattung zum letzten „Bildungsmonitor“ der deutschen Wirtschaft:

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Bei dem Anteil der Investitionsausgaben an den Gesamtausgaben für die Hochschulen erreicht Hessen mit 18,8 % sogar den besten Wert aller Bundesländer.

(Heike Habermann (SPD): Kooperationsverbot!)

Das zeigt, Bildungspolitik hat bei uns in allen Bereichen Vorfahrt.

(Nancy Faeser (SPD): Was heißt das jetzt?)

Jetzt haben Sie über das Kooperationsverbot gesprochen. Es gibt eine sehr wolkige Ankündigung des Kanzlerkandidaten Schulz, die nicht weiter ausgestaltet ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel und Nancy Faeser (SPD): Die GRÜNEN auf Bundesebene haben das ausdrücklich begrüßt! – Norbert Schmitt (SPD): Das waren auch die Bundes-GRÜNEN! – Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

Die Bundes-GRÜNEN haben dazu geäußert, dass wir uns erst einmal wundern, dass die SPD über vier Jahre lang wenig in diesem Bereich auf den Weg bringt und dann vier Wochen vor der Bundestagswahl damit um die Ecke kommt.

(Gerhard Merz (SPD): Vier Wochen vor der Wahl ist besser als gar nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich scheue mich gar nicht, zu sagen, dass in der Ausgestaltung – –

(Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich, machen Sie ein paar Übungen, dann geht es wieder. – Herr Kollege May hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Tatsache ist aber auch, dass die SPD in dieser Frage, was das Kooperationsverbot im Schulbereich angeht, in den letzten Jahren überschaubare Aktivitäten hingelegt hat. Von daher kann man schon die Frage stellen, wie glaubwürdig dieses Engagement ist. Ich will Ihnen aber zugestehen, dass die Koalitionsfraktionen in der Frage der Ausgestaltung des Kooperationsverbots im Rahmen des Art. 91b in diesem Hause unterschiedliche Meinungen haben.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist fast schon ein Anflug von Selbstständigkeit!)

Das haben wir allerdings auch schon in einigen Debatten vorher festgestellt. Von daher ist der Neuigkeitsgehalt relativ gering. Ich will auch ganz klar sagen: Wenn der Bund in der nächsten Wahlperiode auf die Idee käme und etwas Konkretes vorlegen würde, würden wir uns mit dem genauso auseinandersetzen, wie wir das mit den anderen Bundesprogrammen, die Sie erwähnt haben, Herr Kollege Degen, auch tun. Dann würden wir uns ganz genau anschauen, was von uns gefordert und was angeboten wird.

Eines will ich aber noch ganz klar sagen, weil Sie auch drum herumgeeiert haben: Was wir nicht wollen, ist, dass aus Bildungsmillionen oder Bildungsmilliarden ein Bundesbildungsminister oder ein Bundesschulminister wird und versucht wird, von Berlin aus in unsere Kultushoheit der Länder einzugreifen. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir GRÜNE sagen Ja zur Beteiligung des Bundes in Form von Geld. Aber wir sagen Nein zum Bundesschulminister. Da ist für uns die Grenze. Diese Grenze müssten Sie erst einmal bei der SPD auf Bundesebene ziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Aktuelle Stunde der SPD war der erfolglose Versuch, den Bundestagswahlkampf der SPD zu unterstützen.

(Heike Habermann (SPD): Vielleicht fällt Ihnen auch noch etwas ein!)

Sie haben allerdings nicht deutlich gemacht, was Sie erreichen wollen. Wir sind gerne bereit, uns mit dem Bund darüber zu unterhalten, wenn etwas Konkretes vorliegt. Bis dahin verweisen wir auf die Erfolge bei uns in Hessen. Unsere Erfolge in der Bildungs- und Schulpolitik können sich bundesweit messen lassen. Die meisten Länder schauen neidisch darauf. Von daher brauchen wir keine Ratschläge von Ihnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege May. – Das Wort hat Herr Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.