Protokoll der Sitzung vom 31.08.2017

Die Wasserrahmenrichtlinie wird nur schleppend umgesetzt. Das liegt zum einen natürlich an K+S und an den fortgesetzt erteilten Genehmigungen. Das liegt aber auch an zu hohen Nährstoffeinträgen in Grund- und Fließgewässer durch die Landwirtschaft. Da brauchen wir uns doch nichts vorzumachen.

Sicher hilft hier der Umstieg auf den ökologischen Landbau. Aber der findet bisher nur auf 11 % der hessischen Flächen – und nicht auf 50 % – statt. Die konventionelle Landwirtschaft muss hier also unterstützt werden. Anfang Juni ist die neue Düngeverordnung in Kraft getreten. In den vergangenen vier Jahren ist es in Hessen nicht gelungen, die Nitratbelastung der Gewässer durch die Landwirtschaft entscheidend zu verringern.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Die von den Düngemittelherstellern unabhängige gewässerschutzorientierte Beratung zur Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte kam zu spät und ist aktuell zu schlecht finanziert. Die Hessische Landesregierung muss mehr Geld in die Hand nehmen und die Wasser- und Bodenverbände bei dieser Arbeit stärker fördern. Nur dann können wir in die Zukunft schauen und sehen, dass sich etwas verbessert.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie müssen auch mehr Landwirte dazu bringen, auf eine ökologische Landwirtschaft umzusteigen. Der Ökolandbau in Hessen konzentriert sich vor allem auf die Grünlandregion und nicht auf den düngeintensiven Ackerbau.

Auch um des Klimaschutzes willen müssen wir es erreichen, dass in Ackerbauregionen verstärkt umgestellt wird. Das Verhältnis Grünland/Ackerland ist ein Spiegel der

Umstellungsprämien. Da liegt Hessen im Ländervergleich nicht vorn, sondern eher im Mittelfeld. Die Erhöhung der Prämie ist eine der wichtigsten Stellschrauben und eine weitere offene Baustelle der Landesregierung. Es gibt noch viele solcher Baustellen, wie der hohe Wasserverbrauch im Rhein-Main-Gebiet und der Einsatz von Glyphosat – ich hasse dieses Wort, weil ich das Zeug nicht mag.

Die GRÜNEN stellen in den Bundesländern die Mehrheit der Landwirtschaftsministerinnen und -minister. Trotzdem ist es ihnen bis dato nicht gelungen, die Bundesregierung auf ein klares Verbot gegen eine Wiederzulassung dieses Biodiversitätsvernichtungsmittels festzulegen, und das, obwohl sie die Bundesumweltministerin auf ihrer Seite hätten, die hier tatsächlich Stärkung und Unterstützung braucht.

Das sind die Dinge, die wir dringend brauchen. Das sind die offenen Baustellen, die angegangen werden müssen. Ich glaube, es ist kein Zeitpunkt, sich zu loben, weil man zufällig – hier muss man wirklich sagen: zufällig – an einem Skandal vorbeigegangen ist. Nehmen Sie Ihre Arbeit ernst, tun Sie an dieser Stelle wichtige Dinge.

(Beifall bei der LINKEN – Kurt Wiegel (CDU): Tun wir!)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Priska Hinz. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Immer mehr hessische Bürgerinnen und Bürger legen Wert auf regionale Lebensmittel und auf ökologisch produzierte Lebensmittel. Sie kaufen im Hofladen, auf dem Wochenmarkt und in Bioläden. Aber gerade im Lebensmitteleinzelhandel steigt die Nachfrage nach regionalen und ökologischen Lebensmitteln stark an – vor allen Dingen im kaufkräftigen Rhein-Main-Gebiet.

Das ist eine große Chance für die hessische Landwirtschaft. Das zeigt auch, dass es Vertrauen in die hessische Landwirtschaft gibt. Es gibt Vertrauen dahin gehend, dass die Kundinnen und Kunden wissen wollen, woher die Produkte stammen. Sie finden es gut, wenn die Transportwege kurz sind. Damit ist die Ware frischer. Außerdem ist das gut für den Klimaschutz. Sie können die landwirtschaftlichen Betriebe besuchen, aus denen die Produkte stammen. Sie können sich davon überzeugen, wie dort produziert wird und wie das Tierwohl gestaltet wird. Sie können mit den Bäuerinnen und den Bauern reden und erfahren auch etwas über moderne Landwirtschaft. Das ist richtig so, und das unterstützt die Hessische Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir unterstützen auch die Umstellung von landwirtschaftlichen Betrieben auf den Ökolandbau sehr erfolgreich. 12,5 % der landwirtschaftlichen Flächen sind umgestellt, und die Umstellungsberatung ist weiterhin gefragt. Wir werden auch in den nächsten Jahren weitere Umstellungsbetriebe finanzieren können. Das ist eine gute Botschaft für all die Bauern, die ihren Betrieb verändern wollen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Förderung von drei Ökomodellregionen ist ein wichtiges Element unseres Ökoaktionsplans. Herr Lenders, vielleicht sollten Sie sich doch einmal erkundigen. In den Ökomodellregionen arbeiten die Ökobauern, der Bauernverband, der Handel und die Kommunen zusammen. Sie schließen Bündnisse, um ökologische und regionale Wertschöpfung voranzubringen. Meine Damen und Herren, das finden wir richtig, und das unterstützen wir.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Auch in der Rhön?)

Wir unterstützen das in der Rhön, in der Wetterau-Gunstlage, in Nordhessen, im Werra-Meißner-Kreis und im Landkreis Kassel.

