Es ist DIE LINKE, die von Anfang an diesen Ausschuss vorangetrieben hat, während CDU, GRÜNE und FDP nicht einmal für dessen Einsetzung waren und sich nicht gerade als Aufklärer hervortun.
Wir werden dem Antrag dennoch zustimmen; denn uns ist die Thematik wichtig. Für kleinkarierte parteipolitische Spielchen, wie Sie sie betreiben, Herr Bellino – Sie sollten sich schämen –,
haben wir weder Zeit noch das entsprechende Bedürfnis, um an einer solchen parteipolitischen Verbohrtheit festzuhalten.
Im Übrigen will ich Sie daran erinnern, dass es schon Themen gibt, bei denen die CDU liebend gerne einen Antrag gemeinsam mit den LINKEN machen wollte. Wenn es um Diätenerhöhungen geht, dann sind wir selbst Herrn Bellino und der CDU gut genug für einen gemeinsamen Antrag. Aber an diesem Punkt haben wir in der Tat eine andere Position.
Nein, das ist peinlich für Sie, Herr Bellino. – Das passt aber zusammen mit dem ganzen Umgang der CDU mit diesem Ausschuss. Schon in der Einsetzungsdebatte 2014 haben Sie gesagt, dass Sie nicht erwarten, dass der Untersuchungsausschuss irgendwelche neuen Erkenntnisse herausfinden wird – 2014. Nach dieser Maxime haben Sie und Ihre Fraktion sich auch die letzten drei Jahre verhalten. Mit keinem einzigen Beweisantrag haben Sie Akten angefordert. Ihre Zeugenbefragungen führen Sie erkennbar für alle so, als ob Sie der Anwalt von Herrn Temme wären, und durch Ihre ständigen Pöbeleien versuchen Sie, Herr Bellino, den Ausschuss in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.
Ich zitiere aus Ihrer Presseerklärung zur Sitzung des NSUAusschusses, versendet am 15.09.2017 um 16:22 Uhr, also zu einer Zeit, zu der die Vernehmung von Frau Görtz noch in vollem Gange war. Zitat:
Neue Erkenntnisse haben wir durch die Befragung nicht gewonnen. Schlimmer noch, neben der Verschwendung wertvoller Ausschusszeit hat sie insbesondere die Obleute von SPD und LINKE versucht systematisch in die Irre zu führen. Dadurch wurde Verfassungsfeinden nicht nur erneut, sondern in besonderer Weise eine mediale Plattform geboten.
Herr Bellino, was ist das eigentlich für ein respektloser Umgang mit all denjenigen, denen die Aufklärung der NSU-Verbrechen am Herzen liegt,
wenn Sie die Erlangung von Erkenntnissen schon vor dem Ende der Zeugenvernehmung mit Ihren vorgefertigten Textbausteinen immer wieder leugnen? Was ist das für ein respektloser Umgang mit dem Parlament, einen Untersuchungsausschuss nicht zur Mitarbeit, sondern vorrangig zur Beschimpfung der Opposition zu missbrauchen? Auch diese immer wieder von Ihnen vorgebrachte Unterstellung, ausgerechnet wir, die LINKEN, würden im Ausschuss
grundlos Nazis eine Bühne geben, sollte sich mit der Vernehmung von Frau Görtz jetzt wohl endgültig erledigt haben.
Auch uns macht es keinen Spaß, Nazizeugen zu befragen. Es ist aber leider notwendig, wenn es um Hintermänner und -frauen des NSU geht, wenn es darum geht, mit welchen dieser Neonazis der Verfassungsschutz zusammengearbeitet hat. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass im NSU-Prozess in München der Beweisauftrag sehr eng gefasst wurde und Beweisanträge zur Beleuchtung der rechten Strukturen in den Tatortstädten reihenweise abgelehnt wurden, muss es doch gerade die Aufgabe dieses Ausschusses sein, die Szenen zu beleuchten und die Hintermänner und -frauen aus der Deckung zu holen.
Deshalb lassen Sie mich zum Schluss sagen: In einer Zeit, in der leider wieder Nazis im Deutschen Bundestag sitzen und in der massenhaft rechte Straftaten und Gewalttaten begangen werden, ist es umso nötiger, gesellschaftspolitischen Widerstand zu leisten und auf ein konsequentes Vorgehen der Behörden zu insistieren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich für die in großen Teilen nachdenkliche Debatte zu diesen furchtbaren Taten des NSU und will dazu sagen: Bei einem allerdings hat die Art des Vortrags schon zur Demaskierung seiner Motive geführt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Bei Herrn Bellino, oder was?)
