Protokoll der Sitzung vom 31.08.2017

Der Acciona-Betriebsrat hat gemeinsam mit der Gewerkschaft vor 17 Jahren faire und durch Tarifvertrag geregelte Bedingungen ausgehandelt. Das war gut so. Man kann die Befürchtung der Belegschaft schon verstehen, dass mit der Vergabeentscheidung des Wirtschaftsministeriums der hart erkämpfte Tarifvertrag den Bach runterzugehen droht; denn der neue Unterlizenznehmer ist nicht tarifgebunden, und das bedeutet, dass den Beschäftigten nach einem Jahr neue – und vor allem schlechtere – Bedingungen drohen können. Das kann in diesem Hause doch wirklich niemand wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir wollen festhalten, dass der Frankfurter Flughafen eine Jobmaschine ist. Gott sei Dank ist er das, das soll und muss auch so bleiben. Auch wenn der Landtag hier weder Vertrags- noch Tarifpartner ist, möchte ich eines feststellen: Von diesem Hause muss auch die klare Botschaft ausgehen, dass wir gegen prekäre Beschäftigung mit schlechten Arbeitsbedingungen und schlechten Löhnen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Diese klare politische Botschaft erwarten wir auch von Ihnen und Ihrem Hause, Herr Minister Al-Wazir. Ich denke, das ist auch an der Zeit; denn die Sensibilität, von der ich vorhin sprach, scheint bei Ihnen und Ihrem Haus nicht sonderlich ausgeprägt zu sein.

Ich will einmal sagen, warum ich das denke: Erst ist das erste Ausschreibungsverfahren in die Hose gegangen, weil das Land – sprich: das Wirtschaftsministerium – gegen die Pflicht zur Offenlegung wesentlicher Entscheidungskriteri

en für die Auswahl verstoßen hat. Dann hat Ihr Haus, das ersatzweise – die Gründe sind bekannt – für das Ausschreibungsverfahren zuständig ist, einen neuen Lizenznehmer ausgewählt, offensichtlich gegen die Empfehlung der Fraport AG. Das nächste Klageverfahren läuft deswegen bereits. Herr Minister, vielleicht sind Sie so freundlich und erklären den Beschäftigten nachher einmal, warum es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Zu guter Letzt ist es Ihnen auch noch durch die Lappen gegangen, dass in den von der Fraport AG aufgestellten Kriterien keine Hinweise auf tarifliche Bedingungen standen – das müssen nun alles die Beschäftigen ausbaden, und das kann nicht sein.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich will an dieser Stelle einmal deutlich sagen: Sich so einfach herauszuhalten und immer auf andere zu verweisen, das ist nicht ganz die feine englische Art. Da sollten Sie einmal Ihren Horizont erweitern und zeigen, dass Sie als Wirtschaftsminister so etwas wie politische Mitverantwortung für Flughafen und Beschäftigte verspüren.

(Beifall bei der SPD)

Kurz und gut, lassen Sie mich noch eines anfügen: Diesmal sollten Sie sich keinen schlanken Fuß machen, wie bei der Debatte der Entgeltordnung, mit der Sie dafür gesorgt haben, dass wir jetzt einen Billiganbieter namens Ryanair in Frankfurt haben.

Meine Damen und Herren, wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich für gute und faire Arbeitsbedingungen einsetzen, auch bei den Bodenverkehrsdiensten. Wir tun das jedenfalls. Das ist die klare Botschaft. Wir finden, es ist an der Zeit, dass wir uns auch dafür starkmachen, dass hier endlich vernünftige Branchentarifverträge eingeführt werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Decker. – Das Wort hat der Abg. Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! An meine beiden Vorredner gewandt und an alle, die zuhören, die zum Teil die Betroffenen sind und deshalb ein hohes Interesse haben: Die berechtigt notwendige Hilfe für Betroffene kommt nicht von Kampfparolen, sondern von zutreffender Analyse und gemeinsamer Aktion.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann fangen wir einmal an!)

Genau das wussten wir in diesem Landtag schon einmal alle miteinander; der Kollege Decker hat darauf hingewiesen.

(Zurufe von der LINKEN und der SPD – Glocken- zeichen des Präsidenten)

Wir haben zum Thema Bodenverkehrsdienste hier mehrfach diskutiert und eine gemeinsame Resolution verfasst und verabschiedet, die mit dazu beigetragen hat, dass es nicht – man muss es leider sagen – noch schlimmer kam, als es gekommen ist.