Mit der Aktionsgemeinschaft „ECHT HESSISCH“ gehen wir noch einen Schritt weiter: regionale Wertschöpfungsketten vom Bauernhof über die Verarbeitung bis hin zur Vermarktung, vor allen Dingen auch im Lebensmitteleinzelhandel, da, wo die meisten Menschen einkaufen gehen. Wir wollen, dass regionale und ökologische Produkte ihre Käuferinnen und Käufer finden.

Wir bringen diese Struktur jetzt in die Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ ein und werden dort die Regionalvermarktung für die konventionellen Bauern noch einmal stärken. Das ist das Pfund, mit dem wir in Hessen für unsere Landwirtschaft wuchern können. Regional und Bio, das ist ein super Team, und das wird von uns gefördert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lebensmittelskandale wie jetzt mit den Fipronil-Eiern lassen sich natürlich nie völlig vermeiden. Kriminelle Energie lässt sich leider nicht verbieten.

(Zuruf von der FDP)

Aber natürlich begünstigen große Strukturen solche Machenschaften. Bei den vielen Lebensmittelskandalen kann man durchaus nachverfolgen, warum das so ist. Deswegen sind wir froh über unsere noch kleinräumige, bäuerliche Landwirtschaft. Deswegen legen wir auch großen Wert darauf, dass wir diese bäuerliche Landwirtschaft in Hessen erhalten, und dahin geht unsere gesamte Anstrengung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Qualität statt Quantität, und dabei das wirtschaftliche Auskommen zu haben, das ist für die Landwirtschaft ja das Wichtigste, setzt solchen Großstrukturen etwas entgegen. Das ist uns besonders wichtig. Zum wirtschaftlichen Auskommen gehört auch, das sage ich immer und überall, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auch faire Preise zahlen. Die Bauern müssen von ihrer Hände Arbeit leben können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die bäuerliche Landwirtschaft, die die Ökologie und das Tierwohl im Blick hat, wächst in Hessen. Dazu gehört auch, den Lebensraum von bestäubenden Insekten zu erhalten.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Herr Lenders, es geht nicht nur um Honigbienen; es geht auch um Wildbienen sowie insgesamt um bestäubende Insekten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Hälfte der Wildbienenarten ist vom Aussterben bedroht. Wir haben bereits 1.073 landwirtschaftliche Betriebe, die in den letzten beiden Jahren über unser Förderprogramm bereits 1.868 ha Blühstreifen und Blühflächen angelegt haben. Über die Bienenkampagne, die vom Imkerverband, vom Bauernverband, von der Vereinigung Ökologischer Landbau und vom Gartenbauverband unterstützt wird, wurden über 100 zusätzliche Blühstreifen angelegt. Auch die Kommunen machen mit. Ich finde, das sollte man nicht schlechtreden. Ich bin dafür, dass alle mitmachen und wir das hoffentlich weiterhin gemeinsam unterstützen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Lenders (FDP): Wir haben die Aktuelle Stunde doch nicht beantragt! Das war doch Ihr Antrag! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Das war die Aktuelle Stunde zu Tagesordnungspunkt 61.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 62 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Nationale Bildungsallianz für Deutschland – Hessen muss mehr in Bildung investieren und darf den Bund nicht an den Schultoren stehen lassen) – Drucks. 19/5192 –

Es beginnt unser Kollege Christoph Degen, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist den Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag zu verdanken, dass das Kooperationsverbot im Hochschulbereich abgeschafft und im Schulbereich zumindest aufgebrochen wurde.

(Beifall bei der SPD)

Ohne diese SPD-Initiative, übrigens gegen den Widerstand der CDU, würde es jetzt keine 3,5 Milliarden € für ein Schulbausanierungsprogramm für zumindest einige Schulträger geben. Ohne diese Initiative würde es auch „KIP macht Schule“ in Hessen nicht geben, weil es vor allem Bundesgeld ist, das dort ausgegeben wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe auch, dass wir hierzu möglichst bald mit einer zweiten Lesung rechnen können, damit die Schulträger in Hessen bald Planungssicherheit haben. Das aktuelle Schulmodernisierungsprogramm des Bundes kann aber nur ein erster Schritt sein. Der Investitionsstau an unseren Schulen ist viel größer. Im Kern aber besteht das Kooperationsverbot weiter und behindert weiter gehende Maßnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Kooperationsverbot wird Bildungsungerechtigkeit zementiert. Bildungschancen hängen in Deutschland ohnehin von zu vielen Faktoren ab, die nichts mit dem Können und Wollen der Kinder und Schülerinnen und Schüler zu tun haben. Der Bildungserfolg hängt viel zu sehr vom Einkommen der Eltern und leider auch vom Wohnort ab.

(Beifall bei der SPD)

Wir Sozialdemokraten bekennen uns ganz ausdrücklich zum Föderalismus in der schulischen Bildung. Wir wollen aber einen kooperativen Bildungsföderalismus. Der Bund soll ermöglichen können, ohne zu verordnen.

(Beifall bei der SPD)

Auch beim aktuellen Schulmodernisierungsprogramm scheint mir niemand unsere Landesregierung gezwungen zu haben – korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre –, das Bundesgeld zu nehmen. Wer aber den Föderalismus bewahren will, muss auch seine Akzeptanz bewahren, und dazu muss der Föderalismus in Deutschland zukunftsfähig ausgestaltet sein.

(Beifall bei der SPD)