Die strafrechtliche Aufarbeitung der schrecklichen Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds findet grundsätzlich vor dem OLG München statt, die Aufarbeitung von möglichen Versäumnissen der Sicherheitsbehörden in der Zusammenarbeit und bei der Ermittlung der Täter in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen des Bundes und der Länder. Die Bewertung der Aussagen von Zeugen obliegt daher auch nicht dem Landtag, sondern dem Gremium oder Spruchkörper, vor dem Aussagen getätigt wurden, in diesem Fall dem Untersuchungsausschuss 19/2 des Hessischen Landtags und den dort verantwortlichen Abgeordneten. Gleiches gilt für Schlussfolgerungen und Feststellungen, die sich aus Zeugenaussagen und vorgelegten Akten ergeben.
Ich stimme den Fraktionsrednern von CDU, GRÜNEN und FDP hier ausdrücklich zu. Sollten Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss weitere Ermittlungen erforderlich machen, ist es daher in erster Linie Aufgabe des Untersuchungsausschusses und der dort verantwortlichen Abgeordneten, die entsprechenden Sachverhalte den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis zu geben und zugänglich zu machen. Das ist erfolgt durch das Schreiben des Aus
schussvorsitzenden. Dass entsprechende Ermittlungen geprüft werden, zeichnet sich auch letztendlich durch die Äußerungen des GBA ab.
Das unterstützen wir seitens der Hessischen Landesregierung in vollem Umfang, wie wir den Untersuchungsausschuss auch bislang und von Anfang an vollumfänglich und umfassend in seiner Arbeit unterstützt haben. Sollte der Generalbundesanwalt über die vom Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellten Protokolle und Unterlagen hinaus weiteren Bedarf an Akten haben, wird eine solche Anforderung vonseiten des Innenressorts durch rechtskonforme, zügige und vollständige Vorlage der Akten beantwortet. Das ist selbstverständlich und gehört zu unserer täglichen Aufgabenwahrnehmung bei den Sicherheitsbehörden und im Innenministerium. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bellino, nur damit es im Protokoll des Hessischen Landtags wahrheitsgemäß steht: Wir haben am 15.09. bei den Vernehmungen in der Tat zwei Pressemitteilungen herausgegeben – nach der Vernehmung von Zeugen, was üblich ist – und haben dann eine weitere Presseerklärung auf Ihre herausgegeben. Sie sind der Verursacher. Deswegen wollen wir das an dieser Stelle klarstellen, damit das deutlich wird.
Zweitens. Wir haben morgen eine Sitzung des Untersuchungsausschusses. Ich kündige jetzt schon an, dass wir einen Beweisantrag einbringen werden. Das ist an die Adresse der Hessischen Landesregierung gerichtet, die übrigens Teil des Untersuchungsauftrags ist, ob es ein Versagen auch hessischer Behörden gab. Deswegen ist es sicherlich klug, wenn sich die Landesregierung zunächst einmal zurückhält und abwartet, was der Untersuchungsausschuss am Schluss möglicherweise feststellt.
Ich habe gesagt: Was in allen anderen Landtagen und im Deutschen Bundestag einvernehmlich von links bis allen anderen Parteien möglich war, warum soll das in Hessen nicht möglich sein, wenn das alles heute Morgen keine Lippenbekenntnisse waren? Wir meinen das ausdrücklich ernst. Wir haben viel Kraft und Zeit investiert, und wir müssen jetzt gemeinsam daran arbeiten. Das geht an alle Fraktionen, aber ich habe die Redner auch so verstanden.
Wir werden einen Beweisantrag einbringen, in dem wir die Landesregierung auffordern, darzulegen, inwieweit eine Rekonstruktion der Akte Görtz möglich ist. Da wollen wir Aufklärung haben; denn das muss möglich sein, wie das bei anderen Behörden auch der Fall war. Denn da werfen sich eine Menge Fragen auf. Die Zeugin – Herr Hahn hat es angedeutet: wir wissen es nicht – kann eine Schlüsselfigur sein. Manchmal ist es wie im richtigen Leben, dass man möglicherweise durch einen Zufallstreffer etwas findet. Man kann auch fragen: Warum hat man die Zeugin Görtz nicht früher anderweitig vernommen?