Deswegen ist es selbstverständlich richtig und geboten, festzustellen, dass die Bodenverkehrsdienste ein unverzichtbarer Teil der Funktionsfähigkeit eines Flughafens sind. Wenn nicht ein- und ausgeladen wird, kann auch kein Flugbetrieb stattfinden. Deswegen – das möchte ich ausdrücklich unterstreichen – drücken auch wir unseren Respekt für die tägliche Leistung und auch nächtliche Leistung, zumindest außerhalb der Kernstunden, aus, die dort erbracht wird und erklären unsere Solidarität. Unser Ziel ist: Auch schwere Arbeit – es handelt sich hierbei darum – soll, kann und wird gute Arbeit sein und soll es auch bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sehr zu bedauern ist, dass insbesondere DIE LINKE jetzt versucht, daraus parteipolitische Gewinne zulasten dieser Solidarität zu saugen,

(Zurufe von der LINKEN: Was?)

und mit falschen Fakten kommt.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der Kollege Decker hat sich dem leider in Teilen angeschlossen. Die Landesregierung muss die Tarifbindung sichern, haben Sie gesagt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Sie wissen oder sollten wissen – zumindest Ihre Mitarbeiter sind klug genug, es zu wissen –, dass es die Bodenabfertigungsdienst-Verordnung des Bundes gibt. Mit dafür zuständig ist das Bundeswirtschaftsministerium. Von wem das geführt wird, wissen Sie selbst. Die Verordnung schreibt exakt vor, wie diese Ausschreibungen stattzufinden haben. Genau daran hängt z. B.,

(Lebhafte Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

dass es eine Tarifbindung in der Ausschreibung nicht geben kann, weil es keinen Branchentarifvertrag gibt. Das ist Fakt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Jetzt müsste eigentlich das gemeinsame Interesse in der Unterstützung liegen. Da kann man schon fragen, warum ver.di es noch nicht geschafft hat, einen solchen Branchentarifvertrag hinzubekommen. Da sind wir uns ja einig.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das liegt an den Arbeitgebern, nicht an ver.di!)

Aber das können wir hier – ich denke, das sollte selbst Herr Schaus wissen – im Hessischen Landtag nicht regeln.

Das Zweite ist die Behauptung der LINKEN, der Minister,

(Unruhe – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir verstehen hier nichts mehr! – Glockenzeichen des Präsidenten)

das Ministerium hätte die Neuausschreibung beschlossen. Auch das ist falsch.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich auch nicht gesagt! – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Es ist eine zwingende Vorgabe der EU, spätestens nach sieben Jahren wieder auszuschreiben. Die Kritik, die zumindest in Ihrer Presseerklärung steht und die von ver.di

vorgetragen wird, dass das Ministerium die Ausschreibung hätte machen müssen und nicht Fraport, geht schlicht an der Verordnung vorbei.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich nicht gesagt!)

Es ist die Rechtsvorgabe, dass der Unternehmer das ausschreibt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es geht um die Entscheidung, nicht um die Ausschreibung!)

Auch die Kriterien festzulegen; das ist Vorgabe der Verordnung. – Das Einzige ist, dann als Ersatzentscheider aufzutreten, weil Fraport in dem Fall Mitkonkurrent ist.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja! Sie haben es aber entschieden!)

Der Ersatzentscheider – verehrter Herr Kollege, auch wenn Sie noch so laut schreien – muss sich an die Kriterien halten, die vorher öffentlich festgelegt worden sind.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und einem nicht tarifgebundenen Unternehmen den Zuschlag geben? Wo steht das? – Weitere lebhafte Zurufe)

Damit ist es genau – –

Moment bitte, Herr Kollege. – Meine Damen und Herren, wir haben es hier oben alle mit den Ohren. Seien Sie mit den Zurufen etwas leiser, damit es friedlicher wird. – Kollege Kaufmann, bitte.

Sie versuchen, hier das Bild zu stellen, es sei eine politische Entscheidung. Es ist eine Entscheidung – so steht es wörtlich in der Bundesverordnung – der Luftfahrtbehörde, d. h. eine Entscheidung, die sich ausschließlich an den gesetzlichen Kriterien orientieren kann, die ausschließlich nach Recht und Gesetz erfolgen kann und nicht nach politischem Willen.

Ich kann Ihnen versichern, nach meiner Einschätzung hätte die Entscheidung wahrscheinlich anders ausgesehen, wenn sie politisch treffbar gewesen wäre. Das ist sie aber nicht. Derjenige, der das kritisiert, hilft nicht den Betroffenen, sondern der versucht hier, Unfrieden zu stiften. Warum Sie das tun, weiß ich nicht. Aber es wird Ihnen nichts bringen.