Ich finde auch wichtig, bei der Skizze, die man in der Wohnung der Rechtsterroristen für den Tatort Kassel gefunden hat, zu klären: Wer hat die angefertigt? Gibt es Schriftproben? War das Frau Görtz, war das Herr Temme, waren das andere? Das ist nicht unsere Aufgabe, aber die Ermittlungsbehörden sind jetzt am Zuge. Das ist wichtig und richtig.
Deswegen ist die Debatte heute notwendig. Wir erwarten, dass das konsequent umgesetzt wird. Deswegen muss über den Antrag heute entschieden werden. Wir dürfen nicht weitere Zeit verlieren. Es besteht Handlungsbedarf.
Ich will am Schluss noch sagen: Wir erwarten natürlich auch, dass dem Ausschuss alle hessischen Akten – das ist naturgemäß einfacher; die Koordinierung mit Behörden aus anderen Ländern ist schwieriger – jetzt vorliegen. Wir haben eine Vollständigkeitserklärung von vor etwa einem Jahr vorliegen. Das heißt für uns, dass die hessischen Akten auch vorliegen müssen, wenn wir zu einer abschließenden Bewertung im Untersuchungsausschuss kommen sollen.
Also nehmen wir das heute als einen Neubeginn der Arbeit im Untersuchungsausschuss. Da gilt der Satz: An ihren Worten wollen wir alle messen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will daran erinnern, dass meine Fraktion am 12. März dieses Jahres Strafanzeige gegen Herrn Andreas Temme erstattet hat wegen Falschaussage vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss. Nun geht es mir nicht darum, das herauszustellen. Ich will vielmehr die Tatsache herausstellen, dass erst nach akribischer Arbeit des NSU-Untersuchungsausschusses ein Dokument zutage gefördert wurde, das sowohl dem Bundestags-Untersuchungsausschuss als auch dem hessischen Untersuchungsausschuss vonseiten des Landesamts für Verfassungsschutz und der Landesregierung vorenthalten wurde – jahrelang vorenthalten wurde. Das ist der Punkt.
Meiner Ansicht nach besteht da möglicherweise eine Verbindung im Handeln oder eine Verbindung im Geiste – so könnte man das auch sagen – zu den, wie uns die Staatskanzlei am 1. September 2009 schriftlich mitgeteilt hat, geschredderten Akten der Corryna Görtz. Auch die werden uns vorenthalten. Deshalb ist es im NSU-Untersuchungsausschuss auch so schwierig, die Zeugeneinvernahme vorzunehmen. Es hat lange gedauert, bis das überhaupt möglich war.
Deshalb unterstützen wir selbstverständlich die Initiative, die die SPD-Fraktion angekündigt hat, diese Akten genauso wie die Akten von Corelli und anderen zu rekonstruieren. Ich sage es einmal so: Corelli ist auf mysteriöse Art und Weise verstorben. Auch das gehört in den NSU-Kom
plex hinein. Wir unterstützen die Initiative, die Akten des Landesamtes für Verfassungsschutz über Corryna Görtz mithilfe des Bundesamtes für Verfassungsschutz und mithilfe der anderen Landesämter zu rekonstruieren. Dort wurden die Informationen immer ausgetauscht. Dieser Aufgabe muss sich das Landesamt für Verfassungsschutz stellen.
Herr Minister, dass Sie zu meiner Aufforderung, Stellung zu nehmen, warum die Akten im Jahr 2009 geschreddert wurden, hier keinen einzigen Satz verloren haben, spricht meiner Ansicht nach für sich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rudolph, jawohl, wir sind uns einig. Wir werden uns mit der Zeugin Sonja X befassen. Wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass dieser Ausschuss sachlich arbeitet, sich in der Tat auf die Themen des Einsetzungsbeschlusses konzentriert und sich sachlich mit den Dingen auseinandersetzt.
Deshalb werden wir auch heute schon einen entsprechenden Beschluss fassen. Das haben wir vereinbart. Es macht keinen Sinn, unseren Dringlichen Antrag einem Ausschuss zu überweisen, dem Rechtspolitischen Ausschuss oder wem auch immer. Wir müssen das heute beschließen, damit wir morgen entsprechend arbeiten können. Wir haben uns bereits für morgen im Untersuchungsausschuss verabredet.